Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101323/8/Weg/Ri

Linz, 07.10.1993

VwSen - 101323/8/Weg/Ri Linz, am 7. Oktober 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch die erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des E S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, vom 18. Mai 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. April 1993, VerkR96/9832/1992/B/Li, nach der am 7. Oktober 1993 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird F o l g e g e g e b e n , das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 666/1993 (VStG); § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159 idF BGBl.Nr. 423/1990.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen verhängt, weil dieser am 16. Juli 1992 gegen 22.15 Uhr den PKW auf öffentlichen Straßen von W. kommend bis zum Haus H. gelenkt hat und sich am 16. Juli 1992 um 22.40 Uhr im Hofe des Anwesens H in B I gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl auf Grund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber ua sinngemäß ein, die Aufforderung zum Alkotest sei zu Unrecht ergangen, weil außer leicht geröteten Bindehäuten vom auffordernden Organ keine Alkoholisierungssymptome festgestellt worden seien. Die ganze Angelegenheit beruhe auf einer Denunziation seiner ehemaligen Lebensgefährtin, welche die Gendarmerie verständigte, daß er nach einem Treffen mit ihr in einem durch Alkohol schwer beeinträchtigten Zustand seinen PKW von W vermutlich zum Haus H lenke. In der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Braunau am Inn sei von sonstigen objektiven Alkoholisierungssymptomen keine Rede. Erst in der 12 Tage später erstatteten Ergänzung zu dieser Anzeige sei angegeben, er habe ein paar Bier getrunken. Diese Angabe des Alkoholkonsums bestreite er im übrigen ebenso, wie den Umstand, daß er überhaupt Bier trinke.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch die Vernehmung des Beschuldigten sowie durch die zeugenschaftliche Vernehmung des zum Alkotest auffordernden Gendarmeriebeamten Gr.Insp. Steinberger anläßlich der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 1993, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist.

Demnach steht fest, daß die ehemalige Lebensgefährtin des Beschuldigten bei der Gendarmerie telefonisch mitteilte, der Beschuldigte lenke in einem durch Alkohol schwer beeinträchtigten Zustand seinen PKW von Weng vermutlich zu seinem Hause H.8 Die Gendarmeriebeamten begaben sich daraufhin unverzüglich zum angegebenen Haus. Der Beschuldigte befand sich bereits im Bett und begab sich daraufhin in den Hof seines Anwesens. Wie vom Zeugen Gr.Insp. S bestätigt wurde, seien keine klassischen Alkoholisierungssymptome, wie etwa Alkoholgeruch aus dem Munde, lallende Sprache oder Gleichgewichtsstörungen feststellbar gewesen. Lediglich leicht gerötete Bindehäute seien wahrnehmbar gewesen. Bei der Gegenüberstellung mit dem Beschuldigten anläßich der Verhandlung betonte jedoch der Zeuge, daß die damals festgestellten leicht geröteten Bindehäute auch am Verhandlungstag in der selben Form beobachtbar seien. Über Befragen, ob der Beschudigte zum Alkotest aufgefordert worden wäre, wenn nicht dessen ehemalige Lebensgefährtin den Umstand der Alkoholisierung zur Anzeige gebracht hätte, führte der Zeuge aus, daß dies in Ermangelung der klassischen Symptome eher nicht geschehen wäre. Befragt darüber, ob die - wie im Nachtrag zur Anzeige vermerkt - vom Beschuldigten selbst angegebenen getrunkenen paar Biere vom Beschuldigten schon während der ersten Amtshandlung angegeben worden sind, antwortete der Zeuge, daß dies der Beschuldigte bei der ersten Amtshandlung am 16. Juli 1992 selbst angegeben habe. Über weiteres Befragen, ob der Beschuldigte einerseits selbst über den Trinkzeitraum Aussagen gemacht hat bzw. ob der Beschuldigte in diese Richtung befragt wurde, antwortete der Zeuge, daß über den Trinkzeitraum keine Nachforschungen angestellt worden seien und der Beschuldigte von sich aus diesen Trinkzeitraum nicht angegeben habe.

Wieviel der Beschuldigte an Bieren konsumiert hat und wann diese Konsumation erfolgt ist, war auch während der Verhandlung nicht zu eruieren, sodaß im Zweifel für den Beschuldigten von einem schon viele Stunden zurückliegenden mäßigen Bierkonsum auszugehen war. Daß dieser Bierkonsum schon längere Zeit zurücklag, dafür spricht auch der Umstand, daß am Berufungswerber von den geschulten Organen der Straßenaufsicht keine klassischen Alkoholisierungssymptome festgestellt werden konnten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Diese Berechtigung bezieht sich gemäß § 5 Abs.2a lit.b StVO auch auf die Vornahme eines Alkotests mittels Alkomat.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob auf Grund objektiver Umstände vermutet werden konnte, daß sich der Beschuldigte in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand.

Leicht gerötete Bindehäute stellen nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates dann keine Alkoholisierungssymptome dar, wenn sonst keine weiteren "sogenannte klassische" Alkoholisierungssymptome hinzutreten. Als objektiver Anhaltspunkt lag die telefonisch durchgegebene und sich letztlich als Denunziation herausstellende Anzeige der ehemaligen Lebensgefährtin des Beschuldigten vor. Die Aussagen dieser ehemaligen Lebensgefährtin, daß nämlich der Beschuldigte schwer alkoholbeeinträchtigt ein Kraftfahrzeug lenke, erwiesen sich als völlig unzutreffend, weil die einschreitenden Exekutivorgane eben keine Alkoholisierungssymptome klassischer Art feststellen konnten. Die Denunziation der ehemaligen Lebensgefährtin kann als taugliche Objektivierung der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung bei dieser Sachlage außer Betracht bleiben.

Die eingestandene Konsumation einer unbestimmten Menge Bier, welches zu einer unbestimmten Zeit getrunken worden sei, wäre zwar ein die Vermutung der Alkoholisierung objektivierendes Merkmal, doch bedürfte es hier schon während der Amtshandlung konkreterer Nachforschungen und konkreterer Ausführungen in der Anzeige. Abgesehen davon, daß in der Anzeige selbst von diesem Umstand keine Rede ist, sondern erst zwölf Tage später - ohne daß eine weitere diesbezügliche Befragung des Beschuldigten stattgefunden hat - derartige Angaben zum ersten Mal aktenkundig wurden, hätte es einer entsprechenden Konkretisierung dieser äußerst vagen Angaben bedurft, um darin ein verwertbares Objektivierungsmerkmal der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung zu erblicken.

Der alleinige Umstand der leicht geröteten Bindehäute, (bei selbst von geschulten Organen nicht feststellbaren sonstigen Alkoholisierungssymptomen) ist für die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung nicht ausreichend, zumal das auffordernde Organ anläßlich der mündlichen Verhandlung selbst eingestanden hat, daß er eine Aufforderung zum Alkotest nicht ausgesprochen hätte, wäre nicht die oben erwähnte Denunziation erfolgt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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