Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-740049/2/MB/WU

Linz, 20.09.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung der X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Braunau am Inn vom 30. März 2012, zu Zln.: Pol96-47-1-2012-Bu, wegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Braunau am Inn vom 30. März 2012, zu Zln.: Pol96-47-1-2012-Bu, der sowohl dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) als auch dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Am 28.2.2012 wurde ab 10.30 im Lokal "X" in X, von Organen des Finanzamtes Braunau - Ried - Schärding eine vorläufige Beschlagnahme von zwei Eingriffsgegenständen mit folgenden Daten durchgeführt:

1.       Golden     Island     Games,     Seriennummer     X,     Modell     Casino, Versiegelungsplaketten-Nr. 19241 bis 19248

2.       Golden     Island     Games,     Seriennummer     X,     Modell     Casino, Versiegelungsplaketten-Nr. 19249 bis 19256

 

Es ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz folgender Spruch:

Zur Sicherung der Einziehung wird über die vorläufig beschlagnahmten zwei Eingriffsgegenstände mit den Bezeichnungen:

1.       Golden     Island     Games,     Seriennummer     X,     Modell     Casino, Versiegelungsplaketten-Nr. 19241 bis 19248

2.       Golden     Island     Games,     Seriennummer     X,     Modell     Casino, Versiegelungsplaketten-Nr. 19249 bis 19256

 

die Beschlagnahme angeordnet.

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010

 

Begründung:

Sie haben sich mit Schreiben vom 27.3.2012 als Eigentümerin der umseits angeführten Eingriffsgegenstände benannt. Der vorliegende Beschlagnahmebescheid richtet sich daher an Sie als Eigentümer.

 

Bei dieser von Organen des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding am 28.2.2012 ab 10.30 Uhr im Lokal "X" in X durchgeführten Kontrolle wurde zwei Eingriffsgegenstände mit den Bezeichnungen

1.       Golden      Island     Games,      Seriennummer     X,      Modell      Casino, Versiegelungsplaketten-Nr. 19241 bis 19248

2.       Golden     Island     Games,     Seriennummer     X,     Modell     Casino, Versiegelungsplaketten-Nr. 19249 bis 19256

betriebsbereit vorgefunden.

 

Die Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Die Entscheidung über das Spielergebnis hing bei allen diesen Spielen somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab und ist daher als Glücksspiel im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz zu qualifizieren.

 

Ferner wurde festgestellt, dass die mit dem Gerät möglichen Glücksspiele nur gegen Vermögenswerte Einsatzleistung durchgeführt werden konnten, für welche eine Vermögenswerte Leistung vom Veranstalter in Aussicht gestellt wurde. Schon aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltung mittels Glücksspielgeräten in Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich, dass selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gern § 2 Abs 2 GSpG erfolgte.

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG durchgeführt.

 

Schließlich wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigen Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit seit der Inbetriebnahme der Eingriffsgegenstände im angegebenen Lokal (zumindest seit 23.2.2011) in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt, weshalb von den Kontrollorganen die vorläufige Beschlagnahme nach § 53 Abs 2 GSpG verfügt wurde.

/Die     gegenständlichen,     vorläufig     beschlagnahmten     Eingriffsgegenstände     stellen /  Eingriffsgegenstände in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei denen aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Die im § 53 Abs 1 Z 1 lit a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung der Eingriffsgegenstände durch die Kontrollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vor gegeben. Die Beschlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20.12.1999, ZI. 97/17/0233, 94/17/0309, festgestellt, dass die Beschlagnahmemaßnahme die weitere Begehung des Verstoßes gegen einen oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG zu unterbinden bezweckt und zulässig ist, wenn mit dem betreffenden Gegenstand in der Vergangenheit fortgesetzt gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wurde, bzw., wenn ein entsprechender Verdacht vorliegt.

 

Da diese Voraussetzungen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorliegen, war die Beschlagnahme auch deshalb anzuordnen."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 24. April 2012.

