Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401225/4/SR/WU

Linz, 17.10.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des X alias X alias X, geboren am X alias X, StA von Pakistan, vertreten durch X, wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme, des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck ab dem 19. September 2012, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 16. September 2012 (erlassen am 19. September 2012), GZ.: Sich40-2304-2011, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG i.d.F. BGBl. I 112/2011 iVm § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet. Der Bescheid wurde vom Bf persönlich am 19. September 2012 übernommen, er verweigerte jedoch die Unterschrift betreffend die Übernahme ohne Angabe von Gründen.

 

Im Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde ua. wie folgt aus:

 

Sie wurden am 11.07.2011 von österr. Polizeibeamten als Insasse eines Reisezuges auf der Westbahnstrecke von Wien kommend in Fahrtrichtung Salzburg einer Personenkontrolle unterzogen. Nachdem Sie im Rahmen dieser Kontrolle nicht im Stande waren sich mit einem gültigen Reisedokument auszuweisen und auch nicht im Stande waren den Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich oder den Schengenraum nachzuweisen wurden Sie nach den Bestimmungen des FPG. zwecks Vorführung vor die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde (BPD Salzburg) vorläufig festgenommen. Im Rahmen der weiteren fremdenpolizeilichen Behandlung führten Sie an, dass Sie "X" heißen, am X geboren und Staatsangehöriger von Pakistan sind.

 

Mit Bescheid der BPD Salzburg vom 11.07.2011 wurde über Sie zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie zur Sicherung der Abschiebung Schubhaft zum Vollzug im Polizeilichen Anhaltezentrum X angeordnet.

 

Am 11.07.2011 brachten Sie schließlich im Stande der Schubhaft im PAZ X unter den von Ihnen genannten Personalien: "X, geb. X in X, StA. v. Pakistan" einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz (Asyl) in Österreich ein.

 

Zu Ihrer Reisebewegung nach Österreich führten Sie im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren am 21.07.2011 vor dem Bundeasylamt, Erstaufnahmestelle West –unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Punjabi- an, dass Sie –nachdem Sie Ende März 2011 in X (Pakistan) den Kontakt zu einem Schlepper hergestellt haben- Pakistan verlassen und zunächst zu Fuß in den Iran eingereist seien. Im Iran seien Sie sodann in einem LKW versteckt und in weiterer Folge mit Schlepperunterstützung in die Türkei eingeschleust worden. Nach einem Aufenthalt in der Türkei in der Dauer von ca. eineinhalb Monaten seien Sie schließlich – so Ihre Angaben- als Insasse eines Schlauchbootes mit Schlepperunterstützung illegal in Griechenland, und somit in das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, eingereist. In X (Griechenland) seien Sie schließlich gemeinsam mit fünf weiteren geschleppten Personen in einem LKW versteckt worden. In den Vormittagstunden des 09.07.2011 – so Ihre weiteren eigenen Ausführungen - hätten Sie schließlich, nachdem Sie über eine Ihnen nicht näher bekannte Reiseroute illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingeschleust wurden, den Schlepper-LKW in der Stadt Wien verlassen. Die darauf folgende Nacht verbrachten Sie in einem Park, ehe Sie am 10.07.2011 von Ihrem Schlepper ein Bahnticket von Wien bis nach Salzburg bekommen hätten. Für Ihre Schleusung von Pakistan bis nach Österreich hätten Sie einen Geldbetrag in der Höhe von 600.000,-- pakistanische Rupien an den Schlepper bezahlt. Die an Sie gerichtete Frage, ob Sie Identitätsdokumente aus Ihrem Heimatland mitgenommen haben wurde von Ihnen verneint. Die weiters an Sie herangetragene Frage, ob Sie Identitätsdokumente besitzen oder jemals welche besessen haben, insbesondere einen Reisepass, beantworteten Sie mit dem wörtlichen Zitat: "Ich habe einen pakistanischen Reisepass und einen pakistanischen Personalausweis. Mein Reisepass ist schon abgelaufen. Ich habe ihn zu Hause in Pakistan. Den Personalausweis habe ich verloren." Befragt wann und von wem Sie diese Dokumente erhalten haben führten Sie wörtlich zitiert an: "Den Reisepass habe ich 2005 bei der Passbehörde in X machen lassen. Den Personalausweis habe ich auch bei der Passbehörde in X machen lassen. Wann es war, weiß ich nicht mehr." Die im Rahmen Ihrer Befragung am 21.07.2011 weiters an Sie herangetragene Frage, was das Ziel Ihrer Reise war, als Sie Ihr Heimatland verlassen haben, beantworteten Sie mit dem wörtlichen Zitat: "Ich wollte nach Deutschland, weil dort bekommen die X ein Bleiberecht." Die an Sie gerichtete Frage, ob es Personen in Österreich gibt, die Sie schon aus Ihrem Heimatland kennen haben Sie ebenso verneint wie die an Sie gerichtete Frage, ob Sie Angehörige oder Ihnen nahe stehende Personen in Österreich oder in einem anderen Land der EU haben.

 

Nachdem Sie mit Wirkung vom 22.07.2011 zum Asylverfahren in Österreich zugelassen worden sind und Ihnen von Seiten des Bundesasylamtes eine vorläufige Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG. ausgestellt wurde, wurden Sie noch am 22.07.2011 aus dem Stande der Schubhaft entlassen.

 

Im Rahmen Ihrer ergänzenden Einvernahme vor dem BAA Salzburg führten Sie am 28.12.2011 – unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Urdu - an, dass Ihnen Ihr Personalausweis von dem Schlepper in der Türkei abgenommen worden sei. Befragt wie Sie die Schleppung finanzieren konnten führten Sie wörtlich zitiert an: "Mein Haus habe ich verkauft." Weiters brachten Sie ins Treffen, dass Sie einen Bruder haben, welcher zuletzt in Frankfurt (Deutschland) gelebt habe und sich jetzt bei seinem Schwiegervater in England befindet.

 

Ihr Asylantrag vom 11.07.2011 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle SALZBURG, AIS-Zl.: 11 07.037, vom 07.02.2012 gemäß § 3 AsylG. 2005 abgewiesen und gleichzeitig wurde festgestellt, dass Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 AsylG. 2005 nicht zuerkannt wird. Mit gleichen Bescheid wurden Sie gemäß § 10 Abs. 1 AsylG. 2005 aus dem österr. Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen.

 

Die von Ihnen gegen diesen zitierten Bescheid im Asyl- und Ausweisungsverfahren eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, GZ: E13 424.802-1/2012-7E, vom 05.06.2012 – rechtskräftig seit 08.06.2012 – in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.

