Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167406/2/MZ/WU

Linz, 09.01.2013

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. November 2012, GZ: S 2582/ST/12, betreffend eine Übertretung des Kraftfahrgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird hinsichtlich den Schuldausspruch als unbegründet abgewiesen.

 

II.              Der Berufung wird hinsichtlich der Strafe insofern stattgegeben, als das Strafausmaß auf 50 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf zehn Stunden und der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf fünf Euro herabgesetzt wird.

 

III.          Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: §§ 24, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

zu III.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 30. März 2012, GZ VerkR96-1553-2012, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) angelastet, sich am 26. März 2012 um 10.50 Uhr in der Gemeinde X, B 127 bei km 22.4000, als Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt zu haben, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt worden sei, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es sei festgestellt worden, dass die linke Spiegelhalterung gebrochen und der Spiegel mangelhaft befestigt war.

 

Der Bw habe dadurch § 102 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG 1967 verletzt, weshalb gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 80,00,- EUR, ersatzweise 16 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurden.

 

1.2. Gegen diese Strafverfügung erhob der Bw mit E-Mail vom 3. April 2012 rechtzeitig Einspruch. Diesem beigefügt sind Bilder des beanstandeten Außenspiegels, denen – so das Vorbringen des Bw – der vorschriftsmäßige Zustand des Spiegels zu entnehmen sei.

 

1.3.1. Zur Führung des ordentlichen Strafverfahrens wurde dieses in Folge gemäß § 29a VStG an die Bundespolizeidirektion Steyr abgetreten. Aufgrund der Sicherheitsbehördenneustrukturierung erfolgte weiters ein Zuständigkeits-übergang auf die Landespolizeidirektion Oberösterreich.

 

1.3.2. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. November 2012, GZ: S 2582/ST/12, dem Bw zugestellt am 26. November 2012, wurde der Bw im Sinne der beeinspruchten Strafverfügung bestraft.

 

Das Straferkenntnis stützt sich begründend im Wesentlichen auf die am 26. März 2012 am Ort der Anhaltung durchgeführte Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG durch einen verkehrstechnischen Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung. Der Bw habe im Zuge einer Parteienvernehmung angegeben, dass die Spiegelhalterung angeschweißt, die Schweißnaht mit Isolierband verdeckt und das Isolierband mit Draht gesichert worden sei, weshalb ein vorschriftsmäßiger Zustand gegeben gewesen wäre. Laut Untersuchung des Amtes der Landesregierung habe es sich jedoch nur um eine behelfsmäßige Befestigung gehandelt, die nicht ausreichend gewesen sei, den Außenspiegel auf die erreichbare Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeuges hin zu sichern. Es werde davon ausgegangen, dass die erreichbare Höchstgeschwindigkeit des überprüften PKW bei 140 km/h oder höher liege, weshalb spruchgemäß zu entscheiden sei.

 

Ausführungen hinsichtlich der Bemessung der Strafe finden sich keine.

2. Gegen das dem Bw laut im Akt befindlichen Rückschein am 26. November 2012 zugestellte Straferkenntnis erhob dieser mit E-Mail vom gleichen Tage rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung (welches fälschlicherweise als "Einspruch" bezeichnet wird).

 

Inhaltlich bringt der Bw sinngemäß vor, dass sich das Spiegelglas verstellen ließ, weshalb auch die Spiegelhalterung in festem Zustand gewesen sein musste. Das KFZ habe bei der späteren Überprüfung durch die Landesregierung gemäß § 57a KFG 1967 ohne Mängel bestanden. Der zu diesem Zeitpunkt bereits demontierte, beanstandete Spiegel samt Halterung sei von ihm jedoch zur Überprüfung mitgebracht und vorgezeigt worden, worauf der Techniker dem Bw gegenüber dessen Mangelfreiheit erklärt habe.

 

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 29. November 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG). Eine solche wurde im Übrigen vom Bw auch nicht beantragt.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Am 26. März 2012 um 10.50 Uhr in der Gemeinde X, B 127 bei km 22.4000, wurde der vom Bw gelenkte PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X, einer verkehrstechnischen Überprüfung unterzogen. Bei dieser Überprüfung war mit Herrn X ein Verkehrstechniker des Amtes der Oö. Landesregierung vor Ort anwesend. Dem von diesem ausgestellten und im Akt befindlichen Teiluntersuchungsgutachten gemäß § 58 KFG 1967 zufolge wurde beim genannten KFZ ein erkennbarer schwerer Mangel in der Form festgestellt, als die linke Spiegelhalterung gebrochen und mangelhaft befestigt war. Das Fahrzeug befand sich daher nicht in verkehrs- und betriebssicherem Zustand. Das Gutachten trägt die Unterschrift des genannten Sachverständigen sowie den Stempel der Landesprüfstelle OÖ.