 

Begründend führt die Bw im Wort wie folgt aus:

 

"Gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 30.03.2012, Po!96-47-1-2012-Bu, zugestellt am 10.04.2012, erhebt die Berufungswerberin binnen offener Frist

 

BERUFUNG

 

wie folgt:

Der bekämpfte Bescheid wird zur Gänze angefochten. Als Berufungsgründe werden inhaltliche Rechtswidrigkeit, unrichtige Tatsachenfeststellung und entscheidungswesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

 

1.       Sachverhalt

1.1     Die mit dem bekämpften Bescheid beschlagnahmten Geräte sind derart konfiguriert, dass damit in rechtlicher Hinsicht nicht in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde und wird.

1.2     Dennoch wurde der bekämpfte Bescheid erlassen.

 

2.       Begründung

2.1     Kein Glücksspiel

2.1.1 Unklar ist zunächst, wie die Erstbehörde zum Schluss kommt, dass tatsächlich Glücksspiele vorliegen sollen: Es wird im bekämpften Bescheid nämlich lediglich ausgeführt, dass "die Spiele (...) an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden [konnten]. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles (...) wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. (...) Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spieiguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen."

 

2.1.2 Damit ist jedoch nicht ausreichend belegt, dass es sich bei den auf den Geräten abrufbaren Spielen tatsächlich um Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG, nämlich um Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, handelt.

 

Wie die Berufungswerberin bereits in ihrer Stellungnahme an die Erstbehörde vom 27.03.2012 ausgeführt hat, ist der Begriff "vorwiegend" im Sinne eines eindeutigen Überwiegens - dh zumindest einer absoluten Mehrheit der aleatorischen Momente -und nicht im Sinne einer bloß relativen Mehrheit der Zusatzmomente zu verstehen (VwGH 14.09.2005, 2004/04/0138). Ein Glücksspiel liegt nur dann vor, wenn das Ergebnis "hauptsächlich, in erster Linie, ganz besonders, zum größten Teit' (VwGH 11.02.1994, 93/17/0091) vom Zufall abhängt.

 

Zufall liegt dann vor, wenn der Erfolg weder vom zielbewussten Handeln oder der Geschicklichkeit, noch allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern weitere Bedingungen hinzutreten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen (vgl Strejcek/Bresich, GSpG [2009], § 1 Rz 7). Kein Glücksspiel liegt dann vor, wenn nicht-aleatorische Momente, wie zB Können, Wissen, Gedächtnisleistung, Kombinationsgabe, Fingerfertigkeit, Schnelligkeit, Kraft, Begabung bzw Täuschungsvermögen oder eine Kombination dieser "Geschicklichkeitsmomente iwS" über Gewinn oder Verlust entscheiden (vgl Schwartz-Wohlfahrt, GlücksspieiG2, §1, Rz15ff mwN). Bei der Prüfung des Ausmaßes der Zufallsabhängigkeit eines Spiels ist nicht nur auf dessen abstrakte Regeln abzustellen, sondern es sind auch die konkreten Modalitäten und Rahmenbedingungen der Durchführung des Spiels, etwa Erhöhung der Spielgeschwindigkeit oder Lichtverhältnisse, zu berücksichtigen (vgl Burgstaller, RZ 2004, 214, zitiert nach Strejcek/Bresich, GSpG [2009], §1, Rz 8). Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die vorzunehmende Gewichtung zwischen aleatorischen Momenten und Geschicklichkeitsmomenten nicht am "theoretischen Idealfall (unter Laborbedingungen)" zu messen (VwGH 18.05.1977, 2378/76; 17.04.1991, 91/01/0010). Ein Gutachten hat vielmehr auch die "nicht ausschaltbaren äußeren Störungen des praktischen Spielbetriebs" zu berücksichtigen (VwGH 18.05.1977, 2378/76; 17.04.1991, 91/01/0010). Solche sind zB mangelnde Konzentration des Spielers infolge Lärms oder anderer Ablenkungen (vgl Schwartz/Wohlfahrt, GlücksspielG, § 1, Rz 20).

