Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 05.12.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas über die Berufung 1. der R in der X, 2. der C, 3. der R in der X und 4. der P, alle vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 18. Oktober 2012, Zl. Pol96-179-1-2012, wegen der Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 18. Oktober 2012, Zl. Pol96-179-1-2012, der sowohl der Erstberufungswerberin (im Folgenden: ErstBw), der Zweitberufungswerberin (im Folgenden: ZweitBw), der Drittberufungswerberin (im Folgenden: DrittBw) als auch der Viertberufungswerberin (im Folgenden: ViertBw) jeweils am 22. Oktober 2012 im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"Bescheid über eine Beschlagnahme

 

[…]

Die/der Verantwortliche der Firma R, K, hat es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass durch die im Besitz der erwähnten Firma befindlichen Glücksspielgeräte

 

         1)       X, Gerätenummer: 01906-12070

         2)       X, Gerätenummer: 01906-11669

         3)       X, Gerätenummer: 01906-11604

         4)       X, Gerätenummer: 01906-11650

 

welche zumindest von 01.05.2012 bis 22.06.2012 in G, B, aufgestellt waren, obwohl der Verdacht besteht, dass mit diesen Glückspielgeräten, mit denen in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glückspielgesetz verstoßen wird.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 53 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010

 

I. Zur Sicherung der Einziehung werden folgende Gegenstände in Beschlag genommen:

 

         1)       X, Gerätenummer: 01906-12070

         2)       X, Gerätenummer: 01906-11669 

         3)       X, Gerätenummer: 01906-11604

         4)       X, Gerätenummer: 01906-11650

                   4 Schlüsselbünde

 

Rechtsgrundlage: §§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010

 

Begründung:

 

Bei einer von den Organen des Finanzamtes X am 22.06.2012 um 18:00 Uhr durchgeführten Kontrolle nach dem Glückspielgesetz wurden die im Spruch näher bezeichneten Glücksspielgeräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden. Mit diesen wurden seit ca. 2 Monaten (zumindest seit 01.05.2012) wiederholt Glücksspiele, hauptsächlich in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne in der Höhe des jeweils Mehrfachen des gewählten Einsatzes bestand der Verdacht, dass mit den Geräten durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministerium für Finanzen nicht vorlag.

 

Durch die dienstlichen Wahrnehmungen der Kontrollorgane wurde festgestellt, dass der Spieler keine Möglichkeit hatte, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Dem Spieler war es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Spiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing bei allen diesen Spielen somit vorwiegend vom Zufall ab.

 

Der Lokalverantwortliche für diesen Tag, Herr A H, geb. xxx, gab zudem niederschriftlich im Wesentlichen an, dass die Firma C Lokalbetreiberin und sein Vorgesetzter Herr H K sei.

Laut Herrn H befinden sich die Geräte seit ca. 2 Monaten, mit Sicherheit aber seit 01.05.2012 im Lokal. Geliefert habe die Geräte die Firma P, welche zugleich auch die Eigentümerin der Glückspielgeräte sei. Der Platz auf dem die Automaten stehen, sei von dieser Firma angemietet worden. Weiters glaube H, dass den Gewinn der Spielgeräte die Firma P bekomme. Er selber entleere täglich die Geldlade und gebe das Geld in den Tressor. Jeden Morgen werden von Herrn K die Einnahmen abgerechnet und einmal monatlich folgt eine Abrechnung mit der Zentrale. Ob es Aufzeichnungen darüber gibt, wisse er nicht. Welche Spiele auf den Geräten durchgeführt werden können, wisse er ebenfalls nicht. Auf die Frage ob die Spiele auf den Geräten selbstständig ablaufen, gab H an, dass diese mit dem Internet verbunden sind. Bezüglich der Handhabung der Geräte, wisse er noch von den alten Geräten Bescheid, bei denen er von Herrn K eingeschult wurde. Über die Höhe des jeweiligen Spieleinsatzes gab er an, dass auf den Geräten 50 Cent und 30 Cent aufleuchte. Es werde aber auch etwas mit 12,- Euro angezeigt, wobei H nicht wisse, was dies sei. Welche Höchstgewinne möglich sind könne er nicht sagen. Er habe jedoch in den letzten Tagen einmal 520,- Euro an einen Spieler ausgezahlt. Über zusätzliche Gewinnmöglichkeiten habe Herr H von Kundschaften gehört, dass man Gambeln könne und dass es Freispiele gebe. Weiters sei er im Besitz einer Karte zum Nullsetzten der Guthaben und von vier Schlüsselbunden (einen pro Gerät). Über einen Zugang zur Gerätebuchhaltung verfüge er jedoch nicht. Auf die Frage in welchem Verhältnis der Gewinn abgerechnet werde gab H an, dass er dies nicht wisse. Wenn er einen Gewinn ausbezahle, schreibe er den Betrag auf einem Zettel, welcher von seinem Chef anschließend gegen verrechnet werde. Am 21.06.2012 seien die Geräte zum letzten Mal geleert worden. Wie viel Geld drinnen gewesen sei, könne er nicht sagen.

