Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167476/2/Fra/CG

Linz, 08.01.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x, xstraße x, x (x), gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 04. Dezember 2012, VerkR96-18876-1-2012, betreffend Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern bestätigt. Im Strafausspruch wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 200,00 Euro herabgesetzt wird; falls diese uneinbringlich ist, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von vierzig Stunden festgesetzt.

 

II.      Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten; für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe (20,00 Euro).

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem in der Präambel angeführten  Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit eine Geldstrafe von 250,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 80 Stunden)  verhängt, weil er mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 18. Oktober 2012 als Zulassungsbesitzer aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x, PKW, am 14.08.2012 um 22:32 Uhr in x, Pyhrnautobahn A9, km 10.600, Richtung L. gelenkt hat. Er hat diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt. Er hat auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000,00 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51 c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Lt. Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. vom 06.09.2012, VerkR96-18876-2012, steht der/die Lenker/in des PKW´s, Kennzeichen x (x), in Verdacht, am 14.08.2012 um 22:32 Uhr auf der Autobahn A9 bei StrKm. 10.600 die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 49 km/h überschritten zu haben. Die Geschwindigkeit wurde mittels stationärem Radarmessgerät festgestellt. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde abgezogen.

 

Die Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 18. Oktober 2012 wurde vom Bw mit Schreiben vom 25.10.2012 dahingehend beantwortet, dass dem der Lenkeranfrage beigefügten Radarlichtbild ein Fahrer nicht entnommen werden könne. Er gehe davon aus, dass der Behörde technisch die Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den Fahrer/die Fahrerin deutlich zu machen.

 

 

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 teilte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems dem Vertreter des Bw mit, dass das eingeleitete Strafverfahren wegen einer Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 (Geschwindigkeitsüberschreitung) gemäß § 45 VStG eingestellt wurde. Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 02. November 2012, betreffend Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, erhob der Bw fristgerecht Einspruch. In diesem Einspruch bringt der Bw vor, es entspreche schlechterdings nicht den Tatsachen, dass er nicht bekannt gab, wer den oa. PKW am 14.08.2012 um 22:32 Uhr in x gelenkt habe. Er beziehe sich auf sein Schreiben vom 25.10.2012, mit dem unter entsprechender Nachweisführung dargetan worden sei, dass auf den zur Verfügung gestellten Lichtbildern keine Personen zu erkennen seien. Es sei ihm von daher schlechterdings aus tatsächlichen Gründen verwehrt, eine andere Person anzugeben. Dies gelte umso mehr, als zugleich seitens desselben zu beachten sei, niemand zu Unrecht einer Tat zu bezichtigen, die möglicherweise seitens desselben nicht begangen worden ist. In der Berufung gegen das angefochtene Straferkenntnis wiederholt der Bw im Wesentlichen seine bisher vorgebrachten Argumente und stellt resümierend fest, dass es der Behörde trotz entsprechenden Ersuchens nicht möglich war, bessere Lichtbilder zur Verfügung zu stellen. Es sei ihm daher die eingeforderte Auskunftserteilung  nicht ermöglicht gewesen sei.

 