 

Dass etwa beim Schnapsen auch dem Zufall Bedeutung zukommt, hindert nicht die Einordnung von Schnapsen als Geschicklichkeitsspiel, da Gewinn und Verlust nicht ausschließlich oder vorwiegend vom Glück abhängen (Leukauf/Steininger, StGB3, § 168, Rz 3). Auch Hegt etwa dann kein Glücksspiel iS des Glücksspielgesetzes vor, wenn der verhältnismäßig geringe Wert des in Aussicht gestellten Betrags vom Betrag des erforderlichen Einsatzes nicht so weit abweicht, dass von einem Gewinn gesprochen werden könnte (VwGH 21.10.1994, 92/17/0179).

 

Nach der Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen ist bei der Beurteilung der Glücksspieleigenschaft eines Spiels einerseits von einer Einzelfallbetrachtung und andererseits von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Im Rahmen der Einzelfallbetrachtungsweise ist zu prüfen, ob die Entscheidung über den einzelnen Einsatz, an den der Spieler insofern gebunden ist, als er ihn nicht mehr zurückbekommen kann, ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist. Unzulässig ist somit die Vorgehensweise, eine große Anzahl von Spielen durchzuführen und das durchschnittliche Ergebnis dieser Spiele der Prüfung zugrunde zu legen (vgl Strejcek/Bresich, GSpG [2009], § 1, Rz5ff). Im Hinblick auf die Durchschnittsbetrachtung wird auf den durchschnittlich geübten und begabten Spieler abgestellt. Unzulässig ist es jedenfalls, bei der Überprüfung der Zufallsabhängigkeit eines Spiels von nur einem Spieler und seinem Geschick und Können auszugehen. Dabei kommt es aber wiederum auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an - die nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (VwGH 18.12.1995, 95/16/0047; 26.11.2002, 99/15/0240; 08.09.2005, 2000/17/0201; vgl etwa auch Lehner, Poker - Ein Spiel im Visier der Finanzverwaltung?, taxlex 2007, 264) - von der Behörde beurteilt werden müssen (vgl auch Öhlsaßer, Verfassungs- und Europarechtskonformität des Österreichischen Glücksspielrechts [2010], 29).

 

Bei der Sachverständigenbeurteilung eines bestimmten aleatorischen Moments ist zunächst zu untersuchen, ob das ungewisse Ereignis mathematisch stets mit identischer Wahrscheinlichkeit reproduzierbar ist, ob solche Ereignisse bloß bestimmte gemeinsame Merkmale aufweisen, die eine Typenbildung ermöglichen oder ob es sich um individualisierte Ereignisse (zB Sportwettkämpfe) handelt. Je nachdem ist der Sachverständigenbeurteilung eine mathematische Wahrscheinlichkeit, eine statistische Wahrscheinlichkeit oder eine Schätzwahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Verstärkt werden kann das solcherart ermittelte aleatorische Moment durch das konkrete Spielumfeld (zB Standard, Umgebungsgeräuschpegel). Die sich so ergebende Gewichtung an aleatorischen Momenten ist gegen die nicht-aleatorischen Momente des Spiels, die Geschicklichkeit des Spielers und allfällige sonstige, die aleatorischen Momente einschränkenden Umstände abzuwägen, wobei alle Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des Spiels zu berücksichtigen sind (VwGH 14.09.2005, 2004/04/0138). Der Sachverständige hat dabei wiederum eine Durchschnittsbetrachtung anzustellen, es wird daher darauf ankommen, die durchschnittliche Zufallsabhängigkeit eines Spiels, die am Standort regelmäßig vorkommenden Störungspotenziale und die Geschicklichkeit eines durchschnittlichen Spielers zu bewerten (vgl Schwartz-Wohlfahrt, GlücksspielG2, § 1, Rz20). Die Frage nach dem Überwiegen des Zufalls kann ohne Sachverständigengutachten oftmals nicht endgültig geklärt werden (vgl Öhlsaßer, Verfassungs- und Europarechtskonformität des Österreichischen Glücksspielrechts [2010], 29 f).

