Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167403/4/Br/Ai

Linz, 20.12.2012

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der  unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung  des Herrn X,  geb. X,  X, X,  vertreten durch Mag. X als gesetzlicher Vertreter, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Urfahr-Umgebung, vom 5. November 2012, Zl. VerkR96-4865-2012-STU,  zu Recht:

 

 

 

I.                  Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen;

von der Verhängung einer Strafe wird jedoch abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

 

II.    Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 21, § 24, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 50/2012 - VStG.

Zu II.: § 65 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die  Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat  mit  dem  oben bezeichneten  Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 88a iVm § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960, eine Geldstrafe in Höhe von 30 Euro und für den im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen 15 Stunden verhängt, wobei ihm sinngemäß zur Last gelegt wurde er habe am 08.08.2012, 17:00 Uhr, in X auf der L 581, Hansberg Landesstraße, bei Strkm. 35,400 die Fahrbahn mit Rollschuhen in der Längsrichtung befahren, wobei die Ausnahmen iSd § 88a Abs.1 Z1 - 4 StVO nicht vorgelegen haben

 

 

 1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung führte in der Begründung des Straferkenntnisses folgendes aus:

"Auf Grund einer Anzeige der Polizeiinspektion X vom 08. August 2012 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach mit Strafverfügung vom 10. August 2012, VerkR96-1604-2012, wegen der im Spruch näher angeführten Verwaltungsübertretung über Sie eine Geldstrafe von 30,00 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Stunden verhängt.

 

Mit Schriftsatz vom 22. August 2012 erhoben Sie Einspruch gegen die Strafverfügung und gaben an, Ihren Einspruch im Rahmen des ordentlichen Verfahrens näher zu begründen.

 

Daraufhin wurde das Verfahren gemäß § 29a VStG 1991 an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung abgetreten.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 03. September 2012 wurde Ihnen die Möglichkeit geboten, sich zu der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen.

 

In Ihrer Rechtfertigung vom 19. September 2012 führten Sie aus, dass Sie langjähriges Mitglied des Langlaufkaders des Oberösterreichischen Landesschiverbandes sowie der Union X seien. Sie würden Wettkämpfe auf nationaler und internationaler Ebene als Langläufer bestreiten. Im Rahmen Ihres Trainingsplanes hätten Sie am Tattag eine Trainingseinheit absolviert und dabei keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet.

 

Sie hätten durch Ihr Trainingsverhalten den Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsüber­tretung nicht erfüllt, da Sie im Rahmen Ihrer Trainingseinheit die Fahrbahn nicht mit Rollschuhen befahren hätten. Ihre Trainingsausrüstung würde nicht aus Rollschuhen bestehen. Diese könne Ihr Trainer bestätigen.

 

Darüber hat die Behörde wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 88a Abs. 1 StVO 1960 ist das Rollschuhfahren auf Gehsteigen, Gehwegen und Schutzwegen erlaubt. Das Befahren der Fahrbahn mit Rollschuhen in der Längsrichtung ist verboten.

 

Derartige Verwaltungsübertretungen sind gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu ahnden.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991 genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse steht für die Behörde bei freier Beweiswürdigung fest, dass Sie die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen tatsächlich begangen haben, da Sie eine Fahrbahn mit Rollschuhen in der Längsrichtung befahren haben, obwohl dies verboten ist.

 

Ihren Rechtfertigungsangaben, Sie hätten im Rahmen Ihrer Trainingseinheit die Fahrbahn nicht mit Rollschuhen befahren, konnte nicht gefolgt werden, da nach rechtlicher Auffassung des BMVIT, Bundesministerium für Verkehr Innovation und Technologie, Trendsportgeräte wie Inline-Skater und auch die von Ihnen verwendete Ausrüstung (Rollskier) als Rollschuhe im Sinne des § 88a Abs. 1 StVO 1960 zu klassifizieren sind und demnach die Fahrbahn in Längsrichtung mit diesen Rollskiern nicht befahren werden darf.

 

Daher waren seitens der Behörde die von Ihnen vorgebrachten Beweismittel (Zeugeneinvernahme des Trainers als auch des Meldungslegers) im Ermittlungsverfahren nicht näher zu prüfen und keine weiteren Erhebungen durchzuführen, da diese keinen Einfluss auf die oben zitierte Rechtslage nehmen und diese Ermittlungen lediglich eine Verzögerung des Verfahrens bewirkt hätten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gelangt daher zur Ansicht, dass die Ihnen vorgeworfene Verwaltungsübertretung objektiv als erwiesen angesehen werden muss.

