Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281367/19/Kl/TK

Linz, 11.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende  Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x Partner Rechtsanwälte GmbH, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7.10.2011, GZ 53239/2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 25. Jänner 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und  das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 1.000 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7.10.2011, GZ. 53239/2010, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 115 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs. 1 Z 5 und 4 Abs. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit dem Sitz in x, zu vertreten hat:

 

Die x GmbH hat am 9.8.2010 ihre Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung der für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren verletzt.

 

Am 9.8.2010 wurde ein Arbeitnehmer der x GmbH, Herr x, am Standort der x, mit Wartungsarbeiten an der Klimaanlage des Wagons Nr. x beschäftigt. Um sich Zugang zu einem Fühler des anscheinend defekten Expansionsventils zu verschaffen, entfernte der Arbeitnehmer eine Abdeckung am Wagondach (Abdeckung der sog. "Heizkiste"), ohne dass der Wagon von der durchgehenden 1kV-Zugsammelschiene (1kV-Vorheizanlage, das Gleis war mit einer stationären Vorheizanlage ausgerüstet) getrennt war, und geriet in den Stromkreis.

 

Die x GmbH hat die bei diesem Arbeitsvorgang für die Sicherheit und Gesundheit des Arbeitnehmers bestehende Gefahr eines Stromschlags durch die durchgehende 1kV Zugsammelschiene nicht ermittelt. Die Arbeitnehmer waren nur unterwiesen, bei der Störungsbehebung der Klimaanlage durch das Ausschalten der beiden Schalter "Energieversorgung" und "Heizung-Lüftung" im Steuerschrank die Spannungsfreiheit der Klimaanlage herzustellen. Der x GmbH war jedoch das Vorhandensein der 1kV-Spannung im Dachbereich nicht bekannt, da sie die elektrischen Schaltpläne des Wagons nicht kannte. Es war daher auch nicht bekannt, dass vor Arbeitsbeginn die sog. Freischalt- und Erdungsvorrichtung (Trennschalter mit Erdungskontakt) im Wagoninneren zu betätigen ist um die gesamte elektrische Anlage des Wagons von der durchgehenden 1kV-Zugsammelschiene zu trennen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 44 a Z 1 VStG als Tatort jener Ort anzusehen sei, an dem die gesetzlich gebotene Vorsorgehandlung unterlassen worden sei. Der Tatort sei im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht ausdrücklich genannt. Auch fehle eine Konkretisierung des Tatvorwurfes, wonach eine individualisierte Beschreibung jener Handlungen, die der Täter hätte setzen müssen und nach Ansicht der Behörde rechtswidrigerweise nicht gesetzt habe, erforderlich sei. Die Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, welche Handlungen er konkret hätte vornehmen sollen und müssen, um sich rechtskonform zu verhalten. Auch fehlt in der Begründung des Straferkenntnisses der dem Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt sowie die Erwägungen hinsichtlich der Beweiswürdigung. Auch habe sie die gestellten Beweisanträge völlig ignoriert. Der verunfallte Arbeitnehmer habe vor dem verhängnisvollen Unfall bereits 45 Reparaturen in einem Ausmaß von 190 Stunden an Temperaturabsenkungsanlagen des gleichen Typs absolviert. Bei 10 Reparaturen sei sein unmittelbarer Vorgesetzter Ing. x dabei gewesen, um die Einschulung sicher zu stellen, nämlich immer dann, wenn sich das Arbeitsumfeld geändert habe. Beim letztlich tödlich endenden Arbeitseinsatz habe es sich nicht um eine Tätigkeit in einem geänderten Arbeitsumfeld gehandelt, sondern habe Herr Ing. x genau den gleichen Reparaturvorgang an der Temperaturabsenkungsanlage dieses Wagontyps zusammen mit dem verunfallten Arbeitnehmer im August 2009 durchgeführt. Damals sei der Wagon nur für die Zeit der Diagnose notwendigerweise auf einem mit stationärer Heizspannung ausgestatteten Gleis abgestellt gewesen, danach sei er auf einem Nebengleis ohne derartigen Spannungsanschluss abgestellt gewesen und habe daher auch während dem Wechsel des Expansionsventils zu keiner Zeit die Gefahr eines Stromstoßes aus dem Kreislauf der sogenannten Heizkiste bestanden. Es habe daher unter den damals herrschenden Gegebenheiten eine ausreichende Beurteilung der möglichen Gefahren und eine dementsprechende Einweisung des Arbeitnehmers stattgefunden. Allerdings war