Linz, 15.01.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Herrn W B, U, S, vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt in I, K, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 4. Oktober 2012, Zl. Pol 96-175-2012, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Beschlagnahmebescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden, der an den Berufungswerber (im Folgenden kurz Bw) und an das zuständige Finanzamt ergangenen ist, hat die belangte Behörde wie folgt abgesprochen:
"Bescheid über eine Beschlagnahme
Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:
Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)
Sie haben es als Gewerbeinhaber und somit als Eigentümer der nachstehenden Glücksspielgeräte verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass durch die erwähnten Geräte
1) WEBAK Casino, Seriennummer: x, Gerätenummer x
2) MONACO, Seriennummer x
welche zumindest von 01.07.2008 bis 28.06.2012 in S, H, aufgestellt waren, obwohl der Verdacht besteht, dass mit diesen Glücksspielgeräten, mit dem in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz verstoßen wird.
Verwaltungsübertretungen nach
§ 53 Abs. 1 iVm §52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010
l. Zur Sicherung der Einziehung werden folgende Gegenstände in Beschlag genommen:
1) WEBAK Casino, Seriennummer: x, Gerätenummer x
2) MONACO, Seriennummer x
Rechtsgrundlage: §§53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 73/2010
1.2. Begründend führt die belangte Behörde auszugsweise wie folgt aus:
"Begründung:
Bei einer von den Organen des Finanzamtes Linz am 28.06.2012 um 15:29 Uhr durchgeführten Kontrolle nach dem Glückspielgesetz wurden die im Spruch näher bezeichneten Glücksspielgeräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden. Mit diesem wurden zumindest seit 01.07.2008 wiederholt Glücksspiele, in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne in der Höhe des jeweils Mehrfachen des gewählten Einsatzes bestand der Verdacht, dass mit den Geräten durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministerium für Finanzen nicht vorlag.
Durch die dienstlichen Wahrnehmungen der Kontrollorgane wurde festgestellt, dass der Spieler keine Möglichkeit hatte, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Dem Spieler war es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Spiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing bei allen diesen Spielen somit vorwiegend vom Zufall ab.
Die Inhaberin der BP Tankstelle, Frau B B, geb. X, gab zudem niederschriftlich im Wesentlichen an, dass die vorgefundenen Automaten seit 01.07.2008 im Lokal aufgestellt sind.
Über die Eigentumsverhältnisse bezüglich der Automaten gab B an, dass sich diese im Besitz von Herrn B befinden. Von 01.07.2008 bis 30.09.2011 wurde der Kasseninhalt zwischen Herrn B und Frau B 70 : 30 abgerechnet. Seit 01.10.2011 hätte sie die Geräte von Herrn B W angemietet. Gewinn und Verlust trage zur Gänze sie, Herr B bekomme jedoch eine Miete in der Höhe von 300,00 Euro pro Gerät. Der Mietvertrag wurde den Finanzbeamten in Kopie übergeben. Die Gewinne werden von der BP-Kasse ausbezahlt. Am nächsten Tag folge die Tagesabrechnung, dabei werden die Auszahlungszettel herausgenommen und von der Pokerkasse wieder aufgefüllt. Der verbleibende Rest des Geldes werde auf das Geschäftskonto einbezahlt. Bei den Fragen bezüglich der möglichen Spielarten, des Spielverlaufes, des Spieleinsatzes, der Höchstgewinne und zusätzlicher Gewinnmöglichkeiten gab Frau B zu Protokoll, dass sie dies nicht wisse. In der Handhabung der Geräte habe sie Herr B unterwiesen. Weiters wurden ihr zwei Schlüsselbunde mit jeweils einem Steckschlüssel für die Buchhaltung, einem Kassenschlüssel und einem Schlüssel für ein Vorhängeschloss übergeben. Das Entleeren der Gerätekassen und das Abrechnen der ausbezahlten Gewinne übernehme hauptsächlich der Mann von Frau B, Herr G B, der die Gerätekassen zuletzt am 26.06.2012 entleert hat. Wie viel Geld entnommen wurde könne sie nicht sagen. Bei Störungen an den Geräten werde Herr B verständigt. Wartungs-, Reinigungs- und Servicearbeiten führe ebenfalls Herr B durch. Da die Automaten selbständig und nicht über das Internet laufen, gebe es auch keine Datenleitung.
