Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420759/23/Zo/Ai

Linz, 03.12.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Beschwerde des Herrn X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, X, vom 24.8.2012 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in der Nacht vom 5. zum 6.8.2012 durch dem Bezirkshauptmann von Gmunden zurechenbare Organe, nämlich der Festnahme und Anhaltung sowie dem Anlegen von Handfesseln, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.11.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Beschwerde wegen der Festnahme und Anhaltung sowie dem Anlegen von Handfesseln am 6.8.2012 von 01.00 Uhr bis 01.10 Uhr wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.           Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, dem Land Oö. (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Gmunden) Kosten in Höhe von 887,20 Euro (Vorlageaufwand 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand 368,80 Euro sowie Verhandlungsaufwand 461 Euro) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 67a Z2 und 67c AVG iVm §§ 35 Z1 VStG sowie §§ 2 und 4 Waffengebrauchsgesetz;

zu II.: § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr. 456/2008

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Beschwerdeführer hat am 24.8.2012 eine Maßnahmenbeschwerde wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in der Nacht vom 5. zum 6.8.2012 durch 2 Polizeibeamte eingebracht.

 

Diese Beschwerde begründete er damit, dass er gegen 23:45 Uhr vom X kommend nach X mit seinem Pkw gefahren sei. Er habe sich in einer Kolonne mit ca. 10 Fahrzeugen befunden und sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h gefahren. Bei der Annäherung an die sogenannte "X" in X habe er 2 Polizisten am rechten Straßenrand gesehen. Er habe seinen Pkw auf dem Linksabbiegestreifen an der Kolonne vorbei bewegt und sei auf die X in Richtung Ortsmitte eingebogen. Ca. 500 m später habe er eine Polizeistreife mit Blaulicht gesehen, weshalb er nach rechts auf den Unimarkt-Parkplatz gefahren sei und sein Fahrzeug angehalten habe.

 

Das Polizeiauto sei ihm nachgefahren und eine Polizistin habe von ihm die Herausgabe des Führerscheines verlangt. Er habe seine stark durchnässte Lederhose auf der rückwärtigen Sitzbank abgelegt gehabt und in dieser seinen Führerschein gesucht. Allerdings befand sich seine Brieftasche, in welcher er auch den Führerschein hatte, nicht mehr in der Hose. Er sei von einer Polizistin zum Alkotest aufgefordert worden, wobei er diesem Ansinnen zweimal nachgekommen sei. Die Polizistin habe ihm gesagt, dass der Test negativ sei, weshalb er der Meinung gewesen sei, dass die Angelegenheit erledigt sei. Er sei aus dem Auto gestiegen, habe es versperrt und wollte nach Hause gehen. Nach ein paar Schritten habe er gehört, dass eine Polizistin ihn zum Stehen bleiben aufgefordert hatte und verspürte unmittelbar darauf einen Schlag oder Stoß gegen den rechten Oberschenkel. Er fiel nach vorne auf den Asphalt auf das rechte Knie und konnte sich mit den Armen abstützen. Während des Aufstehens habe ihm eine der Polizistinnen die Handschellen angelegt, wobei sie jene an der rechten Hand kräftig zugedrückt habe. Er habe sich nicht dagegen gewehrt. Gleichzeitig erklärte sie ihm, dass er festgenommen sei. Er fragte nach dem Grund der Festnahme, weil er nichts verbrochen habe. In weiterer Folge sei ein zweiter Polizeiwagen zum Parkplatz gekommen und es seien zwei Polizisten ausgestiegen, die ihn sofort erkannt hätten. Die Festnahme hätte daher bereits zu diesem Zeitpunkt aufgehoben und auch die Handschellen abgenommen werden müssen.

 

Zu einer möglichen Ausweisleistung verwies er darauf, dass er im Handschuhfach einige Dokumente mit Lichtbild (Waffenpass, Schiffsführerpatent und andere) hatte, diese wurden aber – so wie der Zulassungsschein – von den Beamtinnen nicht verlangt. Nach dem Eintreffen des zweiten Streifenfahrzeuges wurde er zur Polizeidienststelle in X eskortiert, wobei er bereits während der Fahrt erhebliche Schmerzen im Bereich des rechten Handgelenkes verspürte. Offenbar wurden diese durch die zu eng angelegten Handfesseln ausgelöst, sie hatten auch eine Benommenheit und Schwindelgefühle zur Folge. Vor dem Stiegenaufgang zur Polizeidienststelle kam er zu Sturz. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe er sich nicht mehr bei vollem Bewusstsein befunden. Auf der Dienststelle forderte die Abnahme der Handfesseln ein, von der Aufhebung der Festnahme und dem weiteren Verlauf der Amtshandlung habe er nichts mehr mitbekommen. Er sei nicht in der Lage gewesen, allfällige Vorgänge zu verfolgen und Entscheidungen zu treffen. Er habe jedenfalls mehrfach das Herbeirufen eines Arztes oder eines Rettungswagens gefordert, dem sei aber zunächst nicht nachgekommen worden.