 

Die Strafbemessung erfolgte entsprechend den Bestimmungen des § 19 VStG 1991 unter Berücksichtigung Ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten. Diese wurden von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung in der Aufforderung zur Rechtfertigung geschätzt: Diese Angaben haben Sie im Rahmen Ihrer schriftlichen Rechtfertigung vom 19. September korrigiert und wurden Ihre Angaben der Strafbemessung ebenso zu Grunde gelegt, wie der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß Ihres Verschuldens.

 

Erschwerende Umstände traten im Verfahren nicht zu Tage.

Mildernd war Ihre verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist im § 64 VStG 1991 gesetzlich begründet."

 

 

1.1. Dieser Rechtsansicht ist dem Grunde nach zu folgen!

 

 

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Diese wird wie folgt ausgeführt:

"Im Verwaltungsstrafverfahren GZ VerkR96-4865-2012-STU erstatte ich gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17.10.2012, welches mir am 29.10.2012 zugestellt wurde, binnen offener Frist nachstehende

 

BERUFUNG

und führe diese aus wie folgt:

 

Der obzitierte Bescheid wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

Als Berufungsgründe werden unrichtige rechtliche Beurteilung und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

 

Die erkennende Behörde legt mir eine Verwaltungsübertretung durch Verletzung der Rechtsvorschrift § 88a Abs. 1 StVO zur Last.

Die Bestimmung des § 88a StVO regelt ausdrücklich die Verwendung von Rollschuhen.

 

Der Tatbestand des § 88a StVO wird lediglich durch herkömmliche Rollschuhe (mit je 2 Rollen vorne und hinten) und Inlineskater-Rollschuhe (4 Rollen in einer Reihe) verwirklicht (siehe auch Grundtner, ZVR 2000/74 bzw. VerkReftagung 27. und 28.4.1999, VSt-48/195).

 

Allenfalls verwendete Trendsportgeräte oder Trainingsgeräte sind jedenfalls nicht unter die Bestimmung des § 88a StVO subsumierbar. Die Bestimmung des § 88a StVO wurde im Rahmen der 20. Novelle zur StVO als Spezialnorm ausdrücklich für Rollschuh-Benutzer geschaffen. Der rechtlichen Ausführung der erkennende Behörde kann daher keineswegs gefolgt werden. Tatsächlich ist nach herrschender Auffassung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie die Verwendung von Trainingsgeräten wie Rennräder oder auch Roll-Schier auf Fahrbahnen erlaubt (siehe Beilage). Durch deren Benützung dürfen andere Verkehrsteilnehmer weder behindert noch gefährdet werden. Ich habe zum vermeintlichen Tatzeitpunkt keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet.

 

Ich habe die Fahrbahn zum Tatzeitpunkt tatsächlich nicht mit Rollschuhen im Sinne des § 88a Abs.1 StVO in Längsrichtung befahren, sodass § 88a StVO nicht zur Anwendung kommen kann. Die erkennende Behörde hat den Sachverhalt sohin- einer vollkommen unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterzogen, sodass der Bescheid mit materieller Rechtswidrigkeit behaftet ist.

 

Überdies habe ich in meiner Rechtfertigungsschrift vom 19.9.2012 verschiedene Beweismittel angeführt. Die Behörde hat die von mir vorgebrachten Beweismittel im Rahmen des Ermittlungsverfahrens in keiner Weise berücksichtigt und hat keinerlei weiterführende Erhebungen durchgeführt. Die Behörde hat somit den tatsächlichen Sachverhalt nicht erhoben. Sie hat dadurch gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit und der Unbeschränktheit der Beweismittel verstoßen. Meine Verteidigungsrechte wurden massivst beeinträchtigt. Das Ermittlungsverfahren ist deshalb mangelhaft, der Bescheid verstößt gegen elementares Verfahrensrecht.

 

Aus den oben angeführten Gründen ist der bekämpfte Bescheid GZ VerkR96-4865-2012-STU ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

Ich stelle daher den

 

Antrag

 

die Berufungsbehörde möge den obzitierten Bescheid zur Gänze aufheben und das Verfahren einstellen.