Von den kontrollierenden Organen wurden die Glückspielgeräte gemäß § 53 Abs. 2 vorläufig beschlagnahmt.
Der Eigentümer der Geräte und die Inhaberin der Tankstelle wurden mit der Bescheinigung über die vorläufige Übernahme gemäß § 53 Abs. 2 Glückspielgesetz aufgefordert sich binnen 4 Wochen bei der BH Gmunden als zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu melden. Eine diesbezügliche Meldung langte bisher bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden jedoch nicht ein.
[...]
Dazu stellt die Bezirkshauptmannschaft Gmunden fest (rechtliche Beurteilung):
Herr W B, geb. X, als Eigentümer der Geräte, sowie Frau B B, geb. X als Inhaberin der BP-Tankstelle haben seit 01.07.2008 die im Spruch angeführten Glücksspielgeräte selbständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben. Die erwähnten Firmen bzw. deren Verantwortliche haben daher Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG veranstaltet, da sie als Unternehmer Glücksspiele veranstaltet haben, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht haben und denen vom Unternehmer eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden ist.
Es lagen jedenfalls Ausspielungen vor, für welche keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz erteilt worden ist, eine Ausnahme nach § 4 GSpG lag nicht vor. Die Ausspielungen waren daher verboten.
Es wurde bei der Kontrolle weiters festgestellt, dass mit diesen Geräten wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt wurden. Es wurde den Spielern keine Möglichkeiten geboten, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen.
Die genannten Verantwortlichen stehen daher im Verdacht, ais Unternehmer mit den angeführten Glücksspielgeräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen und eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 2. 1 GSpG begangen zu haben.
Die Organe der Abgabenbehörde waren daher auch befugt, die Glücksspielgeräte aus eigener Macht vorläufig in Beschlag zu nehmen.
Die vorläufige Beschlagnahme der im Spruch genannten Geräte wurde im Zuge der Kontrolle durchgeführt.
Der dringende Verdacht, dass mit den Geräten Verwaltungsübertretungen iSd. Glücksspielgesetzes begangen worden sind, liegt somit eindeutig vor.
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen war für die Bezirkshauptmannschaft Gmunden erwiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme vorliegen.
Somit war wie im Spruch zu entscheiden."
2.1. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 8. Oktober 2012 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 22. Oktober 2012 per Fax rechtsfreundlich eingebrachte Berufung gleichen Datums, mit der die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides angestrebt wird.
Zur Begründung wird in der Berufung ausgeführt:
"Der Bescheid wird in seinem gesamten Inhalt angefochten.
Begründung:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 04.10.2012 zur Zahl POL96-175-2012 wurde gegenüber dem Einschreiter die Beschlagnahme eines x Casino mit der Seriennummer x und eines Monaco mit der Seriennummer x zur Sicherung der Einziehung in Beschlag genommen.
Begründend führte die Erstbehörde aus, dass der dringende Verdacht bestehe, dass mit den Geräten Verwaltungsübertretungen im Sinne des Glückspielgesetzes begannen worden seien. Die gesetzlichen Vorausaussetzungen für eine Beschlagnahme lägen somit vor.
Dem ist zu entgegnen.
1.)
Bei den gegenständlichen Geräten handelt es sich weder um Glückspielautomaten noch um elektronische Lotterien im Sinne des § 12a GSpG und ist ein Eingriff in das Glückspielmonopol des Bundes sohin denkunmöglich.
2.)