 

Sein Fahrzeug sei um etwa 00:45 Uhr angehalten worden, das Krankenhaus habe er um ca. 02:00 Uhr erreicht. Während der Fahrt ins Krankenhaus verbesserten sich sein Erinnerungsvermögen und sein Allgemeinzustand soweit, dass er die Fragen der Ärztin bei den Befundaufnahmen beantworten konnte. Durch das brutale Anlegen der Handfesseln habe er noch nicht näher dokumentierbare schmerzempfindliche Verletzungen erlitten. Es sei im Krankenhaus Gmunden zur ambulanten Behandlung gekommen und es bestehe derzeit noch eine auffallende sichtbare Schwellung. Weiters trete im rechten Daumen und im linken kleinen Finger ein Taubheitsgefühl auf, fallweise sei dies auch in den anderen Fingern zu spüren. Nach den Angaben des Arztes handle es sich um einen schweren Bluterguss mit noch nicht absehbaren Folgen.

 

Der Beschwerdeführer legte in weiterer Folge Lichtbilder vor und schilderte den Vorfall in zahlreichen weiteren Schriftstücken im Wesentlichen gleichlautend.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Schreiben vom 8.10.2012 die Akten übermittelt und zum Sachverhalt wie folgt Stellung genommen:

 

Der Beschwerdeführer sei zur Feststellung seiner Identität festgenommen und die Handfesseln angelegt wurden. Die Festnahme sei unmittelbar nach Wegfall des Festnahmegrundes bzw. der Fluchtgefahr und der Fremd- und Selbstgefährdung aufgehoben worden.

 

Eine Verkehrsteilnehmerin habe gegen den Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen X Anzeige erstattet, weil dieser in Schlangenlinien gefahren sei. Letztlich sei die Anhaltung des Fahrzeuges in X im Bereich der X versucht worden, wobei der Fahrzeuglenker das Anhaltezeichen missachtet habe. Die Polizeibeamtinnen X und X hätten daraufhin die Nachfahrt aufgenommen und den Beschwerdeführer im Bereich des Unimarkt-Parkplatzes angehalten. Der Lenker sei ihnen unbekannt gewesen und habe seinen Führerschein nicht vorweisen können. Er sei zum Alkotest aufgefordert worden, den er mit den Worten verweigert habe, dass er ein Kollege sei und der Alkotest nicht notwendig sei. Er sei mehrmals zum Alkotest aufgefordert worden, habe jedoch lediglich gesagt, dass er "X vom LKA sei und nur 3 Seiterl getrunken habe, da brauche man keinen Alkotest". Er habe nicht an einer weiteren Identitätsfeststellung mitgewirkt. in weiterer Folge habe er zweimal kurz in das Vortestgerät geblasen, es sei jedoch kein Testergebnis zustande gekommen. Letztlich sei er aus dem Auto gestiegen, habe dieses versperrt und sei davon gegangen.

 

Die Polizistin X habe ihn mehrmals lautstark aufgefordert, stehen zu bleiben, er sei jedoch weiter gegangen und habe geschimpft. Daraufhin habe sie ihm die Festnahme angedroht. Der Beschwerdeführer sei jedoch trotzdem weiter gegangen, weshalb sie letztlich um ca. 01:00 Uhr auf dem Parkplatz des Unimarktes X die Festnahme zur Identitätsfeststellung ausgesprochen habe. Sie habe ihn am Handgelenk festgehalten und – da er sich zu wehren begann - versucht, die Handfesseln am Rücken anzulegen. Der Beschwerdeführer habe sich aggressiv gewehrt, weshalb es den beiden Polizistinnen letztlich nur gelungen sei, ihm die Handfesseln vor dem Körper anzulegen. Während dieser Festnahme sei niemand zu Sturz gekommen.

 

Die Polizistinnen hatten um Unterstützung gebeten, woraufhin vorerst die Streife Gmunden 2 eintraf (Rev. Insp. X und Insp. X) welche den Beschwerdeführer zur Polizeiinspektion X brachten. In der Polizeiinspektion X habe Bez. Insp. X, welcher den Beschwerdeführer persönlich kannte, die Festnahme um 01:10 Uhr aufgehoben. Auch die Handfesseln seien sofort abgenommen worden. In weiterer Folge seien die Verletzungen fotografiert und die Rettung verständigt worden, welche X ins Krankenhaus gebracht habe.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.11.2012. An dieser haben der Beschwerdeführer und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen. Weiters wurden 3 Polizeibeamte sowie jene Fahrzeuglenkerin, welche die ursprüngliche Anzeige erstattet hatte, als Zeugin einvernommen.