 

Die Ihnen im Asylverfahren in Österreich zuerkannte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG. wurde – mit Rechtskraft des abgewiesenen Asylverfahrens – widerrufen

 

Die Ihnen aus öffentlichen Mitteln im Rahmen der Grundversorgung des Bundeslandes Salzburg zur Verfügung gestellte Unterkunft im Gasthaus X, X, haben Sie in weiterer Folge mit Wirkung vom 06.08.2012 ohne Abmeldung verlassen und tauchten illegalen Aufenthaltes in der völligen Anonymität in Österreich unter.

 

Durch Ihr Verhalten haben Sie - um die Ihnen drohende Gefahr einer behördlichen Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat Pakistan zu umgehen - eine nähere Identitätsprüfung zur Beschaffung eines Ersatzreisedokumentes von Pakistan verhindert, bzw. jeglichen weiteren Zugriff der österr. Fremdenpolizeibehörde auf Sie zumindest temporär mit Erfolg vereitelt.

 

Am 03.09.2012, um 15:15 Uhr, wurden Sie – aus der völligen Anonymität in Österreich kommend - vor dem Bundesasylamt, EAST-X vorstellig und brachten einen weiteren Asylantrag in Österreich ein.

 

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung zu Ihrem Asylantrag führten Sie gegenüber Beamten der PI X am 03.09.2012 – unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Urdu  – an, dass Sie keine Beschwerden oder Krankheiten hätten, die Sie an der Einvernahme hindern oder die das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Die an Sie zunächst herangetragene Frage, ob Sie nach der Entscheidung in Ihrem ersten Asylverfahren Österreich verlassen haben wurde von Ihnen verneint. Die weiters an Sie gerichtete Frage, wo Sie sich nach dem Verlassen der Ihnen aus öffentlichen Mitteln finanzierten Unterkunft am 06.08.2012 aufgehalten haben beantworteten Sie wörtlich zitiert: "Ich habe einen negativen Bescheid bekommen, dann habe ich mit dem Bundesasylamt Salzburg Kontakt aufgenommen, die sagten zu mir ich muss dieses Land verlassen. Ich nahm anschließend Kontakt mit meinem Freund in X auf, X Tel.: X, bei dem wollte ich ursprünglich wohnen, da ich nicht mehr von der X abhängig sein wollte. Ich wollte Privatsphäre und ein eigenes Leben. Mein Freund war jedoch nicht zu erreichen als ich in X angekommen war. Deswegen verbrachte ich eine Woche am Hauptbahnhof in X und im Park. Ich traf einen anderen Pakistani, der mir ein Zugticket nach X gekauft hat. 2 Wochen war ich dann geheim, also ohne der Erlaubnis der X – denn die wollte mich nicht mehr unterstützen, in X Einrichtungen untergebracht, das ermöglichten mir 2 Bosnische Bekannte. Die X wollte mich nicht mehr unterstützen weil ich keine Erlaubnis mehr hatte in Österreich zu bleiben, deswegen wäre ich sowieso von dort weggegangen. In dieser Zeit hatte ich von mir noch etwas Geld, mit diesem bezahlte ich Essen und Trinken."

 

Befragt ob Sie jemals einen Reisepass hatten führten Sie wörtlich zitiert an: "Ich habe nie einen Reisepass besessen." Die daraufhin an Sie gerichtete Vorhaltung, dass Sie in Ihrem ersten Asylverfahren behauptet haben, dass Sie einen Reisepass in Ihrem Heimatland haben, beantworteten Sie wörtlich zitiert: "Nein, habe ich nicht, das war ein Missverständnis." Befragt warum Sie einen neuerlichen Asylantrag stellen bzw. was sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren, in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat, verändert habe, beantworteten Sie wörtlich zitiert: "Weil ich nicht nach Pakistan zurück will! Wenn ich in einem anderen EU-Land einen Asylantrag stelle, komm ich sowieso wieder nach Österreich zurück! Also bin ich hier geblieben! Die Probleme, wegen denen ich hier bin, sind dieselben aber noch schlimmer geworden! Ich kann nicht nach Pakistan zurück!" Auf die weiters an Sie herangetragene Frage, ob Sie über Barmittel oder andere Unterstützung verfügen führten Sie an, dass Sie abgesehen von einem Bargeldbetrag in der Höhe von Euro 50,-- völlig mittellos seien und von niemanden eine Unterstützung bekommen.

Abschließend führten Sie im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung am 03.09.2012 wörtlich zitiert an: "Alle Muslime sind gegen uns X, aus diesem Grund habe ich auch mein Heimatland verlassen! Ich suche um Asyl! Ich will nicht nach Hause zurückkehren – auf keinen Fall!

 

Im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren am 13.09.2012 vor dem Bundesasylamt, EAST-West, führten Sie – unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Urdu – auf die an Sie herangetragene Frage, ob Sie Dokumente besitzen, welche Ihre Identität bestätigen wörtlich zitiert an: "Nein, ich kann meine Identität nicht nachweisen." Die weiters an Sie gerichtete Frage, ob Sie Angehörige oder sonstige Verwandte in Österreich haben zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonderes enge Beziehung besteht, haben Sie verneint. Im Rahmen Ihrer Anhörung am 13.09.2012 wurde Ihnen von Seiten des österr. Bundesasylamtes mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und Ihre (neuerliche) Ausweisung nach Pakistan zu veranlassen. Befragt ob Sie dazu Stellung nehmen möchten führten Sie wörtlich zitiert an: "Ich möchte nicht nach Pakistan zurück. Sterben kann ich auch hier. Ich habe gehört, dass es in Europa die Menschenrechte gibt. Deswegen bin ich hierhergekommen. In Deutschland und England sind viele Leute von uns, warum können wir nicht auch in Österreich bleiben? Ich kenne ein paar Leute, die positive Bescheide bekommen haben, warum nicht auch ich? Mein Vater wurde umgebracht und die Täter wurden nie verhaftet. Die pakistanischen Leute sagen, dass wir keine Moslems sind, wir wären Ungläubige."

 

Ihr zweiter Asylantrag vom 03.09.2012 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST-West, AIS-Zl.: 12 11.930, vom 19.09.2012 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen. Mit gleichen Bescheid wurden Sie gemäß § 10 AsylG. 2005 (neuerlich) in Ihren Herkunftsstaat PAKISTAN ausgewiesen.

 

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG. 2005 kommt einer Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird.

 

Dieser zitierte Bescheid wurde Ihnen am 19.09.2012 persönlich in der Erstaufnahmestelle X, in X, nachweislich ausgefolgt und ist demzufolge seit diesem Zeitpunkt durchsetzbar.