Im Falle einer Störung an den Geräten melde er dies in der Zentrale C. Wartungs-, Reinigungs- und Servicearbeiten waren noch nicht notwendig, da die Geräte erst vor Kurzem geliefert wurden. Wer die Einleitung der Datenleitung in das Lokal bezahlte bzw. die laufenden Gebühren bezahle, wisse er nicht.

 

Von den kontrollierenden Organen wurden die Glückspielgeräte gemäß § 53 Abs. 2 vorläufig beschlagnahmt.

 

Der Eigentümer der Geräte, der Betreiber und der Inhaber wurden mit der Bescheinigung über die vorläufige Übernahme gemäß § 53 Abs. 2 Glückspielgesetz aufgefordert sich binnen 4 Wochen bei der BH Gmunden als zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.

Mit Schreiben vom 05.07.2012 teilte die X als rechtsfreundliche Vertretung mit, dass Eigentümerin der in der Bescheinigung angeführten Geräte X' die Firma R sei. Aufstellerin und Betreiberin sei die R, ebenfalls mit dem Sitz in X. Diese Gesellschaft trage auch das wirtschaftliche Risiko. Die in Rede stehenden Terminals wären daher zum Vorfallszeitpunkt von der R, also einer EU-Ausländerin unter Berufung auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, aufgestellt und betrieben worden. Mit jedem der beschlagnahmten Terminals hätten Spiele ausgeführt werden können, bei denen höhere Einsätze als 10 Euro möglich gewesen wären. Mit jedem der betroffenen Terminals hätten Spieler auch tatsächlich Spiele ausgeführt, bei denen sie mehr als 10 Euro pro Spiel eingesetzt hätten.

 

Bisher wären keine Feststellungen darüber getroffen worden, welcher Spieleinsatz mit den beschlagnahmten Terminals möglich gewesen wäre oder welche Spieleinsätze von den Spielern mit diesen Terminais tatsächlich geleistet worden wären, was jedoch zwingend erforderlich gewesen wäre, weil sich daraus eine Zuständigkeit der Gerichte (§ 168 StGB) ergeben hätte können. Die Betreiberin der Terminals habe bereits ein Tatsachengeständnis dahingehend abgelegt, dass mit den Terminals Spiele mit Einsätzen von mehr als 10 Euro pro Spiel nicht nur möglich gewesen wären, sondern auch tatsächlich geleistet worden wären. Daher gebe es keine sachliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde für die Beschlagnahme der Geräte. Voraussetzung für die Beschlagnahme sei jedoch zumindest der begründete Verdacht, dass mit den beschlagnahmten Eingriffsgegenständen unzulässige Ausspielungen im Sinne des GSpG durchgeführt worden wären. Dies sei jedoch nicht der Fall. Begründend wurde dazu ausgeführt: 'Da die Monopolregelung und -praxis des österreichischen Glückspielgesetzes nicht den Vorgaben der Judikatur des EuGH entspricht und daher unionsrechtswidrig ist, kann sie in Sachverhalten mit Unionsrechtsbezug nicht weiter angewendet werden. Sie kann daher insbesondere Wirtschaftsteilnehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die von ihrer Dienstleistungsfreiheit Gebrauch machen, nicht entgegengehalten werden. Sowohl strafrechtliche Sanktionen als auch verwaltungsrechtliche Sanktionen dürfen darauf nicht mehr gestützt werden. Schäden, die Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten unter Verstoß gegen das unionsrechtzugefügt werden, müssen ersetzt werden.

Es wird daher beantragt, die vorläufige Beschlagnahme aufzuheben und die beschlagnahmten Geräte unter Entfernung der angebrachten Siegel an die Eigentümerin herauszugeben.'