Dem Bescheid ist noch nicht einmal ein ansatzweiser Spielablauf zu entnehmen und kann dieser sohin nicht rechtlich überprüft werden.
3.)
Dem Bescheid ist noch nicht einmal zu entnehmen, ob Probespiele durchgeführt wurden und gegebenfalls welche auf welchem Gerät und mit welchen Einsätzen.
Es wird beantragt eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und alle bei der Kontrolle anwesenden Beamten einzuvernehmen, dies zum Beweis dafür, dass mit den gegenständlichen Geräten nicht in das Glückspielmonopols des Bundes eingegriffen werden kann.
4.)
Auf nachstehende Judikatur - zusammen- und dargestellt von Univ.Prof. Dr. Franz Leidenmühler, Institut für Europarecht, Johannes Kepler Universität Linz - wird hingewiesen:
Österreichische Monopolregelung im Glücksspiel als Beschränkung der Grundfreiheiten des Unionsrechts
1. Glücksspielmonopol als Beschränkung der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit
Die österreichische Regelung, wonach die Veranstaltung von elektronischen Lotterien ausschließlich vom (einzigen) Ausspielungskonzessionär (Österreichische Lotterien GmbH) durchgeführt werden darf (§ 3 iVm. § 12a u. § 14 GSpG) sowie die zur Absicherung erlassene Strafnorm des § 166 StGB und § 52 GSpG beschränken die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungs- (Art. 56 AEUV) sowie Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV). Zu dieser Auffassung ist mittlerweile auch der größte Teil des einschlägigen Schrifttums gelangt.
Siehe Griller/Reindl, Unvereinbarkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht, ZfV 1998, 234 ff.; Schwarte, Glücksspielmonopol mit Ablaufdatum, ecolex 1999, 582 ff. (584); Streit, Glücksspiel ohne Grenzen im Binnenmarkt?, MR 1999, 360 ff.; Wohlfahrt, Der Zweck heiligt nicht immer die Mittel, ecolex 2000, 166 ff. (167 f.); Leidenmühler/Plöckinger, Grenzüberschreitende Internet-Glücksspiele, ÖJZ 2006, 842 ff. (848); FaffelB, Österreichisches Glücksspielgesetz europarechtskonform?, ÖJZ 2008, 847 ff, (849); Leidenmühler, Internet-Glücksspiel und Dienstleistungsfreiheit nach 'Liga Portuguesa' - Weiterhin viele offene Fragen, EuLF 2010, 11-1 ff.; ders.. Das 'Engelmann'-Urteil des EuGH - Rien ne va plus für das österreichische Glücksspielgesetz, MR 2010, 247 ff.; BarbistPinggera, Zur Zulässigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols, EuZW 2010, 285 f.; Tafos/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 ff.; Koppensteiner, Der EuGH und das Glücksspiel, RdW 2011, 134 ff.; Leidenmühler, EuGH-Urteil Dickinger und Ömer; Neues zum Online-Glücksspiel, MR 2011, 243 ff.; Aquilina/Arzt, Der Kampf um den Glücksspielmarkt geht in die nächste Runde, ecolex 2011, 1070 ff. (1072); Kohl, Straflosigkeit von konzessionslosem Glücksspiel?, ZfV 2011, 756 ff.
Auch immer mehr Gerichte kommen mittlerweile zum Ergebnis der Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Glücksspielregelungen.
Siehe z.B. LG Korneuburg 8.6.2007, 2 Cg 81/07 y; HG Wien 11.7.2007, 17 Cg 37/07 h-4; LG Ried 14.3.2011, 22 Bl 33/08 d; LG Linz 22.3.2012, 1 Cg 190/11 y-14; LG Ried 23.4.2012, 22 Bl 13/12 v; LG Ried 23.7.2012, 22 Bl 29/12x.