am 9.8.2010 die Situation dahingehend verändert, dass seitens der x der Wagon mit der defekten Temperaturabsenkungsanlage nicht nach erfolgter Fehlerdiagnose auf ein spannungsfreies Gleis gestellt worden sei und auch nicht die Aktivierung der Freischalt- und Erdungsvorrichtung im Wagoninneren durch die x bewerkstelligt worden sei. Es seien daher atypische Verhältnisse geschaffen worden, die in dieser Gestaltung für den Berufungswerber ebenso wenig erkennbar gewesen seien wie für Herrn Ing. x als unmittelbar Vorgesetzten des Arbeitnehmers. Vielmehr durfte das Unternehmen wie auch der Berufungswerber davon ausgehen, dass auch diesmal der eigentliche Reparaturprozess bei nicht unter Heizspannung stehendem Wagon durchgeführt werde, indem dieser von x-Mitarbeitern entweder auf ein Gleis ohne Stromanschluss gestellt werde oder aber der Trennschalter mit Erdungskontakt zeitgerecht ausgelöst werde. Die Verpflichtung, für die Spannungsfreiheit bei Vornahme von Reparaturarbeiten am Äußeren des Wagons zu sorgen, trage nach dem Sachverständigengutachten sowie der maßgeblichen Ö-Norm eindeutig und ausschließlich die x. Dieser Pflicht sei die x bei dem Reparaturvorgang im August 2009, nicht aber am verfahrensgegenständlichen Unfalltag nachgekommen. Es müssten daher die Gefahrenermittlungspflichten des Berufungswerbers wie jedes anderen Auftragnehmers von Wartungsarbeiten an Bahnanlagen der x dort ihre Grenzen finden, wo die Beherrschung und Sicherung der Gefahrenquelle explizit in die Hand des Auftraggebers bzw. des Anlagenbetreibers von Gesetzes wegen gelegt wird. Es stoße die Evaluierungspflicht des Arbeitgebers notwendigerweise dort an ihre Grenzen, wo die Risikozuständigkeit eines anderen begründet werde. Es wäre überschießend und unbegründbar, wenn dem Berufungswerber sämtliche Betriebsabläufe und Gefahrenquellen der fremden Werkhalle zu evaluieren auferlegt würde. Damit stehe auch der Kenntnis – und Einschulungsstand von Ing. x als Vorgesetzten in Einklang, dass das Ausschalten der Schalter "Energieversorgung" und "Heizung-Lüftung-Klima" ein gefahrloses Arbeiten an der Temperaturabsenkungsanlage ermöglichen würde. Über eine weitere Schaltmöglichkeit bezüglich des Stromkreises "Heizspannung" im Inneren des Wagons sei weder Ing. x noch der Verunfallte durch die x informiert worden. Das ASchG regle den vorbeugenden Arbeitnehmerschutz und würde es vor diesem Hintergrund die Evaluierungspflichten jedes Auftragnehmers eklatant überspannen, wenn er in der fremden Risikosspähre  bereits vorab Nachforschungen über mögliche Gefahrenquellen für seinen Arbeitnehmer anstellen müsste. Aufgrund der Größe des Unternehmens könne der Berufungswerber nicht sämtliche Überwachungsaufgaben persönlich übernehmen. Er habe diesbezüglich ein dichtes und zulänglich organisiertes Netz von überwachten Aufsichtsorganen, das dafür sorge, dass die im Unternehmen von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich auch im Einzelfall eingehalten werden. Es werde auf die unternehmensintern abgehaltenen laufenden Schulungen verwiesen. Auch werde unternehmensintern laufend überprüft, ob sich die einzelnen Mitarbeiter an die internen Sicherheitsanweisungen halten. Auch werde überprüft, ob die jeweils vorgesetzten Arbeitnehmer ihrerseits sowohl die Sicherheitsmaßnahmen einhalten als auch die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen durch die ihnen unterstellten Mitarbeiter überprüfen. Es werde auf das angeschlossene Unternehmensorganigramm, das einen Überblick über die Unternehmenshierarchie und die einzelnen Verantwortungsbereiche vermittle, hingewiesen. Der Verunglückte sei sachlich der Werkstätte in x zugeordnet, welche von x geleitet worden sei. Dieser sei wieder dem Leiter der Serviceabteilung, Ing. x, untergeordnet. Dieser kontrolliere laufend im Servicebereich. Sollte es trotz Bestehens und Funktionierens des Kontrollsystems zu einer Übertretung gekommen sein, so sei diese ohne Wissen und ohne Willen des Berufungswerbers erfolgt und könne ihm nicht zugerechnet werden. Auch werde auf umfangreiche Dienstanweisungen der Firma, das X x, die enthaltenden Cardinal-Regeln, insbesondere die Lock-out/tag-out-Maßnahmen, hingewiesen. Es seien nach abgeschlossener Diagnose LO/TO vollständig durchzuführen. Auch am Safety Day im Februar 2010 habe der Verunfallte teilgenommen und einen entsprechenden Verständnistest absolviert. Er habe die HTL in Mödling absolviert. Er habe an einer umfassenden Schulung teilgenommen.

