Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523306/6/Br/Ai

Linz, 21.11.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung  des Herrn X, X, X, X, vertreten durch RAe X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 25.09.2012, AZ.: VerkR-08-049917, nach der am 21.11.2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht  erkannt:

 

 

Der Berufung wird statt gegeben; der Aufforderungsbescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG, § 24 Abs.1 Z2 u. § 24 Abs.4 iVm § 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.1 und 2 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Blick auf die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse(n) A und B sowie Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge den Berufungswerber aufgefordert, sich binnen

 

1 Monat

 

gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides, bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Gestützt wurde diese Aufforderung auf §§ 24 Abs. 4 und  8 Abs. 2 Führerscheingesetz – FSG.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

"Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben ist, ist gemäß § 24 Abs. 4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 FSG einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen bzw. das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ausdrücklich zu verbieten.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 15.09.2012, wurde der Führerscheinbehörde zur Kenntnis gebracht, dass Sie am 10.08.2012 im Zuge einer Befragung in einer Suchtmittelangelegenheit selbst angaben, seit Ihrem 18. Lebensjahr Suchtgift in Form von Cannabis zu konsumieren, wobei der letzte Konsum am 30.06.2012 stattgefunden hätte.

 

Für die Behörde bestehen daher begründete Bedenken hinsichtlich Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse(n) A und B sowie von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen."

 

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem Entzug der Lenkberechtigung mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung mit nachfolgenden Ausführungen entgegen.

"1. Die Erstbehörde stützt den Aufforderungsbescheid auf die Annahme, der Berufungswerber konsumiere seit seinem 18. Lebensjahr Cannabis, und der letztmalige Konsum habe am 30.06.2012 stattgefunden.

In seiner Beschuldigtenvernehmung am 06.07.2012 gab der Berufungswerber an, er habe seine ersten Erfahrungen im Alter von 18 Jahren gesammelt. Keine Rede ist davon, dass er seit seinem 18. Lebensjahr ununterbrochen Cannabis konsumiere.

 

2. Führerscheinrechtlich ist maßgeblich, welche Mengen in welchen Zeitabständen konsumiert werden. Der Berufungswerber konsumiert lediglich gelegentlich im Abstand von größeren zeitlichen Abständen. Zwischen den einzelnen Konsumationen liegen Zeiträume von mehreren Wochen.

Der Konsum erfolgt jeweils ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Lenken von Fahrzeugen.

Anhaltspunkte für eine Abhängigkeit oder für ein Unvermögen des Berufungswerbers zur Einschränkung des Konsums auf ein die Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht beeinträchtigendes Maß liegen nicht vor. Wie sich aus der FSG-GV ergibt, berührt ein geringfügiger Suchtmittelgenuss - wie auch ein geringfügiger Alkoholkonsum ohne Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges - die gesundheitliche Eignung nicht.

 

Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum soweit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr beeinträchtigt ist, läge ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten - wenn auch verbotenen - Suchtmittelkonsums, die gesundheitliche Eignung begründeter Weise in Zweifel zu ziehen (VwGH 24.08.1999, 99/11/0092 uva).

 

Diese Voraussetzungen liegen im Gegenstand nicht vor.

 

3. Die gesundheitliche Lenkeignung des Berufungswerbers wurde unter dem Aspekt gelegentlichen Cannabiskonsums schon früher geprüft. Eine psychiatrische Stellungnahme vom 09.01.2007, welche der Erstbehörde vorliegt, attestiert dem Berufungswerber Abstinenz seit Juni 2006. Diese Abstinenz wurde führerscheinbehördlich bis 2008 überwacht. Aufgrund der tadellosen Absolvierung dieser Kontrollphase ist beim Berufungswerber eine Annahme, sein gelegentlicher Konsum rufe neuerlich Bedenken im Sinne des § 14 Abs 1 FSG-GV hervor, nicht gerechtfertigt.

 

Ich stelle daher die

 

ANTRÄGE

 

1. auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung;

2. auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.

 

X"

 

 

2.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht!