 

Für den Fall, dass meiner Berufung nicht stattgegeben wird, stelle ich das

 

Ansuchen

 

um Nachsicht der verhängten Strafe, da ich als Schüler über keinerlei Einkommen verfüge.

X, am 10.11.2012                              X"  (mit e.h. Unterschrift)

 

 

 

3.  Die Berufung wurde dem Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. vorgelegt.  Somit  ist die Zuständigkeit  des  unabhängigen Verwaltungssenates  gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende  Geldstrafe  verhängt  wurde,  durch  das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied   zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung  konnte in Verbindung mit dem unter Beiziehung des gesetzlichen Vertreters gewährten Parteiengehör, sowie der sich bloß auf die Lösung der Rechtsfrage beschränkenden Berufung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG). 

 

 

4.    Der    unabhängige    Verwaltungssenat   des   Landes Oberösterreich  hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme  in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt, sowie durch Erörterung der Sach- u. Rechtslage im Rahmen des h. Schreibens an den Berufungswerber vom 3.12.2012 und dessen niederschriftlichen Anhörung am 18.12.2012. Eingeholt wurde ferner ein Auszug aus den parlamentarischen Materiealien zu § 88a StVO (RV 713 dBeilStenProt.XXGP).

 

 

5. Sachverhalt:

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber am 8.8.2012 um 17:00 Uhr auf der L581, bei Strkm 35.400, im Rahmen seines organisierten Trainings  mit seinen Roll-Schiern auf der Fahrbahn - laut Einschätzung des Meldungslegers verkehrsbehindernd - unterwegs war. Der Berufungswerber wurde vom Meldungsleger mit dessen Dienstwagen überholt und laut Berufungswerber derart zur Anhaltung gebracht, dass er Mühe hatte mit dem Sportgerät nicht gegen das Dienstfahrzeug zu stoßen.  Auf diesem Straßenzug herrscht laut Berufungswerber nur wenig Verkehr.  Über die Art des Einschreitens, deretwegen vom gesetzlichen Vertreter des Berufungswerbers eine Richtlinienbeschwerde erhoben wurde, ist hier nicht zu befinden.

Der 17-jährige Berufungswerber vertrat anlässlich der Anhaltung gegenüber dem Meldungsleger den Standpunkt, dass er nun schon acht Jahre lang zu Trainingszwecken so unterwegs wäre, sodass er  in seinem Tun eine Rechtswidrigkeit nicht zu sehe, weil er diesbezüglich auch noch nie beanstandet worden wäre. Ihm wurde  vom Straßenaufsichtsorgan letztlich die Weiterfahrt untersagt, wobei ihm, laut seiner Darstellung vor dem Unabhängige Verwaltungssenat, widrigenfalls sogar die Festnahme angedroht wurde. In der Folge habe er sich von seinem Bruder vom Ort der Anhaltung abholen lassen.

Angesichts der nicht ausdrücklichen Erwähnung seines Sportgerätes in den Rechtsvorschriften vertrete er die Auffassung, in der Benützung der Fahrbahn mit diesem Gerät eine Rechtwidrigkeit nicht sehen zu können.

Der Berufungswerber hinterließ bei seiner Anhörung einen sachlichen und sehr positiven Eindruck, wobei er den damaligen Ablauf und die Abstimmung auch der damaligen Trainingsfahrt mit seinem Trainer darstellte. Mit dem Trainer telefonierte selbst der Meldungsleger über Anregung des Berufungswerbers  im Zuge der Amtshandlung, wobei dies an der Untersagung der Weiterfahrt offenbar nichts änderte.

Seine Darstellung ist durchaus glaubwürdig, wobei offenbar kein subjektives Unrechtsbewusstsein über diese Art seiner Trainingstätigkeit vorlag. Zwischenzeitig versuche er Trainingsläufe auf öffentlichen Verkehrsflächen im Wege einer behördlichen Bewilligung ermöglicht zu bekommen.

 

 

5.1. Dennoch vermag auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat  seine durchaus legitim erscheinende Rechtsauffassung nicht geteilt bzw. dieser nicht gefolgt werden.

Das es sich bei einem Rollschuh, Inlineskater und wohl auch bei einem Roll-Schie um kein Fahrzeug handelt, geht selbst aus den vom Berufungswerber  im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten – im Akt einliegenden -  Unterlagen klar hervor. Insbesondere mit Blick auf das typische Verkehrsgeschehen lässt der Roll-Schie als Sport- und/oder Trainingsgerät eine differenzierte Beurteilung nicht zu.

