Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253239/5/Py/Hu

Linz, 27.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x,  gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 3. Juli 2012, GZ: Ge-578/11, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 3. Juli 2012, GZ: Ge-578/11, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. 218/1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma x in x, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass der polnische Staatsbürger x, geb. am x, in der Zeit vom 1.10.2010 bis zum 20.2.2011 von oa. Firma als geringfügiger Arbeiter beschäftigt wurde, wobei für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 2 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine 'Niederlassungsbewilligung-unbeschränkt' (§ 8 Abs.2 Ziff. 3 Nag) oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt worden wäre. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen und des Verfahrensganges aus, dass der gegenständliche Tatbestand vom AMS Kirchdorf an der Krems der Finanzpolizei des Finanzamtes Steyr gemeldet und von diesem der erkennenden Behörde angezeigt wurde. Das vom Bw vertretene Unternehmen hatte für diesen ausländischen Staatsbürger keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung. Infolge Außerachtlassens der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt hat der Beschuldigte verkannt, dass er durch sein Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklicht und muss als Grad des Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit angenommen werden.

 

Im Übrigen legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe dar.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 17. Juli 2012. Darin bringt dieser zusammengefasst vor, dass der gegenständliche Tatbestand derzeit nicht mehr vorliegt, da polnische Staatsangehörige seit 1. Mai 2011 Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen. Einer Bestrafung steht daher bereits das Günstigkeitsprinzip entgegen.

 

Des weiteren wird vorgebracht, dass der polnische Staatsangehörige Herr x im inkriminierten Tatzeitraum Anspruch auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 32a Abs.4 hatte, die lediglich irrtümlich nicht eingeholt wurde, weshalb auch diesbezüglich das Günstigkeitsprinzip nach § 1 Abs.2 VStG zur Anwendung gelangt.

 

Des weiteren bringt der Bw vor, dass der polnische Staatsbürger im streitgegenständlichen Zeitraum keiner der im Spruch angeführten Bewilligungen bedurfte. Die Beschäftigung bedurfte nur einer "EU-Freizügigkeitsbestätigung", was ihm im gegenständlichen Straferkenntnis bzw. im Rahmen der Verfolgungshandlung durch die belangte Behörde jedoch nicht vorgeworfen wurde. Selbst wenn man von einem Verstoß nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ausginge, ist davon auszugehen, dass dem Bw zum Zeitpunkt der Tat eine allenfalls bestehende Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens nicht bewusst war. Jedenfalls wäre ein Vorgehen nach § 21 VStG gerechtfertigt bzw. unter Heranziehung des in § 28 Abs.1 Z6 AuslBG für Übertretungen des § 32a Abs.4 vorgesehenen Strafrahmens eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe gerechtfertigt. Abschließend bringt der Bw seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angeführten Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zum Ausdruck.

 

3. Mit Schreiben vom 6. August 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Dem Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr als am Verfahren beteiligte Organpartei wurde mit Schreiben vom 23. August 2012 Gelegenheit gegeben, zum Berufungsvorbringen eine Stellungnahme abzugeben. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4.1. der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der "x", x.

 

In der Zeit vom 1.10.2010 bis 20.2.2011 beschäftigte die "x" den polnischen Staatsangehörigen x, geb. am x, als Arbeiter. In diesem Zeitraum hatte Herr x ein Recht auf freien Arbeitsmarktzugang. Eine Bestätigung darüber (EU-Freizügigkeitsbestätigung) wurde Herrn x am 21. Februar 2011 vom Arbeitsmarktservice Kirchdorf/Krems, GZ: x ausgestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde im Übrigen auch von der Amtspartei in ihrer Stellungnahme vom 30. August 2012 nicht bestritten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 32a Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung gilt § 1 Abs.2 lit.l und m AuslBG – mit Ausnahme der Staatsangehörigen der Republik Malta und der Republik Zypern – nicht für Staatsangehörige jener Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die am 1. Mai 2011 aufgrund des Vertrages über den Beitrag der tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Europäischen Union Nr. L236 vom 23. September 2003, Seite 17, und Nr. C227E vom 23. September 2003, der Union beigetreten sind, es sei denn, sie sind Ehegatten, Kinder oder Schwiegereltern eines freizügigkeitsberechtigten Staatsbürgers eines anderen Mitgliedsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) der bereits vor Inkrafttreten des Beitragsvertrages dem EWR angehörte, oder sie sind Ehegatten oder Kinder eines österreichischen Staatsbürgers oder eines Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates, der sein Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nimmt.