 

Am 19.09.2012, um 13:10 Uhr – und demzufolge im unmittelbaren Anschluss nachdem Ihnen seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylbescheid mit der gleich gehend darin verbundenen durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung in Ihrem zweiten Asylverfahren ausgefolgt worden ist – wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion X in der EAST-X, X, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Vorführung vor die Fremdenpolizeibehörde sowie zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird weiters festgehalten, dass Sie sich – nachdem Sie nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich sind und Sie bereits in einem zu Ihrer Person geführten Asylverfahren vom österr. Bundesasylamt rechtskräftig und im zweiten Asylverfahren bereits durchsetzbar nach PAKISTAN ausgewiesen worden sind – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Eine am 19.09.2012 zu Ihrer Person durchgeführte Überprüfung im bundesweiten zentralen Melderegister hat ergeben, dass Sie – abseits der Ihnen nach Einbringung Ihres zweiten Asylantrages wiederum von Seiten der Grundversorgungsstelle des Bundeslandes X zur Verfügung gestellten Unterkunft im Gasthof X, X, in X –  über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfügen.

 

Zudem sind Sie – abgesehen eines in Ihrem Besitz stehenden geringfügigen Bargeldbetrages – völlig mittellos.

 

Sie haben bereits in der Vergangenheit zu erkennen gegeben, dass Sie offensichtlich in keiner Weise gewillt sind die Rechtsordnung Ihres Gastlandes Österreich im Bereich der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen zu respektieren bzw. Sie haben in massiver und nachhaltiger Form gegen diese einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen verstoßen.

 

Sie reisten zunächst illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich ein und missachteten -nachdem das zu Ihrer Person geführte Asylverfahren rk. negativ finalisiert wurde- die Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes der Republik Österreich und setzten Ihren unrechtmäßigen Aufenthalt in Ihrem Gastland – zuletzt auch in der völligen Anonymität - weiterhin fort.

 

Ferner haben Sie auch an der Mitwirkung der Feststellung des im Asyl- und Fremdenpolizeilichen Verfahren in Österreich relevanten Sachverhaltes nur bedingt mitgewirkt.

 

So haben Sie über die Existenz und den Verbleib eines wichtigen Beweismittels zur Feststellung Ihrer tatsächlichen Identität, sowie zur Feststellung allfällig vorhandener Visa und zur Rekonstruktion Ihrer Reisebewegungen – nämlich zu Ihrem Nationalreisepass von Pakistan - im Rahmen Ihrer beiden Asylverfahren in Österreich vollkommen widersprüchliche Angaben gemacht. Im Rahmen Ihres ersten Asylverfahrens tätigten Sie konkrete Angaben zur Ausstellung Ihres Nationalreisepasses in Pakistan und zum Verbleib dieses Dokumentes in Ihrem Herkunftsstaat, währenddessen Sie im zweiten Asylverfahren nun in Abrede stellen, jemals ein derartiges Reisedokument im Besitz gehabt zu haben.

 

Dieses Verhalten dient Ihnen zweifelsfrei dazu, die österr. Fremdenpolizeibehörden von der Existenz eines Reisedokumentes für eine Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat Pakistan abzulenken, die Feststellung Ihrer tatsächlichen Identität (weiterhin) bestmöglich zu vereiteln bzw. zumindest wesentlich zu erschweren um damit allfällig einen faktischen Hinderungsgrund zu schaffen, welcher die Ihnen drohende Gefahr einer Abschiebung nach Pakistan hinten anhalten soll.

 

An dieser Stelle wird seitens der bescheiderlassenden Behörde weiters festgehalten, dass Sie weder anlässlich der Einbringung Ihrer beiden Asylanträge noch während Ihres gesamten Gastaufenthaltes in Österreich bislang im Stande waren, den österr. Behörden ein Dokument, welches einen Rückschluss auf Ihre tatsächliche Identität zulassen würde, in Vorlage zu bringen.

 

===> Ihre tatsächliche Identität ist demzufolge unverändert nicht gesichert !

 

Bei der Bewertung der Wahl Ihrer Mittel (Illegale Einreise ins Bundesgebiet; Abtauchen in der völligen Anonymität in Österreich – wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt an welchen Sie die vollen Leistungen der Grundversorgung des Bundeslandes X, also Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung und Taschengeld bezogen hatten - zum Zwecke der Vereitelung der Gefahr einer behördlichen Abschiebung nach PAKISTAN; Nichtmitwirken an der Feststellung des relevanten Sachverhaltes durch die Vorenthaltung eines wichtigen Beweismittels ===> Verschleierung des tatsächlichen Verbleibes Ihres Nationalreisepasses von Pakistan) zur Erreichung Ihres Zieles (Aufenthalt innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. vorzugsweise in Österreich, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos, ohne Krankenversicherungsschutz und unstet) ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass Sie sich – auf freien Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden neuerlich entziehen werden um eine Außerlandesbringung von Österreich nach Pakistan weiterhin mit Erfolg zur Gänze zu vereiteln oder diese Maßnahmen zumindest temporär wesentlich zu verzögern und zu erschweren.

 

Die Gesamtheit der bisher von Ihnen gewählten Verhaltensweise, in Verbindung mit Ihrer im Rahmen Ihres zweiten Asylverfahrens geäußerten kategorischen Ablehnung einer Rückkehr nach PAKISTAN lässt erkennen, dass Sie – unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, dass Ihnen die österr. Asylbehörde auch in dem nun von Ihnen begehrten zweiten Asylverfahren keine entsprechende Hoffnung auf eine Legalisierung Ihres illegalen Aufenthaltes machten konnte und Sie bereits durchsetzbar aus dem österr. Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen wurden – auch zukünftig nicht gewillt sein werden sich zur Verfügung der österr. Fremdenpolizeibehörde zu halten.

 

Infolge der Ihnen drohenden Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat laufen Sie Gefahr den Einsatz Ihrer finanziellen Mittel für Ihre Schleppung von Pakistan nach Europa in der beträchtlichen Höhe von 600.000,-- pakistanische Rupien – zu dessen Finanzierung Sie sogar Ihren Angaben zur Folge Ihr Haus verkauft hätten – als ertraglose Aufwendung abschreiben zu müssen. Dieser Umstand trägt ebenso zur Feststellung einer Sicherungsnotwendigkeit nach den Bestimmungen des FPG. bei.

 

Bei der Wahl der Mittel zur Sicherung fremdenpolizeilicher Maßnahmen kommt darüber hinaus auch dem Grad der Bereitschaft des Fremden an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes hohe Bedeutung zu.