 

3.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer lenkte in der Nacht vom 5. zum 6.8.2012 den Pkw mit dem Kennzeichen X auf der B 145. Er wurde bei dieser Fahrt von der Zeugin X wegen seiner auffälligen Fahrweise angezeigt. Diese Anzeige erfolgte bereits im Raum X, der Beschwerdeführer konnte jedoch weder in X noch in X von der Polizei angehalten werden. Die Polizeibeamtinnen Rev. Insp. X und Insp. X versuchten in weiterer Folge, den Beschwerdeführer in X auf der B 145 zu einer Verkehrskontrolle anzuhalten. Strittig ist bereits, ob dieser Anhalteversuch – so wie in die Polizistinnen schildern – auf Höhe der X oder erst kurz vor der Kreuzung mit der X durchgeführt wurde. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der in weiterer Folge durchgeführten faktischen Amtshandlung kommt es darauf jedoch nicht an, weshalb in diesem Punkt von einer genauen Darstellung der unterschiedlichen Angaben und einer Beweiswürdigung Abstand genommen wird.

 

Jedenfalls wurde der Beschwerdeführer nicht bereits auf der B 145 angehalten, sondern nach einer kurzen Nachfahrt im Ortsgebiet von X auf dem Parkplatz des Unimarktes. Diese Amtshandlung schilderte der Beschwerdeführer zusammengefasst wie folgt:

 

Eine Polizistin habe ihn nach dem Führerschein gefragt und er habe diesen in seiner Brieftasche gesucht, konnte die Brieftasche jedoch nicht finden. Auf die Frage der Polizistin, wie er heiße, habe er seinen Namen bekannt gegeben. Er sei weiters gefragt worden, ob er alkoholische Getränke konsumiert habe, und sei zu einem Alkovortest aufgefordert worden. Er habe zweimal in das Gerät geblasen und die Polizistin habe auf seine Nachfrage erklärt, dass das Ergebnis negativ sei. Er sei deshalb der Meinung gewesen, dass die Amtshandlung beendet sei, sei aus dem Auto ausgestiegen, habe es versperrt und sei zu Fuß weg gegangen. Er wollte nach Hause gehen, weil er müde sei. Bereits nach wenigen Metern sei er jedoch von hinten attackiert worden.

 

Er sei nicht zu einem Alkotest aufgefordert worden, mit dem zweimaligen Blasen in das Vortestgerät sei die Angelegenheit für ihn erledigt gewesen. Er sei dann von hinten attackiert und zu Boden gestoßen worden. Als er gerade aufstehen wollte, habe ihm die Polizistin die Handfesseln am rechten Arm angelegt und die Festnahme ausgesprochen. Er habe dann auch den linken Arm hingehalten und es seien die Handfesseln auch dort angelegt worden. Er habe sich bezüglich der Festnahme beschwert und gefragt, weshalb er festgenommen werde.

 

Zur Frage seiner Identitätsfeststellung gab er an, dass er seinen Waffenpass und das Schiffsführerpatent im Handschuhfach mitgeführt hatte, nach diesen Dokumenten aber nicht gefragt wurde. Er habe selbst auch nicht daran gedacht, dass er sich mit diesen ausweisen könne. Von anderen Polizisten habe er in der Zwischenzeit erfahren, dass bei dieser Amtshandlung ohnedies bekannt war, dass es sich um sein Auto handle und er der Lenker sei.

 

Er habe sich gegen die Festnahme nicht gewehrt, eine Polizistin habe dann um Verstärkung gefunkt und es sei nach ein paar Minuten ein zweiter Funkwagen gekommen. Mit diesem Funkwagen sei er zur Polizeiinspektion gebracht worden. Auf dem Weg in die Dienststelle sei er nochmals gestürzt. Die Handfesseln seien insbesondere beim rechten Arm so eng angelegt gewesen, dass dieser noch immer geschwollen sei. Auf Grund dieser eng angelegten Handfesseln und seiner Stürze habe er an Bewusstseinsstörungen gelitten und könne sich an die restliche Amtshandlung nicht mehr gut erinnern. Irgendwann seien ihm die Handfesseln abgenommen worden, er habe einen Arzt und die Rettung verlangt und sei in weiterer Folge ins Krankenhaus gebracht worden. Die Ärztin habe ihm auch Blut abgenommen, das Ergebnis dieser Blutuntersuchung habe er aber vom Krankenhaus trotz seiner Forderung nicht bekommen. Die Ärztin hätte ihm gesagt, dass das Ergebnis der Blutuntersuchung nur an die Polizei weitergegeben würde.