Der Bw ist ledig, Pensionist und verfügt über 700,- EUR netto monatlich.

 

3.4. Gegen die in Punkt 3.3. getroffene Sachverhaltsannahme bringt der Bw vor, nach Auswechslung des Spiegels die beanstandete Halterung, die also zu diesem Zeitpunkt schon demontiert war, im Zuge der Überprüfung des KFZ gemäß § 57a KFG 1967 mitgebracht und einem anwesenden Techniker gezeigt zu haben. Dieser hätte ihm mitgeteilt, dass seiner Ansicht nach kein vorschriftswidriges Verhalten bestanden habe. Um das Gutachten des Amtssachverständigen der Landesprüfstelle zu entkräften, hätte der Bw – wie vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung gefordert – diesem durch ein Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene gegenüber treten müssen. Da dies nicht geschehen ist, wird daher von der Korrektheit des Gutachtens ausgegangen. Nicht nachvollziehbar ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich das Vorbringen des Bw, die Spiegelhalterung sei in festem Zustand gewesen, da sich das Spiegelglas verstellen ließ. Zumindest solange die Außenspiegelhalterung nicht herabhängt, sollte sich nach allgemeiner Lebenserfahrung an der Verstellbarkeit des Spiegels selbst auch nichts ändern.

 

3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967, BGBl 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I 2012/50, lauten wie folgt:

 

"Bauart und Ausrüstung der Kraftfahrzeuge und Anhänger

 

§ 4. Allgemeines

 

(1) […]

 

(2) Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

 

§ 102. Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers

 

(1) Der Kraftfahrzeuglenker darf ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 besteht. […]

 

§ 134. Strafbestimmungen

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. […]"

 

4.2. Wie dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich  mangels jeglicher Anhaltspunkte nicht in Zweifel gezogenen Gutachten des Verkehrstechnikers des Amtes der Oö. Landesregierung, Herrn X, zu entnehmen, wurde beim vom Bw gelenkten KFZ ein erkennbarer schwerer Mangel in der Form festgestellt, als die linke Spiegelhalterung gebrochen und mangelhaft befestigt war. Das Fahrzeug befand sich daher laut Gutachten nicht in verkehrs- und betriebssicherem Zustand.

 

Im Sinne des § 4 Abs 2 KFG 1967 ist bei mangelhafter Befestigung eines Außenspiegels davon auszugehen, dass vom KFZ bei sachgemäßem Betrieb Gefahren insbesondere für andere Straßenbenützer ausgehen. Vor allem ist hier an unmittelbare Gefährdungen im Falle des sich Loslösen des Spiegels von dem KFZ während der Fahrt zu denken. Besonders bei höheren Geschwindigkeiten ist dabei von einer massiven Gefährdung nachfolgender KFZ aber auch anderer Straßenbenützer auszugehen. Darüber hinaus stellt der Verlust eines Außenspiegels aber auch insofern eine Gefahr für andere Straßenbenützer – wie in weiterer Folge auch für den Lenker bzw die Insassen des betroffenen KFZ selbst – dar, als der Verlust dieser Sicherheitseinrichtung eine erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit mit sich bringt.

 

4.3. Der Bw hat es, da der beanstandete Mangel unzweifelhaft nicht erst während der Fahrt aufgetreten ist, unterlassen, sich vor Inbetriebnahme des KFZ davon zu überzeugen, dass das von ihm zu lenkende Fahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, und daher die Rechtsvorschrift des § 102 Abs 1 KFG 1967 verletzt. Dass eine entsprechende Überzeugung im Sinne der zitierten Norm unzumutbar gewesen wäre, kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht erkannt werden.

 

Der objektive Tatbestand des § 102 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG 1967 ist daher als erfüllt anzusehen.

 

4.4. Gemäß § 5 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Im gegenständlichen Fall ist der Eintritt einer Gefährdung im Tatbild des § 4 Abs 2 KFG 1967 (iVm § 102 Abs 1 leg cit) enthalten, von fahrlässigem Verhalten kann daher nicht grundsätzlich ausgegangen werden. Da der Bw sich damit rechtfertigt, die geschweißte, mit Isolierband und Draht ausgestattete Spiegelhalterung habe den Vorschriften entsprochen, war ihm die Problematik einer mangelhaften Befestigung offensichtlich bewusst.

