Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253333/2/Py/HU

Linz, 28.11.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.in  Andrea Panny über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung der Frau x, vertreten durch x, vom 23. Oktober 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10. Oktober 2012, SV96-40-2012, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis  bestätigt.

 

II.                Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Betrag von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 146 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.:      § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10. Oktober 2012, SV96-40-2012, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs.1 Z1 iVm § 33 Abs.1 und 1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl.Nr. 189/1955 idF des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007 (BGBl. I Nr. 31/2007) iVm § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991 eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt.

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der x mit Sitz in x, welche für die Erteilung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Dienstgeber den serb. StA. x, geb. x, vom 1.5.2012 – 27.6.2012 als Helfer in der Gärtnerei x mit Betriebsstandort an o.a. Adresse, als vollbeschäftigten Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen ein Entgelt von 8 Euro/Stunde in bar in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt hat.

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung iSd § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Arbeitsantritt erstattet und hat die Gesellschaft somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen.

Der in Rede stehende Beschäftigte war Ihrem Unternehmen organisatorisch sowie hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit maßgeblich unterworfen und in den betrieblichen Arbeitsablauf eingebunden. Es bestand auch eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit."

 

Ferner wurde der Bw die Zahlung von Verfahrenskosten vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Rechtsvertretung der Bw eingebrachte Berufung gegen die im Straferkenntnis verhängte Strafhöhe.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Bw bereits im erstinstanzlichen Verfahren geständig verantwortete und unter Verweis auf die beträchtlichen Milderungsgründe und den erstmaligen Verstoß die Anwendung des § 21 VStG beantrage.

 

Wegen Arbeitskräftemangels sei durch die Bw für den Beschäftigten x um eine Beschäftigungsbewilligung als Saisonarbeiter angesucht worden und vorab bereits über das AMS versucht worden, Arbeitskräfte einzustellen, wobei es jedoch zu keiner Vermittlung kam. Nachdem sich Herr x selbstständig im Unternehmen vorgestellt hatte und die Anfrage an das AMS gerichtet wurde, wurde der Bw mitgeteilt, dass jedenfalls mit einer Bewilligung gerechnet werden könne, da sämtliche Voraussetzungen vorliegen würden, um x, der mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und in Österreich lebt, zu beschäftigen. Aufgrund einer nicht vorhersehbaren Verzögerung sei die Bewilligung jedoch erst ab Juli 2012 erteilt worden.

 

Aufgrund der bisherigen Unbescholtenheit, des erstmaligen Verstoßes, des ordentlichen Lebenswandels, des reumütigen Geständnisses sowie der Schuldeinsicht der Bw überwiegen die Milderungsgründe, insbesondere zumal auch keinerlei Erschwerungsgründe vorliegen. Ebenso sei der Bw kein hohes Verschulden vorzuwerfen, da er ohnedies um eine Beschäftigungsbewilligung als Saisonarbeiter angesucht hatte und auch auf die Auskunft vertrauen durfte, dass es ohne Probleme zu einer Bewilligung kommen werde.

 

Beantragt wurde, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren im Sinne des § 21 VStG zu beenden, in eventu gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe um die Hälfte zu unterschreiten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 29. Oktober 2012   vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der  Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe richtet und keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des erstinstanzlichen Straferkenntnisses richtet. Der Schuldspruch ist damit in Rechtskraft erwachsen und es ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

5.2. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die Bw verantwortet sich in ihrer Berufung damit, dass Herr x aufgrund eines Arbeitskräftemangels eingestellt wurde und mit der raschen Ausstellung einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung durch das AMS gerechnet wurde. Dieses Vorbringen erklärt jedoch nicht, weshalb Herr x über die Dauer von nahezu zwei Monaten ohne Anmeldung zur Sozialversicherung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Hilfsarbeiter beschäftigt wurde. Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG war nicht in Betracht zu ziehen. Im gegenständlichen Fall ist als Milderungsgrund zwar die bisherige Unbescholtenheit der Bw zu werten, ihr Tatsachengeständnis ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der Betretung auf frischer Tat anlässlich der Kontrolle zu beurteilen. Als Erschwernisgrund ist die lange Beschäftigungsdauer des Ausländers ohne Anmeldung zur Sozialversicherung zu werten. Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es zudem nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwernisgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu urteilen (vgl. u.a. VwGH 92/02/0095 v. 27.2.1992).

 

Durch die Nichtanmeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung entsteht nicht nur ein beträchtlicher volkswirtschaftlicher Schaden, sondern geht der Dienstnehmer selbst auch der Versicherungszeiten verlustig. Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet daher aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb. Die kumulativen Vorraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügiges Verschulden) liegen somit nicht vor.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat die Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr.in Andrea Panny

 

 

 

 

 

 

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