Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523302/7/Sch/Eg

Linz, 22.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die auf die Entziehungsdauer beschränkte Berufung der Frau X, X, X, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 5. Oktober 2012, FE-1006/2012, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. November 2012 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird insoferne Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und der Lenkverbote mit acht Monaten festgesetzt wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Mandatsbescheid vom 21. August 2012, AZ. FE-1006/2012, NSch 269/2012, die Frau X, geb. X, von der Bundespolizeidirektion Linz am 2.4.1996, Zl. F 7221/90, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zehn Monaten, gerechnet ab 15.8.2012, entzogen.

Außerdem wurde ihr für dieselbe Dauer das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

Überdies wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet, welche bis zum Ablauf des Lenkverbotes zu absolvieren ist.

Darüber hinaus wurde spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung bzw. bis zum Ablauf des Lenkverbotes die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme verlangt.

Weiters wurde für die Dauer der Entziehung das Recht, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 7, 24, 25, 26, 29, 30 und 32 FSG sowie § 57 AVG genannt.

 

Die gegen diesen Mandatsbescheid erhobene Berufung wurde vom Landespolizeidirektor von Oberösterreich mit Bescheid vom 5. Oktober 2012, Zl. FE-1006/2012, abgewiesen, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung allerdings mit neun Monaten, gerechnet ab 15.8.2012, festgesetzt.

 

Verwiesen wurde wieder auf die schon im Mandatsbescheid angeführten Bestimmungen des Führerscheingesetzes. Einer Berufung wurde gemäß § 64 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Die Berufung richtet sich in ihrer Diktion – unbeschadet weitergehender Anträge – ausschließlich gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung im Ausmaß von neun Monaten, ausdrücklich wird eine Entziehungsdauer von acht Monaten für angemessen erachtet. Dies wurde von der Rechtsmittelwerberin auch bei der Berufungsverhandlung bekräftigt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Unbestritten ist, dass die Berufungswerberin am 15. August 2012 um 03:42 Uhr als Lenkerin eines PKW von einschreitenden Polizeibeamten beamtshandelt wurde, wobei eine Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt erfolgte. Der Alkomat wies einen Blutalkoholgehalt von 1,23 mg/l aus.

 

Die Berufungswerberin hat in der Folge um 10:00 Uhr dieses Tages im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Linz eine Blutabnahme veranlasst. Diese wurde von der Gerichtsmedizin GmbH. Salzburg-Linz analysiert, wobei ein Blutalkoholgehalt von 1,14 Promille ermittelt wurde. Eine Rückrechnung auf den Lenkzeitpunkt, durchgeführt durch den Polizeiarzt der Erstbehörde, ergab einen Blutalkoholwert von 2,08 Promille. Rechnet man den Alkoholwert laut Alkomatergebnis von 1,23 mg/l mit dem Faktur 2 auf den Blutalkoholgehalt um, ergibt sich ein Wert von 2,46 Promille. Die Blutalkoholrückrechnung ergab, wie schon erwähnt, einen Wert von 2,08 Promille.

 

4. Fest steht weiters, dass die Berufungswerberin nicht im Rahmen einer (bloßen) polizeilichen Routinekontrolle beanstandet wurde, sondern laut Aktenlage ein der Berufungswerberin nachfahrender Taxifahrer eine entsprechende Anzeige erstattet hatte. Er meldete der Polizei den Umstand, dass er in Linz auf der F. hinter einer offensichtlich alkoholisierten Lenkerin nachfahre. Bei der Nachfahrt hat dieser Taxilenker die entsprechende Örtlichkeit, an denen sich die Fahrzeug gerade befanden, durchgegeben, sodass die einschreitenden Polizeibeamten die Berufungswerberin letztlich vor ihrer Wohnadresse noch auf der Straße mit ihrem Fahrzeug antrafen. Dort wurde aufgrund eindeutiger Alkoholisierungssymptome eine Alkomatuntersuchung durchgeführt.

 

Schließlich ist auch noch festzuhalten, dass die Berufungswerberin bereits einmal, und zwar im Jahr 2009, wegen eines Alkodeliktes in Erscheinung getreten ist. Damals wurde die Lenkberechtigung vom 25. Jänner bis 25. Februar 2009 entzogen.

 

5. Im Hinblick auf die Würdigung dieser Tatsachen ist vorerst zu bemerken, dass auch dann, wenn man den Grad der Alkoholisierung anhand des Ergebnisses der Blutuntersuchung zugrundelegt, nämlich 2,08 Promille, doch eine beträchtliche Überschreitung des für die Festsetzung der Mindestentzugsdauer gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG relevanten Wertes von 1,6 Promille vorliegt. Bei einer Alkoholbeeinträchtigung jenseits der zwei Promille stellt der Lenker eines Kraftfahrzeuges eine beträchtliche Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Im gegenständlichen Fall war die Berufungswerberin einem nach der Aktenlage völlig unbeteiligten Taxilenker durch ihre offenkundig sehr unsichere Fahrweise aufgefallen. Er nahm es daher auf sich, eine polizeiliche Meldung zu erstatten und sogar noch durch Nachfahrt sicherzustellen, dass die Polizei auch möglichst rasch einschreiten konnte. Dieser Vorgang lässt den Schluss zu, dass die Berufungswerberin eine schon sehr konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellte.