 

Im Ergebnis macht der Bw indem er sich dahingehend verantwortet, dass das von ihm gelenkte KFZ bzw dessen linker Außenspiegel verkehrs- und betriebssicher war, einen Rechtsirrtum geltend.

 

Nach § 5 Abs 2 VStG schließt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, welcher der Täter zuwider gehandelt hat, sein Verschulden an der Tat unter zwei Voraussetzungen aus, nämlich wenn sie erstens erwiesenermaßen unverschuldet ist und zweitens der Täter ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Ein solcher unverschuldeter Verbotsirrtum liegt nur dann vor, wenn dem Betroffenen die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (VwGH 24.4.2006, 2005/09/0021). Trifft ihn auch nur ein geringes Verschulden (Fahrlässigkeit) an einem Rechtsirrtum, scheidet dieser als Schuldausschließungsgrund aus, unabhängig davon, ob die Verwaltungsübertretung selbst vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde (VwGH 28.5.2008, 2007/21/0021). Nach der umfangreichen und restriktiven Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen für einzelne Personen besondere Informationspflichten (vgl VwSlg 8305 A/1972; VwGH 13.11.1997, 97/07/0062 uvm).

 

Bezogen auf das Verkehrsrecht hat sich der Lenker eines Fahrzeuges als Teilnehmer am Straßenverkehr mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des KFG 1967 vertraut zu machen (VwGH 15.2.1991, 85/18/0176 mwN). Die Unkenntnis oder irrige Auslegung von Bestimmungen dieses Gesetzes gilt jedenfalls grundsätzlich nicht als unverschuldet (VwGH 25.9.1991, 91/02/0054), da einem geprüften KFZ-Lenker die verkehrsrechtlichen Bestimmungen bekannt sein müssen (vgl VwSlg 7199 A/1967; VwGH 20.3.1991, 91/02/0009).

 

Dadurch, dass der Bw von der Mangelfreiheit der Spiegelhalterung ausging, irrte er somit in einer seine Schuld nicht ausschließenden Weise, sodass ihm Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich teilt daher auch auf der Verschuldensebene die Ansicht der belangten Behörde.

 

4.5.1. Abschließend bleibt die Höhe der verhängten Strafe zu überprüfen. Wie die belangte Behörde zur im gegenständlichen Fall ausgesprochenen Strafe gelangt ist, vermag vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mangels jeglicher Ausführungen nicht nachvollzogen werden.

 

4.5.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

4.5.3. Die von der belangten Behörde verhängte Strafe scheint an sich als tat- und schuldangemessen. Die Geldstrafe von 80,- EUR ist angesichts der Strafdrohung des § 134 Abs 1 KFG 1967 von bis zu 5.000,- EUR im absolut untersten Bereich angesiedelt (1,6 % des vorgesehenen Strafrahmens).

 

Der im Akt befindlichen Niederschrift vom 10. Mai 2012 zufolge ist der Bw jedoch Pensionist und verfügt lediglich über 700,- EUR netto monatlich. Damit liegt dessen Monatseinkommen deutlich unter dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen in Österreich. Da die belangte Behörde keine erschwerenden Gründe ins Treffen führt, hätte dieser Grund in einer Herabsetzung des durch die Strafverfügung als Obergrenze festgelegten Strafsatzes Niederschlag finden müssen. Die belangte Behörde hat jedoch an der bereits durch die Strafverfügung verhängten Strafhöhe festgehalten, weshalb der Bescheid entsprechend zu korrigieren war.

 

4.5.4. Hinsichtlich der Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wird darauf hingewiesen, dass zwar § 12 Abs 1 VStG eine Mindestdauer für Freiheitsstrafen von 12 Stunden vorsieht. Jedoch normiert § 16 Abs 2 letzter Satz VStG für Ersatzfreiheitsstrafen ausdrücklich, dass diese "ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen" ist. Ausgehend von der maximalen Strafdrohung von 5.000,- EUR ergibt sich in concreto die nunmehr in Spruchpunkt II. festgelegte Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe.

 

4.6. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 65 VStG von einem Beitrag des Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

 

Beschlagwortung:

§§ 4 (2) iVm. 102 (1) KFG; mangelhaftes KFZ

 

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