 

Die Zeugin Rev. Insp. X schilderte den Vorgang zusammengefasst wie folgt:

 

Nach dem erfolglosen Anhalteversuch hätten sie die Nachfahrt mit Blaulicht aufgenommen, den  Beschwerdeführer im Bereich des Unimarktes eingeholt und zum Anhalten gezwungen. Auf dem Parkplatz des Unimarktes habe sie dann eine Verkehrskontrolle durchgeführt und den Führerschein verlangt. Sie habe dem Beschwerdeführer auch gesagt, dass gegen ihn eine Anzeige vorliegt. Der Beschwerdeführer habe im Fahrzeug herumgekramt, jedoch den Führerschein nicht vorzeigen können. Er habe ihr auch kein anderes Dokument gezeigt. Sie habe ihn dann zu einem Alkotest aufgefordert, woraufhin er sinngemäß gesagt habe, dass er vom LKA sei und ein Alkotest nicht notwendig sei. Sie habe ihn darauf hingewiesen, dass es eine Verweigerung des Alkotestes darstellen würde, wenn er diesen nicht mache.

 

Sie habe ihn gefragt, wer er ist und er habe sinngemäß gesagt, dass er der X sei und sie ihn kennen sollte. Zuerst hätten sie ihn zu einem Alkovortest aufgefordert, diesbezüglich habe er einmal ganz kurz in das Vortestgerät geblasen. Dabei sei kein  Testergebnis zustande gekommen und sie habe ihn dann zu einem Alkotest aufgefordert. Letztlich sei der Beschwerdeführer aus dem Fahrzeug ausgestiegen und habe sinngemäß gesagt ", dass ihm das Ganze zu blöd werde" und habe versucht, weg zu gehen. Sie habe ihm nachgeschrien, dass er stehen bleiben müsse, worauf er aber nicht reagiert habe. Sie habe ihn nochmals zum Stehen bleiben aufgefordert und in weiterer Folge die Festnahme ausgesprochen und ihn beim Handgelenk ergriffen. Der Beschwerdeführer habe jedoch herumgeschlagen und sie habe ihn alleine nicht halten können. Ihre Kollegin habe sie unterstützt, es sei ihnen aber auch zu zweit nicht gelungen, ihm die Handfesseln anzulegen. Sie habe dann die Handfesseln an  der rechten Hand anlegen können und sie hätten auch um Unterstützung gerufen, es sei ihnen dann kurz vor dem Eintreffen der anderen Kollegen auch gelungen, dem Beschwerdeführer die zweite Handfessel anzulegen. Es sei nicht möglich gewesen, die Handfesseln zu arretieren, weil es am Parkplatz finster gewesen wäre und sich der Festgenommene gewehrt habe. Es sei deshalb auch nicht möglich gewesen, die Handfesseln zu lockern.

 

Es seien dann zwei Funkwagen mit 4 Kollegen zur Unterstützung gekommen, wobei der Beschwerdeführer von Rev. Insp. X und Insp. X zur PI X gebracht wurde. Sie hätten dann noch den Parkplatz abgesucht, das Auto versperrt und seien daraufhin ebenfalls zur PI X gefahren. Bei ihrem Eintreffen habe gerade eine Kollegin dem Festgenommenen die Handfesseln abgenommen. Ihr Kollege Kern habe den Festgenommenen erkannt und daraufhin die Festnahme aufgehoben. Sie habe Herrn X dann nochmals zum Alkotest aufgefordert, diesen habe er aber wieder nicht gemacht. Er habe sich darüber beschwert, dass er durch die Handfesseln verletzt wurde, weshalb Fotos angefertigt wurden und letztlich auch die Rettung verständigt wurde.

 

Entsprechend den im Akt befindlichen Unterlagen wurde die Festnahme um 01:00 Uhr ausgesprochen und um 01:10 Uhr wieder aufgehoben. Auch die Handfesseln waren in dieser Zeit angelegt.

 

Die Zeugin X schilderte den Sachverhalt zusammengefasst wie folgt:

 

Nach dem erfolglosen Anhalteversuch hätten sie die Nachfahrt mit Blaulicht aufgenommen, der Fahrzeuglenker sei zum Parkplatz des X gefahren und sie seien dort neben ihm stehen geblieben. Die Amtshandlung habe ihre Kollegin geführt, sie habe diese jedoch mitgehört. Ihre Kollegin (Rev. Insp. X) habe den Lenker um Führerschein und Zulassungsschein gefragt. Dieser habe einige Zeit herumgesucht und habe dann gesagt, dass er den Führerschein nicht finde. Er habe gefragt, ob wir ihn nicht kennen, er sei der X und habe beim LKA gearbeitet. Er sei jedoch sowohl ihr als auch ihrer Kollegin unbekannt gewesen.

