Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730697/2/BP/Jo

Linz, 18.12.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA von Tunesien, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. November 2012, AZ: 1005447/FRB, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

      Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit im Instanzenzug erlassenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 14. März 2007, Zl. St 70/07, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot rechtskräftig erlassen.

 

1.2. Mit Bescheid vom 22. November 2012 wies die belangte Behörde einen Antrag des Bw vom 15. Oktober 2012 auf Aufhebung des oa. Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG in der geltenden Fassung ab.

 

Darin führt sie begründend wie folgt aus:

 

"Mit Schriftsatz vom 15.10.2012 stellten Sie einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und führten darin aus wie folgt:

 

Sachverhalt:

Der Antragsteller befindet sich seit 1990 ununterbrochen in Österreich. Für den Antragsteller wurde von der Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom 23.3.2007 ein Aufenthaltsverbot erlassen. Der Antragsteller war mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und entstammt dieser Ehe die gemeinsame Tochter X, welche am X geboren wurde. Die Tochter des Antragstellers ist österreichische Staatsbürgerin und somit zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Der Antragsteller hat eine enge Beziehung zur Tochter und besteht eine enge seelische Verbundenheit. Der Antragsteller bezahlt zusätzlich zum monatlichen Unterhalt auch in monatlichen Raten den Unterhaltsrückstand an das Amt für Soziales, Jugend und Familie zurück. Das Aufenthaltsverbot war durch das Asylverfahren unterbrochen.

 

(...)

 

Die Lebensumstände des Antragstellers haben sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes erheblich geändert. Der Antragsteller lebt an einer gemeldeten Adresse und verfügt über einen festen Wohnsitz. Durch die Beziehung zur Tochter verfügt der Antragsteller über ein Familienleben mit einer österreichischen Staatsbürgerin im Sinne des Art 8 MRK. Art 8 MRK schützt das Familienleben von Eltern und Kindern auch dann, wenn sie nicht zusammenleben. Wenn der Antragsteller Österreich verlassen muss, so würde er von seiner Tochter getrennt und würde dadurch das Grundrecht auf Achtung des Privat und Familienlebens verletzt. Der Antragsteller befindet sich seit 1990 durchgehend in Österreich und hat durch den langen Aufenthalt in Österreich auch keine Kontakte in seinen Herkunftsstaat. Der Antragsteller ist gut integriert hat sich geändert, so dass die einstiegen Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes weggefallen sind.

 

(...)

 

Das Aufenthaltsverbot war seinerzeit im Wesentlichen gegen Sie erlassen worden, weil Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich wie folgt gerichtlich verurteilt wurden:

 

1.)     BG Linz vom 05.03.1997, Zahl: 19 U 1117/96 (rk: 26.03.1997), wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,- ATS (1.500,-ATS), im Nichteinbringungsfall 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

2.)     LG Linz vom 21.12.2001, Zahl: 24 Hv 1072/2001d (rk: 27.12.2001), wegen §§ 83 Abs. 2, 107 Abs. 1 und 2, 107 Abs. 1 und 2 sowie 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

3.)     LG Linz vom 15.03.2006, Zahl: 24 Hv 8/2006s (rk: 14.06.2006), wegen §§ 83 Abs. 1, 105 Abs. 1, 15, 144 Abs. 1, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren;

4.)     BG Linz vom 23.02.2007, Zahl: 18 U 610/06p, wegen § 198 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten. Laut Auskunft BG Linz gaben der Bezirksanwalt und der Verurteilte selbst einen Rechtsmittelverzicht ab.