 

Gemäß § 32 Abs.2 leg.cit. ist den Bürgern gemäß Abs.1 vom Arbeitsmarktservice das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt schriftlich zu bestätigen, wenn sie

  1. am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens 12 Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen waren oder
  2. die Voraussetzungen für einen Befreiungsschein (§ 15) erfüllen oder
  3. seit 5 Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen.

 

Gemäß § 32a Abs.4 leg.cit. sind Bestätigungen gemäß § 2 vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Der Arbeitgeber hat eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereit zu halten. Die Bestätigungen erlöschen bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht vorübergehenden Grund.

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z6 AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 1.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen dem § 32a Abs.4 einen EU-Bürger, dessen Ehegatten oder Kind ohne Bestätigung gemäß § 32a Abs.2 oder 3 beschäftigt.

 

5.2. Es ist unbestritten, dass der gegenständliche polnische Staatsangehörige im Tatzeitraum die Voraussetzungen für die Erteilung einer EU-Freizügigkeitsbestätigung gemäß § 32a Abs.2 besaß und damit das Recht auf freien Arbeitsmarktzugang vorlag.

 

Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Bw die unberechtigte Beschäftigung des polnischen Staatsangehörigen ohne Vorliegen einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung zur Last gelegt. Im Hinblick auf das nicht bestrittene Recht des, seit vielen Jahren in den österreichischen Arbeitsmarkt integrierten, polnischen Staatsangehörigen x auf freien Arbeitsmarktzugang in Österreich war die Einholung einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung für die Beschäftigung des polnischen Staatsangehörigen somit nicht erforderlich. Der Bw wäre jedoch verpflichtet gewesen, zur Vermeidung einer unbefugten Inanspruchnahme dieses Rechts (bei Nichterfüllung der Voraussetzungen) und zur Schaffung von eine Bestätigung über diese Rechtsstellung des polnischen Arbeiters (EU-Freizügigkeitsbestätigung) in seinem Betrieb bereitzuhalten. Diese in § 32a Abs.4 AuslBG normierte und in § 28 Abs.6 AuslBG unter Strafe gestellte Ordnungswidrigkeit stellt jedoch ein anderes rechtwidriges Verhalten dar, als nunmehr dem Bw im angefochtenen Bescheid zur Last gelegten wurde. Es wird zudem – im Hinblick auf den geringeren Unwertgehalt der Tat – mit einer deutlich geringeren Sanktion geahndet. Während etwa die Verpflichtung zur Bereithaltung einer (EU-Freizügigkeits)Bestätigung rasche Auskunft bei Kontrollen über die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung eines ausländischen Staatsangehörigen bezweckt, bildet die Erteilung einer Bewilligung im Sinn des   § 3 AuslBG eine erforderliche Maßnahme zur Ordnung des österreichischen Arbeitsmarktes. Diesem jeweils unterschiedlich zu gewichtendem Schutzzweck entsprechend werden beide Zuwiderhandlungen auch mit einem entsprechend unterschiedlichen Strafrahmen bedacht.

 

Da jedoch dem Bw innerhalb der Verjährungsfrist (vgl. § 31 VStG) die in § 32a AuslBG festgelegte und in § 28 Abs.1 Z6 AuslBG unter Strafe gestellte Ordnungswidrigkeit nicht vorgeworfen wurde, besteht für den Unabhängigen Verwaltungssenat auch nicht die Möglichkeit, dem Bw eine andere als die im Spruch des angefochtenen Bescheids vorgeworfene Tathandlung zur Last zu legen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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