Linz, 16.10.2012
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X,
geb. X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X als Sachwalter, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
27. Jänner 2010, VerkR21-121-2002, nach Aufhebung des h. Berufungsbescheides vom 09. Juni 2010 durch den Verwaltungsgerichtshof mit dessen Erkenntnis vom 18. September 2012, Zl. 2010/11/0151-8, zu Recht:
Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4, § 59 Abs.1 AVG, BGBl.I Nr. 111/2010 iVm § 5 § 8 Abs.4, § 24 Abs.1 FSG idF BGBl.I Nr. 117/2010 iVm § 13 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 280/2011;
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber die ihm am 28.07.2008 unter der Zl.: 08/285344 erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, gerechnet ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides entzogen.
Gestützt wurde die Entscheidung auf § 24 Abs.1 und Abs.4, § 25 Abs.2 FSG und § 5 Abs. 1 Z4 und § 13 Abs.1 FSG-GV.
Ferner wurde unter Hinweis auf § 29 Abs.3 FSG ausgesprochen er habe den Führerschein nach Rechtskraft bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck oder bei der Polizeiinspektion Timelkam abzuliefern.
2. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich der für den Berufungswerber als Sachwalter einschreitende Rechtsvertreter mit folgenden Berufungsausführungen:
3. Der Verfahrensakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsordnung zuständige Einzelmitglied, dem der Verfahrenakt am 25.3.2010 zur Bearbeitung zugeteilt wurde, zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG).
4.1. Im Rahmen der in der Sache des Berufungsverfahrens breit angelegten Beweisaufnahme, wurde, abermals mit heutigem Datum, ein Auszug aus dem Führerschein- und Vormerkregister der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck beigeschafft. Mit h. Schreiben vom 25.3.2010 an den Sachwalter wurde dieser auf seine Mitwirkungspflicht verwiesen, wonach insbesondere der Gutachtenslage auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten wäre.
Dem kam der Berufungswerber mit der Vorlage einer fachärztlichen Stellungnahme vom 5.4.2010 und der Vorlage einer darin empfohlenen verkehrspsychologischen Stellungnahme nach.
Diese nachfolgenden beigebrachten fachlichen Stellungnahmen wurden zuletzt der Sanitätsdirektion des Landes Oö. zur Erstattung eines abschließenden amtsärztlichen Gutachtens iSd § 8 Abs.2 FSG übermittelt.
Dem Vertreter (Sachwalter) des Berufungswerbers wurde zu sämtlichen im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeholten fachlichen Stellungnahmen u. zuletzt zum amtsärztlichen Gutachten noch abschließendes Parteiengehör gewährt. Darauf verzichtete der Berufungswerber laut einer telefonischen Mitteilung vom 9.6.2010.
Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf die Inhalte der im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten Gutachten und der daraus abzuleitenden unstrittigen Faktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.1 AVG).
5. Auszugsweise Feststellungen zur erstinstanzlichen Aktenlage:
Dem Berufungswerber wurde erstmals am 01.06.1995 unter Aktenzahl: VerkR20-1400-1995/VB eine Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt.
Soweit aus dem Führerscheinregister überblickbar stellte der Berufungswerber am 28.7.2008 einen Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung auf Grund eines Fristablaufes.
Am 20.6.2008 fand gemäß dem im Akt (erstes Aktenstück) erliegenden Gutachten von Frau Dr. X eine amtsärztliche Untersuchung iSd § 8 FSG für die Klasse B statt, welche laut Markierung als Nachuntersuchung bezeichnet ist. Der Berufungswerber wurde unter der Auflage „Facharztkontrolle für Psychiatrie (Dr. X) alle drei Monate" auf die Dauer von zwei Jahren als bedingt geeignet begutachtet.
In der Begründung dieses Gutachtens findet sich der Hinweis, dass seit einem Jahr kein Verkehrsdelikt begangen worden sei, der Patient weiterhin psychopatisch und daher eine Kontrolle unbedingt erforderlich sei. Laut Rücksprache mit dem Abteilungsleiter sei eine Verlängerung (gemeint der LB) auf zwei Jahre vertretbar. Dieses Gutachten wurde am 8.7.2008 erstellt.