 

[...]

 

Dazu stellt die Bezirkshauptmannschaft Gmunden fest (rechtliche Beurteilung):

 

Die Firma R sowie die Verantwortlichen des Lokales C, G, B, haben seit ca. 2 Monaten ab dem Kontrolltag gerechnet die im Spruch angeführten Glücksspielgeräte selbständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben. Die erwähnten Firmen bzw. deren Verantwortliche haben daher Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG veranstaltet, da sie als Unternehmer Glücksspiele veranstaltet haben, bei denen die Spieler eine Vermögenswerte Leistung mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht haben und denen vom Unternehmer eine Vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden ist.

 

Die Geräte wurden von der Firma R X zur Verfügung gestellt. Der genaue Verteilungsschlüssel der Gewinne konnte bislang nicht festgestellt werden.

Es lagen jedenfalls Ausspielungen vor, für welche keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz erteilt worden ist, eine Ausnahme nach § 4 GSpG lag nicht vor. Die Ausspielungen waren daher verboten.

 

Da die Firma R Eigentümerin der Geräte ist, die Firma R Betreiberin der Geräte und die Firma C Lokalbetreiberin ist, bzw. weil davon auszugehen ist, dass die genannten Firmen an den Gewinnen, die die Geräte abwerfen, beteiligt sind, trifft auch die oben erwähnte Unternehmereigenschaft für alle im Rahmen dieses Bescheides genannten Firmen zu.

 

Es wurde bei der Kontrolle weiters festgestellt, dass bei den betreffenden Geräten virtuelle Walzenspiele angeboten wurden. Es wurde den Spielern keine Möglichkeiten geboten, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen.

 

Die genannten Firmen bzw. deren Verantwortliche stehen daher im Verdacht, als Unternehmer mit den angeführten Glücksspielgeräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen und eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begangen zu haben. Die Organe der Abgabenbehörde waren daher auch befugt, die Glücksspielgeräte aus eigener Macht vorläufig in Beschlag zu nehmen.

 

Die vorläufige Beschlagnahme der im Spruch genannten Geräte wurde im Zuge der Kontrolle durchgeführt. Die Ermittlung der Eigentumsverhältnisse der Geräte ergab, dass die Firma R, Eigentümerin der Geräte ist. Der Beschlagnahmebescheid ergeht an die Eigentümerin der Glücksspielgeräte bzw. an ihre rechtsfreundliche Vertretung.

 

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Organe der Abgabenbehörde nicht feststellen konnten, dass mit einem Einsatz in Höhe von 10 Euro oder mehr pro Spiel an den erwähnten Geräten gespielt werden konnte. Diesbezüglich sind die Angaben der rechtsfreundlichen Vertretung zu relativieren bzw. sind diese als reine Schutzbehauptungen zu werten. Der dringende Verdacht, dass mit den Geräten Verwaltungsübertretungen iSd. Glücksspielgesetzes begangen worden sind, liegt somit eindeutig vor.

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen war für die Bezirkshauptmannschaft Gmunden erwiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme vorliegen.

 

Festzustellen ist, dass die genauen Verhältnisse bezüglich Vermietungen der Geräte, Gewinnbeteiligungen udgl. im Rahmen von dieser Beschlagnahme folgenden Verwaltungsstrafverfahren abzuhandeln sein werden.

 

Somit war wie im Spruch zu entscheiden."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, rechtzeitigen Berufungen vom 24. Oktober 2012.

 

Begründend führen die Berufungswerberinnen neben umfassenden unionsrechtlichen Überlegungen gleichlautend aus, dass der Bescheid seinem gesamten Umfang nach angefochten werde.

 

Der Bescheid sei unzulässigerweise auch an andere Adressaten als die Geräteeigentümerin R gerichtet worden, obwohl die R alleiniger Adressat sein müsste, weil sie Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte sei. Adressat eines Beschlagnahmebescheides könne dann, wenn der Eigentümer bekannt sei, nur dieser sein.

 

Weiters sei nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung im Beschlagnahmebescheid ausreichend zu begründen, warum es sich nach Meinung der Behörde bei den durchgeführten Spielen um dem GSpG unterliegende Glücksspiele handle. Dies setze voraus, dass bei jedem der beschlagnahmten Geräte festgestellt wird, welche Spiele möglich sind und wie im Einzelnen diese Spiele ablaufen, weil nur dann eine Feststellung möglich sei, ob es sich bei diesen Spielen um unzulässige Glücksspiele im Sinne des GSpG handle.