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde I. Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2 Absatz AVG).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien zur Verifizierung der gesetzlich nicht näher determinierten, jedoch von der Judikatur als "begründet" bezeichneten Bedenken an der gesundheitlichen Eignung, geboten  (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, sowie durch Anhörung des persönlich zur Berufungsverhandlung erschienen Berufungswerbers, der seinerseits einen aktuellen (negativen) Harnbefund auf Drogen-Metabolite vorlegte. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil, wobei das entsprechende Schreiben dem Mitglied erst nach der Verkündung des Berufungsbescheides zugegangen ist.

 

 

4.  Die Faktenlage:

Beim Berufungswerber wurde am 6.7.2012 in der von ihm betriebenen Firma "X" im Rahmen einer laut seinen Angaben freiwillig gewährten Nachschau sogenannte "Indoor-Aufzuchtzelte" mit insgesamt 120 Cannabisplanzen vorgefunden. Diesbezüglich wurde der Berufungswerber bei der Staatsanwaltschaft anzeigt und laut seiner Darstellung im Rahmen der Berufungsverhandlung nach § 27 SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Betreffend den § 28 SMG wurde er freigesprochen.

Der Berufungswerber legte einen aktuellen negativen Harnbefund vor. Sein Erscheinungsbild ließ keinen wie immer gearteten Schluss auf ein gesundheitliches Problem zu. Er zeigte sich aufgeschlossen und problembewusst, wobei er einräumte letztmals drei Wochen vor der genannten Durchsuchung Cannabis konsumiert zu haben.

Festzustellen ist, dass der Berufungswerber etwa noch nie bei einer Verkehrsteilnahme in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand aufgefallen ist.

Seine Nichtbereitschaft zur amtsärztlichen Untersuchung begründet er mit seiner Erfahrung aus dem Jahr 2007, was sich für ihn wegen der regelmäßig verlangten Laboruntersuchungen als sehr teuer gestaltete. Im Ergebnis, so der Berufungswerber, werde das Führerscheinverfahren als eine Art Neben- oder Zusatzsanktion für Verstöße gegen das SMG benutzt.

Er helfe mit seiner Firma Personen die mit Suchtgift Probleme haben indem er diese berät, so der Berufungswerber im Tenor anlässlich der Berufungsverhandlung.

Auf die Teilnahme seines Rechtsvertreters an der Berufungsverhandlung verzichtete er und verwies diesbezüglich auch auf die Absprache mit seinem Rechtsvertreter.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat rechtlich erwogen:

Nach § 24 Abs.1 FSG Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1)      die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2)      die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Hierbei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. Erk. 2.5.2005, KUVS-209/10/2005). Diese können und konnten objektiv betrachtet in der Person des Berufungswerbers nicht erkannt werden. Auch der vorgelegte Laborbefund unterstrich dies zusätzlich.

 

5.1. Ein gelegentlicher Suchtmittelkonsum allein rechtfertigt ebenfalls noch keine Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Betreffenden zum Lenken von Kraftfahrzeugen (VwGH 24. August 1999, Zl. 99/11/0092 und 0175, und vom 23. Mai 2000, Zl. 99/11/0340). Es bedürfte dazu vielmehr konkreter Feststellungen über die Zeitpunkte des Suchtmittelkonsums sowie die Art und Menge des konsumierten Suchtmittels.

Hier konnten keine hinreichend begründete Anhaltspunkte gefunden werden, welche bei sachlicher Beurteilung an der gesundheitlichen Eignung zweifeln ließen.

Des Weiteren hat der Gerichtshof dazu ausgeführt (vgl. VwGH vom 23. Mai 2000, Zl. 99/11/0340), dass ein gelegentlicher Konsum von Cannabis die gesundheitliche Eignung nicht berührt (VwGH 24.4.2001, 2000/11/0231).

Derart kann aber auch aus dem frühren und bereits in einem anderen Verfahren abgehandelten gelegentlichen Konsum von Cannabis noch kein Verdacht auf eine Suchtmittelabhängigkeit abgeleitet werden.

Aus diesem Grund war der Aufforderungsbescheid zu beheben.

                                                                          

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 17,20 Euro [14,30 Euro Eingabegebühr und für eine Beilage 3,90 Euro] angefallen.

 

 

                                                                          

Dr. B l e i e r

                                                                                                                                                      

 

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