Das fachärztliche Gutachten vom 3.7.2008 (FA Dr. X) diagnostizierte beim Berufungswerber
· Anhaltend wahnhafte Störung F22.0
· Querulatorische Persönlichkeitsstörung F60.0
· Zustand nach Herzklappenoperation
· Chronisches Vorhofflimmern
· Antikoagulation (= blutverdünnende Medikation)
In der Beurteilung gelangt der Facharzt zu einer Nichteignung für KFZ der Gruppe 1.
Im Bescheid vom 19.8.2008 wird dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klasse B ab 28.7.2008 auf zwei Jahre befristet erteilt, und die Auflage vorgeschrieben, „eine dreimonatige Kontrolluntersuchung bei einem Fahrarzt für Psychiatrie.“
Diese Auflage lässt den Umfang des angeordneten Verhaltens nicht wirklich klar erkennen. Gemeint dürfte gewesen sein, dass der Berufungswerber sich alle drei Monate einer Kontrolluntersuchung unterziehen müsse und das Ergebnis der Behörde vorlegen muss. Dies wurde in weiterer Folge von allen Beteiligten dahingehend verstanden, dass der Berufungswerber eben alle drei Monate einen FA für Psychiatrie aufsuchen müsse, um seinen psychischen Zustand auf seine verkehrsspezifische Eignung beurteilen zu lassen.
Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass sich der Berufungswerber – für den bereits zu diesem Zeitpunkt ein Sachwalter bestellt war – mit dieser ihm vorweg zur Kenntnis gebrachten ärztlichen Auflagenempfehlung nicht einverstanden erklärte.
Am 9.9.2008 brachte der Berufungswerber dagegen eine protokollarisch aufgenommene Berufung ein. Der Berufungswerber verwies eingangs auf die verspätete Bescheidübermittlung durch seinen – auch in diesem Verfahren einschreitenden – Sachwalter und hob hervor sich selbst zu vertreten.
Der Berufungswerber erhebt darin Bestechungsvorwürfe gegen zahlreiche namentlich genannte Beamte der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, gegen einen Bürgermeister und mehrere Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oö. und dessen Leitungsorgane. Des Weiteren verweist er auf behördliche Widerfahrnisse, welche jedoch mit dem Führerscheinverfahren (den Bescheid vom 19.8.2008) offenkundig nichts zu tun haben.
Vom Sachwalter wurde laut Aktenlage, aus welchen Gründen auch immer, kein Rechtsmittel einbracht.
Dieses Schreiben gelangte als Rechtsmittel zur Vorlage an den Unabhängigen Verwaltungssenat, welches jedoch mit dem h. Schreiben vom 24.9.2008 an den Sachwalter, als von einer nicht handlungsfähigen Person eingebracht, inhaltlich nicht behandelt wurde.
In der Folge findet sich ein von der Schwester des Berufungswerbers an den Abteilungsleiter der Behörde erster Instanz gesendetes sowie auch an die Amtsärztin gerichtetes E-Mail vom 27.10.2008.
Dessen Inhalt lässt sich mit dem h. Führerscheinverfahren nicht in Zusammenhang bringen.
In einem Aktenvermerk des Abteilungsleiters vom 27.10.2008 wird auf ein Telefonat der Schwester des Berufungswerbers verwiesen, wonach sich ihr Bruder nicht alle drei Monate 200 Euro für die fachärztliche Kontrolle leisten könne (Aktenseite 17).
Die Aktenseiten 18 u. 19 beinhalten zwei weitere Aktenvermerkte worin es einerseits mehrere, als bedrohlich eingestufte, Anrufe des Berufungswerbers beim Unabhängigen Verwaltungssenat und um das Procedere der Kontrolluntersuchung ging.
In einem Schreiben der Amtsärztin an die Verkehrsabteilung der Behörde erster Instanz verweist diese auf die „ständige hochpsychotische Stimmungslage" des Berufungswerbers, sodass dieser zum Lenken von KFZ nicht mehr geeignet wäre.
