Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550618/4/Kl/Rd

Linz, 05.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der x GmbH,  vertreten durch x Rechtsanwalt GmbH, x, vom 31. Jänner 2013 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Auftraggebers x betreffend das Vorhaben "x", zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber  die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 31. März 2013, untersagt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 31. Jänner 2013  hat die Bauunternehmung x GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsent­scheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 7.500  Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass das gegenständliche Bauvorhaben vom Auftraggeber im Oberschwellenbereich ausgeschrieben worden sei und der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden soll. Das Angebot der Antragstellerin (Angebotssumme 8.853.744,64 Euro netto) liege hinsichtlich des Preises hinter dem Angebot der x mbH (Angebotssumme 7.516.336,97 Euro netto) und dem Angebot der x bestehend aus x GmbH und x GmbH (Angebotssumme 8.827.121,15 Euro netto) an dritter Stelle.

 

Mit Bekanntgabe vom 21. Jänner 2013 habe der Auftraggeber mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Firma x mbH als Billigst­bieterin den Zuschlag mit einer Auftragssumme von 9.019.604,36 Euro inkl. USt, zu erteilen.  Diese Zuschlagsentscheidung sei rechtswidrig.

 

Die Antragstellerin gehe davon aus, dass sowohl das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als auch das Angebot der x mangels baubetriebswirtschaftlicher Erklärbarkeit einzelner Angebotspositionen eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweise. Dies wäre durch eine ordnungsgemäße vertiefte Angebotsprüfung leicht feststellbar gewesen, sodass eine solche nicht stattgefunden haben konnte. Das Ergebnis der vertieften Angebotsprüfung hätte zu Tage gebracht, dass beide Angebote gemäß § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen wären. Zur Überprüfung der Gesamtpreise beider Angebote wäre ein Sachverständiger zu beauftragen.

 

Der Antragstellerin drohe ein Schaden durch den entgangenen angemessenen Gewinn sowie der anfallenden nicht verminderten kalkulierten Geschäfts­gemein­kosten (Erfüllungsinteresse). Die Nichterteilung des Zuschlages würde eine fehlende Auslastung des Personalstandes, Folgekosten für die Akquisition anderer Aufträge und Vorhaltekosten für die Niederlassung bis hin zum alternativen Einsatz der Ressourcen bei anderen Bauaufträgen mit sich bringen. Der drohende Schaden belaufe sich auf ca. 885.374 Euro (10% der Nettoangebotssumme). Zudem drohe der Verlust eines Referenzprojektes und ein Imageschaden.

 

Es werde daher die Zuschlagsentscheidung angefochten.

 

Die Antragstellerin hätte bei gebotener Ausscheidung der präsumtiven Zu­schlags­empfängerin und der x das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt, sodass durch die angefochtene Entscheidung die Antragstellerin in ihrem Recht auf Erteilung des Zuschlages an dieses Angebot sowie auf Durchführung eines gesetzmäßigen Vergabeverfahrens verletzt sei. Es liege auf der Hand, dass ein Interesse am Vertragsabschluss bestehe.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antrag­stellerin auf die Ausführungen im Hauptantrag und bringt weiters vor, dass besondere öffentliche Interessen, die der Erlassung einer einstweiligen Verfügung entgegenstehen, nicht ersichtlich seien. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass der Auftraggeber ein offenes Verfahren gewählt habe, obwohl es das BVergG 2006 ermögliche, Bauaufträge im Verhandlungsverfahren ohne öffent­liche Bekanntmachung zu vergeben, wenn dringliche zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammen­hang mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht vorhersehen konnte, es nicht zulassen, die im offenen Verfahren vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Der Auftraggeber habe das Verfahren mit den längsten gesetzlich vorgesehenen Frist gewählt, sodass davon auszugehen ist, dass eine kurzfristige Verzögerung der Auftragsvergabe unschädlich sei.        

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat das x als Auftraggeber am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung der einstweiligen Verfügung langte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des x fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch das x. Das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.  

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antrag­steller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungs­senat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabe­verfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Ver­fügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftrag­geber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des dis­kriminier­ten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auf­trags­erteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorial­verfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Ver­waltungs­verfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort voll­streckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Michaela Bismaier

 

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