Und zuletzt hat der EuGH in seiner Entscheidung in der Rs. Dickinger und Ömer hinsichtlich der österreichischen Rechtslage festgestellt:
'41. Eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die des Ausgangsverfahrens, die die Veranstaltung und die Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Anbieters unterwirft und es allen anderen - auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen - Anbietern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten, stellt eine Beschränkung des in Art. [56 ABU V] verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs dar'
Eine Regelung wie die österreichische, 'die die Veranstaltung und die Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Anbieters unterwirft und es allen anderen - auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen - Anbietern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Leistungen anzubieten' beschränkt nicht nur den freien Dienstleistungsverkehr, wie vom EuGH in der Rs. Dickinger und Ömer ausdrücklich festgestellt, sondern auch die Niederlassungsfreiheit jener Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten, die nicht nur - wie die Dienstleistungserbringer - vorübergehend, sondern dauerhaft Leistungen in Österreich anbieten wollen.
So ist auch der EuGH schon in seinem Urteil im Fall Engelmann (EuGH, Rs. C-64/08, Engelmann) davon ausgegangen, dass sich die Regelungen des österreichischen GSpG auch an der Niederlassungsfreiheit messen lassen müssen (Rz. 28 u. 32).
2. Beschränkung der Grundfreiheiten nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen zulässig; Ausnahmen zu den Grundfreiheiten sind eng auszulegen
Der EuGH gesteht den Mitgliedstaaten in ständiger Rsp. zwar zu, in die Grundfreiheiten des Binnenmarkts, etwa durch Errichtung einer Monopolregelung, einzugreifen, dies aber nur ganz ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen.
Siehe EuGH, Rs. C-260/89, ERT. Rz. 24, wonach Ausnahmen zu den Grundfreiheiten immer 'eng auszulegen' sind. Ähnlich EuGH, Rs. C-273/97, Sirdar, Rz, 16: Ausnahmen nur 'in ganz außergewöhnlichen Fällen'.
Im Folgenden wird dargelegt, dass derzeit weder die vom EuGH geforderten verfahrensmäßigen Vorgaben (I.), noch die materiellen Voraussetzungen (II.) für eine zulässige Beschränkung der Grundfreiheiten von Anbietern aus anderen Mitglied Staaten erfüllt sind.
I. Verfahrensrechtliche Vorgabe des Unionsrechts für die Zulässigkeit einer Monopolregelung im Glücksspielbereich: Nichtdiskriminierung und Transparenz
In seinem Urteil im Fall Engelmann hat der EuGH die Kriterien für die Vergabe der Konzessionen im Zusammenhang mit dem österreichischen GSpG klargestellt. Der EuGH weist darauf hin, dass
'49. [...] die öffentlichen Stellen, die solche Konzessionen vergeben, [...] die Grundregeln der Verträge, insbesondere Art. [49] und [56 AEUV ...] zu beachten haben'.
Aus den betreffenden Bestimmungen über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit leitet der EuGH ein Diskriminierungsverbot sowie ein Transparenzgebot ab.
Aus diesem Grund hat er die damals gegebene Verpflichtung der Konzessionsinhaber, ihren Sitz im Inland zu haben, als unvereinbar mit der in Art. 49 AEUV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit angesehen (Rs. C-64/08, Engelmann, Rz. 32).
Außerdem stellte nach Auffassung des EuGH die ohne angemessenen Grad an Öffentlichkeit durchgeführte Vergabe einer Konzession an einen Wirtschaftsteilnehmer, der in dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, dem der öffentliche Auftraggeber angehört (die Österreichische Lotterien GmbH), eine Ungleichbehandlung zum Nachteil von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern dar, die keine reale Möglichkeit hatten, ihr Interesse an der fraglichen Konzession zu bekunden. Eine derartige Ungleichbehandlung verstößt laut EuGH daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und stellt eine (mittelbare) Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, die nach den Art. 49 und 56 AEUV verboten ist.
Siehe EuGH, Rs. C-64/08, Engelmann, Rz. 43, 51 u. 58. Zum Transparenzgebot vgl. Stadter/Aquilina, Der unionsrechtliche Transparenzgrundsatz im Glücksspiel, ecolex2010, 813 ff.