Auf Seite 21 findet sich abermals ein umfassender Aktenvermerk des Abteilungsleiters vom 21.11.2008. Darin wird auf ein Telefonat mit dem Sachwalter betreffend die durchzuführenden psychiatrische Kontrolluntersuchungen verwiesen. Der Sachwalter vertritt darin sinngemäß die Auffassung aus dem Gutachten Dr. X keine Kontrolluntersuchungen in Abständen von drei Monaten, sondern nur regelmäßige fachärztliche Kontrollen abzuleiten wären.
Mit der Aktenseite 22 findet sich ein weiterer Aktenvermerk des Abteilungsleiters unter Hinweis auf ein Telefonat mit Dr. X, welcher vereinbarungsgemäß einen handschriftlichen Arztbrief zwecks Vorlage bei der Behörde erster Instanz ausstellen wolle. Dieser Vorgehensweise habe die Amtsärztin zugestimmt. Dies sei auch dem Sachwalter telefonisch bekannt gegeben worden.
Ein handschriftlicher Arztbrief vom 6.12.2008 findet sich schließlich als AS 23 im Akt. Darin wird auf die Notwendigkeit der dreimonatigen Abständen verwiesen, wobei aus der Sicht des Dr. X ein Autofahren als möglich (gemeint wohl vertretbar) bezeichnet wurde.
Die Aktenseite 24 beinhaltet ein vom Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenates an den Sachwalter gerichtetes Schreiben, worin über das für den Berufungswerber ausgesprochene Hausverbot im Gebäude des Unabhängigen Verwaltungssenates, 4020 Linz, Fabrikstraße 21, informiert wurde.
Der Arztbrief (Dr. X) vom 24.6.2009 verweist auf den bis dahin nicht wahrgenommene Kontrolltermin, wobei abermals auf das dreimonatige Kontrollintervall verwiesen wurde.
Am 24.6.2009 wurde mit dem Berufungswerber bei der Behörde erster Instanz eine Niederschrift aufgenommen, worin der Berufungswerber den Arztbrief vom 24.6.2009 überreichte. Weiter bezieht sich das niederschriftliche Vorbringen auf nicht Bezug habende Anschuldigungen gegen den Bezirkshauptmann wegen einer angeblichen Kolaudierung auf einem Nachbargrundstück (handschriftlicher Hinweis des Berufungswerbers „zu vertuschen / zu verschleiern / zu verdunkeln“.
Am 9.12.2009 wurde von der Amtsärztin Frau Dr. X ein Gutachten auf „nicht geeignet“ erstattet.
Darin wurde auf das aggressive Verhalten des Berufungswerbers gegenüber Behördenorganen ebenso wie auf die Nichtbeibringung der Nachweise über die psychiatrische Behandlung verwiesen.
Das Ergebnis der Rückfrage bei der Amtsärztin seitens des Abteilungsleiters wird die Nichteignung einerseits in den nicht eingehaltenen Auflagen, die fehlende Kooperation, das mehrmalige aggressive Verhalten und im negativen Kalkül des Dr. X erblickt.
Mit Blick darauf greift die Berufung zu kurz, wenn damit offenbar nur der Entzugsgrund in der Nichterfüllung der Auflage erblickt werden will. Im Übrigen wird damit dem amtsärztlichen Kalkül auch nicht dem Inhalt nach entgegen getreten.
5.1. Diagnoseanmerkung:
F22.0 - Anhaltende wahnhafte Störungen (ICD-10 Schlüssel der WHO):
Diese Gruppe enthält eine Reihe von Störungen, bei denen ein lang andauernder Wahn das einzige oder das am meisten ins Auge fallende klinische Charakteristikum darstellt, und die nicht als organisch, schizophren oder affektiv klassifiziert werden können.
Eine Störung charakterisiert durch die Entwicklung eines einzelnen Wahns oder mehrerer aufeinander bezogener Wahninhalte, die im allgemeinen lange, manchmal lebenslang, andauern. Der Inhalt des Wahns oder des Wahnsystems ist sehr unterschiedlich. Eindeutige und anhaltende akustische Halluzinationen (Stimmen), schizophrene Symptome wie Kontrollwahn oder Affektverflachung und eine eindeutige Gehirnerkrankung sind nicht mit der Diagnose vereinbar. Gelegentliche oder vorübergehende akustische Halluzinationen schließen besonders bei älteren Patienten die Diagnose jedoch nicht aus, solange diese Symptome nicht typisch schizophren erscheinen und nur einen kleinen Teil des klinischen Bildes ausmachen.
