Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253324/6/Lg/Ba

Linz, 06.12.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 20. November 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M H, W, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Linz-Land vom 27. September 2012, SV96-331-2010/Gr, wegen Übertretung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 12 Stunden verhängt, weil er am 24.4.2010 eine Tätigkeit als geringfügig beschäftigter Angestellter (Unterstützung der Arbeiter auf der Baustelle; Anbringen von Reibputz) gegen Entgelt (ca. 300,-- €) bei der Firma K GmbH aufgenommen habe, obwohl er Leistungen aus der Arbeits­losenversicherung bezogen habe und es unterlassen habe, die Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Der Bw habe dadurch § 50 Abs.1 i.V.m. § 12 Abs.3 und § 71 Abs.2 AlVG verletzt und sei gemäß § 71 AlVG in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Im Zuge einer Kontrolle am 26.4.2010 um ca. 11.05 Uhr wurde von Organen des Finanzamtes Freistadt Grieskirchen Wels festgestellt, dass Sie als geringfügig beschäftigter Angestellter auf einer Baustelle in W, K, beschäftigt waren, obwohl Sie Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen haben und die Aufnahme der Tätigkeit nicht der regionalen Geschäftsstelle des AMS angezeigt haben.

 

Auf Grund des Strafantrages des Finanzamtes wurde Ihnen die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung mit der Strafverfügung vom 16.8.2010 zur Last gelegt.

 

In Ihrer Stellungnahme führen Sie im Wesentlichen aus, dass Sie beim Arbeitsmarktservice und bei der Gebietskrankenkasse nachgefragt und dort die Information erhalten hätten, dass die Aufnahme einer geringfügigen Tätigkeit kein Problem sei, solange die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wird.

 

Bezug nehmend auf Ihre Rechtfertigungsangaben hat das Finanzamt eine Stellungnahme abgegeben und dabei den Strafantrag aufrecht erhalten.

Begründet wird dies damit, dass laut telefonischer Auskunft keine Meldung beim AMS erstattet wurde.

 

Dieses Schreiben wurde Ihnen mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 24.9.2010 zur Kenntnis gebracht.

 

Mit Eingabe vom 18.11.2010 ersuchten Sie um Milderung der Strafe, da Sie als junger Selbständiger nur ein beschränktes Einkommen zur Verfügung hätten.

 

Von der hs. Behörde wurde dazu folgendes erwogen:

 

Gemäß § 12 Abs. 3 AlVG gilt, wer in einem Dienstverhältnis steht, nicht als arbeitslos.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 leg.cit. ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 18 Abs. 5 trifft die Anzeigepflicht auch den Träger der Einrichtung. Bei Bezug von Weiterbildungsgeld trifft die Anzeigepflicht auch den Arbeitgeber.

 

§ 71 Abs. 2 leg.cit. lautet wie folgt:

'Sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis zu 2 000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis zu 4 000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeitslosen­versicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet.'

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe überwiegen.

 

Die ggst. Übertretung wurde Ihnen auf Grund der Feststellungen der Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels im Zuge der Kontrolle am 26.4.2010 um 11.05 Uhr zur Last gelegt. Demnach waren Sie bei der Firma K GmbH geringfügig beschäftigt und haben dies nicht bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS angezeigt.

 

Zu Ihrer Rechtfertigung bringen Sie zusammenfassend vor, dass Sie sich beim Arbeitsmarkt­service und bei der Gebietskrankenkasse erkundigt hätten und - laut deren Information - die geringfügige Beschäftigung kein Problem sei.

 

Inwieweit im vorliegenden Fall eine geringfügige Beschäftigung vorlag, muss im ggst. Verfahren nicht weiter geprüft werden. Die Ihnen zur Last gelegte Übertretung beinhaltet nicht die Art bzw. das Ausmaß der Beschäftigung, sondern die Tatsache, dass Sie die Aufnahme der Tätigkeit nicht bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS angezeigt haben.

 

Beweise, die zu Ihrer Entlastung beitragen könnten, haben Sie nicht vorgelegt, weshalb der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen ist.

 

Im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit Fahrlässigkeit. Diese ist bereits bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung an der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die 'Glaubhaftmachung' nicht.

 

Die ggst. Verwaltungsübertretung wurde Ihnen zur Last gelegt, da Sie von den Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels im Zuge einer Kontrolle bei der Ausübung Ihrer Tätigkeiten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses betreten wurden.

