Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200393/7/Py/Hu

Linz, 27.11.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. Mai 2012, GZ: Agrar96-7-2010, wegen Übertretung nach dem Weingesetz 2009, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30. Oktober 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 27, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. Mai 2012, GZ: Agrar96-7-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 61 Abs.3 Z1 iVm § 19 Abs.1 und 2 Z2 Weingesetz 2009, BGBl.I.Nr. 111/2009, iVm der Verordnung (EG) Nr. 2000/13 des Rates vom 25. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie Werbung hiefür in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2000/13 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 15 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als gemäß § 9 Abs.4 VStG verantwortlicher Beauftragter der x, zu verantworten, dass von der x, in einem Flugblatt der x, welches mit Postwurfsendung vom 10.12.2009 zugestellt wurde, Wein mit der Bezeichnung "Eiscrystal Österreichischer Eiswein" im Angebot mit Gültigkeit 14.12.2009 beworben wurde und ab 14.12.2009 zum Verkauf bereit gehalten, obwohl bei der Herstellung des gegenständlichen Erzeugnisses die zugrunde liegende Rebsorte nämlich "Petit Manseng" in der Qualitätsweinrebsortenverordnung, welche sämtliche zur Erzeugung von Qualitätswein oder Qualitätswein besonderer Reife und Leseart (Prädikatswein), wozu auch Eiswein zählt, zugelassenen Sorten aufzählt, nicht aufscheint und somit die Benennung des Erzeugnisses als Eiswein unzulässig und irreführend ist.

 

Gemäß § 19 Abs.2 Ziffer 2 Weingesetz 2009 ist als irreführend insbesondere anzusehen, wenn Angaben gebraucht werden, die geeignet sind, fälschlich den Eindruck besonderer Qualität zu erwecken, insbesondere mit Hinweisen auf Wirkungen oder Eigenschaften, welche die Erzeugnisse nicht besitzen, oder auf besondere Eigenschaften, obwohl alle vergleichbaren Erzeugnisse dieselben Eigenschaften besitzen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass der Beschuldigte in seiner Rechtfertigung vom 5.8.2011 darauf hinweist, dass eine Irreführung der Konsumenten ausgeschlossen war, da kein Wein in den Verkauf gelangte (= Inverkehrbringen), sondern bereits in den Zentrallagern der x beschlagnahmt wurde. Unter "Inverkehrbringen" ist gemäß § 2 Abs.1 Z3 Weingesetz 2009 bereits das Ankündigen eines Projekts zu verstehen. Diese Ankündigung erfolgte von der x mit dem im Spruch angeführten Flugblatt "Gültigkeit 14.12.2009". Somit ist der Tatbestand "Inverkehrbringen" nach dem Weingesetz 2009 erfüllt. Mangels Vorliegen eines ausreichenden Kontrollsystems ist dem Bw die vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Abschließend legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe dar.  

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 18. Juni 2012. In dieser beantragt der Bw die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und führt zusammengefasst aus, dass der Berufungswerber mit Gewissenhaftigkeit und hoher Sorgfalt die Inverkehrbringung der Ware an den Tag gelegt hat. Entlang des Weges zur Überprüfung des Angebotes und des Prüfgutachtens sowie der Beauftragung der Lieferanten ist offenbar irgendwo bzw. von irgendwem – möglicherweise auch erst bei Erstellung des Werbefolders – irrtümlich aufgrund der Bezeichnung "Eiscrystall" auf "Eiswein" geschlossen worden und fand die fälschliche Bezeichnung "Eiswein" Eingang in den Werbefolder. Es stehe aber fest, dass die Etikettierung des Weines und die darauf enthaltene Bezeichnung richtigerweise "Tafelwein" lautete. Auch war das Produkt an sich substantiell, qualitativ und auch aus kennzeichnungsrechtlicher Sicht völlig in Ordnung. Einem äußerst qualifizierten und gut ausgebildeten Mitarbeiter des Einschreiters ist offenbar ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, der auch bei der Überprüfung und Kontrolle übersehen wurde. Die angesprochene Werbeaussendung hatte daher auch den Zusatz "Satz- und Druckfehler vorbehalten" enthalten. Der Berufungswerber hat daher höchste Sorgfalt walten lassen und ist ihm jedenfalls kein Verschulden vorzuwerfen. Jedenfalls möge eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt werden.

 

3. Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30. Oktober 2012, an der der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der Bundeskellereiinspektion als am Verfahren beteiligte Organpartei teilgenommen hat. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Rahmen der Berufungsverhandlung außer Streit gestellt werden konnte, waren weitere Beweisaufnahmen nicht erforderlich.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist für die Einhaltung der Bestimmungen des Weingesetzes bestellter verantwortlicher Beauftragter der x.

 

Mit Auftrag vom 10. November 2009 kaufte die x bei der Firma x, 142 Kartons zu je 6 Flaschen österreichischen Tafelwein "Eiscrystall", der aus der Weinrebensorte "Petit Manseng" gekeltert wurde. Am 1. Dezember 2009 wurde diese Ware in die Zweigniederlassungen der x in x und x geliefert und dort für den weiteren Verkauf gelagert. In einem an die österreichischen Haushalte ergangenen Flugblatt der x, welches mit Postwurfsendung vom 10.12.2009 zugestellt wurde, wurde dieser Wein unter dem Titel "Eiscrystall Österr. Eiswein" beworben. Seitens der Bundeskellereiinspektion wurde nach Bekanntwerden der Ankündigung im Flugblatt nach einem Telefonat mit der im Unternehmen der x zuständigen Person der Verkauf unterbunden. Die Ware wurde in weiterer Folge wieder vom Betrieb x aus den Warenlagern der x und x abgeholt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Seitens des Bw wurde nicht bestritten, dass er für die Einhaltung der Bestimmungen des Weingesetzes durch die x die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trägt.