Die belangte Behörde verweist in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zutreffend darauf, dass in Österreich Geschwindigkeitsmessgeräte (noch) keine Frontfotos aufnehmen können. Weiters wird zutreffend darauf verwiesen, dass es nach der österreichischen Rechtslage es das Rechtsinstitut der Lenkeranfrage gibt und sich die Verpflichtungen des Zulassungsbesitzers unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Weiters wird auf das Spannungsverhältnis zum Anklageprinzip und auch darauf hingewiesen, dass der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft eine eigenständige Verwaltungsübertretung – unabhängig vom Grunddelikt (hier der Geschwindigkeitsüberschreitung) - bildet und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft der Tatbestand als verwirklicht anzusehen ist. Beweiswürdigung hält die belangte Behörde fest, dass der Bw zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens ein Argument vorgebracht hat, dass und aus welchen Gründen es ihm nicht möglich oder zumutbar war, während der gesetzlichen Beantwortungsfrist eine Lenkerauskunft zu erteilen. Nicht gefolgt werden kann der belangten Behörde in ihrer Argumentation dahingehend, dass nach der gegebenen Beweislage davon auszugehen war, dass der Bw selbst das in Rede stehende Kraftfahrzeug zum oa. Zeitpunkt an der genannten Örtlichkeit gelenkt hat. Wäre davon auszugehen, hätte sie das Verfahren betreffend das Grunddelikt gegen den Bw nicht einstellen dürfen. Wenn der Bw vorbringt, es sei zu beachten, niemand zu Unrecht einer Tat zu bezichtigen, die möglicherweise seitens desselben nicht begangen worden sei, ist diesem Argument zu erwidern, dass die Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs.2 KFG lediglich dazu dient, den Fahrzeuglenker festzustellen bzw. nur den Zweck hat, einen Verdächtigen zu ermitteln. Sie bezieht sich bloß auf die Tatsache, nämlich darauf, wer den gegenständlichen PKW zum oa. Zeitpunkt an der oa. Örtlichkeit gelenkt hat. Der Bw war keineswegs verhalten ein "Geständnis" bzw. "ein Bekenntnis" hinsichtlich der zugrundeliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung abzugeben. Er war lediglich verpflichtet, wahrheitsgemäß anzugehen, wer dieses Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Der Bw wurde lediglich in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges aufgefordert, eine einfache Tatsache mitzuteilen, nämlich, wer sein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat. Keinesfalls wurde er verpflichtet, sich selbst oder eine ihm nahe stehende Person einer konkreten Verwaltungsübertretung zu bezichtigen. An die Lenkerauskunft sind strenge Anforderungen geknüpft. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Auskunft unter anderem verletzt durch keine Auskunftserteilung, durch eine unvollständige Auskunftserteilung durch bloße Nichterteilung einer Auskunft oder durch eine unrichtige Auskunft. Der zu Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige Verwaltungsübertretung – unabhängig vom Grunddelikt der Geschwindigkeitsüberschreitung - und mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft verwirklicht. Es ist nicht Voraussetzung eines auf § 103 Abs.2 KFG 1967 gestützten behördlichen Auskunftsverlangens, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem bestimmten Kraftfahrzeug eine Verwaltungsübertretung oder sonstige strafbare Handlung begangen wurde. Die Behörde könnte eine solche Auskunft auch dann verlangen, wenn eine Bestrafung wegen des Anlassdeliktes etwa aus dem Grunde der eingetretenen Verjährung nicht mehr erfolgen kann. Weiters könnte die Behörde die ihr mit § 103 Abs.2 KFG 1967 eingeräumte Befugnis dazu benützen, einen Zeugen zu suchen, wenn lediglich feststeht, dass der unbekannte Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt für ein allfälliges Strafverfahren relevante Beobachtungen gemacht haben könnte. Schließlich handelt es sich bei der Rechtvorschrift des § 103 Abs.2 KFG 1967 um ein Instrument zur Kontrolle und Überwachung sowohl des fließenden als auch des ruhenden Verkehres bzw. zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes.

 

Da der Bw dem Auskunftsverlangen der Erstinstanz nicht nachkam, hat er somit seine kraftfahrrechtliche Auskunftspflicht verletzt und gegen die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 verstoßen. Der Tatbestand ist somit erfüllt und hat der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Bei einer Verwaltungsübertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG. Gemäß § 5 Abs.1 VStG ist zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen, weil das Verfahren keine Hinweise darauf ergeben hat, dass dem Bw kein Verschulden treffen würde. Er hat den ihm zur Last gelegten Tatbestand somit auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätte der Zulassungsbesitzer zwecks Ermöglichung der Auskunftserteilung – wie in Abs. 2 vorgesehen – entsprechende Aufzeichnungen über die Person des Lenkers zu führen gehabt, wenn er ohne diese die verlangte Auskunft nicht erteilen kann. Der Berufung konnte daher im Schuldspruch keine Folge gegeben werden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Strafbemessung:

Die Strafe ist nach den Bemessungskriterien des § 19 VStG zu bemessen. Neben dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §3 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Weiters sind die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw zu berücksichtigen.

 

Im Rahmen dieser Strafbemessung muss bedacht werden, dass die gesetzliche Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, unter anderem eine straßenpolizeiliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung, schützt. Derartige Übertretungen können sohin nicht als "Bagatelldelikte" abgetan werden. Im konkreten Fall konnte wegen der Nichterteilung der Lenkerauskunft ein(e) Lenker(in), welche in Verdacht steht, eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben, verwaltungsstrafrechtlich nicht verfolgt werden. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist sohin beträchtlich. Lt. Aktenlage ist der Bw verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dieser Umstand hat nach in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als mildernd ins Gewicht zu fallen. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgetreten. Der Strafbemessung wurde auch das geschätzte Einkommen des Bw in Höhe von 1.100,00 Euro monatlich und die Behauptung des Bw, für zwei minderjährige und die nicht berufstätige Ehefrau sorgepflichtig zu sein, zu Grunde gelegt. Daraus resultiert die Herabsetzung der Strafe. Der Bw wird darauf hingewiesen, dass der gesetzliche Strafrahmen nunmehr lediglich zu 4 % ausgeschöpft wurde und sich eine weitere Herabsetzung der Strafe aus präventiven Gründen verbietet.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

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