 

Wie schon oben erwähnt, musste der Berufungswerberin im Jahr 2009 bereits einmal wegen eines Alkoholdeliktes die Lenkberechtigung entzogen werden. Der seither verstrichen Zeitraum ist zur nunmehr verfahrensgegenständlichen Alkofahrt betrug zwar etwa dreieinhalb Jahre, auf der anderen Seite ist dieser aber doch noch so relativ gering, dass die Aussage gerechtfertigt erscheint, dass die Berufungswerberin den übermäßigen Genuß von Alkohol und die Teilnahme als Lenkerin eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr bislang nicht dauerhaft trennen konnte.

 

6. Die Deliktsabfolge wie gegenständlich, nämlich zuerst das Delikt nach § 99 Abs. 1b StVO 1960 und dann jenes nach § 99 Abs. 1 leg.cit., ist bei den Wiederholungstatbeständen des § 26 Abs. 2 FSG nicht erwähnt. Es gilt daher nach Ansicht der Berufungsbehörde die Regelung für erstmalige Alkoholdelikte nach § 99 Abs. 1 StVO 1960, also jene nach § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG. Somit ist von einer Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten auszugehen. Allerdings kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Gesetzgeber für den Fall, dass eben zuerst die höhere Alkoholisierung, später eine niedrigere vorlag, eine Mindestentziehungsdauer im Ausmaß von acht Monaten (§ 26 Abs. 2 Z. 6 FSG) festgesetzt hat. Es kann also der Umkehrschluss als zulässig angesehen werden, wenn für den Fall, dass die Deliktsabfolge umgekehrt abläuft, also sogar eine Steigerung des Alkoholgehaltes von einem zum anderen Delikt wie gegenständlich der Fall war, eine Wertung in Analogie zu Z. 6 erfolgen kann.

 

Unbeschadet dieser Erwägungen ist jedenfalls festzuhalten:

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der relevanten bestimmten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

In der Zusammenschau der hier vorliegenden Fakten (Alkoholbeeinträchtigung jenseits der zwei Promille, verkehrsgefährdende bzw. zumindest verkehrsauffällige Fahrweise, eine einschlägige Vorentziehung) lässt die erstbehördliche Zukunftsprognose im Hinblick auf die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit durch die Berufungswerberin nicht von einer Entziehungsdauer von neun Monaten nachvollziehbar erscheinen.

 

Allerdings hat die Berufungswerberin im Rahmen des Berufungsverfahrens die verkehrspsychologische Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 16. November 2012 vorgelegt. Dort heißt es in der Zusammenfassung wie folgt:

"Lediglich im Bereich der reaktiven Belastbarkeit zeigte sich eine unter der Norm liegende Anzahl von Fehlreaktionen. Ansonsten lagen alle Leistungswerte im Normbereich bzw. teilweise sogar darüber. Angesichts der enormen Prüfungsnervosität kann ihre funktionale Leistungsfähigkeit sehr positiv beschrieben werden. Die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen sind jedenfalls gegeben.

 

Die Untersuchte hat zwar ein Alkoholdelikt mit hoher Alkoholkonzentration zu verantworten, wobei aber im Rahmen der ausführlichen Exploration der Eindruck entstand, dass dieses Fehlverhalten durch eine äußerst glaubhafte psychische Belastungssituation mitbewirkt wurde. Die Untersuchte hat sich mit ihrem Verhalten extrem ausführlich auseinandergesetzt und dabei mit erheblicher Selbstbeschuldigung reagiert. Sie ist eine gut differenzierte Persönlichkeit und es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie in der Lage sein wird aus ihrem Fehlverhalten positive Konsequenzen zu ziehen. Die angegebene Alkoholabstinenz seit der Führerscheinabnahme ist glaubhaft. Es dürfte aber auch vor dem Delikt kein problematischer Bezug zu Alkohol vorgelegen haben. Der Untersuchten kann jedenfalls eine entsprechende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung attestiert werden.

 

Vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung ist Frau X zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet."

 

Dies ist nach Ansicht der Berufungsbehörde eine für die nunmehr bei der Berufungswerberin anzunehmende Einstellung in Bezug auf Alkohol und Straßenverkehr fachlich dokumentierte Änderung zum Besseren. Die Zukunftsprognose im Hinblick auf deren Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit kann daher zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Berufungsbehörde positiver ausfallen und mit der Herabsetzung der Entziehungsdauer auf acht Monate vorgegangen werden.

 

 

Die übrigen von der Erstbehörde verhängten begleitenden Maßnahmen (Lenkverbot für führerscheinfreie KFZ, Nachschulung, amtsärztliches Gutachten, verkehrspsychologische Stellungnahme, Verbot des Gebrauchs eines allfälligen ausländischen Führerscheines) sind in den im Bescheid zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet und zwingende Folgen einer Alkofahrt wie der gegenständlichen. Diese werden in der Berufung aber ohnehin nicht in Frage gestellt.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit eines Inhabers einer Lenkberechtigung begründet.

 

Der Vollständigkeit halber wird noch angefügt, dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf der vorletzten Seite von einem Alkoholisierungsgrad von 1,77 Promille die Rede ist. Die polizeiärztliche Rückrechnung vom 20. September 2012 auf den Lenkzeitpunkt hatte allerdings einen Wert von 2,08 Promille ergeben, welcher auch weitgehend mit dem Messwert laut Alkomaten in Einklang steht.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 33,80 Euro angefallen (14,30 Euro für die Berufungsschrift und 19,50 Euro für die verkehrspsychologische Stellungnahme).

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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