 

Die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Glücksspielcharakter im Einzelfall ergibt sich ua aus dem Erkenntnis vom 20.08.1998, 97/16/0387, in welchem der VwGH die Frage zu klären hatte, ob die in Rede stehenden Spiele, insbesondere das Spiel Poker, überhaupt unter den Glücksspielbegriff zu subsumieren waren. Hinsichtlich der Frage, ob es sich beim Spiel Poker überhaupt um ein Glücksspiel handelt, bestand aufgrund der Ergebnisse des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens noch immer keine verlässliche Entscheidungsgrundlage. Dies bedeutete, dass die Angelegenheit sachverhaltsgemäß noch nicht bis zur Spruchreife gediehen war.

 

Auch ist eine Abgrenzung des Glücksspiels zur Wette vorzunehmen. Wetten, die keine Spiele sind, fallen nämlich nicht unter den Begriff des Glücksspiels iSd § 1 GSpG und unterliegen somit auch nicht dem Glücksspielmonopo! des Bundes. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Vertragsarten liegt in der unterschiedlichen Möglichkeit der Einflussnahme der Vertragspartner. Auf eine Wette ieS können die Beteiligten zumindest indirekt Einfluss nehmen, sie können sich nämlich Informationen beschaffen, die es ihnen ermöglichen, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines bestimmten Ereignisses genauer zu bestimmen. Die Vertragsparteien glauben, die Antwort darauf zu kennen, oder zumindest, sich ein fachmännisches Urteil über gewisse zukünftige oder feststehende Tatsachen oder Ereignisse bilden zu können. Auf die subjektiven Beweggründe für die Wette kommt es dabei nicht an, denn viele Gesellschafts- und Sportwetten werden gerade mit der Hoffnung auf Gewinn abgeschlossen (vgl Öhlsaßer, Verfassungs- und Europarechtskonformität des Österreichischen Glücksspielrechts [2010], 23).

 

2.1.3   Hingewiesen wird auch darauf, dass in der Lehre die Gemeinschafts- und Verfassungsrechtskonformität der Strafbestimmungen des Glücksspielgesetzes und des StGB schon ganz grundsätzlich bezweifelt werden, was auch in concreto dazu führt, dass keine Strafbarkeit gegeben ist (vgl jüngst Kohl, Straflosigkeit von konzessionslosem Glücksspiel, ZfV 5/2011, 756).

 

2.1.4   Aus all diesen Gründen ist im konkreten Fall die Einholung eines nach den Regeln des AVG erstellten Sachverständigengutachtens zur Beurteilung, ob im gegenständlichen Fall tatsächlich vom Vorliegen eines Glücksspiels ausgegangen werden kann, erforderlich. Ganz allgemein hat ein lege artis erstelltes Sachverständigengutachten aus Befund und Gutachten im engeren Sinn zu bestehen; dabei sind im Befund die tatsächlichen Grundlagen, die für das Gutachten des Sachverständigen erforderlich sind, sowie die Art ihrer Beschaffung anzugeben. Im Gutachten im engeren Sinn muss der Sachverständige in einer Weise, die eine (Nach-)Prüfung auf seine Schlüssigkeit ermöglicht, darlegen, auf welchem Weg er zu seinem Urteil gekommen ist (Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 59 f zu § 60 AVG).