Da sich im gegenständlichen Bescheid keine im vorbeschriebenen Sinn ausreichende Begründung fände, leide dieser an einem wesentlichen Feststellungs- und Begründungsmangel.

 

Schließlich wird unter Zugrundelegung der (höchstgerichtlichen) Rechtsprechung und der im Schrifttum vertretenen Meinungen Näheres zur von den Berufungswerberinnen vorgebrachten Unanwendbarkeit des GSpG wegen Unionsrechtswidrigkeit ausgeführt sowie der Verstoß des nationalen GSpG-Monopols gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten behauptet. In diesem Zusammenhang wird abschließend die Einleitung eines entsprechenden Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH angeregt.

 

Die Berufungswerberinnen beantragen schließlich, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung der Berufung Folge zu geben und den bekämpften Bescheid aufzuheben.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 6. November 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufungen den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere die im Akt einliegende Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, Aktenvermerk) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs. 4 VStG ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung auch nicht erwarten ließ und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur des in Rede stehenden Spieltyps und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG war unzweifelhaft möglich.

 

Der ganz allgemein gehaltene Einwand in der Berufung, es sei nicht festgestellt worden, welche Spiele möglich seien, wie diese im Einzelnen ablaufen und weshalb diese gegen das GSpG verstoßen, geht ins Leere. Vielmehr gehen diese Angaben aus den Erhebungen der Finanzpolizei hinreichend hervor und werden auch unter Pkt. 2.3. dieser Entscheidung wiedergegeben. Im Übrigen enthält die Berufung selbst keine entsprechenden konkretisierten Angaben, bzw. wird auch der im Beschlagnahmebescheid dargestellte Spieltypus der virtuellen Walzenspiele in keiner Weise substanziiert in Frage gestellt oder gar bestritten. Dass aber eine Darstellung des Spielablaufes an den einzelnen Geräten zur Begründung einer entsprechenden Verdachtslage iSd § 53 Abs. 1 GSpG ausreicht und nicht jedes verfügbare Einzelspiel dargelegt werden muss, ergibt sich nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. So konstatierte dieser in seiner Entscheidung vom 25.9.2012, 2012/17/0040, dass der Straftatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auf verbotene Ausspielungen mit einzelnen Geräten (– und somit nicht auf Ausspielungen aufgrund von autonom zu betrachtenden Einzelspielen –) abstellt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht sohin von dem unter Pkt. 1.1. und 1.2. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 22. Juni 2012 im Lokal "C" in G, B, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte, die im Eigentum der ErstBw stehen, aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden von jedenfalls 1. Mai 2012 bis zur Beschlagnahme am 22. Juni 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl. dazu die Ausführungen über die erfolgten Probespiele, den Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 22. Juni 2012 sowie die Niederschrift mit Herrn H, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht: Mindesteinsatz jedenfalls 0,30 Euro – in Aussicht gestellte und auch ausbezahlte Gewinne von jedenfalls 520 Euro).

 

Der konkrete Spielablauf an den in Rede stehenden Geräten stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf den schlüssigen Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 22. Juni 2012 wie folgt dar:

 

Die Spiele an jedem der oa. Geräte werden durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kommt der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Der Spieler hatte keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war ihm nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

2.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufungen:

 

3.1.1. Sowohl in einem Schreiben an die Erstbehörde vom 5. Juli 2012 als auch in der Berufungsschrift benannte die Rechtsvertretung der Berufungswerberinnen die ErstBw als Eigentümerin der oa. Geräte. Der bekämpfte Bescheid wurde der ErstBw gegenüber durch Zustellung am 22. Oktober 2012 erlassen. Der ErstBw kommt daher als Sacheigentümerin jedenfalls Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG).

 

Die ZweitBw ist – wie sich insbes. aus der finanzpolizeilichen Niederschrift vom 22.6.2012 ergibt – Betreiberin des gleichnamigen Lokales "X" und hatte damit die oa. Gegenstände in ihrer Macht bzw. Gewahrsame. Damit ist sie als Inhaberin der Geräte iSd § 53 Abs. 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren (vgl. auch etwa VwGH 26.1.2004, 2003/17/0268 zur alten Rechtslage) und kommt ihr daher Parteistellung nach § 53 Abs. 3 GSpG zu.