 

 

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 88a StVO 1960 ist das Rollschuhfahren auf Gehsteigen, Gehwegen und Schutzwegen erlaubt. Das Befahren der Fahrbahn ist jedoch mit Rollschuhen in der Längsrichtung verboten; ausgenommen von diesem Verbot sind:

1. Radfahranlagen, nicht jedoch Radfahrstreifen außerhalb des Ortsgebietes,

2. Wohnstraßen und Fußgängerzonen,

3. Fahrbahnen, die gemäß § 88 Abs.1 StVO vom Verbot des Spielens auf der Fahrbahn ausgenommen wurden und

4. Fahrbahnen, auf denen durch Verordnung der zuständigen Behörde das Fahren mit Rollschuhen zugelassen wurde.

Die hier zu klärende Frage ist, inwieweit ein Roll-Schie ebenfalls dieser Regelung und damit dem Verbot subsumierbar ist, wobei selbst die vom Berufungswerber im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegten Materialien  für die Auslegung des § 88a StVO in seinem Sinn nichts gewinnen lassen.

Die Straßenverkehrsordnung weist den Straßenbenützern, je nach der Art der Verwendung dieser Verkehrsflächen, verschiedene Verkehrsflächen zu. Dies gelangt insbesondere durch die Einfügung des § 88a StVO, durch BGBl. I Nr.  92/1998 zum Ausdruck.  

 

 

6.1. Die Gesetzesmaterialien besagen dazu im Ergebnis, dass "mit § 88a StVO insbesondere der immer mehr zu einem Massensport werdenden Verwendung von sogenannten „Inline-Skates“ Rechnung zu tragen sei; es handle  sich bei dieser Art von Geräten um Rollschuhe, bei denen die Räder nicht paarweise, sondern in einer Reihe hintereinander angebracht sind. Da die Fortbewegung mit solchen Rollschuhen oft höhere Geschwindigkeiten nach sich zöge, als sie von Fußgängern erreicht würden, sodass zur Konfliktvermeidung in Zukunft das Befahren von Radfahranlagen mit Rollschuhen grundsätzlich gestattet sein solle. Weil es aber einerseits von der Gestaltung der Radfahr­anlage abhinge, ob eine Benützung durch Rollschuhfahrer sinnvoll und unbedenklich ist, und es sich andererseits bei den genannten Radfahranlagen um Straßen handelte, hätte die Behörde die Möglichkeit, durch Verordnung gemäß § 43 StVO die Benützung durch Rollschuhfahrer zu verbieten, wenn dies im konkreten Fall geboten erschiene.

Da die Fortbewegung mit Rollschuhen immer weitere Verbreitung fände und sich nicht mehr nur auf Zwecke der Freizeitbeschäftigung oder der sportlichen Betätigung beschränkte, sei die Schaffung klarer Regeln für das Verhalten von und gegenüber Rollschuhfahrern angezeigt. In Verbindung mit der neugeschaffenen Benützungserlaubnis von Radfahranlagen für Rollschuhfahrer und der bereits bisher bestehenden Möglichkeit des Rollschuhfahrens auf Gehsteigen und Gehwegen, seien demnach Bestimmungen zu schaffen gewesen, um das Verhältnis der Rollschuhfahrer zu den Verkehrsteilnehmern, deren Verkehrsflächen sie mitbenützen, in geordnete Bahnen zu lenken, und andererseits die Ausübung der neuen Fortbewegungs­methode nicht durch eine Überfrachtung mit Sonderregeln übermäßig zu erschweren. Daher wurde festgelegt, dass sich Rollschuhfahrer – soweit dies jeweils sinnvoll ist – bei Benützung von Radfahr­anlagen wie Radfahrer und bei Benützung von Fußgängerflächen wie Fußgänger zu verhalten haben." (sinngem. Auszug aus der Regierungsvorlage, 713 dBeilStenProt. XXGP).