 

Ihre Kollegin habe den Lenker dann bezüglich der Anzeige aufgeklärt und zu einem Alkovortest aufgefordert, wobei er sinngemäß gesagt habe, dass das nicht notwendig sei, weil er nur 3 Seiterl Bier getrunken habe. Ihre Kollegin habe den Fahrzeuglenker dann zum Alkotest aufgefordert, diesen habe er aber nicht durchgeführt. Sie selbst habe ihm dann gut zugeredet und er habe letztlich zweimal kurz in das Vortestgerät geblasen, was jedoch kein Messergebnis erbracht habe. Sie habe ihm gesagt, dass er länger und gleichmäßig hinein blasen müsse, sie habe ihm nicht gesagt, dass der Vortest negativ sei.

 

Ihre Kollegin habe ihr die Unterlagen gegeben und sie habe diese in den Funkwagen getragen. Dann habe sie schon gehört, wie ihre Kollegin den Angezeigten zum Stehen bleiben aufgefordert habe. Dieser habe weggehen wollen und ihre Kollegin sei ihm nach gelaufen und habe ihn am Handgelenk ergriffen. Sie sei zu den Beiden gelaufen und hätte die andere Hand festgehalten. Ihre Kollegin habe dem Angezeigten erklärt, dass er zur Identitätsfeststellung zur Polizeiinspektion mitkommen müsse, er habe sich jedoch gewehrt und nicht mitkommen wollen. Daraufhin sei letztlich die Festnahme ausgesprochen worden, wozu der Angezeigte sinngemäß gesagt habe, dass er doch nicht wegen einer Verwaltungsübertretung festgenommen werden könne. Er habe sich der Festnahme widersetzt, es sei zu einer "Rangelei" gekommen und ihrer Kollegin sei es dann gelungen, dem Angezeigten die Handfesseln an der rechten Hand anzulegen. Er habe sich weiter gewehrt, weshalb sie die Handfesseln vorerst an der linken Hand nicht anlegen konnten und es sei ihnen erst nach längerer Zeit gelungen, auch die zweite Handfessel anzulegen. Diese hätten sie nicht arretieren können, weil er sich so gewehrt habe.

 

Kurz darauf seien Kollegen zur Unterstützung gekommen, wobei die Kollegen der Sektorstreife X Herrn X zum Funkwagen gebracht und mit diesen zur Polizeiinspektion gebracht hätten. Sie habe dann noch den Bereich abgesucht, in dem sich die "Rangelei" abgespielt habe und sie seien dann ebenfalls zur PI X gefahren. Als sie bei der PI eintrafen, habe eine Kollegin dem Festgenommenen gerade die Handfesseln abgenommen. Dann sei der Kollege X dazu gekommen, dieser habe die Identität des Angezeigten bestätigt. Ihre Kollegin X habe den Angezeigten nochmals zum Alkotest aufgefordert, diesen habe er aber wieder nicht gemacht. Er habe sich bezüglich der Verletzungen durch die Handfesseln beschwert, diese seien fotografiert worden. Sie haben auch eine Verletzung am Knie des Angezeigten festgestellt, dieser hat nach einer ärztlichen Untersuchung verlangt und es wurde die Rettung verständigt.

 

Der Zeuge Bez. Insp. X gab zum Vorfall zusammengefasst folgendes an:

 

Auf Grund einer Anzeige gegen einen dem Kennzeichen nach bekannten Fahrzeuglenker habe er die Kolleginnen X und X nach X in den Bereich der X geschickt, um den Fahrzeuglenker dort anzuhalten. Er selbst sei dem angezeigten Fahrzeug weiter entgegen gefahren. Die Daten des Zulassungsbesitzers waren ihm zu diesem Zeitpunkt bekannt. Kurz darauf hörte er über Funk, dass die Kolleginnen um Unterstützung beim Unimarkt-Parkplatz in X ersuchten, weshalb sie dort hingefahren seien. Bei seinem Eintreffen sei bereits die Sektorstreife X mit 2 Kollegen anwesend gewesen und er habe noch erkennen könne, dass ein Mann gerade in den Funkwagen dieser Streife begleitet wurde. Er habe diesen Mann von der Seite bzw. hinten gesehen und habe auch vermutet, dass es sich um Herrn X handeln könne, genau identifizieren habe er ihn dort aber nicht können. Die Sektorstreife sei dann gleich zur Polizeiinspektion weg gefahren. Er habe sich von den Kolleginnen X und X über den Sachverhalt informieren lassen und zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit erfahren, dass der Lenker festgenommen worden war. Er wurde auch über den Festnahmegrund, nämlich die mangelnde Identitätsfeststellung beim vorliegenden Verdacht der Verweigerung des Alkotestes in Kenntnis gesetzt.