 

Die Gerichte haben es als erwiesen angesehen, dass Sie:

 

Ad. 2.) A.) Am 15.05.1999 in Linz Ihre Exgattin X

a.)     im Zuge eines Handgemenges am Körper misshandelt haben und dadurch fahrlässig eine Verletzung, nämlich eine Abschürfung auf der Nase und eine Zerrung der Halswirbelsäule, bewirkt haben;

b.)     nach der unter a.) angeführten Tathandlung mit dem Tode gefährlich bedroht haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem Sie äußerten: „Da schau' her, das passiert dir, wenn ich auf was komme; dann ist unsere Tochter die Erste, die stirbt", wobei Sie mit einem Hammer aufzielten und ihr ein ca. 30 cm langes Messer vorhielten;

B.) Am 03.04.2001 in Linz X und mittelbar Ihre Exgattin durch die gegenüber X telefonisch gemachte Äußerung: „Ich bringe deine Tochter und dich um", mit dem Tode gefährlich bedroht haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

C.) Am 27.02.2001 in Linz, dadurch, dass Sie Ihrer Exgattin einen Faustschlag ins Gesicht versetzten, diese in Form einer Jochbeinprellung, am Körper verletzten;

 

Ad. 3.) A.) Am 17.08.2005 X (damalige Lebensgefährtin) durch das Versetzen von Faustschlägen am Körper verletzt haben;

B.) Am 26.09.2005 durch die gegenüber X getätigte sinngemäße Äußerung, Sie werden X umbringen, falls sie die Anzeige gegen Sie nicht zurückziehen würde, sohin durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Körperverletzung, S zu einer Handlung zu nötigen versucht haben;

C.) Am 23.09.2005 X durch die gegenüber X sinngemäß getätigte Äußerung, Sie werden zu X in die Wohnung kommen und alles zusammenschlagen, sohin durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Vermögen, zur Übergabe eines Geldbetrages von € 3.000,-, sohin einer Handlung, die X am Vermögen schädigen sollte, zu nötigen versucht haben, wobei Sie mit dem Vorsatz handelten, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Genötigten zu bereichern.

 

Ad. 4.) Der Unterhaltspflicht gegenüber Ihrer Tochter nicht nachkamen.

 

Einer Berufung gegen das verfahrensgegenständliche Aufenthaltsverbot wurde von der SID O.Ö. mit Bescheid vom 14.03.2007 (ZI: St 70/07) keine Folge gegeben und der Bescheid der BPD Linz bestätigt.

 

Eine Beschwerde dagegen hat der VwGH mit Erkenntnis vom 07.07.2009, AZ.: 2007/18/0177-6 als unbegründet abgewiesen.

 

(...)

 

Der Umstand, dass Sie wiederholt Personen, mit denen Sie in Lebensgemeinschaft lebten, gefährlich bedrohten, und sie sogar verletzten, lässt Sie als besonders brutal einstufen. Wie sich hieraus ersehen lässt, ist der Schritt von der Drohung mit Gewalt bis zur Ausführung oft nur ein kleiner.

 

Im konkreten Fall ist festzustellen, dass auch jetzt die nachteiligen Folgen einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes um vieles schwerer zu wiegen scheinen, als die Auswirkungen desselben auf Ihre Lebenssituation.

 

Auch jetzt stellt Ihr Aufenthalt in Österreich durch Ihr persönliches kriminelles Verhalten noch eine schwerwiegende und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und vor allem Sicherheit dar, nämlich für das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung und Bekämpfung von Delikten gegen Leib und Leben und an der Verhinderung von Straftaten gegen die körperliche Integrität. Es bedarf auch keiner näheren Erörterung, dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um derartigen strafbaren Handlungen entgegenzuwirken.

 

Auf Grund der für Sie auch jetzt zu erstellenden negativen Zukunftsprognose, ist nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung von massiven strafbaren Handlungen in diesem Fall unverhältnismäßig schwerer wiegt, als Ihre privaten und familiären Interessen.

 

Im Hinblick auf den Schutz der Gesellschaft ist eine derartige Maßnahme dringend erforderlich.

 

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Aufenthaltsverbot auf zehn Jahre befristet erlassen wurde, ist der seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen und kann in Anbetracht der Schwere ihres Verbrechens nicht abgesehen werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, tatsächlich wieder weggefallen sein werden.

 

Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um eine für Sie günstige Zukunftsprognose erstellen zu können.

 

Hier ist darauf hinzuweisen, dass Ihre, dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden gerichtlichen Verurteilungen noch nicht getilgt sind.

