Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523052/17/Fra/Bb/Th

Linz, 28.12.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des x, geb. x, wohnhaft in x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, x, x & x, xstraße x, x, vom 4. Jänner 2012, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 12. Oktober 2011, GZ VerkR21-253-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse B, Lenkverbot und Anordnung begleitender Maßnahmen, auf Grund des Ergebnisses der am 8. März 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und ergänzender Erhebungen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B, das Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge sowie die Aberkennung des Rechts, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, auf 20 Monate, gerechnet ab 23. Dezember 2011 (= Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides) bis einschließlich 23. August 2013, herabgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a und 67d Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 und Z2, 7 Abs.4, 8, 24 Abs.1 und Abs.3, 26 Abs.2 Z2, 30 Abs.1 und 32 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz 1997 - FSG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 12. Oktober 2011, GZ VerkR21-253-2011, wurde x (dem Berufungswerber) die von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung unter GZ 10023738 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab 23. Dezember 2011 (= Zustellung des Bescheides) bis einschließlich 23. Dezember 2013 entzogen, für dieselbe Zeitdauer gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen untersagt und gemäß § 30 Abs.1 FSG das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung während der Entziehungsdauer in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Des Weiteren wurde der Berufungswerber gemäß § 24 Abs.3 FSG verpflichtet, sich einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrzeuglenker zu unterziehen, ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen sowie gemäß § 29 Abs.3 und § 32 Abs.2 FSG aufgefordert, seinen Führerschein und den Mopedausweis unverzüglich bei der zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern.

 

Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 23. Dezember 2011, richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter des Berufungswerbers – mit Schriftsatz vom 4. Jänner 2012 – eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

Der Berufungswerber bestreitet die Rechtmäßigkeit der bei ihm durchgeführten Blutabnahme, das Ergebnis der vorgenommenen Auswertung und dessen Verwertung im Verwaltungsverfahren.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abnahme des Blutes nicht ohne seine Zustimmung hätte erfolgen dürfen. Er verweist dazu auf die Entscheidung des VfGH vom 6. Dezember 1988, GZ B1092/87, wonach die Blutabnahme an einem Bewusstlosen eine Verletzung des Art. 8 Abs.1 MRK darstelle.

 

Des Weiteren bezweifelt er, ob die Blutabnahme tatsächlich aus medizinischen Gründen oder doch zum Zwecke der Feststellung des Blutalkoholgehaltes erfolgt sei. Überdies sei aus den bislang vorliegenden Unterlagen auch nicht klar, ob es sich beim sichergestellten Blut um sein Blut gehandelt habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 16. Jänner 2012, GZ VerkR21-253-2011/KB, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 35 Abs.1 FSG). Gemäß § 67a Abs.1 AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. März 2012 sowie Einsicht in das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. September 2012, GZ 9 Bs 210/12i.

 

An der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen und wurden zum Sachverhalt gehört und befragt. Ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat an der Verhandlung – entschuldigt – nicht teilgenommen.

 

4.1. Es ergibt sich daraus folgender für die Entscheidung rechtlich relevanter Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 24. Juli 2011 um 19.30 Uhr das nicht zum Verkehr zugelassene Motorfahrrad, x RL S 50 Di Tech, in O., auf der x von x kommend in Richtung x. Am Sozius des Mofas saß x.

 

Bei Strkm 2,722 geriet der Berufungswerber mit dem Motorfahrrad auf den Gegenfahrstreifen, wobei er mit dem entgegenkommenden Pkw, Kennzeichen x, gelenkt von x kollidierte. Dabei erlitten der Berufungswerber, dessen Beifahrer, die Lenkerin des gegnerischen Fahrzeuges sowie zwei deren Fahrzeuginsassen Verletzungen und an den beteiligten Fahrzeugen entstand schwerer Sachschaden.

 

Bei der Unfallstelle handelt es sich – aus Sicht des Berufungswerbers - um eine starke Rechtskurve. Die Fahrbahn war zum Unfallszeitpunkt nass.

 

 

Der Berufungswerber wurde auf Grund der Schwere seiner erlittenen Verletzungen in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Linz verbracht. Dort wurde an ihm aus medizinischen Gründen eine Blutabnahme durchgeführt.  Als Blutabnahmezeitpunkt wurde seitens des Krankenhauses ca. 20.45 Uhr mitgeteilt.

 

Nachdem beim Berufungswerber der Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung bestand, wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft die Sicherstellung der Blutprobe des Unfalllenkers angeordnet. Diese angeordnete Sicherstellung der Probe erfolgte durch die Polizeiinspektion O. Die Untersuchung des Blutes durch die Gerichtsmedizin Salzburg – Linz ergab – siehe das im Verfahrensakt enthaltene Gutachten vom 16. September 2011 - einen Blutalkoholgehalt von 1,49 Promille. Rückgerechnet auf den Unfallszeitpunkt (19.30 Uhr) ergibt dies letztlich einen Alkoholgehalt des Blutes beim Berufungswerber von 1,61 Promille.