 

Er sei dann zur Dienststelle gefahren und habe dort Herrn X erkannt. Da somit seine Identität feststand, habe er die Festnahme aufgehoben. Die Handfesseln hatte ihm zu diesem Zeitpunkt schon die Kollegin X abgenommen gehabt. In weiterer Folge habe er versucht, Herrn X zu beruhigen. Er habe dabei schon den Eindruck gehabt, dass Herr X wisse, worum es bei der Amtshandlung geht. Herr X habe sich über die angeblichen Verletzungen beschwert, er habe diese fotografiert und es wurde dann die Rettung verständigt. Auf das Eintreffen der Rettung habe er vor der Dienststelle mit Herrn X gewartet, in dieser Zeit habe er ihn noch zu einem Alkovortest überreden können. Dieser habe ein Messergebnis von 0,89 mg/l ergeben. Die Rettung sei um 01:35 Uhr eingetroffen.

 

3.2. Zu diesen unterschiedlichen Angaben ist in freier Beweiswürdigung folgendes festzuhalten:

 

Beide Polizistinnen gaben übereinstimmend und nachvollziehbar an, dass der Beschwerdeführer zu einem Alkotest aufgefordert worden war. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er lediglich zu einem Vortest aufgefordert worden sei und ihm nach 2-maligem Beatmen des Vortestgerätes gesagt worden sei, dass das Ergebnis negativ sei, ist hingegen nicht nachvollziehbar. Gegen den Beschwerdeführer lag eine Anzeige wegen des Fahrens in "Schlangenlinien" vor, weshalb es naheliegend ist, dass er tatsächlich zu einem Alkotest aufgefordert worden ist. Eine derartige Aufforderung hätte wohl nur entfallen können, wenn der Alkovortest tatsächlich negativ gewesen sei. Zu diesem gaben jedoch beide Polizistinnen glaubwürdig und im Wesentlichen übereinstimmend an, dass der Beschwerdeführer nur ganz kurz in das Gerät geblasen hatte und kein Messergebnis erzielt wurde. Unter diesen Umständen waren die Polizistinnen geradezu verpflichtet, den Berufungswerber zum Alkotest aufzufordern und es gibt überhaupt keinen Hinweis darauf, dass sie das nicht getan hätten. Auch der nach Beendigung der Amtshandlung durchgeführte Alkovortest mit einem Ergebnis von 0,89 mg/l ist ein klarer Hinweis darauf, dass das Vortestergebnis am Beginn der Amtshandlung nicht negativ sein konnte. Im Übrigen wäre die gesamte weitere Amtshandlung, insbesondere die Festnahme, nicht erklärbar, wenn der Beschwerdeführer nicht zu einem Alkotest aufgefordert worden wäre. Es ist nicht anzunehmen, dass die beiden Polizistinnen eine derart umfangreiche und aufwendige Amtshandlung durchgeführt hätten, wenn der Berufungswerber nicht den Alkotest verweigert hätte. Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass er tatsächlich zu einem Alkotest aufgefordert wurde und diesen verweigert hatte.

 

Zu diesem Zeitpunkt war den Polizistinnen die Identität des Beschwerdeführers noch nicht bekannt. Dieser hatte zwar behauptet, X zu heißen und ein ehemaliger Kollege zu sein, er war den Polizistinnen aber nicht persönlich bekannt und sie hatten auch keine Möglichkeit gehabt, diese Behauptungen zu überprüfen. Der Beschwerdeführer konnte den Führerschein nicht vorweisen und zeigte auch keinen anderen Lichtbildausweis vor. Seine Identität stand daher zum Zeitpunkt der Festnahme für die beiden Polizistinnen nicht fest. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass möglicherweise der Zulassungsbesitzer des Pkw bereits bekannt war oder zumindest leicht hätte festgestellt werden können, weil es sich beim Lenker ja keinesfalls zwingend um den Zulassungsbesitzer handeln musste. Insbesondere der Umstand, dass der Lenker sich vor der Überprüfung seiner Identität vom Anhalteort entfernen wollte, musste für die Polizistinnen den Schluss nahe legen, dass es sich bei diesem möglicherweise nicht um den Zulassungsbesitzer handelte und er jedenfalls unerkannt bleiben wollte.