 

Entgegen der unzutreffenden Rechtsansicht der Erstbehörde, wonach die verfahrensgegenständlichen Spiele "jedenfalls" als Glücksspiele zu qualifizieren seien, genügen die Ausführungen der Erstbehörde den obzitierten Ansprüchen an ein lege artis erstelltes Gutachten jedoch keinesfalls, vielmehr erschöpfen sie sich in Äußerungen, die mangels nachvollziehbarer fachlicher Begründung kein Gutachten iSd AVG darstellen {Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz 60 zu § 52 AVG), wenn etwa ohne nähere Begründung ausgeführt wird, dass die Entscheidung über das Spielergebnis jedenfalls vorwiegend vom Zufall abhänge. Hinsichtlich der inkriminierten "Walzenspiele" ist - entgegen den wahren Tatsachen - nicht festgestellt, dass auch diesen ein überwiegendes Geschicklichkeitselement innewohnt, sodass auch diese in Wahrheit nicht als Glücksspiele anzusehen sind.

 

Indem die Behörde die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterlassen hat, leidet der bekämpfte Bescheid unter inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie unter

entscheidungswesentlicher Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

2.2     Unionsrechtswidriqkeit des österreichischen Glücksspielmonopols

2.2.1   Selbst wenn man aber nach der innerstaatlichen Rechtslage von einem Eingriff in das Glücksspielmonopol und einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG ausgehen wollte, so wäre dies nach der Judikatur des EuGH (EuGH 9.9.2010, Rs C-64/08, Engelmann) doch unionsrechtswidrig:

 

Eine Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken - und damit auch für die Einzelaufstellung von Spielgeräten die ohne Ausschreibung erfolgt, steht Art 43 und 49 EG entgegen.

 

2.2.2   Der EuGH hat sich in seiner Judikatur (EuGH 08.09.2010, Rs C-316/07 ua, Stoß) zur Zulässigkeit eines staatlichen Monopols auf Sportwetten und Lotterien - das per se freilich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (vgl ua EuGH 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger/Ömer) - geäußert: Ein solches Monopol kann demnach dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit nur dann genügen, soweit - unter dem Aspekt des Ziels eines hohen Verbraucherschutzniveaus - die Errichtung des Monopols mit der Einführung eines normativen Rahmens einhergeht, der dafür sorgt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, ein solches Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.

 

2.2.3   Schon mangels eines entsprechenden normativen Rahmens, der der tatsächlichen Sicherstellung eines hohen Verbraucherschutzniveaus Rechnung trägt, kann die Errichtung bzw Aufrechterhaltung des österreichischen Glücksspielmonopols nicht als unionsrechtskonform im Lichte der obigen Rechtsprechung gelten.

 

Qua Anwendungsvorrang des Unionsrechts entgegen widersprechendem innerstaatlichen Recht - insb § 14 Abs 2 GSpG - liegt auch aus diesem Grund keine Anwendbarkeit des § 2 Abs 4 GSpG vor. Der angefochtene Bescheid leidet somit unter einem weiteren Aspekt unter inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die Ausführungen der Erstbehörde im bekämpften Bescheid, die die mangelnde Geringfügigkeit des inkriminierten Verstoßes belegen sollen, vermögen insbesondere auch im Lichte des Umstandes, dass aus den dargelegten Gründen ebenso keine verbotene Ausspielung vorliegt, selbstredend nicht darzustellen, warum die Voraussetzungen des § 54 Abs 1 GSpG vorliegen.

 

Der Bescheid ist somit auch aus diesem Grund inhaltlich rechtswidrig, es liegt wiederum auch ein wesentlicher Feststellungsmangel vor und sind Verfahrensvorschriften in entscheidungswesentlicher Weise verletzt.

 

Mit diesem Schriftsatz stellt die Bw nachfolgenden Antrag:

"Es wird sohin gestellt der

ANTRAG:

Die Berufungsbehörde wolle den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben."