 

5.2. Gemäß § 2 Abs.1 Z3 Weingesetz 2009, BGBl.I.Nr. 111/2009 idgF gilt als "Inverkehrbringen" das Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. Nr. L 31 vom 1.2.2002 S. 1; unter Inverkehrbringen von Erzeugnissen gemäß § 1 ist weiters das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Lagern, Abfüllen, Verpacken, Bezeichnen, Ankündigen, Feilhalten, Verkaufen, Befördern, Werben, Ein- und Ausführen sowie jedes Überlassen an andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht.

 

Gemäß § 11 Abs.1 Z6 Weingesetz 2009 ist Eiswein Qualitätswein, der ausschließlich aus Weintrauben hergestellt wurde, die bei der Lese und Kelterung gefroren waren und deren Saft ein Mostgewicht von mindestens 25° KMW aufgewiesen hat; solcher Wein darf mit keiner zusätzlichen Bezeichnung gemäß Z 1 bis 5 oder 7 versehen sein; wenn der Saft ein Mostgewicht von weniger als 25° KMW aufgewiesen hat, darf dieser Wein als Qualitätswein in Verkehr gesetzt werden; er darf nicht mit anderen Prädikatsweinen verschnitten werden.

 

Gemäß § 10 Abs.6 Weingesetz 2009 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung jene Rebsorten festzulegen, die aufgrund des Klimas und der Bodenbeschaffenheit geeignet sind,

hochwertige Keltertrauben hervorzubringen (Qualitätsweinrebsorten).

 

Gemäß § 19 Abs.1 Weingesetz 2009 dürfen Kennzeichnung und Aufmachung von Erzeugnissen sowie jegliche Werbung für diese nicht irreführend, falsch oder auf sonstige Weise dazu geeignet sein, Verwechslungen oder Irreführungen hervorzurufen. Die Erzeugnisse haben beim Inverkehrbringen den Anforderungen der Richtlinie 2000/13/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, ABl. Nr. L 109 vom 6.5.2000 S. 29, zu entsprechen.

 

Gemäß § 19 Abs.2 Z2 Weingesetz 2009 ist als irreführend insbesondere anzusehen, wenn Angaben gebraucht werden, die geeignet sind, fälschlich den Eindruck besonderer Qualität zu erwecken, insbesondere mit Hinweisen auf Wirkungen oder Eigenschaften, welche die Erzeugnisse nicht besitzen, oder auf besondere Eigenschaften, obwohl alle vergleichbaren Erzeugnisse dieselben Eigenschaften besitzen.

 

Gemäß § 61 Abs.3 Z1 Weingesetz 2009 begeht eine Verwaltungsübertretung, die von der Bezirksverwaltungsbehörde wie die Übertretungen nach Abs. 1 zu bestrafen ist, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, wer Erzeugnisse gemäß § 1, deren Bezeichnung, Ausstattung oder Aufmachung nicht den Bestimmungen des § 8, § 9, § 10, § 13, § 14, § 19 Abs.1, 2 oder 3, § 20 oder § 21 entspricht, zum Verkauf bereithält oder abgibt.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass die dem gegenständlichen Erzeugnis zugrundeliegende Rebensorte "Petit Manseng" nicht in der gemäß § 10 Abs.6 ergangenen Qualitätsrebsortenverordnung, BGBl. II Nr. 348/2000 befindet. Die Bezeichnung des Produktes als Qualitätswein (Eiswein) ist daher unzulässig.

 

Gemäß § 61 Abs.3 Z1 Weingesetz 2009 ist das Bereithalten zum Verkauf oder die Abgabe von Erzeugnissen entgegen § 19 Abs.1, 2 oder 3 untersagt. Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird dem Bw als verantwortlichen Beauftragten der x zur Last gelegt, dass die x zum angeführten Tatzeitpunkt einen Wein zum Verkauf bereitgehalten hat, für den im Werbeprospekt Angaben gebraucht wurden, die geeignet sind, fälschlich den Eindruck besonderer Qualität zu erwecken.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt dabei ein Begehungsdelikt vor. Tatort ist der Ort, wo das Erzeugnis zum Verkauf bereitgehalten oder abgegeben wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die fälschliche Bewerbung dieses Erzeugnisses in einem vom Firmensitz der x ausgehenden Werbeprospekt erfolgte. Dem nach außen vertretungsbefugten Organ der x wird nicht der Vorwurf gemacht, er habe für eine irreführende Bezeichnung im Werbeprospekt Sorge getragen, sondern wird in der Strafbestimmung des § 61 Abs.3 Z1 Weingesetz 2009 das Bereithalten zum Verkauf und die Abgabe unter Strafdrohung gestellt und dem Bw zur Last gelegt. Wie im Verfahren zweifelsfrei hervorgetreten ist, erfolgte die Bereithaltung zum Verkauf des angeführten Erzeugnisses jedoch nicht am Firmensitz der x in x, sondern wurde die Erzeugnisse in den Zweigniederlassungen der x in x und x gelagert. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 14. Juni 2012, 2009/10/0080 vom 25. Februar 2003, Zl. 2001/10/0257 mwN) ist daher als Tatort der gegenständlichen Verwaltungsübertretung der Ort anzusehen, an dem das gegenständliche Erzeugnis zum Verkauf bereitgehalten wurde.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Da somit der Tatort der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht am Sitz der belangten Behörde gelegen ist, war das gegenständliche Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zu beheben.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

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