 

Bezüglich der weiteren Amtshandlung räumte auch der Beschwerdeführer ein, dass er vor der Festnahme zum Stehenbleiben aufgefordert worden war. Seine weiteren Behauptungen, dass er unmittelbar daran anschließend von hinten einen Stoß bekommen habe und gestürzt sei, ist hingegen nicht objektivierbar. Beide Polizistinnen gaben übereinstimmend an, dass der Beschwerdeführer während der Festnahme nicht gestürzt ist und auch nicht gewaltsam zu Boden gebracht wurde. Es ist hingegen gut nachvollziehbar, dass sich der Beschwerdeführer gegen die Festnahme gewehrt hat, weshalb die Polizistinnen versuchten, ihm die Handfesseln anzulegen. Hätte sich der Beschwerdeführer gegen die Festnahme gar nicht gewehrt, so hätten die Polizistinnen ja keinen Anlass gehabt, um Unterstützung zu funken. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Festnahme nicht so friedlich abgelaufen ist, wie sie der Beschwerdeführer schilderte. Hätte er sich tatsächlich ohne jede Gegenwehr die Handfesseln anlegen lassen, so hätten ihn die beiden Polizistinnen wohl selbst im Funkwagen zur nahegelegenen Polizeiinspektion gebracht.

 

 

Erwiesen ist, dass die Handfesseln nach dem Anlegen nicht arretiert wurden und am rechten Arm des Berufungswerbers sehr eng angelegt waren. Die Angaben der Polizistinnen, dass ein Lockern der Handfesseln nicht möglich gewesen sei, weil dann auf Grund der heftigen Gegenwehr des Beschwerdeführer die Gefahr bestanden hätte, dass er sich wieder los gerissen hätte, ist gut nachvollziehbar. Es ist auch glaubwürdig, dass wegen dieser Gegenwehr sowie der Finsternis das Arretieren der Handfesseln an Ort und Stelle nicht möglich war.

 

Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge von 2 weiteren Polizisten zur PI X gebracht. Die Angaben des Zeugen Bez. Insp. X sind glaubwürdig, dass bei seinem Eintreffen der Beschwerdeführer bereits in den Funkwagen begleitet wurde und er ihn auf Grund der Entfernung, des Blickwinkels und der Dunkelheit nicht sicher erkennen konnte.

 

Allgemein ist festzuhalten, dass nach dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung alle beteiligten Polizisten sich offenbar bemühten, den Sachverhalt aus ihrer Erinnerung richtig und vollständig zu schildern. Geringfügige Abweichungen zwischen den einzelnen Schilderungen beeinträchtigen ihre Glaubwürdigkeit nicht. Ganz im Gegenteil wäre es geradezu lebensfremd, wenn alle Polizisten den Sachverhalt in allen Details völlig gleichlautend schildern würden. Die Angaben des Beschwerdeführers sind hingegen teilweise nur schwer nachvollziehbar. Als langjährigem Polizisten musste ihm klar sein, dass die Amtshandlung nicht dadurch beendet wird, dass er vom Anhalteort weg geht, sondern das Ende der Amtshandlung von den Polizisten bestimmt wird. Auch seine Behauptung, das letzte Stück wegen seiner Müdigkeit zu Fuß nach Hause gehen zu wollen, während er vorher ca. 60 km mit seinem Auto gefahren ist, erscheint sehr lebendfremd. Warum sollte er ausgerechnet im Verlauf der Amtshandlung so müde geworden sein, während er bei der vorherigen – im Verhältnis zur Amtshandlung sicher sehr monotonen – Fahrt nicht so müde war, dass er die Fahrt unterbrochen hatte?

 

4. Darüber hat der UVS des Landes Oö. in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

4.1. Gemäß § 67a Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehl- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Gemäß § 35 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn

1)      der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist, seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder

2)      begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafeverfolgung zu entziehen suchen werde, oder

3)      der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.

 

Gemäß § 36 Abs.2 VStG ist bei der Festnahme und Anhaltung unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person vorzugehen.

 

Gemäß § 2 Waffengebrauchsgesetz dürfen die Organe der Bundespolizei und der Gemeindewachkörper in Ausübung des Dienstes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Dienstwaffen Gebrauch machen:

1)      Im Falle gerechter Notwehr;

2)      Zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes;

3)      Zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme;

4)      Zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person;

5)      Zur Abwehr einer von einer Sache drohenden Gefahr.

 

§ 4 Waffengebrauchsgesetz sieht insbesondere vor, dass der Waffengebrauch nur zulässig ist, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, die insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare geringere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben.

 

Nach § 5 WGG 1969 darf, wenn verschiedene Waffen zur Verfügung stehen, nur von der am wenigsten gefährlichen, nach der jeweiligen Lage noch geeignet erscheinenden Waffe Gebrauch gemacht werden.

 

4.2.