 

Auf Befragen in Ihren zwei Asylverfahren führten Sie gegenüber dem Bundesasylamt an, dass Sie in Österreich keine familiären und/oder sozialen Bezugspunkte haben. Demzufolge sind Sie im Bundesgebiet auch in keiner Art und Weise an eine Örtlichkeit gebunden. Darüber hinaus sind Sie – wie Sie während Ihres Aufenthaltes in Ihrem Gastland Österreich in der völligen Anonymität unter Beweis stellten, mit welchem Sie den Zugriff der Fremdenpolizeibehörden auf Sie (zumindest temporär) erfolgreich vereitelt haben – äußerst flexibel in Ihrer Lebensgestaltung und haben keine familiären und/oder sozialen Verpflichtung in Österreich zu erfüllen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner ständigen Judikatur fest, dass die Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften für den österreichischen Staat, vor allem in Zeiten eines erhöhten Zuwanderungsdruckes, von eminentem Interesse ist.

 

Die Anordnung der Schubhaft ist – nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung – verhältnismäßig, denn dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das in diesem Fall überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.

 

In diesem Einzelfall ist eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchführbarkeit sowie eine Sicherung Ihrer Außerlandesbringung durch die Anordnung eines Gelinderen Mittels nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme dass der Sicherung zugrunde liegende Endziel – nämlich die behördliche Abschiebung von Österreich nach Pakistan – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und demzufolge war von der Alternative der Anordnung eines Gelinderen Mittels Abstand zu nehmen und ein konkreter und vor allem akuter Sicherungsbedarf - welchem im gegenständlich vorliegenden Fall ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft Folge getragen werden kann - zu bejahen.

 

2. Gegen die Festnahme, den Schubhaftbescheid sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf durch seinen Rechtsvertreter per E-Mail am 15. Oktober 2012 um 13:10 Uhr "Schubhaft-Beschwerde" an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Darüber hinaus beantragte der Bf einleitend die Zuerkennung der Prozesskosten und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

Unter II. Beschwerdepunkt führte der Rechtsvertreter wie folgt aus:

 

Der Bf wird durch die erfolgte Festnahme und die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft in seinem verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf Beachtung seiner persönlichen Freiheit sowie in seinem Recht, nicht in Schubhaft genommen und nicht in Schubhaft angehalten zu werden, also keiner Einschränkung seiner persönlichen Freiheit durch Arrestierung/Haft/Gefangenhaltung unterworfen zu werden, verletzt.

 

Der Bf geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Beschwerdeführer (Bf) gehört der extrem verfolgten und diskriminierten religiösen Minderheit der muslimischen Ahmadi-[Ahmadiyya]-Gemeinschaft in Pakistan an. Er ist seit Geburt ein „Ahmadi". Sein Geburts- und Herkunftsort ist X, wo er in einem Teil der Stadt unter Ahmadis gelebt hat. Es steht aufgrund der Berichts- und Faktenlage unzweifelhaft fest, dass die Ahmadis in Pakistan aus religiösen Gründen sowohl gesetzlich als auch durch fanatische islamische Bewegungen faktisch verfolgt und diskriminiert werden. Sie gelten kraft Verfassung als Nichtmoslem, ihr Religionsgründer, Mirza Ghulam Ahmad (1835 - 1908) wird als betrügerischer Prophet angesehen, der das wahre Prophetentum des einzigen heiligen Propheten Mohammed beleidigt und untergraben hat. Es ist den Ahmadis gesetzlich verboten, ihren Glauben auszuüben, Religionsstätten zu errichten, sich selbst als Moslems zu bezeichnen, ihren Glauben zu predigen und moslemische Gebete und Formulierungen auszusprechen (§ 298c des pakistanischen Strafgesetzbuchs). Im Fall des Verstoßes gegen diese Vorschrift kann eine Geldstrafe oder eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe verhängt werden.

 

§ 295c des pakistanischen Strafgesetzbuches stellt seit 1986 die Beleidigung des Namens des Heiligen Propheten (Blasphemie) unter Strafe, wobei seit einer Entscheidung des pakistanischen Höchstgerichtes (Federal Shariat Court) im Jahre 1990 die Todesstrafe die einzig mögliche Strafe für dieses Vergehen ist. Gegen Ahmadis herrscht in Pakistan eine offene Hetze, die von sunnitischen Geistlichen und religiösen extremistischen Bewegungen ausgeht und forciert wird. Die radikalste dieser Bewegungen ist die „Khatme Nabuwwat" (Komitee zur Sicherung der Ewigkeit und Endgültigkeit des Heiligen Prophetentums). Es wird offen zur Bekämpfung der Ahmadis aufgerufen, Ahmadis werden als todeswürdig angesehen. In Pamphleten wird offen zur Tötung der Ahmadis aufgerufen und dies als „Jihad" bezeichnet. Diese Hass- und Hetzkampagne ist unverändert im Gange.

 

Beispielhaft für die terroristische Gewalt, mit der sich Angehörige dieser Religionsgemeinschaft konfrontiert sehen, sind zwei Attentate, die am 28.05.2010 auf zwei große Ahmadi-Moscheen in X verübt worden sind. Zu dieser Zeit hatten sich in beiden Moscheen viele Ahmadi zum Freitagsgebet versammelt. Die Anschläge forderten 85 Todesopfer und 150 Verletzte, alles Ahmadis.

 

Die Zugehörigkeit des Bf zur Gemeinschaft der Ahmadis steht aufgrund einer Bestätigung der Ahmadiyya-Muslimgemeinde Österreich vom 06.11.2011 fest. Derartige Bestätigungen werden von der Ahmadiyya- Gemeinschaft, deren Zentrum im Exil im Vereinigten Königreich liegt, nur nach seriösen Recherchen ausgestellt. Diese werden im Auftrag der Zentrale der ahmadischen Religionsgemeinschaft in London so- dann über die Ahmadi-Zentrale in Pakistan durchgeführt. Die Recherchen haben im Fall des Bf ergeben, dass dieser ein gebürtiger Ahmadi ist.

 

Er ist außerdem ein aktives Mitglied der Ahmadiyya-Muslimgemeinde in Österreich.

 

Der Bf gelangte am 11.07.2011 nach Österreich und stellte hier noch am gleichen Tag einen Antrag auf Gewährung von Asyl (von internationalem Schutz) nach den Bestimmungen des österreichischen Asylgesetzes und der europäischen Status-Richtlinie.

 

Als Fluchtgrund führte er seine Gefährdungslage als Ahmadi in Pakistan an. Die österreichischen Asylbehörden (in erster Instanz das Bundesasylamt, in zweiter Instanz der Asylgerichtshof, in dritter außerordentlicher Instanz der Verfassungsgerichtshof) erkannten jedoch keine asylerhebliche Gefährdung des Bf, erachteten sein Vorbringen über seine Gefährdungslage als unglaubwürdig bzw. sahen keinen Grund für die Gewährung von Asyl, weil das Bestehen einer allgemeinen Gefährdungssituation für alle Ahmadis im Sinne einer sogenannten asylerheblichen Gruppenverfolgung verneint wurde.