 

 

6.2. Da der Gesetzgeber demnach den Begriff "Rollschuh / Inlineskate" offenbar nicht taxativ, sondern logisch besehen nur demonstrativ verwendet, muss hinter diesen beiden Benennungen von "Geräten" auch ein vergleichbares Sport- oder Trainingsgerät, wie hier der "Roll-Schie," begriffen werden. Ansonsten bräuchte ein Erzeuger letztlich nur einem in seiner Benützungsart im Ergebnis funktionsgleichen Gerät bloß eine andere Bezeichnung geben um es dem Regime der StVO zu entziehen. Eine solche Absicht kann dem Gesetzgeber mit Blick auf den Schutzweck der StVO nicht zugesonnen werden. Letztlich untermauern es auch die logischen Denkgesetze, dass mit dem vom Berufungswerber verwendeten Roll-Schie auf der Straße der Fahrzeugverkehr potenziell behindert werden kann was – zumindest abstrakt – die Verkehrssicherheit gefährdet. In diesem Sinne wurde dies offenbar auch vom Organ der Straßenaufsicht wahrgenommen.

Schließlich findet sich auch keine sachliche Grundlage, dass just mit Roll-Skiern auch die Fahrbahn befahren werden dürfte. Dagegen spricht nicht zuletzt selbst die Begriffsbestimmung des § 2 Abs.1 lit.1 Z2 u. Z19 StVO 1960 worin die Fahrbahn als der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße definiert ist.

Selbst die Judikatur der ordentlichen Gerichte setzte sich in diesem Sinne, etwa betreffend die "Micro-Scooter als Fortbewegungsmittel mit Verweis auf fahrzeugähnliches Kinderspielzeug (zum Beispiel Skate-, Snake- oder Kickboards)" auseinander. Die Benützer von Micro-Scootern dürfen dieser Judikatur zur Folge Gehsteige oder Gehwege nur dann befahren, wenn die in § 88 Abs.2 StVO geregelten Voraussetzungen hiefür gegeben sind. Dies gelte ebenfalls für "vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmten Kleinfahrzeuge"  (OGH 24.09.2008 2 Ob 18/08y).

Der § 88 Abs.2 StVO zielt  in diesem Zusammenhang ebenfalls auf den Gefährdungsaspekt übriger Verkehrsteilnehmer.

 

Daher konnte dem Berufungswerber in seiner Rechtsmeinung, selbst mit seinem Hinweis in ZVR 2000/74 nicht gefolgt werden, indem diese einmal mehr bloß darauf hinausläuft, dass ein Roll-Schie nicht analog dem Rollschuh oder Inlineskate qualifizierbar wäre.

Abschließend vermeint der Unabhängige Verwaltungssenat, dass diese Rechtsfrage, soweit überblickbar, durch den Verwaltungsgerichtshof bislang noch nicht endgültig geklärt ist.

 

 

6.2. Zum Unrechts- u. Schuldgehalt dieses Regelverstoßes:

Nach § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Ein Benützer der Fahrbahn mit einem nicht verkehrstypischen Gerät als Fortbewegungsmittel – hier wohl zu Trainingszwecken – ist grundsätzlich verpflichtet, sich über die auf dem Gebiet ihrer Tätigkeit erlassenen Vorschriften zu informieren. Unkenntnis dieser Vorschriften vermag vor einer Bestrafung grundsätzlich nicht zu schützen.

Sehr wohl kann jedoch das Verschulden des noch mj. Berufungswerbers hier grundsätzlich als bloß geringfügig und konkret beurteilt auch die Übertretungsfolgen auf der wohl eher verkehrsarmen Landesstraße als bloß unbedeutend iSd § 21 Abs.1 VStG qualifiziert werden.

Dies insbesondere vor dem Hintergrund der glaubhaft dargelegten Situation seiner bislang stets unbeanstandet gebliebenen Trainingspraxis, in Verbindung mit der nicht ausdrücklichen Aufzählung dieses Sportgerätes im § 88a StVO. Daher kann mit gutem Grund  von einem fehlenden aktuellen Unrechtsbewusstsein ausgegangen werden. Ebenfalls scheinen keine nachteiligen Auswirkungen auf andere Verkehrsteilnehmer evident.

Vor diesem Hintergrund konnte in Anwendung des § 21 VStG mit einer bloßen Ermahnung, des sich im Ergebnis einsichtig zeigenden Berufungswerbers,  das Auslangen gefunden werden.

Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach der ständigen  Rechtsprechung ist das Verschulden geringfügig, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH v. 25.8.2010, 2010/03/0066  mit Hinweis auf VwGH 20.3.2002, 2000/03/0139).

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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