 

2.1. Mit Schreiben vom 10. Mai 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung nicht nur gem. § 51e Abs. 4 VStG (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, 2011/17/0315) sondern auch gem. § 51e Abs. 2 Z 1 VStG entfallen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

2.3.1. Der in Rede stehende Beschlagnahmebescheid vom 30. März 2012 wurde der Bw zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters laut Postrückschein am 10. April 2012 zugestellt.

 

2.3.2. Die Bw ist – wie auch in der Berufungsschrift selbst ausdrücklich festgestellt – Eigentümerin der in Rede stehenden Geräte. In diesem Zusammenhang ist weiters darauf hinzuweisen, dass die Beschlagnahme eben dieser Geräte bereits mit einem Beschlagnahmebescheid ebenfalls vom 30. März 2012 ausgesprochen wurde; dieser Bescheid wurde dem Bescheidadressaten X zu Pol96-47-2012-Bu als Inhaber der Geräte am 6. April 2012 zugestellt und gilt demnach als am 6. April 2012 – und damit vor dem verfahrensgegenständlichen Beschlagnahmebescheid vom 10. April 2012 – rechtswirksam erlassene Beschlagnahmeanordnung.

 

2.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufung:

 

3.1.1. Der bekämpfte Bescheid wurde der Bw gegenüber – als Eigentümerin der im Spruch genannten Geräte – am 10. April 2012 durch Zustellung erlassen.

 

Der Bw kommt daher als Sacheigentümerin Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG).

 

Die Berufung der Bw gegen den Beschlagnahmebescheid ist daher zulässig.

 

3.1.2. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, 2005/17/0178; 3.7.2009, 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gem. § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, 27.4.2012, 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs. 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.2. In der Sache:

3.2.1. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

3.2.2. Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 GSpG können die Organe der öffentlichen Aufsicht die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden.

 

Gemäß § 53 Abs. 3 GSpG hat die Behörde in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

3.2.3. Wie bereits unter Punkt 2.3.2. dargelegt, wurde die Beschlagnahme der im Spruch genannten Gegenstände durch zwei unterschiedliche (dh nicht idente) Beschlagnahmebescheide ausgesprochen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass im Mehrparteienverfahren ein Bescheid durch seine Zustellung an (nur) eine Partei des Verfahrens bereits als "erlassen" und damit auch von sämtlichen Parteien des Verfahrens bekämpfbar gilt (vgl. jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313). Unter Zugrundelegung der in einem gem. § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat getroffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 15.9.2011, 2011/17/0112) bedeutet dies konkret, dass diese Bekämpfbarkeit nur in jenen Fällen greifen kann, in denen der Bescheid zumindest an eine der Parteien des Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 GSpG – dh an den Eigentümer, den Veranstalter oder den Inhaber – ergangen ist, da nur einem solchen Bescheid Beschlagnahmewirkung zukommen kann. Die "rechtswirksame Beschlagnahmeanordnung in Bescheidform" (VwGH 15.9.2011, 2011/17/0112) der im Spruch genannten Geräte erfolgte somit chronologisch betrachtet erstmals durch den Beschlagnahmebescheid vom 30. März 2012, der – dem Bescheidadressaten X als Inhaber der Geräte bereits am 6. April – rechtmäßig zugestellt wurde und damit als zu diesem Zeitpunkt erlassen gilt.

 

Mit dem in weiterer Folge ergangenen (mit dem vorhergehenden Bescheid nicht identen) Beschlagnahmebescheid vom 30. März 2012 wurde seitens der Erstbehörde hinsichtlich der Geräte somit die rechtswirksame bescheidförmige Beschlagnahmeanordnung vom 30. März 2012, aber zugestellt am 6. April 2012, inhaltlich abgeändert.