 

In diesem Sinne wurde der Antrag des Bf, ihm asylrechtlichen Schutz zu gewähren, in erster Instanz mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.02.2012 abgewiesen. Diese Ausweisung des Bf nach Pakistan gemäß § 10 Abs 1 Ziff 2 AsylG angeordnet. Eine dagegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos, weil der Asylgerichtshof ohne mündliche Verhandlung und ohne nähere Ermittlungen über die tatsächliche Situation der Ahmadis in Pakistan angestellt zu haben mit Erkenntnis vom 05.06.2012, El 3 424.802, die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid gem. §§ 3, 8 und 10 AsylG abgewiesen hat.

 

Damit wurde auch rechtskräftig und endgültig angeordnet, dass der Bf aus Österreich ausgewiesen wird. Diese Anordnung stellt eine rechtskräftige Abschiebeentscheidung dar.

 

Auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof blieb ohne Erfolg: Dieser hat mit Beschluss vom 20.09.2012, U 1320/12, die Behandlung der Beschwerde gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofs vom 05.06.2012, El 3 424.802, abgelehnt.

 

Nach Zustellung der zweitinstanzlichen Entscheidung (des Asylgerichtshofs) erhielt der Bf, der weiterhin unter der Adresse x, wohnhaft war, seitens der zuständigen Fremdenpolizeibehörde, der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, ein mit 18.07.2012 datiertes Informationsschreiben über seine Verpflichtung zur Ausreise und die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

 

Damals hoffte der Bf noch, dass die von der Rechtsvertretung am 26.06.2012 auf dem Postweg beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofs, welche dort zur AZ: U 1320/12 des Verfassungsgerichtshofs registriert war und einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem.      § 85 Abs 2 VfGG enthielt, erfolgreich sein und ihm ein neuerlicher Aufenthaltstitel in Österreich seitens des Verfassungsgerichtshofs zuerkannt werden wird.

 

Der Beschluss über die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde wurde dem Rechtsvertreter des Bf am 24.09.2012 zugestellt.

 

Zuvor war dem Bf, der weiterhin unter der Adresse X, im dortigen Grundversorgungsquartier Gasthof X, Inhaberin X, wohnhaft war - und dies auch bis zu seiner Festnahme und der Schubhaftverhängung gewesen ist -, der Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 13.09.2012 für den 02.10.2012, 08.30 Uhr, zugestellt worden. Mit diesem Ladungsbescheid wurde der Bf aufgefordert, zum genannten Termin bei der Behörde (BH Salzburg-Umgebung) zu erscheinen, damit seine Personalien wegen der Anforderung/Ausstellung eines Passersatzes aufgenommen werden können, nachdem der Bf nicht im Besitz eines gültigen Reisepasses ist.

 

Weiters wurde der Bf aufgefordert, vier Passfotos, ein ausgefülltes anliegendes Formblatt sowie gegebenenfalls Nachweise, dass er sich selbst um seine Rückkehr bemüht hat sowie gegebenenfalls sonstige Dokumente, die seine Identität nachweisen, zum Termin mitzubringen.

 

Bevor es zu diesem Termin kommen konnte, wurde der Bf im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, in dem er sich vorübergehend kurzfristig aufgehalten hatte, einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und in weiterer Folge über Anordnung der belangten Behörde festgenommen. Die belangte Behörde hat sodann am vermutlich 19.09.2012 die Schubhaft über den Bf verhängt.

 

Am 11.10.2012 erfuhr der Rechtsvertreter, dass der Bf über Veranlassung der belangten Behörde vom Polizeianhaltezentrum X, wo er zunächst angehalten gewesen war, in das Polizeianhaltezentrum X, überstellt worden ist.

 

Auf telefonische Anfrage des Rechtsvertreters erklärte der zuständige Referent der belangten Behörde, Herr X, am 11.10.2012, dass diese Überstellung rein aus organisatorischen Gründen erfolgt sei und nichts mit einem bevorstehenden Abschiebetermin zu tun habe.

 

Aus folgenden Gründen erachtet der Bf die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft als rechtswidrig und unzulässig:

1.

Die Schubhaft wurde von einer unzuständigen Behörde verhängt. Die für die Durchführung des Abschiebungsverfahrens und aller damit zusammenhängenden, verwaltungsbehördlichen Maßnahmen örtlich zuständige Behörde ist in diesem Fall die BH Salzburg-Umgebung, welche auch die entsprechenden Veranlassungen gesetzt hat, um die Voraussetzungen für eine Abschiebung des Bf nach Pakistan zu schaffen bzw. in die Wege zu leiten.

 

Es hat sich daher im gegenständlichen Fall die belangte Behörde in die Zuständigkeit einer anderen Behörde hineingemischt und eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr gar nicht zugekommen ist und zukommt.

 

Es wurde daher die Schubhaft von einer unzuständigen Behörde angeordnet. (Beisatz: Der Rechtsvertreter erfuhr erst am 11.10.2012, dass die Schubhaft von der belangten Behörde angeordnet worden ist. Ein Mitarbeiter der BH Salzburg-Umgebung, Fremdenpolizei, erklärte ihm telefonisch, dass seitens der Fremdenpolizei Salzburg diese freiheitsbeschränkende Maßnahme mit Sicherheit nicht ergriffen worden wäre.)

 

Unter Insidern ist die belangte Behörde bzw. deren Organwalter als „Hardliner" des Fremdenpolizeirechtes bekannt.

 

2.

Es gibt keinen ausreichenden Haftgrund:

 

2.1.

Der Bf war im Zeitpunkt der Festnahme nach wie vor im Grundversorgungsquartier Pension X in X wohnhaft.

 

2.2.

Er durfte auf Grund des Ladungsbescheides de BH Salzburg-Umgebung vom 13.09.2012 für den 02.10.2012 davon ausgehen, dass er sich am 02.10.2012 als freier Mann zur Behörde begeben darf, um dort am behördlichen Verfahren zur Vorbereitung seiner Abschiebung nach Pakistan mitzuwirken.

 

2.3.

Er hat keinerlei Handlungen gesetzt, aus denen geschlossen werden könne, dass er in Österreich untertauchen und versuchen werde, eine derartige Abschiebung zu vereiteln bzw. an ihrer Durchführung und Vorbereitung nicht mitzuwirken.

 

2.4.

Durch die gegenständliche Freiheitsentziehung ist die belangte Behörde der BH Salzburg-Umgebung hinsichtlich der Maßnahmen zur Vorbereitung einer Abschiebung zuvorgekommen. Sie hat zu einem Zeitpunkt offensichtlich „Fluchtgefahr" bzw. die „Gefahr des Untertauchens" angenommen, in welchem noch nicht einmal der Termin stattgefunden hat, welchen die zuständige Fremdenpolizeibehörde zur Vorbereitung der Abschiebung unter Mitwirkung des Bf eigens anberaumt hat.