 

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. September 2012, GZ 9Bs 210/12i, wurde der Berufungswerber im Zusammenhang mit dem genannten Unfall des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 4 2. Fall (§ 81 Abs.1 Z2) StGB und der Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Abs.1 Z2) StGB für schuldig erkannt. Über ihn wurde eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt, wobei gemäß § 43a Abs.3 StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehne wurde.

 

Dem Berufungswerber wurde bereits im Jahr 2005 die Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten (von 10. November 2005 bis 10. Mai 2006) auf Grund der Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung entzogen. Seine bislang letzte Entziehung der Lenkberechtigung ist im Jahr 2007 aktenkundig. Es wurde ihm damals auf Grund des Lenkens unter Alkoholeinfluss (Blutalkoholgehalt von 1,84 Promille) verbunden mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden die Lenkberechtigung im Ausmaß der Dauer von 15 Monaten (von 15. April 2007 bis 15. Juli 2008) entzogen und er wurde strafgerichtlich rechtskräftig nach § 88 Abs.1 und 2 2. Fall (§ 81 Abs.1 Z2) StGB verurteilt.  

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1.     um eine Entziehung gemäß § 24 Abs.3 achter Satz oder

2.     um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.       ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

2.       beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs.6 lit.c StVO nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist; ...

 

Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor,  wenn eine Tat nach diesem Bundesgesetz oder nach den §§ 37 und 37a FSG den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen:

  1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,
  2. wegen einer zweiten in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder
  3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO  ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1 StVO begangen, ist gemäß § 26 Abs.2 Z2 FSG die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen.

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

5.2. Der Berufungswerber wurde mit rechtskräftigem Strafurteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. September 2012, GZ 9Bs 210/12i, wegen  Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 4 2. Fall (§ 81 Abs.1 Z2) StGB und § 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Abs.1 Z2) StGB verurteilt.

 

Auf Grund der Bindungswirkung an das Gerichtsurteil ist rechtskräftig festgestellt, dass der Berufungswerber am 24. Juli 2011 um 19.30 Uhr in O. das nicht zum Verkehr zugelassene Motorfahrrad, Aprilia RL S 50 Di Tech, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf Straßen mit öffentlichem Verkehr lenkte und einen Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden verursachte, wobei der Alkoholgehalt seines Blutes auf Grund Ergebnisses der Blutalkoholanalyse und anschließender Rückrechnung im Lenkzeitpunkt 1,61 Promille betrug.

 

Es ist richtig, dass eine Blutabnahme nach § 5 StVO an Bewusstlosen nicht zulässig ist (vgl. z. B. VfGH 6. Dezember 1988, B 1092/87 = VfSlg 11.923/1988). Das Verbot stützt sich einerseits darauf, dass die Blutabnahme "einen zwangsweisen Eingriff in die körperliche Integrität darstellt", andererseits auf ein auf Art. 90 Abs.2 B-VG gestütztes (strikt verstandenes) Verbot eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung.

 

Aus dem Ergebnis des gerichtlichen Beweisverfahren als auch aus einem Schreiben des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Linz vom 3. Februar 2012 ergibt sich aber, dass die am Berufungswerber durchgeführte Blutabnahme ausschließlich aus medizinischen Gründen (zur Heilbehandlung) und nicht zwecks Auswertung des Blutalkoholgehaltes erfolgte; mit anderen Worten, die Blutabnahme zur Heilbehandlung hat mit einer durch irgendeine Vorschrift des   § 5 StVO verbotenerweise erlangten Blutprobe nichts zu tun. Die Blutabnahme wurde nicht von einem Exekutivbeamten veranlasst; die Sicherstellung der Blutprobe erfolgte ausschließlich über staatsanwaltliche Anordnung. Es besteht nach dem gerichtlichen Urteil auch kein Zweifel daran, dass die sichergestellte Blutprobe vom Berufungswerber stammt.

 

Eine aus Gründen der Heilbehandlung erfolgte Blutabnahme samt Auswertung ist nach verwaltungsgerichtlicher Judikatur keine unzulässige Verletzung der körperlichen Integrität und fällt auch nicht unter das Verbot des Zwanges zur Selbstbeschuldigung (VwGH 20. April 2001, 2000/02/0232).

 

Es handelt sich somit konkret nicht um eine verbotenerweise erlangte Blutprobe, sondern um einen rechtmäßig erlangten Beweis, der keinem Verwertungsverbot unterliegt, sondern dessen Ergebnis (auch) im Verwaltungsverfahren verwertet werden darf.  

 

Es ist damit vom Vorliegen einer die Verkehrsunzuverlässigkeit ausschließenden bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z2 FSG auszugehen. 

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss zählt zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit (VwGH 27. Februar 2004, 2002/11/0036) und ist als besonders verwerflich und gefährlich zu qualifizieren.

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage liegt gegenständlich kein Fall der Erstmaligkeit einer Alkofahrt vor. Der Berufungswerber erweist sich im Zusammenhang mit Alkoholdelikten im Straßenverkehr als beharrlicher Wiederholungstäter.