 

Die diesbezügliche Verantwortung wurde Ihrerseits auch nicht bestritten; der subjektive Tatbestand ist somit ebenfalls als erfüllt anzusehen.

 

Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstraf­rechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung haben Sie den Schutzzweck des AlVG verletzt.

 

Der objektive Tatbestand der ggst. Übertretung wurde durch Ihr Verhalten zwar verwirklicht, die Tatsache, dass Sie sich vorab bei den zuständigen Behörden informiert haben, kann jedoch strafmildernd berücksichtigt werden.

 

Überdies wurden über Sie bislang keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen verhängt, weshalb die Strafe auf die Hälfte der Mindeststrafe im Sinne der oben zitierten Bestimmungen gemildert werden konnte.

 

Ihre bekanntgegebene Einkommenssituation wurde dabei berücksichtigt.

 

Straferschwerende Gründe konnten nicht gefunden werden.

Die verhängte Geldstrafe ist als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen zu betrachten. Die Verhängung einer Geldstrafe war weiters vor allem aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um Sie von weiteren Übertretungen des AlVG abzuhalten und Sie dazu zu bewegen, der Einhaltung der Gesetzesvorschriften in Hinkunft mehr Augenmerk zu schenken."

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht, dass der Bw es bedauere, dass es keine Aufzeichnungen bezüglich der Telefonate mit dem AMS gebe. Der Bw habe mehrfach versucht, im März 2010 seinen Betreuer, Herrn M, diesbezüg­lich zu kontaktieren. Eine Dame der Serviceline habe, da Herr M sehr schwer zu erreichen sei, angeboten zu helfen, wenn ihr gesagt werde, worum es geht. Nach Schilderung des Sachverhalts habe sie versichert, dass alles in Ordnung sei, solange die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten werde. Eine Auskunftseinholung bei der Gebietskrankenkasse habe zum selben Ergebnis geführt.

 

3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte die Lebensgefährtin des Bw zeugenschaftlich dar, der Bw habe sich selbstständig machen wollen und sei daher dem von der Wirtschaftskammer und dem AMS organisierten ÖSB-Programm für junge Selbstständige beigetreten. Frau M vom ÖSB-Programm habe gesagt, dass der Bw trotz Bezugs des Arbeitslosengeldes während der Teilnahme am ÖSB-Programm arbeiten dürfe.

 

Die Zeugin habe fünf Mal und der Bw ebenfalls mehrere Male beim AMS angerufen, um sich diese Rechtsansicht bestätigen zu lassen. Es sei jedoch nicht möglich gewesen, den zuständigen Herrn M zu erreichen. Wegen dieses Umstandes habe die Dame von der Serviceline, die für die Weitervermittlung zur zuständigen Stelle zuständig sei, aber nach Meinung der Zeugin auch verbind­liche Rechtsauskünfte geben dürfe, gefragt, worum es sich handle. Die Zeugin habe der Dame die Situation geschildert und die Auskunft erhalten, dass unter diesen Umständen eine geringfügige Beschäftigung zulässig sei. Dass ein nochmaliger Versuch der Kontaktierung Ms notwendig sei, habe die Dame nicht gesagt. Die Zeugin und der Bw seien daher davon ausgegangen, dass alles in Ordnung sei. Der Bw habe die verhängte, nicht sehr hohe Strafe an sich bezahlen wollen, es sich aber dann anders überlegt, weil er sich unschuldig fühlte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Strittig ist lediglich die Frage, ob den Bw an seinem Rechtsirrtum ein Verschulden trifft. Nach ständiger Rechtsprechung vermag lediglich eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde entschuldigende Wirkung zu entfalten. Zwar ist das AMS die zuständige Behörde, die Berechtigung der Dame von der Serviceline, verbindliche Rechtsauskünfte zu erteilen, ist jedoch fraglich. Da die Dame nach der (nach dem Auftreten glaubwürdigen) Zeugenaussage der Lebensgefährtin des Bw den Eindruck erweckte, eine solche Auskunft geben zu dürfen, und im Hinblick auf das Bemühen des Bw und seiner Lebensgefährtin um Klärung der Rechtslage bei mehreren Stellen kann der Rechtsirrtum als unverschuldet angesehen werden. Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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