Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523226/19/Bi/CG

Linz, 15.01.2013

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, x, x, vom 24. Juli 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 9. Juli 2012, VerkR-749/80-1, wegen Zurückweisung des Antrages auf Aufhebung der Entziehung der Lenk­berechtigung auf Lebenszeit, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und festgestellt wird, dass  die Verkehrszuver­lässigkeit des Rechtsmittelwerbers gemäß § 7 Abs.1 FSG wieder besteht.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 68 Abs.2 iVm 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 6. Juni 2012 auf Abänderung des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 27. Jänner 1992, VerkR-749-1980-1, dahingehend, dass die Entziehung der Lenkberechtigung auf Lebenszeit aufgehoben wird, gemäß § 68 Abs.1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 12. Juli 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe sich mit seinen Argumenten nicht auseinandergesetzt. Er ersuche um Überprüfung, ob es angemessen sei, das FSG strenger auszulegen als das StGB, nachdem die Strafjustiz durch die bedingte Entlassung das Vertrauen in die Ungefährlichkeit seiner Person zum Ausdruck gebracht habe.

Er sei mit Urteil des LG St. Pölten vom 17. Jänner 1991, 24 Vr 546/90 Hv 6/90, wegen §§ 75, 142, 143 ua StGB zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, die er schon am 5. Mai 1990 angetreten habe. Am 5. Oktober 2010 nach Verbüßen von 20 Jahren und 5 Monaten sei er unter Anordnung einer 10jährigen Probezeit und Betreuung durch die Bewährungshilfe bedingt entlassen worden. Für die Dauer der Probezeit seien Weisungen ausgesprochen worden, nämlich die Fortsetzung der Psychotherapie bei Mag. E., einer sozialversicherungs­pflichtigen Beschäftigung nachzugehen bzw sich beim AMS als arbeitsuchend zu melden, einen Wohnsitz nachzuweisen, Alkoholabstinenz zu halten, sichergestellt durch Nachweis von Blutbefunden und bezüglich aller Weisungen dem Gericht binnen einem Monat nach bedingter Entlassung, sodann vierteljährlich, unauf­gefordert einen Nachweis vorzulegen.

Schon im Rahmen des Entlassungsvollzuges habe er als Freigänger bei der Fa x in x eine Beschäftigung als Bandweber begonnen und nach seiner Ent­lassung den Hauptwohnsitz in Hauptmiete an der genannten Adresse begründet. Seine Psychotherapie in der Forensischen Ambulanz bei Mag. E. habe er ab 14.1.2009 regelmäßig wahrgenommen. Die therapeu­tischen Auseinander­setzung mit seiner Persönlichkeit und seinen Problemen habe ihm geholfen, seine Lebenseinstellung zu überdenken und im positiven Sinn zu verändern. Aufgrund seiner Anträge auf bedingte Entlassung seien auch einige psychiatrische Gutachten erstellt worden, laut denen er für sein soziales Umfeld keine Gefahr mehr darstelle. Das habe er unter Beweis gestellt, indem er ca 1,5 Jahre vollkommen selbständig lebe, alle Weisungen verlässlich einhalte, ein sozial angepasstes Leben führe, Alkoholabstinenz einhalte und keinerlei Probleme in Bezug auf Regeleinhaltung und Konfliktlösung im Zusammenhang mit Behörden oder Privatpersonen gehabt habe. Für seine zukünftige Lebensgestaltung und auch berufliche Verbesserung sei für ihn eine Lenkberechtigung im ländlichen Raum unumgänglich. Er meine, dass seine Verkehrszuverlässigkeit trotz seiner strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben gegeben sei und würde sich auch einer verkehrspsychologischen Begutachtung unterziehen. Er habe seine Persönlichkeit nach dem langen Haftaufenthalt positiv verändert und ersuche, seinem Antrag Folge zu geben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung der Stellungnahme Magis. x, Psychoanalytiker und forensischer Psychotherapeut in x, vom 6. September 2012 sowie der PI H. vom 25. September 2012. Die Bewährungshelferin x, x, hat die Stellungnahmen vom 18. September 2012 und vom 11. Dezember 2012 abgegeben. Vom Landesgericht St. Pölten wurde das Urteil des Geschworenengerichts am Sitz des Landesgerichtes St. Pölten vom 17. Jänner 1991, 24 Vr 546/90, 24 Hv 6/90, ebenso vorgelegt die das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 22. April 1991, 22 Bs 106/91. Vom Landesgericht Krems adD wurde am 9. Oktober 2012 der Zwischenbericht der Bewährungshilfe vom 22. August 2012 mit ange­schlossenen Weisungsnachweisen (FORAM 8. August 2012, AMS vom 17. August 2012 und Laborbefund vom 16. August 2012) übermittelt. Am 6. November 2012 teilte Herr Dr. D., LG Steyr, mit, dass die bedingte Entlassung durch das Landesgericht Steyr erfolgte, aber aufgrund des Wohnsitzes des Bw in Niederösterreich kein Kontakt mehr besteht. Vonseiten der BH H. wurden mit Schreiben vom 10. Jänner 2013 keine Umstände mitgeteilt, die gegen die Annahme des Wiederbestehens der Verkehrszuverlässigkeit des Bw sprechen würden. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 68 Abs.1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs.2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurück­zuweisen.