 

2.5.

Der Bf hat kein Reisedokument. Es ist in hohem Maß ungewiss, ob es überhaupt möglich sein wird, dass die pakistanische Vertretungsbehörde Reisedokumente für eine Abschiebung ausstellen wird. Es ist unverhältnismäßig, zur Sicherung einer derart ungewissen, zur Zeit höchst theoretischen Abschiebemöglichkeit, bereits die Schubhaft zu verhängen.

 

2.6.

Auf jeden Fall sind alle Voraussetzungen für die Anwendung des gelinderen Mittels durch Aufforderung, sich in bestimmten Abständen bei der nächst Polizeidienststelle zu melden, den Aufenthaltsort nicht zu ändern, ein entsprechendes Gelöbnis zu leisten, gegeben.

 

2.7.

Bereits die Überstellung des Bf ins PAZ X beweist, dass offensichtlich eine Abschiebung des Bf in nächster Zeit nicht möglich sein wird und dies der Behörde auch bekannt ist, weshalb sie aus „organisatorischen Gründen" die Überstellung nach X veranlasst hat, wo nur Häftlinge angehalten werden, die voraussichtlich längere Zeit in Schubhaft angehalten werden müssen.

 

Die belangte Behörde plant daher bereits jetzt eine längere Anhaltung des Bf in Schubhaft und ist ihr aus ihrer Erfahrung bei versuchten Abschiebungen von pakistanischen Staatsbürgern bekannt, dass die pakistanische Vertretungsbehörde in aller Regel (in 99 % der Fälle!) keine sogenannten Ersatzreisedokumente ausstellt.

Beweis: Befragung des Herrn X, zuständiger Referent der belangten Behörde im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, deren Durchführung hiermit aus­drücklich beantragt wird.

 

Aus all den dargelegten Gründen erweist sich daher die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft über den Bf als rechtswidrig und unzulässig.

 

3.1.1. Mit E-Mail vom 16. Oktober 2012 übermittelte die belangte Behörde den erstbehördlichen (vollständigen) Fremdenakt in Kopie.

 

3.1.2. In der Gegenschrift vom 16. Oktober 2012 führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Zum Sachverhalt wird seitens der BH Vöcklabruck wie folgt Stellung bezogen:

 

Eingangs sowie im Besonderen wird auf den im Schubhaftbescheid vom 19.09.2012 umfassend dokumentierten Sachverhalt sowie auf den Inhalt des in Vorlage gebrachten Verwaltungsaktes verwiesen.

 

In der Beschwerdeschrift wurde ein in wesentlichen Passagen unrichtiger Sachverhalt dargestellt, dies ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers keine Kenntnis vom Inhalt des bekämpften Schubhaftbescheides bzw. vom tatsächlich vorliegenden Sachverhalt hat.

 

Diesbezüglich wird festgehalten, dass der belangten Behörde erst mit Wirkung vom 15.10.2012 von Seiten der ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertretung eine Vollmachtsbekanntgabe im fremdenpolizeilichen Verfahren zur Kenntnis gebracht worden ist.

 

Zu Punkt III. 3. und analog dazu auch zu Punkt IV. 2.3. der Beschwerdeschrift wird seitens der BH Vöcklabruck entgegengehalten, dass sich der Beschwerdeführer nicht durchgehend an der ihm aus öffentlichen Mitteln im Rahmen der Grundversorgung des Bundeslandes Salzburg zur Verfügung gestellten Unterkunft im Gasthof X, X aufgehalten und zur Verfügung der österr. Fremdenpolizeibehörde gehalten hat. Vielmehr hat der Beschwerdeführer diese Unterkunft nach rk. Finalisierung des ersten Asyl- und Ausweisungsverfahrens nach unbekannt verlassen und tauchte für mehrere Wochen illegalen Aufenthaltes in der völligen Anonymität in Österreich unter. Dies wird von Herrn X im Rahmen seiner niederschriftlichen Erstbefragung zu seinem zweiten Asylantrag am 03.09.2012 auch nicht bestritten.

 

Zu Punkt III. 4. der Beschwerdeschrift wird seitens der belangten Behörde entgegengehalten, dass die Anordnung der Festnahme n. d. FPG. bzw. darauf weiterfolgend die Anordnung der bekämpften Schubhaft am 19.09.2012 nicht infolge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle, sondern im Zuge einer im zweiten Asylverfahren erfolgten Zustellung einer bescheidmäßigen Entscheidung des BAA EAST-West nach § 68 AVG i.V.m. einer (neuerlichen) durchsetzbaren Ausweisung nach § 10 AsylG. in den Herkunftsstaat Pakistan, in der Erstaufnahmestelle X erfolgte.

 

Ebenso gilt es auch zu Punkt IV. 1. der Beschwerdeschrift festzuhalten, das der belangten Behörde gemäß § 6 Abs. 4a i.V.m. Abs. 6 FPG. 2005 sowohl eine sachliche als auch eine örtliche Zuständigkeit zu der nun bekämpften fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahme (Schubhaft) am 19.09.2012 vorlag. 

 

Zu Punkt IV. 2.7. der Beschwerdeschrift wird seitens der BH Vöcklabruck entgegengehalten, dass die Grundlage für die Verlegung des Beschwerdeführers vom PAZ X in das PAZ X nicht darin begründet ist, dass Herr X voraussichtlich noch längere Zeit in Schubhaft angehalten werden muss, sondern einzig und alleine um ein psychische/psychiatrische Betreuung/Behandlung des genannten Fremden – welche vom Polizeiarzt des PAZ X empfohlen worden ist - in einem umfassenden Ausmaß gewährleisten zu können.

 

Im Hinblick darauf wird seitens der belangten Behörde auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer am 09.10.2012, um 07:30 Uhr, im PAZ X in Hungerstreik getreten ist. Dieser Hungerstreik wurde von Herrn X nach seiner Überstellung ins PAZ X am 11.10.2012, um 13:50 Uhr wieder beendet.

 

Insoweit sich die Beschwerdeschrift auf einen verfolgungsrelevanten Tatbestand im Herkunftsstaat Pakistan bezieht, so wird seitens der BH Vöcklabruck festgehalten, dass der erste Asylantrag von Herrn X mit Wirkung vom 08.06.2012 in II. Instanz rk. abgewiesen und mit einer rk. Ausweisung nach Pakistan verbunden worden ist. Die Behandlung der in diesem Verfahren eingebrachten Beschwerde vor dem Höchstgericht wurde mit Beschluss des VfGH. vom 20.09.2012 abgewiesen.