 

Die Dritt- und ViertBw werden in Schreiben ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vom 5. und 20. Juli 2012 als "Aufstellerin" bzw. "Betreiberin" der oa. Geräte bezeichnet, weshalb sie jedenfalls auch dem in § 53 Abs. 3 GSpG genannten Kreis der Bescheidadressaten zuzurechnen sind und ihnen daher Parteistellung zukommt (vgl. dazu auch die Ausführungen von Herrn X in der Niederschrift vom 22. Juni 2012).

 

Die Rechtsvertretung der Berufungswerberinnen vermeint in ihrer Berufungsschrift, Adressat des bekämpften Beschlagnahmebescheides könne lediglich die der Behörde bekannte Eigentümerin der Geräte sein.

 

Diese Argumentation geht schon allein im Lichte der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung ins Leere. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.6.1997, 94/17/0388, zu verweisen, in der sich für den Verwaltungsgerichtshof aus § 53 Abs. 3 Glücksspielgesetz ergibt, dass der Beschlagnahmebescheid jedenfalls einer der genannten Personen, also dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen ist. Eine "Hierarchie" unter den genannten Parteien ist dabei freilich schon allein aus dem Gesetzeswortlaut keineswegs erkennbar.

In weiterer Folge qualifizierte das Höchstgericht in seiner Entscheidung vom 14.12.2011, 2011/17/0084, ausdrücklich die in § 53 Abs. 3 GSpG genannten Personen als "Bescheidadressaten", denen daher auch Parteistellung zukommt. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum eine Person, der Parteistellung zukommt, nicht auch Bescheidadressatin sein sollte.

Da auch die Zweit-, Dritt- und ViertBw somit jedenfalls zum Kreis der vom Gesetz genannten Parteien (§ 53 Abs. 3 GSpG) gehören, sind diese grundsätzlich auch Bescheidadressaten im gegenständlichen Beschlagnahmeverfahren. Damit ist aber freilich auch unzweifelhaft, dass der vorliegende Bescheid durch seine Erlassung im Mehrparteienverfahren auch gegenüber diesem Personenkreis rechtliche Wirkung entfaltet.

 

Da somit sämtlichen Berufungswerberinnen Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zukommt, sind die vorliegenden Berufungen gegen den angefochtenen Bescheid zulässig.

 

3.1.2. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, 2005/17/0178; 3.7.2009, 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gem. § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097, 27.4.2012, 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs. 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

 

3.2. In der Sache:

 

3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Bescheiderlassung nach § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, in der im Beschlagnahmezeitpunkt geltenden Fassung, gegeben war.

 

3.2.2. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

3.2.3. Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 69/2012, kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gem. § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 leg.cit. daran beteiligt.

 

Ebenso begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 52 Abs. 1 Z 6 GSpG mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 1 GSpG Glücksspiele (das sind gem. § 1 Abs. 1 leg.cit. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

 

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Unternehmer ist gem. Abs. 2 leg.cit., wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt gemäß § 2 Abs. 3 leg.cit. vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind verbotene Ausspielungen solche Ausspielungen, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

Gemäß § 12a Abs. 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

 

3.2.4. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofs (jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 uHa VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097; ebenso nunmehr auch VfGH 14.06.2012, G 4/12-10 ua) ist von der Zulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme auch in Fällen der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes auszugehen. Denn die Notwendigkeit der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung sei im Fall eines subsidiären Verwaltungsstraftatbestandes in gleicher Weise gegeben wie im Fall eines kumulativ neben einem gerichtlichen Straftatbestand anwendbaren Straftatbestandes oder im Falle des gänzlichen Fehlens eines gerichtlichen strafbaren Tatbestandes, der durch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Handlungen verwirklicht sein könnte. Da nach dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme auch dann zulässig ist, "wenn wegen der inkriminierten Handlungen gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird bzw. zu führen ist", stellt sich auch nicht die Frage, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen".

 

Die vorliegende Beschlagnahme erfolgte aufgrund eines Verdachtes, dass gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG fortgesetzt verstoßen wird. Dieser Verdacht iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch) ausreichend substanziiert sein (VwGH 26.1.2009, 2005/17/0223 und 2008/17/0009; 10.5.2010, 2009/17/0202; vgl. jüngst auch VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097).

