Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167479/2/Fra/CG

Linz, 17.01.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11. Dezember 2012, VerkR96-1617-2012, betreffend Übertretung des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z.1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.                  Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel angeführten  Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 80,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) verhängt, weil er als Lenker des Fahrzeuges, KZ: x, PKW, Ford Mondeo, x, am 6. August 2012 um 16:25 Uhr in der Gemeinde S., Landesstraße Freiland, x xstraße Bx zwischen Strkm. 7,200 und 6,750 ein Fahrzeug überholt hat, wodurch andere Straßenbenützer gefährdet wurden.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach - als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000,00 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51 c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Lt. Niederschrift der Polizeiinspektion E. vom 6. August 2012, GZ: A1/3285/12, gab Frau x unter anderem an, dass sie am 6. August 2012 gegen 16:25 Uhr ihren PKW VW Passat, KZ: x, auf der x xstraße Bx von x kommend Richtung x gelenkt habe. Sie sei dabei hinter mehreren Fahrzeugen im aufgelockerten Kolonnenverkehr mit ca. 75 km/h gefahren. Ab dem Kreisverkehr in x sei ihr im Rückspiegel bereits ein x Kombi aufgefallen, dessen Lenker sehr nervös gewirkt habe. Er sei ihr sehr dicht aufgefahren und habe mehrmals versucht zu überholen. Das Vorhaben habe er immer wieder abgebrochen und er habe sich wieder hinter ihr eingereiht. Zu diesem Zeitpunkt sei unmittelbar vor ihr ein Traktor gefahren, der aber bei der Abzweigung x nach links Richtung Tankstelle "x" abgebogen sei. Sie habe ihre Fahrt Richtung x fortgesetzt, als sie plötzlich von dem Lenker des x Kombis trotz Gegenverkehr überholt wurde. Durch das Überholmanöver habe sie ihren PKW stark abbremsen müssen, um dem überholenden Lenker ein gefahrloses Einordnen zu ermöglichen. Hätte sie ihre Geschwindigkeit beibehalten, wäre es vermutlich zu einem Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden PKW gekommen. Der Überholvorgang sei ihrer Ansicht nach gefährlich gewesen. Unmittelbar nach seinem Einordnen habe sie ihm mit der Lichthupe zu verstehen gegeben, dass sie mit seinem Verhalten nicht einverstanden gewesen sei. Darauf habe er bis zum nächsten Überholvorgang die Warnblinkanlage an seinem Kombi eingeschaltet gelassen. Durch das Überholmanöver sei nicht nur der Gegenverkehr, sondern auch sie und ihre im PKW mitfahrende Tochter x massiv gefährdet worden.

 

Lt. Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über die Vernehmung von Zeugen vom 16. Oktober 2012, VerkR96-20973-2012/Hai, gab Frau x zeugenschaftlich an, dass sie am 6. August 2012 gegen 16:25 Uhr mit ihrem PKW auf der Bx von x kommend in Fahrtrichtung x gefahren sei. Sie sei hinter mehreren Fahrzeugen im Kolonnenverkehr mit ca. 75 km/h in der 80 km/h-Beschränkung gefahren. Sie habe im Rückspiegel erkennen können, dass sich ihr ein Kraftfahrzeuglenker näherte, welcher ihr sehr dicht aufgefahren sei und die Lichthupe verwendet habe. Es habe sehr viel Verkehr geherrscht. Dieser Kraftfahrzeuglenker habe sie in der Folge so riskant überholt, dass er sich, wenn sie ihr Fahrzeug nicht stark abgebremst hätte, nicht gefahrlos einordnen hätte können. Hätte sie ihre Fahrgeschwindigkeit beibehalten, wäre ein Verkehrsunfall nicht auszuschließen gewesen. Das Kennzeichen x habe sie eindeutig ablesen können. Weiters habe sie sich auch die Marke Ford Mondeo des Kraftfahrzeuges gemerkt. Ein Fehler beim Ablesen des Kennzeichens sei auszuschließen. Sie verweise auf die Niederschrift vom 06.08.2012 und halte ihre getätigten Angaben aufrecht.