 

Der vom Beschwerdeführer am 03.09.2012 in Österreich eingebrachte zweite Asylantrag wurde mit Wirkung vom 27.09.2012 in I. Instanz rk. als unzulässig zurückgewiesen und mit einer (neuerlichen) rk. Ausweisung nach Pakistan verbunden.

 

Zu der in der Beschwerdeschrift vorgebrachten Thematik eines fehlenden Reisedokumentes für eine behördliche Außerlandesbringung nach Pakistan wird seitens der BH Vöcklabruck festgehalten, dass Herr X im Rahmen seiner beiden in Österreich angestrengten Asylverfahren völlig widersprüchliche Angaben zu der Existenz eines Reisepasses von Pakistan getätigt hat und somit an der Feststellung des relevanten Sachverhaltes auch nicht in einem ausreichenden Umfang mitwirkte. Diesbezüglich darf auf die entsprechenden Ausführungen im Schubhaftbescheid verwiesen werden.

 

Weiters wird festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft im PAZ X am 20.09.2012 vor einer Mitarbeiterin der X., in deren Funktion als Schubhaftbetreuerin und Rückkehrberaterin, für eine freiwillige Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Pakistan deklariert hat. Beim Ausfüllen des entsprechenden Formulares deklarierte der Beschwerdeführer, dass er tatsächlich mit Vornamen "X" heiße und tatsächlich am "X" geboren sei.

 

Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer jedoch bislang nicht im Stande war der X. ein Dokument (allenfalls auch in Fotokopie) in Vorlage zu bringen, welches einen Rückschluss auf seine tatsächliche Identität zulassen würde, bestand keine Hoffnung auf eine beschleunigte Identitätsfeststellung durch die pakistanische Vertretungsbehörde in Österreich.

 

So verblieb nur die Möglichkeit an die Konsularabteilung der Botschaft der islamischen Republik Pakistan in Wien mit einer Zusammenfassung der von Herrn X gegenüber den österr. Behörden zu Personalien, Herkunft, Familienangehörigen und allfälliger Dokumente in Treffen gebrachter Angaben heranzutreten und um die Überprüfung der Identität und um die anschließende Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu ersuchen. Ein diesbezüglicher Schriftsatz wurde seitens der belangten Behörde am 26.09.2012 an die pakistanische Vertretungsbehörde herangetragen.

 

Die Botschaft der islamischen Republik Pakistan in Wien ist nun dazu angehalten die von Herrn X getätigten Angaben bei den pakistanischen Innenbehörden (Polizeibehörden) einer näheren Überprüfung auf deren Richtigkeit zuzuführen.

 

Die Erfahrungswerte der belangten Behörde haben gezeigt, dass – wahrheitsgemäße Angaben zu den Personalien und zur Herkunft vorausgesetzt- derartige Überprüfungen sehr wohl zur Feststellung der tatsächlichen Identität führen können, welche letztlich dann auch die Grundlage zu einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Botschaft der islamischen Republik Pakistan in Österreich bilden.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird gebeten die gegenständliche Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig  abzuweisen um so eine Sicherung der behördlich geplanten Außerlandesbringung des Beschwerdeführers von Österreich in dessen Herkunftsstaat Pakistan sicherzustellen.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1. und 3.1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

3.3. Die behördliche Sachverhaltsdarstellung wird vom Bf im Verfahren nicht bestritten. In der Beschwerdeschrift wird vom Rechtsvertreter teilweise ein Sachverhaltsvorbringen erstattet, das den behördlichen Feststellungen zu widersprechen scheint. Wie auch bereits von der belangte Behörde in der Gegenschrift angesprochen, sind diese "Widersprüche" auf die unvollständige Aktenkenntnis des erst mit 15. Oktober 2012 im fremdenpolizeilichen Verfahren einschreitenden Rechtsvertreters zurückzuführen. Wie sich aus der Beschwerde ergibt, hatte der Rechtsvertreter zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung keine Kenntnis vom Inhalt der Schubhaftbeschwerde (so wird der Anhaltezeitpunkt mit "voraussichtlich" umschrieben und auf die Bezugnahme des Schubhaftbescheides gänzlich verzichtet), der behördlichen Verfahrensschritte der letzten Wochen (z.B. weiterer Asylantrag des Bf) und vom Verhalten des Bf während dieser Zeitspanne.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 87/2012, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.  

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.1.2. Es steht fest, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 19. September 2012 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 2 kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn nach Ziffer 1 im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach
§ 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

4.3. Es steht unstrittig fest, dass der Bf aufgrund seines Asylfolgeantrages vom 3. September 2012 bei der Festnahme und Schubhaftanordnung als Asylwerber anzusehen war. Gleichzeitig ist aber auch § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG im vorliegenden Fall erfüllt, da aufgrund des Bescheides des BAA EAST-West vom 19. September 2012, mit dem der Asylfolgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Entscheidung vorlag. Seit 27. September 2012 sind die Zurückweisungs- und Ausweisungsentscheidung in Rechtskraft erwachsen.

 

Die angesprochene Ausweisung des Bundesasylamtes ist somit durchsetzbar und durchführbar.

Die belangte Behörde hat sich zu Recht auf § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG gestützt.

 

4.4.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

4.4.2. In der Begründung hat der Rechtsvertreter dargelegt, dass die Schubhaft von der unzuständigen Behörde verhängt worden sei.

 

Dieses Vorbringen trifft nicht zu.

 

Abgehend von den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen des § 6 Abs. 1 und 2 FPG sieht § 6 Abs. 4a FPG bei der Verhängung der Schubhaft die Zuständigkeit der Aufenthaltsbehörde vor.

 

Ohne nähere Aktenkenntnis geht der Rechtsvertreter davon aus, dass sich der Bf nur vorübergehend im Sprengel der belangten Behörde aufgehalten habe und im Anschluss an eine fremdenpolizeiliche Kontrolle festgenommen worden sei.

 

Nach Aktenlage steht eindeutig fest, dass der Bf am 19. September 2012 nach Erlassung des Zurück- und Ausweisungsbescheides des Bundesasylamtes in der EAST-West über Anordnung der belangten Behörde festgenommen und über ihn die Schubhaft verhängt worden ist.

 

Da im vorliegenden Fall nicht auf den Wohnsitz des Bf bzw. das erste behördliche Einschreiten abzustellen ist, sondern ausschließlich dem tatsächlichen Aufenthaltsort Bedeutung zukommt, hat die belangte Behörde zu Recht ihre Zuständigkeit wahrgenommen (vgl. Beschluss des VwGH vom 2. Oktober 2012, Zl. 2012/21/0021-5).

 

Welche Maßnahme die angeführte unzuständige Behörde ergriffen hätte, ist nicht entscheidungsrelevant.