Der Beschwerdeführer wurde bei der Begehung einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung – nämlich der Verweigerung des Alkotests – auf frischer Tat betreten. Er war den einschreitenden Polizistinnen unbekannt und konnte sich nicht ausweisen. Seine Identität war unmittelbar bei der Amtshandlung auch sonst nicht feststellbar. Die Polizistinnen waren daher gemäß § 35 Z1 VStG zur Festnahme des Beschwerdeführers berechtigt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Polizistinnen seinen Namen gesagt hatte, und es sich um den Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Pkw handelte, ändert daran nichts. Für die Anzeigeerstattung ist es erforderlich, die Identität des Verdächtigen tatsächlich objektiv festzustellen, der bloße Umstand, dass es sich vermutlich um eine namentlich bekannte Person handelt, reicht zur Identitätsfeststellung nicht aus. Da sich der Beschwerdeführer von der Amtshandlung entfernen wollte, bestand für die Polizistinnen auch keine andere Möglichkeit zur Identitätsfeststellung als die Festnahme.  

 

Sowohl die Anwendung von Körperkraft als auch die Anlegung der Handfesseln unterliegt nach der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes den Einschränkungen des Waffengebrauchsgesetzes. Nach dieser Rechtssprechung ist es zulässig, einer Person Handfesseln anzulegen, wenn eine Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Beamten auf Grund konkreter Anhaltspunkte zu befürchten ist. Da sich der Beschwerdeführer gegen seine Festnahme zur Wehr setzte war daher das Anlegen der Handfesseln gemäß § 4 WGG zulässig.

 

Auch § 3 erster Satz RLV, BGBl Nr. 266/1993, bestimmt, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf die Vermeidung von Gefahren, die zur Aufgabenerfüllung nicht erforderlich oder unverhältnismäßig sind, für sich selbst zu achten haben. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist einzuräumen, dass die Polizistinnen zu ihrer eigenen Sicherung dem Festgenommenen die Handfesseln anlegten.

 

Grundsätzlich sind die Handfesseln so anzulegen, dass dabei keine Schmerzen zugefügt oder Verletzungen verursacht werden. Die Handfesseln dürfen daher nicht übermäßig eng angelegt werden und sind zur Verhinderung eines selbstständigen Zusammenschiebens zu arretieren. Im gegenständlichen Fall wehrte sich der Beschwerdeführer jedoch gegen die Festnahme, sodass die Polizistinnen Mühe hatten, die Handfesseln überhaupt anlegen zu können. Unter diesem Gesichtspunkt war es ihnen nicht zumutbar, auf eine möglichst schonende Anlegung der Handfesseln zu achten. Es ist auch nachvollziehbar, dass in weiterer Folge ein Lockern der Handfesseln sowie das Arretieren wegen der Gegenwehr des Beschwerdeführer nicht möglich war. Die Polizistinnen durften zu Recht davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer beim Lockern der Handfesseln wieder versucht hätte, sich loszureißen und damit die Polizistinnen gefährdet hätte. Dies mussten sie jedoch gemäß § 3 RLV nicht in Kauf nehmen. Es war daher auch das Anlegen der Handfesseln in der konkreten Form im gegenständlichen Fall rechtmäßig.

 

Da die Festnahme ausschließlich zur Feststellung der Identität des Beschwerdeführers erfolgte, musste sie  zu jenem Zeitpunkt aufgehoben werden, an dem keine Zweifel mehr an seiner Identität bestanden. Diese Feststellung erfolgte letztlich dadurch, dass der Beschwerdeführer einem der einschreitenden Polizisten, nämlich BezInsp X, persönlich bekannt war. Es ist glaubwürdig und gut nachvollziehbar, dass sich BezInsp X als Kommandant der eingesetzten Beamten nach seinem Eintreffen auf dem Unimarkt-Parkplatz vorerst nicht sofort um jene Person kümmerte, welche gerade von anderen Kollegen weg gebracht wurde, sondern als erstes mit den amtshandelnden Polizistinnen Kontakt aufnahm und sich von diesem den Ablauf der Amtshandlung schildern ließ. Als ranghöchster Polizist war er verpflichtet, sich nach seinem Eintreffen als Erstes ein Bild von der Lage zu verschaffen. Erst danach konnte er die notwendigen Anordnungen treffen. Unmittelbar im Anschluss daran, begab er sich ohnedies zur PI X, identifizierte den Festgenommenen und hob die Festnahme um 01:10 Uhr sofort auf. Die Festnahme war daher auch während der gesamten Dauer gerechtfertigt.

 

Zu II.:

Da die Beschwerde zur Gänze abzuweisen war, ist die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als obsiegende Partei anzusehen. Der Beschwerdeführer ist daher verpflichtet, dem Rechtsträger dieser Behörde die Kosten in Höhe von 887,20 Euro gemäß § 79a AVG zu ersetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1) Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2) Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von insgesamt 92,30 (14,30 Euro Eingabegebühr und 35,10 Euro für Beilagen) angefallen.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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