Gemäß Abs.2 können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom Unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

 

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 27. Jänner 1991, VerkR-749/1980-1/Ba/Pr, wurde dem Bw "gemäß § 73 Abs.1 KFG 1967 die von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems zu VerkR-749/1980-1 am 29. Oktober 1981 erteilte Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs.2 KFG ausgesprochen, dass dem Bw auf Lebenszeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf".

Grundlage für die Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit war, dass der Bw mit rechtskräftigem Urteil des LG St. Pölten vom 17. Jänner 1991, 24 Vr 546/90-50 – bestätigt mit Urteil des OLG Wien vom 22. April 1991, 22 Bs 106/91 – wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB, des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs.1, 143 1. Fall StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z1 und 2 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Erstinstanz sah zum damaligen Zeitpunkt die begangenen strafbaren Handlungen in ihrer Gesamtheit in einem solchen Ausmaß als verwerflich, dass eine Entziehung auf Lebenszeit für unbedingt notwendig erachtet wurde.

Der Antrag des Bw vom 24. Juli 2012 auf Abänderung dieses Bescheides wurde vom Bezirkshauptmann von Kirchdorf/Krems mit Bescheid vom 9. Juli 2012VerkR-749/80-1, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, wobei die Erstinstanz laut Begründung unter Hinweis auf ein die Judikatur des Verwaltungs­gerichts­hofes davon ausging, dass über diese Angelegenheit "ein weiterer Abspruch unzulässig" sei. Die Erstinstanz stützt sich dazu auf das – im Abgabenhinter­ziehungsverfahren nach Verurteilung wegen Drogenhandels gemäß Zollgesetz 1988 ergangene – Erkenntnis des VwGH vom 9.11.2000, 99/16/0395, aus dem hervorgeht: "Im Bescheidspruch bedarf es stets der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individu­alisierung und Konkre­tisierung des zur Erledigung anstehenden Sachverhaltes, und damit für die Subsumtion des als erwiesen angenommenen (einer bestimmten, im Spruch zu nennenden Person zuzurechnenden) Sachverhaltes unter die in Betracht kommende Vorschrift erforderlich sind. Der Sachverhalt als solcher muss somit dem Spruch nach identifizierbar sein. Durch die spruch­mäßige Erfassung des Sachverhaltes und die Subsumtion unter eine bestimmte Rechtsvorschrift wird die Verwaltungssache als solche konkretisiert. Sie ist insoweit bestimmt und von der Rechtskraft des Bescheides erfasst, damit ist über die dadurch umschriebene Sache verbindlich abgesprochen und über die solchermaßen umschriebene und spruchgemäß festgelegte Angelegenheit ein weiterer Abspruch unzulässig (ne bis in idem)".

 

Dem ist vonseiten des Unabhängigen Verwaltungssenates entgegenzuhalten, dass ohne jeden Zweifel zum Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides vom 27. Jänner 1992 die Voraussetzungen für eine (lebenslange) Entziehung der Lenkberechtigung gemäß dem (gemäß § 43 Abs.3 FSG mit 31. Oktober 1997 außer Kraft getretenen) § 66 Abs.2 lit.c KFG 1967 gegeben waren. Allerdings ist nach der bereits über 20 Jahre andauernden Verkehrsunzuverlässigkeit des Bw – insbesondere nach der nunmehr auch vom Gericht ausgesprochenen bedingten Entlassung unter vom Bw zu erfüllenden Auflagen – auch zu prüfen, ob Gründe vorliegen, die die dafür sprechen, dass der Bw nunmehr die Verkehrszuver­lässigkeit wiedererlangt haben könnte, sodass eine Abänderung des Bescheides vom 27. Jänner 1992 zu rechtfertigen ist.  