Laut Fachliteratur wird zur Eignungsbeurteilung eine Symptomfreiheit für mindestens 1 Jahr, schizoaffektive Störungen ärztliche Kontrollen mindestens vierteljährlich, kontrollierte und evaluierte Pharmakotherapie, im Zweifelsfall objektive Leistungsbeurteilung in geeigneten Testverfahren empfohlen (Fahreignung und psychische Störungen, Schweiz Medizinisches Forum 2004, Till Afflerbach, Gerhard Ebner, Volker Dittmann, S 701 ff);
in Ausnahmefällen kann Fahreignung bestehen, schizophrenes Residuum, wenn Wahn oder schizophrenes Residuum keine verkehrsrelevanten Lebensbereiche betreffen und kognitive Leistungsfähigkeit und verkehrsadäquate Verhaltenssteuerung gegeben sind.
5.2. Laut Vormerkregister der Berufungswerber im Straßenverkehr in den letzten Jahren nicht sonderlich auffällig geworden. Es findet sich eine rechtskräftige Bestrafung wegen der Übertretung nach § 37a FSG (Strafe von 218 Euro wg. Minderalkoholisierung) und im Jahr 2009 wegen einer geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung (Geldstrafe 36 Euro).
5.2.1. Zusammenfassung der Fakten:
Insgesamt lässt sich die Quelle des sich lange hinziehenden Verfahrens, durch zahlreiche Aktenvermerke des Abteilungsleiters beurkundet, in der seit Jahren bestehende Verhaltensauffälligkeit des Berufungswerbers orten. Die dadurch bedingte Verfahrensdauer wirft ein bezeichnendes Schlaglicht auf die sich insbesondere in der Person des Berufungswerbers erschöpfenden verfahrensrechtlichen Grenzen einer den rechtsstaatlichen Grundsätzen gerecht werdenden Verfahrensabwicklung. Ein derartiges Verfahren wird letztlich ohne konstruktive Mitwirkung eines Betroffenen jedenfalls erheblich erschwert. Die Inhalte der Aktenvermerke belegen das Abweichen von den sozialtypischen Umgangsformen welche dieses erstinstanzliche Verfahren prägten.
Ursprünglich war dem Berufungswerber die Lenkberechtigung unter Auflagen erteilt welche, letztlich jedoch nicht befolgt wurden. Wenngleich diese Auflagen auf Grund deren formalen Umschreibung dem Wortlaut nach objektiv nicht erfüllbar gewesen wären, kam es im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Änderung der Faktenlage und letztlich dem mehrfach gutachterlich belegten Wegfall der gesundheitlichen Eignung.
Das erstinstanzliche Kalkül der Nichteignung stützte sich ursprünglich offenbar auf die behördliche Eingabe des Berufungswerbers vom 24. Juni 2009 und weiterer durch Aktenvermerke festgehaltene Interaktionen des Berufungswerbers aus der zweiten Jahreshälfte 2009 – einerseits auf das amtsärztliche Gutachten vom 9.12.2009, welchem auch die fachärztliche Diagnosen Dr. X (Juli 2008) u. Dr. X (Dezember 2008) als fachliche Stellungnahme zu Grunde lagen.
Diese Schlussfolgerungen sind letztlich durch die nunmehr vom Berufungswerber vorgelegte fachärztliche Stellungnahme Dr. X und die VPU von Mag. X sowie das amtsärztliche Gutachten der Sanitätsdirektikon vom 1.6.2010 abermals unter Beweis gestellt.