 

Entscheidungsrelevant ist vor allem auch, dass Ihre damalige gesamte private und familiäre Situation bereits bei Erfassung des Aufenthaltsverbotes von der Behörde berücksichtigt wurde.

 

Zwischenzeitig haben sich die privaten und familiären Umstände nicht geändert. Durch die Verhängung des Aufenthaltsverbotes wurde und wird nach ha. Ansicht mit der schon damals festgestellten Intensität in Ihr Privat- bzw. Familienleben eingegriffen - so gaben Sie in Laufe des Verfahrens an, dass lediglich ein Bruder von Ihnen in Österreich leben würde und Ihre Tochter.

Da Sie sich offensichtlich überhaupt nicht um das Wohl Ihrer Tochter kümmern, wie das von Ihnen zum Akt übermittelte Schreiben des Magistrat Linz, Amt für Soziales, Jugend und Familie, datiert mit 11.10.2012, welches auf einen Unterhaltrückstand von € 6.834,77 hinweist zeigt und diese Tochter auch nicht bei Ihnen wohnt und lebt, sondern bei der Kindesmutter, relativiert sich Ihr Hinweis, dass sich Ihre Tochter in Österreich aufhalte. Weiters haben Sie diese sogar mit dem Umbringen bedroht, siehe dazu das Urteil des LG Linz, zitiert unter Punkt.2, oben.

 

Nach h.a. Ansicht konnte Ihre familiäre Position, welche bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestand, durch reinen Zeitablauf, nicht entscheidungsrelevant verstärkt werden.

 

Auf Grund der bereits bei der Erfassung des Aufenthaltsverbotes durch die Behörde durchgeführten gebotenen ordnungsgemäßen Interessensabwägung, kam diese zum Ergebnis , dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die von Ihnen ausgehende große Gefährlichkeit von Ihnen hingenommen werden müssen.

 

(...)

 

Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb Ihr Antrag auf Aufhebung des gegen Sie bestehenden Aufenthaltsverbotes als unbegründet abzuweisen war."

 

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 11. Juli 2012.

 

Darin stellt der Bw zunächst den Antrag,

 

"die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid vom 22.11.2012, AZ: 1005447/FRB aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz verweisen;

 

oder: in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes stattgegeben wird."

 

Begründend wird in der Berufung wie folgt ausgeführt:

 

"Gemäß § 69 (2) FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zur Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung eines Aufenthaltsverbotes ist auch auf den Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen nach der Rechtsprechung des VwGH { 2006/18/02906) Bedacht zu nehmen. Die Lebensumstände des Berufungswerbers haben sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes erheblich geändert. Der Berufungswerber lebt an einer gemeldeten Adresse und verfügt über einen festen Wohnsitz. Durch die Beziehung zur Tochter verfügt der Berufungswerber über ein Familienleben mit einer österreichischen Staatsbürgerin im Sine des Art 8 MRK. Art 8 MRK schützt das Familienleben von Eltern und Kindern auch dann, wenn sie nicht zusammenleben. Wenn der Berufungswerber Österreich verlassen muss, so würde er von seiner Tochter getrennt und würde dadurch das Grundrecht auf Achtung des Privat und Familienlebens verletzt. Der Berufungswerber befindet sich seit 1990 durchgehend in Österreich und hat durch den langen Aufenthalt in Österreich auch keine Kontakte in seinen Herkunftsstaat. Der Berufungswerber ist gut integriert und hat sich geändert, so dass die einstigen Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes weggefallen sind.

 

Wie im angefochtenen Bescheid ersichtlich ist hat die letzte strafrechtliche Verurteilung am 23.2.2007 stattgefunden und liegt somit ein Wohlverhalten von fast 7 Jahren vor. Die im angefochtenen Bescheid behauptete Gefährlichkeitsprognose und negative Zukunftsprognose ist somit nicht nachvollziehbar und verfehlt. Nach der Rechtssprechung des VwGH(2008/22/0605) sind sowohl die Belassung des Aufenthaltsverbotes als auch die Verhängung eines kürzeren Aufenthaltsverbotes rechtswidrig, wenn die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes weggefallen sind.