 

4.4.3. In der Beschwerdeschrift hat der Rechtsvertreter einleitend allgemein gehalten die vorgenommene Festnahme für rechtswidrig erachtet, sich in der Folge in der Beschwerdebegründung nicht einmal ansatzweise damit auseinandergesetzt. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Beschwerdevorbringen lässt sich diesbezüglich ein rechtswidriges Vorgehen der belangten Behörde ableiten. Die Festnahme ist rechtskonform vorgenommen worden.

 

4.4.4. Zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Verhängung der Schubhaft befand sich der Bf nicht in Strafhaft. Insofern hat die belangte Behörde rechtsrichtig einen Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG erlassen.

 

Zur Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Schubhaft ist darzulegen, dass entgegen den Ausführungen des Bf in seiner Person konkret Umstände zu erkennen sind, welche die Schubhaft ausreichend begründen.

 

Ein Blick in die Sachverhaltsfeststellungen zeigt, dass der Bf schon von vornherein nicht gewillt war, die Rechtsvorschriften seines Gastlandes (Transitlandes) zu beachten.

 

Nach seiner schlepperunterstützten Einreise in Österreich im Juli 2011 suchte der Bf nicht von sich aus den Kontakt mit den österreichischen Behörden sondern betrachtete Österreich als Transitland (Reiseziel Deutschland). Da sich der mittellose und nicht rechtmäßig aufhältige Bf im Zuge einer Kontrolle nicht ausweisen konnte (bzw. wollte), verhängte die BPD Salzburg über ihn die Schubhaft.

 

Bezeichnend für die Vorgangsweise des Bf ist auch, dass er erst im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz (Asylantrag) eingebracht hat. Die Zulassung zum Verfahren führte zur Entlassung aus der Schubhaft und der Gewährung staatlicher Betreuung. Unmittelbar nach dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahren suchte der Bf das Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, auf. Da die Mitteilung - Österreich verlassen zu müssen - nicht seiner Lebensplanung (Privatsphäre, eigenes Leben und Unabhängigkeit von der X, keinesfalls Rückkehr nach Pakistan) entsprach, verließ der Bf am 6. August 2012 ohne Abmeldung seine Unterkunft und tauchte in der Illegalität unter (Aufenthalt bei einem Freund in X, eine Woche am HBhf in X, zwei Wochen ohne Erlaubnis im X-heim). Bedingt durch die Mittellosigkeit, die ausbleibende Unterstützung von Freunden und der X konnte der Bf seinen Lebensunterhalt nicht mehr sicherstellen und stellte daher am 3. September 2012 bei der EAST-X einen Asylfolgeantrag.

 

Aus der Aktenlage ist erkennbar, dass der Bf mit dem weiteren Asylantrag fremdenpolizeiliche Maßnahmen verhindern wollte. In allen Verfahren brachte der Bf wiederholt eindeutig zum Ausdruck, nicht nach Pakistan zurück zu wollen. Um den Behörden die geplante Abschiebung zu erschweren, machte der Bf widersprüchliche Angaben zu seiner Person und seinen Reisedokumenten. Selbst die nachträglich bekundete Bereitschaft, freiwillig nach Pakistan zurückkehren zu wollen, verdeckt die wahren Absichten des Bf nicht. Im Zuge der diesbezüglichen Gespräche gab der Bf neuerlich geänderte Personendaten an und verhinderte so eine beschleunigte Ausreise aus Österreich. Ebenso passt der Hungerstreik des Bf in dieses Bild. Nachdem er vom PAZ X, in dem eine umfassende Versorgung eines im Hungerstreik befindlichen Häftlings nicht gewährleistet werden kann, in das PAZ X, verlegt worden war, sah der Bf ein, dass eine zeitnahe Haftentlassung wegen Haftunfähigkeit nicht erreicht werden kann und daher beendete er unverzüglich seinen Hungerstreik.

 

Zu Recht ist die belangte Behörde von einem konkreten Sicherungsbedarf ausgegangen und hat diesen auch umfassend dargelegt. Der Bf hat in den einzelnen Verfahren nur bedingt mitgewirkt, notwendige Verfahrensschritte der belangten Behörde durch mehrmals geänderte Angaben zu seiner Person erschwert bzw. behindert und sich nur während jener Zeiten in den Betreuungseinrichtungen aufgehalten, in denen er keine unmittelbare Gefahr einer Außerlandesbringung sah. Als er nach Vorsprache beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, davon ausgehen musste, dass die Abschiebung in naher Zukunft bevorstehe, hat er sich sofort in die Illegalität begeben und dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde entzogen. Im Hinblick auf das Verhalten des Bf ist die belangte Behörde nachvollziehbar davon ausgegangen, dass der Bf nach Erlassung des Zurückweisungsbescheides und der neuerlichen – durchsetzbaren – Ausweisungsentscheidung sofort wieder untertauchen werde um einer Abschiebung nach Pakistan vorzubeugen. Dem konkreten Sicherungsbedürfnis ist auch nicht abträglich, dass der Bf auf Grund des Asylfolgeantrages wiederum in einer Betreuungseinrichtung wohnhaft war.

 

Wie bereits dargelegt, entbehrt das Beschwerdevorbringen (Punkte IV. 2.1., 2.2., 2.3. und 2.4.) jeglicher Grundlage und dürfte nur auf die mangelnde Aktenkenntnis des Rechtsvertreters zurückzuführen sein.

 

Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente - von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – umgehend dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde um neuerlich in die Illegalität abzutauchen.

 

4.4.5. Mit dieser Begründung des Sicherungsbedarfes scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, ebenso nicht die Unterkunftnahme in einer behördlich bestimmten Räumlichkeit, zumal der Bf schon nach Abschluss des ersten asylrechtlichen Verfahrens nachhaltig bewies, dass er nicht bereit ist, sich von seinem Ziel (Verhinderung der Abschiebung nach Pakistan) abbringen zu lassen.

 

4.4.6. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt und diese auch nicht vorbringt.

 

4.4.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden,  bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.       zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.       vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

4.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit gut 4 Wochen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch längere Zeit andauern werde, zumal die Abschiebung des Bf nach Pakistan trotz der mangelnden Mitwirkung und Verschleppungsversuche des Bf zeitnah erreicht werden kann.

 

Entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters hat die belangte Behörde dargelegt, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht aussichtslos und in absehbarer Zeit erreichbar ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die belangte Behörde bereits am 26. September 2012 an die pakistanische Vertretungsbehörde herangetreten ist und bis dato keine abschlägige Antwort erhalten hat.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung nach Pakistan, ist zum Entscheidungszeitpunkt somit absolut zeitnah erreichbar, da aktuell keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung sprechen würden.

 

4.8. Es sind darüber hinaus keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom 15. Oktober 2012 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 22,10 Euro (Eingabe- und Beilagengebühren) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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