5.3. Beweisergebnisse des Berufungsverfahrens:
Vom Berufungswerber wurde eine von ihm persönlich unterfertigte Stellungnahme des Fahrarztes für Psychiatrie Dr. X mit folgendem Inhalt vorgelegt:
5.4. Die vom Berufungswerber aus Anlass dieser fachärztlichen Stellungnahme beigebrachte – jedoch nach Ablehnung durch Dr. X von Mag. X erstellte - verkehrspsychologische Stellungnahme gelangt letztlich auch zu einer dzt. negativen Eignungsbeurteilung. Bei entsprechender Behandlung und Befolgung dieser wird jedoch eine Neubegutachtung in sechs Monaten bereits als erfolgversprechend in Aussicht gestellt.
In den wesentlichen Aussagen verweist der Verkehrspsychologe auf die Aussage des Berufungswerbers zu Beginn der Untersuchung, dass er sich irgendwann einmal umbringen werde, wenn er weiterhin wegen dieser Geschichte von den Behörden nicht in Ruhe gelassen werde.
Dem Berufungswerber wurde im Wesentlichen fehlende Impulskontrolle attestiert, die auch zu Konflikten im Rahmen der Verkehrsteilnahme führen könnten. Weder eine Krankheitseinsicht noch eine ausreichende Compliance (der Befolgung der ärztlichen Anordnungen) gelangt im Gutachten zum Ausdruck. Ebenfalls bildete ein häufiger und übermäßiger Alkoholkonsum im Umfang (von fünf bis sechs Biere alle zwei Wochen) den Inhalt der gutachterlichen Feststellungen. Im Zusammenhang mit der bestehenden Dauermedikation könne laut Gutachter sogar von chronischem Alkoholmissbrauch ausgegangen werden.
Andererseits wurden die verkehrsrelevanten Persönlichkeitseigenschaften (IVPE) in sehr guter psychischer Stabilität und die Selbstkontrolle und das soziale Verantwortungsbewusstsein als normgemäß diagnostiziert.
Letztlich wird dem Berufungswerber ein deutlich erhöhtes Spannungsbedürfnis und eine starke Abenteuerlust im Sinne einer generell erhöhten Risikobereitschaft attestiert. In diesem Zusammenhang wird dies mit dem Verhalten des Berufungswerbers durch riskieren von negativen Folgen in seinem Umgang mit Behörden gebracht.
Zusammenfassend werden die Befunde mit Blick auf die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung dzt. nicht in einem ausreichenden Maß beurteilt.
Im Gutachten wird jedoch auch angemerkt, dass bei günstigem Krankheitsverlauf oder Genesung auch eine Verbesserung der dzt. eingeschränkten kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen und der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung möglich sei. Wobei bei Vorliegen entsprechender Anzeichen einer Verbesserung frühestens nach sechs Monaten eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung angeraten werde.
5.5. Auf Grund dieser Befundlage erstattet mit 1. Juli 2010 die Amtsärztin der Sanitätsdirektion des Landes Oö. Frau Dr. X ein abschließendes Gutachten.
Unter Einbeziehung der gesamten Gutachtenslage (Dr. X Mag. X) wird darin ebenfalls von einer gegenwärtigen Nichteignung ausgegangen. Unter Hinweis auf die fachärztliche Stellungnahme Dr. X wird jedoch bei Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Behandlung auf einen Zeithorizont von sechs Monaten ebenfalls eine Besserung des Gesundheitszustandes als möglich erachtet und eine Neubegutachtung empfohlen.
5.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat sah in den drei zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung aktuellen Gutachten die gesundheitliche Nichteignung des Berufungswerbers untermauert.
Die Ausführungen in den Gutachten wurden als umfassend und aussagekräftig erachtet. Sie wurden auch mit dem nach außen tretenden Verhaltensmustern des Berufungswerbers im Einklang gesehen. Daraus wurde das negative Kalkül insbesondere dahingehend als nachvollziehbar erachtet, als das vom Berufungswerber ausgehende Risiko mit den Schutzinteressen der Verkehrssicherheit nicht mehr in Einklang zu bringen erachtet wurde.
Der Berufungswerber vermochte diesen Gutachten jedenfalls nichts entgegen halten, so im aufgehobenen Bescheid.
Die Berufungsbehörde folgte demnach diesen Gutachten und gelangt zum Kalkül, dass gegenwärtig im Sinne des angefochtenen Bescheides die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht gegeben wäre.
