Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281397/5/Kl/Rd/TK

Linz, 07.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. Februar 2012, Ge96-180-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz iVm der Arbeitsmittelverordnung zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG wie folgt zu lauten hat: "§ 130 Abs. 1 Einleitungssatz ASchG 1994 idgF".

 

II.     Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungs­verfahren den Betrag von 600 Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. Februar 2012, Ge96-180-2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 300 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG iVm § 45 Abs.1 AM-VO und § 35 Abs.1 ASchG, verhängt, weil er es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handels­rechtlicher Geschäftsführer der X mit Sitz in X zu verantworten hat, dass bei der am 29.9.2011 vom Arbeits­inspektorat Vöcklabruck durchgeführten Erhebung festgestellt wurde, dass die in der Werkstätte aufgestellte 3 Walzen-Einrollmaschine der Maschinenfabrik X, Typ 4794, Nr. 924701, Baujahr 1992, mit einem Holzkeil auf Dauerbetrieb gestellt wurde, das heißt, der Fußschalter, der als Todmannschalter für das Betätigen der Einrollmaschine ausgeführt ist, wurde überbrückt, obwohl Arbeits­mittel sicher wirkende Vorrichtungen zum Ein- und Ausschalten aufweisen müssen und Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, dass bei der Benutzung von Arbeitsmitteln die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen bestimmungsgemäß verwendet werden. 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Berufungswerber kein Organisationsverschulden zur Last gelegt werden könne. Der Umstand, dass der Fußschalter, der als Todmannschalter für das Betätigen der Einrollmaschine ausgeführt ist, überbrückt worden sei, sei weder vom Berufungswerber ange­ordnet worden noch habe er davon Kenntnis besessen. Es handle sich einzig und allein um eine Maßnahme, die von den Mitarbeitern selbstständig durchgeführt worden sei. Grundsätzlich seien die Mitarbeiter entsprechend geschult. Aufgrund des Vorliegens eines geringfügigen Verschuldens werde die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck wurde am Verfahren beteiligt und teilte mit Stellungnahme vom 21. März 2012 mit, dass sich aufgrund der Übertretung ein schwerer Arbeitsunfall ereignet habe und somit eine hohe Schädigung des betroffenen Schülers (Schnupperlehrling) vorliege, weshalb von keiner gering­fügigen Schuld ausgegangen werden könne. Dass die gegenständliche Über­tretung durch ein eigenmächtiges Handeln des Arbeitnehmers herrühre, deute darauf hin, dass kein wirksames Kontrollsystem im Betrieb vorhanden sei. Es werde daher die Bestätigung des Straferkenntnisses beantragt. 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, zumal sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und überdies von keiner Partei des Verfahrens die Durchführung einer Verhandlung beantragt wurde.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. So werden durch das Nichtverwenden bzw Nichtanbringen von geeigneten Schutzeinrichtungen Arbeitnehmer gerade jenen Gefahren in hohem Maß ausgesetzt, denen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen entgegentreten wollen, was auch durch schwerste Unfälle immer wieder vor Augen geführt wird.

 

5.4. Von der belangten Behörde wurde über den Berufungswerber im ange­fochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 3.000 Euro bei einem normierten Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall von 290 Euro bis 14.530 Euro, verhängt. Weiters hat die belangte Behörde zu Recht Verwaltungsvorstrafen - dabei ist insbesondere jene nach dem KJBG zu erwähnen - als straferschwerend, straf­mildernd keine Umstände gewertet. Den von der belangten Behörde geschätzten persönlichen Verhält­nissen, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinen Sorgepflichten und ein Vermögen in Form eines Einfamilienhauses, ist der Berufungswerber nicht entgegengetreten, weshalb der Oö. Verwaltungssenat von der Richtigkeit selbiger auszugehen hatte und der nunmehrigen Strafbemessung zugrunde gelegt werden konnten.

 

5.4.1. Der Berufungswerber verneint in seinen Berufungsausführungen grundsätzlich ein Organisationsverschulden und begründet dies damit, dass es seinerseits keine Anordnung gegeben habe, den Fußschalter, welcher als Todmannschalter für das Betätigen der Einrollmaschine fungiere, zu überbrücken. Vielmehr sei diese Maßnahme von seinen Mitarbeitern selbständig durchgeführt worden und seien seine Mitarbeiter im Betrieb entsprechend geschult.

 

Zum vermeintlich unbegründeten Organisationsverschulden ist der Berufungs­werber darauf hinzuweisen, dass ein Kontrollsystem grundsätzlich aus syste­matisch gestalteten organisatorischen Maßnahmen und Kontrollen im Unter­nehmen zur Einhaltung der Rechtsvorschriften und zur Abwehr von Schäden durch das eigenen Personal sowie dem Ergreifen geeigneter organisatorischer Maßnahmen zur Verhinderung von Übertretungen dient.

 

Das Kontrollsystem hat somit auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Mitarbeitern – wie vom Berufungswerber geschildert – gegen die einschlägigen Vorschriften Platz zu greifen (vgl. hiezu VwGH vom 23.7.2004, 2004/02/0002, 19.10.2001, 2000/02/0228, 5.9.2008, 2008/02/0129). Überdies hat der Unter­nehmer darzulegen, wie und wie oft er die Kontrollen durchführt, welche konkrete Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu gewährleisten (vgl. VwGH vom 5.9.2008, 2008/02/0129). Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass seine Mitarbeiter geschult seien ohne dies näher auszuführen, reicht somit bei weitem nicht den Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofes an ein funktionierendes Kontrollsystem (vgl. VwGH vom 28.3.2008, 2007/02/0147). Zudem ist der Berufungswerber auch schuldig geblieben, ob und durch wen er überhaupt Kon­trollen durchführt bzw durchführen lässt. Ein wirk­sames Kontrollsystem bedarf aber auch insbesondere der Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung (vgl. VwGH vom 30.1.1996, 93/11/0088). Auch diesem Erfordernis ist der Berufungswerber offenkundig nicht nachgekommen.

 

5.5. Aufgrund der obigen Ausführungen war dem Antrag des Berufungswerbers auf Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht stattzugeben, zumal kein geringfügiges Verschulden vorliegt und das Verhalten des Berufungswerbers bei weitem nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. So ist der Berufungswerber seiner Verpflichtung zur Sorgfalt und Bedachtnahme auf die Gesundheit und den Schutz der Arbeitnehmer, insbesondere des Jugendlichen, bei weitem nicht hinreichend nachgekommen. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, können Jugendliche meist die drohenden Gefahren weder abschätzen noch verfügen sie naturgemäß über eine ausreichende Erfahrung. Darüber hinaus sind auch die Folgen der Tat nicht unbedeutend geblieben, ist es doch zu einem Arbeitsunfall gekommen, bei dem sich der Schnupperlehrling eine beträchtliche Verletzung zugezogen hat. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates  sind bei Schnupperlehrlingen besondere Schutzvorkehrungen zu treffen, zumal diese mit dem Betriebsablauf an sich überhaupt keine Erfahrung besitzen, vielmehr die Neugier überwiegt und einen "besonderen" Einsatz im Hinblick auf eine zukünftige Arbeitsstelle erbringen möchten, somit Übermotivation vorliegen kann.

 

Mangels Voraussetzungen war auch die Anwendung des § 20 VStG zu verneinen.      

 

6. Die Spruchberichtigung hinsichtlich der Zitierung der verletzten Strafnorm erschien gesetzlich geboten und war der Oö. Verwaltungssenat diesbezüglich auch hiezu berechtigt.

 

7. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

 

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