 

Die behauptete negative Zukunftsprognose mit welcher im angefochtenen Bescheid (Seite 5) die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes begründet wird ist aus oben angeführten Gründen nicht nachvollziehbar. Die Umstände die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führten sind weggefallen und ist es daher rechtlich verfehlt, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten wäre. Es haben sich nämlich maßgebende Umstände (langes Wohlverhalten, gute Integration, sehr gute Deutschkenntnisse und ein über 20 Jahre langer ununterbrochener Aufenthalt in Österreich etc.) zu Gunsten des Berufungswerbers geändert. Schon alleine aufgrund des extrem langen Aufenthalt des Berufungswerbers in Österreich und des Umstandes, dass sowohl seine Tochter als auch sein Bruder in Österreich leben verleihen dem persönlichen Interesse des Berufungswerbers an einem Verbleib in Österreich ein solches Gewicht, dass das für ihn erlassene Aufenthaltsverbot unverhältnismäßig erscheint.

 

Aus den oben angeführten Gründen werden die Berufungsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung geltend gemacht.

 

Verfehlt ist die Feststellung (Seite 6 des angefochtenen Bescheides), dass sich zwischenzeitig die privaten und familiären Umstände nicht geändert hätten sowie, dass sich der Berufungswerber offensichtlich überhaupt nicht um das Wohl der Tochter kümmern würde. Es liegt somit auch der Berufungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, denn der Berufungswerber hat eine enge seelische Verbundenheit zu seiner Tochter und bezahlt zusätzlich zum monatlichen Unterhalt auch in monatlichen Raten den Unterhaltsrückstand zurück, das war offensichtlich bis zur Verurteilung durch das BG Linz zu 18 U 610/06p wegen § 198 (1) StGB (Vernachlässigung der Unterhaltspflicht) nicht so."

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 zur Entscheidungsfindung vor.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass der Bw seit 1. Oktober 2012 in Österreich polizeilich gemeldet ist. Davor liegt seit dem Jahr 2006 lediglich eine Meldung für eine Woche im PAZ Wels im Dezember 2011 vor.

 

Aus dem fremdenpolizeilichen Akt ergibt sich zudem, dass sich der Bw nicht nur seit der negativen Entscheidung des VwGH im Jahr 2009, sondern auch seit der Entlassung aus der Schubhaft im Dezember 2011 illegal und ungemeldet im Bundesgebiet aufgehalten hatte, weshalb auch im Mai 2012 ein von ihm angestrengtes Asylverfahren eingestellt werden musste. 

 

2.2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, zumal der entscheidungswesentliche Sachverhalt völlig unbestritten und geklärt ist und auch die Akten erkennen lassen, dass eine allfällige weiterführende Erörterung für den Sachverhalt ergebnisneutral wäre. Im Übrigen wurde auch kein darauf gerichteter Parteienantrag des rechtsanwaltlich vertretenen Bw gestellt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.3. sowie 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß §125 Abs. 16 des FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011 bleiben vor Inkrafttreten des FRÄG 2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG 2005 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 87/2012 sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

3.1.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vergl. VwGH vom 24.2.2009, 2008/22/0587 und vom 10.11.2009, 2008/22/0848).

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass gegen den Bw aufgrund mehrfacher Straffälligkeit ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot im März 2007 erlassen wurde, das auch im Jahr 2009 vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde. Fraglich ist, ob das damals festgestellte Gefährdungspotential beim Bw nunmehr nicht mehr erkannt werden kann.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat sich darüber hinaus mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

3.2.2. Bei der Beurteilung des Falls ist also zunächst auf die Gründe einzugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben.

 

Seit beinahe Mitte der 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts war der Bw mehrfach und konstant strafrechtlich in Erscheinung getreten, wobei er stets durch äußerst brutales Verhalten und durch massivste Drohungen insbesondere gegen Frauen in seinem unmittelbaren Umfeld und auch gegen seine Tochter auffiel. Die mehrfachen Verurteilungen waren nicht in der Lage, den Bw in seinem Verhalten zu mäßigen. Es wurde also im zugrundeliegenden Aufenthaltsverbotsbescheid aus dem Jahr 2007 ein besonders hohes kriminelles Potential des Bw konstatiert. 