Abschließend wies der Unabhängige Verwaltungssenat auf die Behandlungsnotwendigkeit und eine darin zu erwartende positive Entwicklung im Sinne eines Wiedererlangens der Eignungsvoraussetzungen hin.
6. Der Verwaltungsgerichtshof sah in der Gutachtenslage eine Nichteignung offenbar nicht begründet. Unter Hinweis und wörtlicher Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des FSG und § 13 Abs.1 FSG-GV (letzte als solche nicht zitiert) vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der h. (angefochtene) Bescheid lasse - ebenso wie die von der belangten Behörde verwerteten ärztlichen Stellungnahmen (Dris. D. und Dris W.) und die verkehrspsychologische Stellungnahme (Dris. W.) - nicht erkennen, inwiefern sich seit der zuletzt erfolgten Erteilung der Lenkberechtigung im Jahr 2008 der Zustand des Beschwerdeführers entscheidend verschlechtert haben sollte.
Das gelte sowohl für die von den Ärzten angenommene paranoide Persönlichkeitsstörung als auch für die verkehrspsychologischen Parameter, so der Verwaltungsgerichtshof.
Im Übrigen enthielte der angefochtene Bescheid auch keine Feststellungen dazu, inwieweit die beim Beschwerdeführer unstrittig vorliegenden Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Gebiet überhaupt Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen hätten (dass der Beschwerdeführer im Straßenverkehr auffällig geworden wäre, wird von der belangten Behörde nicht festgestellt). Wie die belangte Behörde selbst zutreffend ausführt hätte, schließen derartige Beeinträchtigungen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht zwingend aus (vgl. die dortige Erkenntnisse vom 24. August 1999, ZI. 99/11/0149 [= Slg. Nr. 15.206/A], vom 18. März 2003, ZI. 2001/11/0039, und vom 21. Februar 2006, ZI. 2005/11/0209).
Im Lichte der unter Pkt. 2.1. wiedergegebenen hg. Judikatur erweise sich demnach der angefochtene Bescheid mit auf einer Verkennung der Rechtslage beruhenden Feststellungsmängeln behaftet.
Abschließend stellte der Verwaltungsgerichtshof noch klar, dass der angefochtene Bescheid auch dann rechtswidrig wäre, wenn man, anders als die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, zur Auffassung gelangte, der seinerzeitige Bescheid vom 19. August 2008 habe die Lenkberechtigung für zwei Jahre unter der Auflage erteilt, dass sich der Beschwerdeführer im Abstand von drei Monaten einer psychiatrischen Kontrolluntersuchung unterziehe, weil die Nichteinhaltung einer solchen Auflage nicht per se zur Annahme des Fehlens der gesundheitlichen Eignung führten, sondern gemäß § 7 Abs.3 Z12 FSG eine bestimmte Tatsache bildet, welche allenfalls die Verkehrszuverlässigkeit des Betreffenden ausschließt.
6.1. In Bindung an diese Rechtsansicht – wonach offenbar lediglich die Frage der Verkehrszuverlässigkeit den Berufungsgegenstand bildete - war der ausgesprochene Entzug der Lenkberechtigung zu beheben, zumal diese zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegeben scheint. Der Berufungswerber ist lt. Anfrage im Vormerkregister zwischenzeitig nicht dahingehend in Erscheinung getreten, die eine gegenteilige Annahme zuließe.
Zu bemerken gilt es jedoch, dass nach h. Überzeugung das Höchstgericht den allesamt auf Nichteignung lautenden fachlichen Stellungnahmen und letztlich dem amtärztlichen Gutachten wohl kaum auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten in der Lage sein dürfte.
Das zur Sachentscheidung berufene Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates sieht sich abschließend zu Feststellung veranlasst, dass laut der schlüssigen Gutachtenslage zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung von der gesundheitlichen Nichteignung des Berufungswerbers ausgegangen werden musste.
Von der Behörde erster Instanz wird daher wohl, selbst im Lichte der nunmehrigen Behebung ihres Bescheides vom 27. Jänner 2010, VerkR21-121-2002, die gesundheitliche Eignungsfrage abermals zu prüfen sein.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtgsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r