 

Eine inhaltliche Abänderung oder Behebung eines Bescheides ist allerdings nur in den engen Grenzen des § 68 Abs 1 AVG oder im Wege der Einrichtung eines eigenen Rechtsschutzregimes (wie insbesondere § 63 ff AVG) vorgesehen. Mit anderen Worten ist – abgesehen von der den Parteien an die Hand gegebenen Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels und der damit verbundenen Abänderung bzw. Aufhebung eines Bescheides – eine "sonstige Abänderung von Bescheiden" iSd IV. Teils des AVG außerhalb der Voraussetzungen des § 68 AVG nicht zulässig. Im Ergebnis kann daher ohne einer speziellen gesetzlichen Grundlage ein einmal erlassener Bescheid zu keinem Zeitpunkt aus anderen als den in § 68 AVG geregelten Gründen respektive abseits einer Berufungs(vor)entscheidung wiederholt oder gar abgeändert werden (vgl. eingehend Leeb, Bescheidwirkungen und ihre subjektiven Grenzen nach dem AVG unter besonderer Berücksichtigung von Vorfragenentscheidungen [2010] 14 ff).

 

Nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates wäre daher auch im gegenständlichen Fall eine amtswegige Abänderung einer bereits einmal erlassenen rechtswirksamen Beschlagnahmeanordnung in Bescheidform ausschließlich bei Vorliegen einer speziellen gesetzlichen Grundlage zulässig. Mangels einer solchen gesetzlichen Grundlage kann daher ein einmal mit rechtswirksamer bescheidförmiger Beschlagnahmeanordnung beschlagnahmter Gegenstand nicht erneut durch einen weiteren Bescheid beschlagnahmt werden.

Diese "Sperrwirkung" einer einmal gegenüber einer Partei nach § 53 Abs. 3 GSpG erlassenen bescheidförmigen Beschlagnahmeanordnung ergibt sich schon allein aus dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und damit der sofortigen Rechtswirksamkeit (Vollstreckbarkeit) der Beschlagnahme und wird nicht zuletzt durch die quasi-dingliche Wirkung und der damit verbundenen – über den Bescheidadressaten hinausgehenden – Rechtswirkung dieses Bescheides für andere Personen, denen ebenfalls Rechte an der beschlagnahmten Sache zustehen, bekräftigt. So kann ein Gegenstand naturgemäß nur ein einziges Mal beschlagnahmt werden.

 

Auch indiziert schon der Gesetzeswortlaut des § 53 Abs. 3 GSpG, dass der Gesetzgeber selbst hinsichtlich eines Gegenstandes ebenfalls ausschließlich von EINEM einzigen Beschlagnahmebescheid, der gegebenenfalls mehreren Parteien zuzustellen ist, ausgegangen ist (arg.: "das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen"). Dafür spricht auch die in § 53 Abs. 3 GSpG ebenfalls vorgesehene Möglichkeit, über die Beschlagnahme gegebenenfalls selbständig zu erkennen – in diesem Fall erfolgt die "Zustellung des Bescheides" (dh eines einzigen Bescheides) durch öffentliche Bekanntmachung.

 

Diese Rechtsauffassung wird im Übrigen auch dadurch bestärkt, dass der – für eine Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz notwendige – Verdacht, dass mit dem Gerät fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird (- der zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens bestehen muss [vgl. Punkt 2.2. der Entscheidung VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097] - ), im Falle einer bereits rechtswirksam erfolgten Beschlagnahme des betroffenen Gegenstandes jedenfalls ab diesem Zeitpunkt naturgemäß nicht mehr vorliegen kann.

 

4. Im Ergebnis war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid mangels bestehender Rechtsgrundlage für die gegenständliche Beschlagnahme aufzuheben.

 

5. Abschließend darf nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die im Spruch des gegenständlich bekämpften Bescheides genannten Gegenstände bereits rechtswirksam durch den Bescheid vom 30. März 2012, zugestellt am 6. April 2012, beschlagnahmt worden sind.

 

Die vorliegende Entscheidung ändert somit nichts an der Tatsache, dass sämtliche in Rede stehenden Gegenstände als rechtswirksam bescheidförmig beschlagnahmt gelten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Markus Brandstetter

 

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