Ob mit der im Jahr 2011 auf Basis der GSpG-Novelle 2011 (BGBl. I Nr. 111/2010) durchgeführten Neuvergabe der Konzession für Ausspielungen gem. § 14 GSpG den Anforderungen des EuGH an ein nicht-diskriminierendes und transparentes Verfahren tatsächlich Genüge getan wurde, ist zu bezweifeln (Verfahren vor dem VfGH laufen). Die vom EuGH im Urteil Engelmann festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten wurden immer noch nicht beseitigt.
Zwar wurde das Sitzerfordernis für die Ausspielungskonzession derart abgeändert, dass ein Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausreichend wäre, allerdings nur, wenn der potentielle Konzessionär auch im anderen Mitgliedsstaat, in dem er niedergelassen ist, über eine 'vergleichbare Lizenz' verfügt. Andernfalls muss der Konzessionär, im Fall einer erfolgreichen Bewerbung, eine Niederlassung in Österreich gründen. Die Erläuternden Bemerkungen des Ministerialentwurfs (zu den §§ 14 und 21 GSpG) führen weiters aus, dass es die Pflicht der Bewerber (!), die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, ist, den Nachweis der Vergleichbarkeit der Konzessionen sowie eine Erklärung der ausländischen Glücksspielaufsichtsbehörde zur Bereitschaft zur Verwaltungszusammenarbeit mit den österreichischen Behörden beizubringen.
Diese Änderungen durch die GSpG-Novelle 2011, auf deren Grundlage das Vergabeverfahren für die Ausspielungskonzession durchgeführt wurde, diskriminieren Konzessionswerber aus anderen Mitgliedstaaten weiterhin, weil es für Konzessionswerber aus Österreich ausreicht, einen Sitz im Inland zu haben, während Interessenten aus anderen Mitgliedstaaten zahlreiche Hürden zu absolvieren haben: Selbst mit einem Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat muss eine vergleichbare Lizenz in diesem Mitgliedstaat nachgewiesen und die Erklärung der dortigen Behörde beigebracht werden, während ein österreichischer Bewerber keines von beidem vorweisen muss. Darüber hinaus lässt die Bestimmung 'vergleichbare Aufsicht und Kontrolle im Ausland' der österreichischen Behörde einen allzu weiten Ermessensspielraum. Eine Erklärung seitens der ausländischen Glücksspielbehörde, die der Bewerber einholen muss, ist nicht rechtfertigbar. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es die Pflicht der österreichischen Behörden (und nicht des Bewerbers), die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden aufrecht zu erhalten.
Zudem war die Vergabe der Ausspielungslizenz an Kriterien geknüpft, die auf den bisherigen Konzessionsinhaber, die x GmbH zugeschnitten waren (Mindestkapital, Namensaktien, Verbot von Filialbetrieben außerhalb Österreichs, Bestellung eines Staatskommissärs usw.) und über das zur Zielerreichung erforderliche hinausgehen und daher mit der Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar sind.
Siehe Talos/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 ff- (1007}; Leidenmühler, Internet-Glücksspiel und Dienstleistungsfreiheit nach 'Liga Portuguesa' -Weiterhin viele offene Fragen, EuLF 2010, 11-1 ff. (4); Kattinger, Als ob Casinos Austria ausgeschrieben hätte, NZZ v.27.12.2011.
Dies führt zum Ergebnis, dass das GSpG selbst nach den Novellierungen 2011 weiterhin nicht unionsrechtskonform ausgestaltet ist und die Konzessionsvergabe an die x GmbH nicht in einem den Anforderungen des Unionsrechts genügenden Verfahren erfolgt ist.
Eingehend Stadler/Aquiline, Das Engelmann-Urteil und seine Auswirkungen auf Österreich, TIME Law News 05/2010,10