 

Mittlerweile wurde der 1963 geborene Bw, der seit 5. Mai 1990 über 20 Jahre seiner Freiheitsstrafe verbüßt hat, vom Landesgericht Steyr zu 18 BE 263/09 t am 5. Oktober 2010 aus der JA G. bedingt entlassen, wobei die bestehenden Auflagen auch vom Landesgericht Krems überprüft werden.

 

Laut Bestätigung Magis. E., x, vom 6. September 2012 ist der Bw seit 14. Jänner 2009 bei ihm in regelmäßiger forensisch-psychoanalytischer Behandlung, zunächst in wöchent­lichen Abständen in der JA G. und seit 5. Oktober 2010 in größeren Abständen in x in der x – was auch von Frau Prim. Dr. H. K. zuletzt am 8. August 2012 betätigt wurde. Der Bw hat sich demnach sehr gut stabilisiert und ist eine komplikationslose Integration in das Leben in Freiheit gelungen. Der Bw beweist soziales Verantwortungs­bewusstsein im beruflichen und sozialen Kontext. Die erhöhte Risikobereitschaft und die vor der Haftstrafe gezeigte Tendenz zu aggressivem Verhalten sind abgebaut. Er verfügt nunmehr über ausreichende Kontrollmechanismen, sodass er auch in Belastungs­situationen die notwendige Selbstkontrolle einsetzen kann und damit eine angemessene Verhaltenssteuerung sicherstellt. Zusammen­fassend bestehen aus psycho­thera­peutischer Sicht keine Bedenken an der Zuverlässigkeit und der Verkehrs­sicherheit des Bw.

Die Weisung der Fortsetzung der Psychotherapie befolgt der Bw, Nachweise darüber werden regelmäßig alle 3 Monate dem Gericht nachgewiesen – zuletzt am 8. August 2012.

Weiters wurde vom Landesgericht Krems auch der – unauffällige – Laborbefund vom 16. August 2012 vorgelegt.

 

Die Bewährungshelferin D. T, x, bestätigte am 18. September 2012, dass der Bw im Lauf des Entlassungsvollzuges bei der Fa. x in x als Bandweber bis jetzt gearbeitet habe, sich an die Weisungen halte, einen festen Wohnsitz habe und mit Blutbefunden seine Alkoholabstinenz nachweise – zuletzt Befund vom 16. August 2012. Die Bewährungshelferin bestätigte den regelmäßigen Kontakt zum Bw am 22. August 2012 gegenüber dem Landesgericht Krems.  

Der Bw bezog laut AMS H. vom 1. Juli 2012 bis 17. November 2012 Arbeits­losengeld. Laut Schreiben seiner Bewährungshelferin vom 11. Dezember 2012 war das auf einen Produktionseinbruch bei der Fa x zurück­zuführen, die den Bw in dieser Zeit geringfügig weiterbeschäftigte, er sei jetzt wieder vollbeschäftigt und hat auch in x seinen Wohnsitz.

   

Laut Bericht der PI H. vom 25. September 2012, E1/6147/2012-DM, ist der Bw seit der Haftentlassung im Jahr 2010 weder in verwaltungsrechtlicher noch in strafrechtlicher Hinsicht im Verwaltungsbezirk H. negativ in Erscheinung getreten und spricht nichts gegen eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung. Dem entsprechen auch die von der BH H. mit Schreiben vom 10. Jänner 2013 vorgelegten Unterlagen.

 

Gemäß § 46 Abs.1 und 6 StGB ist, wenn ein zu einer lebenslangen Freiheits­strafe Ver­urteilter mindestens fünfzehn Jahre verbüßt hat und anzunehmen ist, dass er keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berück­sichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Gemäß § 50 Abs.1 StGB hat das Gericht bei bedingter Entlassung Weisungen zu erteilen oder Bewährungshilfe anzuordnen, soweit das notwendig oder zweck­mäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Bewährungshilfe besteht nach Abs. 2 Z4 und Abs.3 zumindest für die ersten drei Jahre nach der Entlassung.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die ua verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und Ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen Z1 die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird oder Z2 sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 zu gelten, wer eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Der UVS ist in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung an ein rechtskräftiges Gerichtsurteil gebunden. Bei der Beurteilung der Verkehrszu­verlässig­keit bilden berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit (der Dauer) der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechts­güter vor unzuverlässigen KFZ-Lenkern. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit einer Person eine Charaktereigenschaft darstellt und anhand der Aktenlage im Wege der Lösung einer Rechtsfrage zu beurteilen ist (vgl VwGH 27.6.2000, 2000/11/0026).

Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftreten­den Konflikte eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden. Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab der Tathandlung, dh im Fall des Bw ab 2. Mai 1990, zu bemessen.

 

Ist seit der Begehung der eine bestimmte Tatsache darstellenden strafbaren Handlung soviel Zeit verstrichen, dass die Annahme der Verkehrsunzu­verlässigkeit aufgrund der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr gerechtfertigt ist, darf die Entziehung der Lenk­berechtigung nicht mehr aufrechterhalten werden.

Auf der Grundlage der rechtskräftigen Verurteilung ist davon auszugehen, dass der Bw zusammen mit MK in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken am 2. Mai 1990 SF durch Versetzen mehrerer Schläge mit einem Holzprügel und einem Montiereisen auf den Kopf, sohin mit Gewalt gegen eine Person unter Verwendung einer Waffe, vorsätzlich getötet hat, um diesem einen Pkw im Wert von S 110.000, eine Brieftasche mit S 200 Bargeld und drei Scheckformularen wegzunehmen, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Außerdem hat er in der Nacht zum 22. April 1990 RP S 10.000 Bargeld und Zigaretten im Wert von S 1.000 mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Aufbrechen eines Tankstellenober­lichtenfensters und Einsteigen, sohin durch Einbruch in ein Gebäude und Aufbrechen eines Behältnisses, nämlich des Sparvereinskastens, weggenommen. Beide wurde wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB, des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs.1, 143 1.Fall StGB und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z1 und 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs.1 nach § 75 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Mildernd waren beim Bw das reumütige Geständnis und der bislang ordentliche Lebenswandel. Erschwerend war, dass er aus reiner Besitzgier ohne jede Notwendigkeit, sondern nur um den relativ geringen Betrag von S 5.000 nicht zurückzahlen zu müssen, dh aus besonderes verwerflichen Beweggründen gehandelt habe, das Ausnutzen der Gutmütigkeit und des Vertrauens des Opfers – SF war ein Schul- und Jugendfreund des Bw, mit dem er von Kind an in engem Kontakt stand – sowie die brutale, grausame und qualvolle Tatbegehung, die Kaltblütigkeit der Planung und Ausführung der Tat sowie die anschließende Urlaubsreise nach Italien mit dem Pkw des Mordopfers und die sich daraus ergebende Gleichgültigkeit gegenüber dem von der Rechtsordnung am höchsten geschützten Rechtsgut "Leben", sowie die Gefährlichkeit beider Täter, die nicht aufgrund eines einmaligen Motivs gehandelt, sondern auf eine Gefälligkeit des Opfers mit Mord reagiert haben.  

 

Ausgehend von der Tat am 2. Mai 1990 ist bislang von einer Verkehrs­unzu­verlässigkeit von annähernd 23 Jahren auszugehen.

Zum Verhalten in der inzwischen verstrichenen Zeit im Sinne einer Wertung ist zu sagen, dass die Überlegungen betreffend die bedingte Entlassung des Bw auch auf die Überlegungen zum Weiterbestehen einer Verkehrsunzuverlässigkeit zu übertragen sind. Der Bw hat seit der Haftentlassung am 5. Oktober 2010 die ihm erteilten Weisungen wie Fortsetzung der Psychotherapie, sozialver­sicherungs­pflichtigen Beschäftigung, Wohnsitz und die Einhaltung einer Alkoholabstinenz, wie vom Landesgericht Krems bestätigt, eingehalten. Laut PI und BH H. ist der Bw bisher nicht negativ in Erscheinung getreten und liegen keine Argumente gegen die Wiedererteilung einer Lenkberechtigung vor.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenats war damit von der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit auszugehen und spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Verurteilung wegen Mord, Raub…, Tat 22.04.90, bedingte Haftentlassung 5.10.10

Entziehung auf Lebenszeit nicht mehr aufrechtzuerhalten nach 23 Jahren, Probezeit Gericht bis 2020, Unterlagen unauffällig --> VZ besteht wieder

 

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