 

Diesbezüglich ist zu bemerken, dass bei ihm bereits im April 2007 anlässlich des Lenkens eines Fahrzeuges auf Straßen mit öffentlichen Verkehr verbunden mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden eine Blutalkoholkonzentration von 1,84 Promille festgestellt wurde, weshalb er nach § 88 Abs.1, 88 Abs.2 2. Fall (§ 81 Abs.1 Z2) StGB verurteilt und ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von 15 Monaten (von 15. April 2007 bis 15. Juli 2008) entzogen wurde.

 

Der Berufungswerber hat somit innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren und drei Monaten zweimal ein Fahrzeug in durch Alkohol beeinträchtigem Zustand (1,84 und 1,61 Promille Blutalkoholgehalt) gelenkt und damit in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zwei Alkoholdelikte gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO begangen. Gemäß § 26 Abs.2 Z2 FSG beträgt die Entziehungsdauer im Falle der Begehung von zwei Delikten gemäß § 99 Abs.1 StVO innerhalb von fünf Jahren mindestens zwölf Monate.

 

Gegenständlich ist jedoch weiters zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber unabhängig von den beiden Fahrten unter Alkoholeinfluss im Jahr 2007 und 2011 schon in früherer Vergangenheit in Erscheinung getreten ist. Aus dem Jahr 2005 ist ein Verweigerungsdelikt gemäß § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO aktenkundig. Wenngleich dieses Delikt, wofür ihm seine Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten (von 10. November 2005 bis 10. Mai 2006) entzogen wurde, zum gegenständlichen Vorfallszeitpunkt bereits mehr als fünf Jahre zurückliegt und eine mögliche Bestrafung längst getilgt ist, ist dieses Vergehen, da es einen Schluss auf die verkehrsrelevante Sinnesart zulässt, zum Nachteil des Berufungswerbers zu berücksichtigen (VwGH 28. September 1993, 93/11/0142).

 

Weiters wirkt sich nachteilig aus, dass der Berufungswerber bei der aktuellen Fahrt mit einem nicht zum Verkehr zugelassene Motorfahrrad einen Verkehrsunfall mit schwerem Sach- und Personenschaden verschuldete, indem er in einer Rechtskurve auf den Gegenverkehrsstreifen gelangte und gegen einen mit vier Personen besetzten Pkw stieß. Die Alkoholisierung des Berufungswerbers kam also nicht im Rahmen einer "bloßen" Verkehrskontrolle zutage, sondern hatte er durch den verursachten Verkehrsunfall eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit dargestellt. Daraus ergibt sich deutlich die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit seiner Fahrt. Auch der extrem hohe Alkoholisierungsgrad von 1,61 Promille im Lenkzeitpunkt wirkt sich zu Ungunsten des Berufungswerber aus.  

 

Seit der letzten unternommenen Alkofahrt ist der Berufungswerber aktenkundig nicht weiter nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich zumindest seither offensichtlich wohlverhalten. Dieser Zeitraum seines Wohlverhaltens erscheint jedoch viel zu kurz, als dass er seine Verkehrzuverlässigkeit bereits wiedererlangt hätte. Es darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass in diesem Zeitraum das gerichtliche Strafverfahren durchgeführt und auch das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung anhängig war und daher einem positiven Verhalten – wenn überhaupt – nur untergeordnete Bedeutung zukommen kann.

 

Unter Berücksichtigung aller aufgezeigten Umstände gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, dass im vorliegenden Falle mit einer Verbots- und Entziehungsdauer von 20 Monaten das Auslangen gefunden werden kann. Es kann erwartet werden, dass diese Entziehungs- und Verbotsdauer ausreicht, bis der Berufungswerber seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt. Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit beträgt insgesamt (gerechnet ab der letzten begangenen Straftat am 24. Juli 2011) circa 25 Monate. Diese Dauer erscheint im Hinblick auf die Schwere der Tathandlungen durchaus angemessen und steht auch in Einklang mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Unterschreitung der nunmehr festgesetzten Entzugsdauer ist auf Grund der Verwerflichkeit der begangenen Taten nicht möglich. Dem Berufungsbegehren auf Aufhebung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides konnte damit kein Erfolg beschieden werden.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen (VwGH 22. Oktober 2002, 2001/11/0108).

Persönliche und berufliche Interessen des Berufungswerbers am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben.

 

Das Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge ist eine gesetzliche Folge der Entziehung der Lenkberechtigung und steht daher nicht zur behördlichen Disposition (vgl. § 24 Abs.1 letzter Satz FSG).

 

Das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen ist in § 32 Abs.1 Z1 FSG begründet und ist ebenso zu Recht erfolgt. Die Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen stützt sich auf die Gesetzesbestimmung des § 30 Abs.1 FSG.

 

Die im verfahrensgegenständlichen Bescheid überdies verfügten Maßnahmen der Anordnung der Nachschulung, Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme ist bei dem vorgelegenen Alkoholisierungsgrad gesetzlich zwingend in § 24 Abs.3 FSG vorgeschrieben.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit eines Inhabers einer Lenkberechtigung begründet.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

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