 

3.2.3. In der ggst. Berufung finden sich keine durchschlagenden Hinweise darauf, dass das oben beschriebene Gefährdungspotential eine geänderte Beurteilung erfahren könnte. Der Bw wurde zwar zugegebener Maßen im verstrichenen Zeitraum nicht wieder strafgerichtlich verurteilt, hielt sich jedoch – entgegen dem bestehenden Aufenthaltsverbot – weiterhin im Bundesgebiet auf, wobei er größtenteils aber ungemeldet in der Anonymität verharrte. Im Lichte dessen ist der verstrichene Zeitraum jedenfalls zu kurz bemessen, um – nach einem Jahrzehnt der Delinquenz – vom Wegfall der kriminellen Energie sprechen und eine geänderte Beurteilung der Zukunftsprognose vornehmen zu können. Ein jahrelanger illegaler und obstruktiver Aufenthalt – entgegen dem in Rede stehenden Aufenthaltsverbot – ist zudem nicht geeignet generell einen positiven und rechtstreuen Gesinnungswandel annehmen zu lassen. Auch finden sich weder im Antrag noch in der Berufung Hinweise darauf, dass sich der Bw mit seinen Straftaten entsprechend auseinandergesetzt habe oder diese gar bereue.

 

Es ist also festzuhalten, dass keinesfalls der Wegfall der für die Erlassung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe im Sinn des § 69 Abs. 2 FPG festgestellt werden kann.

 

3.3.1. Betreffend die vorgebrachten Änderungen des Privat- und Familienlebens des Bw muss auf den Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 14. März 2007, St 70/07, verwiesen werden, indem bereits die wesentlichen Punkte berücksichtigt wurden, denn schon damals bestanden die Interessen der minderjährigen (nicht mit dem Bw in einem Haushalt lebenden) Tochter, einer österreichischen Staatsangehörigen sowie die Tatsache, dass ein Bruder des Bw im Bundesgebiet aufhältig ist. Auch damals war der Bw schon über viele Jahre im Bundesgebiet aufhältig gewesen und schon sprachlich und sozial integriert.

 

3.3.2. An diesen Feststellungen hat sich seitdem nichts geändert, wobei lediglich anzumerken ist, dass die vom Bw gepflogenen sozialen Kontakte fraglos durch seinen weitgehend meldungslosen Aufenthalt in Österreich allenfalls eingeschränkt erkannt werden müssen. Dies gilt wohl auch für die Kontakte zu seiner Tochter, wobei hier anzumerken ist, dass (wie im angefochtenen Bescheid angemerkt) der Bw noch Unterhaltszahlungen von über 6.000 Euro nachzuzahlen hat. Die besondere Obsorge des Bw für seine Tochter lässt sich daraus nicht ablesen. Die besondere seelische Verbundenheit bestand fraglos auch schon bei Verhängung der fremdenpolizeilichen Maßnahme.

 

3.3.3. Wenn überhaupt ein maßgeblicher Eingriff in das Privat- und Familienleben festzustellen ist, ist jedenfalls gleichzeitig festzuhalten, dass seit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes keine entscheidungsrelevanten Änderungen im Privat- und Familienleben erkannt und im Grunde auch in der Berufung gar nicht vorgebracht werden.

 

Auch betreffend die gemäß § 61 Abs. 3 FPG besonders zu berücksichtigenden Interessen der Tochter des Bw (einer österreichischen Staatsbürgerin), die nicht mit dem Bw im selben Haushalt lebt, ergeben sich keine relevanten Änderungen in der Beurteilung.

 

3.3.4. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keinerlei Gründe ausgemacht werden können, die eine geänderte Beurteilung der Situation des Bw und seiner Familie erlauben würde. Das hier höherrangige öffentliche Interesse im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert ein Aufrechterhalten der fremdenpolizeilichen Maßnahme.

 

3.4.1. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen.

 

3.4.2. Nachdem der Bw der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 67 Abs. 5 iVm. § 59Abs. 1 FPG die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides unterbleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 


Bernhard Pree

 

 

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