 

3.2.5. Hinsichtlich des Charakters der an den beschlagnahmten Gegenständen verfügbaren virtuellen Walzenspiele ergibt sich aufgrund des unter 2.3. skizzierten Spielablaufes – entgegen den Behauptungen in der Berufung – der Verdacht, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Weiters handelt es sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Aufgrund der oa. Geräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs. 3 GSpG oder – wie im vorliegenden Fall aufgrund der bestehenden Internetverbindung naheliegt – in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs. 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw. Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gem. § 2 Abs. 4 leg.cit. vor.

 

Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der entsprechend substanziierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 leg.cit. – konkret deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerische Zugänglich-Machung bzw. Beteiligung (§ 52 Abs. 1 Z 1 leg.cit.) bzw. die Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit den oa. Gegenständen jedenfalls von 1. Mai 2012 bis zur Beschlagnahme verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im oa. Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachtem Spieleinsatz der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen durchgeführt wurden bzw. jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich unstreitig aus den Ausführungen im Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 22. Juni 2012 sowie den Aussagen von Herrn H in der Niederschrift desselben Tages. Dies wurde von den Berufungswerberinnen dem Grunde nach auch nicht bestritten. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig – dh "fortgesetzt" – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 (insbes. Z 1 bzw. Z 6) GSpG verstoßen wird (vgl. eingehend VwGH 20.12.1999, 97/17/0233).

 

Die rechtliche Qualifikation der Stellung der Berufungswerberinnen in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG nicht ausschlaggebend, ob der Berufungswerber selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele ist bzw. ob diese Spiele auf seine Rechnung betrieben wurden. "Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz."

 

 

3.2.6. Die in der Berufung allgemein gehaltenen vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz greifen im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insb Urteil v 8.09.2010, Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010, Rs C‑64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art 43 und 49 EGV (nunmehr Art 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, damit befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.

Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache Engelmann (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessionsvergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffentlich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.

 

Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011, Rs C 347/09) lässt sich die in den Berufungen behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.

 

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.

 

Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz iSv Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl. die Erl der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspielgesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).

 

Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs 2 und nach § 21 Abs 2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass "das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht" (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs 1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein "verantwortungsvoller Maßstab" zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats haben die Berufungen im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine hinreichend schlüssige Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Deshalb sind beim erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats auch keine Bedenken wegen der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit aufgekommen.

 

3.3. Abschließend sei für das weitere Verfahren Folgendes angemerkt:

 

Wenn auch die Beurteilung des Vorliegens eines begründeten Verdachts iSd § 53 Abs. 1 GSpG noch keine abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts als Verwaltungsübertretung iSd GSpG erfordert, wird dies – insbesondere auch im Hinblick auf eine endgültige und gesicherte Abgrenzung zum Gerichtsdelikt nach § 168 StGB (der im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Doppelbestrafungsverbotes und der vom Verwaltungsgerichtshof postulierten Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber dem Gerichtsdelikt [vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181] besondere Bedeutung zukommt) – im Rahmen eines allfällig folgenden Strafverfahrens sehr wohl Gegenstand sein.

 

Da es im vorliegenden Fall – nicht zuletzt aufgrund der möglichen und nach eigenen Angaben der Berufungswerberinnen selbst (!) (die aufgrund der damit verbundenen strafrechtlichen Konsequenzen nach § 168 StGB entgegen der Auffassung der Erstbehörde wohl keineswegs als bloße "Schutzbehauptungen" qualifiziert werden können) Spieleinsätze von über 10 Euro (siehe dazu die Ausführungen in der Niederschrift mit Herrn H sowie im anwaltlichen Schreiben vom 5.7.2012 an die belangte Behörde) – schon im Beschlagnahmeverfahren nicht ausgeschlossen erscheint, dass das dem Verdacht iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG zugrundeliegende Verhalten den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet und infolge der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände nach § 52 GSpG nicht von den Verwaltungsbehörden zu ahnden wäre, wird die belangte Behörde eingehend zu prüfen haben, ob (auch) ein Verdacht auf eine gemäß § 30 Abs. 2 VStG relevante gerichtlich strafbare Handlung vorliegt; gegebenenfalls wird – unter Zugrundelegung der diesbezüglich eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; 22.3.1999, 98/17/0134) – gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und sodann das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen sein.

 

 

4. Aufgrund eines hinreichend substanziierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Lukas

 

 

 

 

 

 

 

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