 

Der Bw teilte per E-Mail am 18. September 2012 der nunmehr belangten Behörde rechtfertigend mit, er sei ein gewissenhafter Autofahrer, der aus beruflichen Gründen viel unterwegs sei. Da er aufgrund seines Berufes auf seine Gesundheit angewiesen sei, überhole er nie an gefährlichen Stellen und vor allem nicht bei Gegenverkehr. Außerdem benötigen seine 80-jährige Mutter und seine Schwester ihn zu Hause zur Unterstützung. Auch aus diesem Grund würde er seine Gesundheit nicht fahrlässig im Straßenverkehr aufs Spiel setzen. Die Vorwürfe, die die Anzeigerin gegen ihn erhebt, überraschen ihn deshalb sehr. Er habe an diesem Tag auf der Bx sicher niemand gefährdet und auch keine gefährlichen Fahrmanöver im Kolonnenverkehr vorgenommen. Daran hätte er sich jedenfalls erinnern können. Die Vorwürfe seien falsch und aus der Luft gegriffen. Das Fahrzeug der Anzeigerin sei ihm an diesem Tag auch nicht aufgefallen, er habe weder sie noch ein anderes Fahrzeug mit der Warnblinkanlage schikaniert. Er könne sich nicht erklären, weshalb die Anzeigerin diese Vorwürfe erhebe. Auch lt. Anzeige der Polizeiinspektion E. vom 7. August 2012 rechtfertigte sich der Bw dahingehend, er habe zwar überholt, aber es sei zu keiner gefährlichen Situation gekommen. Er habe sich noch gefahrlos vor dem Gegenverkehr einordnen können. Lt. Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 3. Dezember 2012, VerkR96-1617-2012, verwies der Bw vorerst auf seine Rechtfertigungsangaben vom 18.09.2012 und fügte hinzu, als ihn der Polizist angerufen habe, habe er gefragt, ob die Dame allein war und er habe ja gesagt. Nunmehr stehe in der Anzeige, dass im Fahrzeug auch die Tochter der Anzeigerin mitgefahren ist. Am gegenständlichen Tag sei sehr schlechtes Wetter gewesen. Die von der Anzeigerin angegebenen 75 km/h können nicht der Wahrheit entsprechen, da durch den massiven Regen eine maximale Geschwindigkeit von ca. 30 km/h von der Anzeigerin gefahren wurde. Er sei ca. 50 km/h gefahren. Der Gegenverkehr, sollte einer gewesen sein, sei sicher so weit weg gewesen, dass es zu keiner riskanten Situation gekommen sei. Er sei sich keiner Verwaltungsübertretung bewusst. Ihm sei jedenfalls keine gefährliche Situation bewusst geworden. Er sei tagtäglich auf der Straße und er glaube, dass er die Verkehrssituation richtig einschätzen könne.

 

Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass im allgemeinen Verkehrsteilnehmer andere Verkehrsteilnehmer dann anzeigen, wenn sie sich durch deren verkehrswidriges Verhalten subjektiv gefährdet fühlen. Da die Anzeigelegerin ihre Angaben unter Wahrheitspflicht zeugenschaftlich wiederholt hat, ist davon auszugehen, dass der Bw zum Tatzeitpunkt im Bereich der Tatörtlichkeit vorschriftswidrig überholt hat. Rechtlich ist dazu auszuführen, dass dann jemand eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 zu verantworten hat, wenn die Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung eines anderen Verkehrsteilnehmers gegeben ist. Lt. ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zulässigkeit des Überholens am Beginn und nicht am Ende des Überholvorganges zu beurteilen, d.h. der Inhalt der Bestimmung des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 bezieht sich tatbestandsmäßig nicht auf eine am Ende eines Überholvorganges eintretende Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer, sondern auf ein dem Fahrzeuglenker erkennbares Gefährden- oder Behindernkönnen bzw. einen Platzmangel (VwGH 30.05.2001, 90/11/0221). Vor diesem Hintergrund trägt jedoch die Beschreibung der Tatörtlichkeit mit "zwischen Straßenkilometer 7,200 und 6,750" nicht dem Konkretisierungsgebot Rechnung, weil damit nicht klar gestellt ist, in welchem Bereich der Überholvorgang genau stattgefunden hat, woraus resultiert, dass nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit das vom Bw verursachte Verkehrsgefährdungspotential nachzuweisen ist, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß zu entscheiden war.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

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