Schließlich wurde die Strafbemessung bekämpft. Wesentliche Milderungsgründe seien außer Acht gelassen, z.B. dass nach dem bedauerlichen Unfall umgehend die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente einschließlich der durchzuführenden Maßnahmen angepasst worden seien. Auch sei der Berufungswerber unbescholten und liege nur minderer Grad des Versehens vor.

 

3. Die Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 51 c VStG durch eine Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die vorgelegten Schriftstücke und Unterlagen und in das von der Staatsanwaltschaft Wien eingeholte Sachverständigengutachten vom 15.10.2010, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.1.2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen x, x, Ing. x sowie x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit Sitz in x. Es handelt sich dabei um ein internationales Unternehmen. Dieses Unternehmen hat am 9.8.2010 am Standort der x GmbH, x, seine Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung der für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren verletzt. Ihr Arbeitnehmer x war mit Wartungsarbeiten an der Klimaanlage eines näher bezeichneten Wagons beschäftigt, ohne dass die x GmbH bei diesem Arbeitsvorgang für die Sicherheit und Gesundheit dieses Arbeitnehmers bestehende Gefahren eines Stromschlags durch die durchgehende 1kV-Zugsammelschiene ermittelt hat. Der Arbeitnehmer entfernte, um sich Zugang zu einem Fühler des anscheinend defekten Expansionsventils zu verschaffen, eine Abdeckung am Wagondach (Abdeckung der sogenannten Heizkiste), ohne dass der Wagon von der durchgehenden 1kV-Zugsammelschiene (1kV-Vorheizanlage, da das Gleis mit einer stationären Vorheizanlage ausgerüstet war) getrennt war und geriet in diesen Stromkreis. Der Arbeitnehmer war lediglich unterwiesen, bei der Störungsbehebung der Klimaanlage durch das Ausschalten der beiden Schalter "Energieversorgung" und "Heizung-Lüftung" im Steuerschrank die Spannungsfreiheit der Klimaanlage herzustellen. Das Vorhandensein der 1kV-Spannung im Dachbereich war dem Arbeitnehmer und der x GmbH nicht bekannt, da sie die elektrischen Schaltpläne des Wagons nicht kannte. Es war auch nicht bekannt, dass vor Arbeitsbeginn die sogenannte Freischalt- und Erdungsvorrichtung (Trennschalter mit Erdungskontakt) im Wagoninneren zu betätigen ist, um die gesamte elektrische Anlage des betroffenen Wagons von der durchgehenden 1kV-Zugsammelschiene zu trennen. Sowohl der für den Servicebereich der x GmbH zuständige Abteilungsleiter x als auch der Arbeitnehmer x waren schon länger für die x tätig und erhielten bei Arbeitsantritt eine grundlegende Einschulung über den Standort x, nämlich insbesondere hinsichtlich der Anmeldung bei der Produktionsleitung sowie grundsätzliche Kenntnisse über den Standort der Wagons, die Türöffnung der Wagons usw.. Elektrotechnische Hinweise und elektrotechnische Schaltpläne für die Wagons haben sie nicht erhalten. Ein Teil der allgemeinen Schulung war aber, dass sie ein sicheres Arbeitsumfeld von der x zur Verfügung gestellt bekommen und es war auch für die konkreten Arbeiten vorher mit den x vereinbart worden, dass alle Vorbereitungsarbeiten von Seiten der x durchgeführt werden. Zu den konkreten gegenständlichen Reparaturarbeiten hat es aber eine konkrete Besprechung bzw. Vereinbarung nicht gegeben, sondern wurde davon ausgegangen, dass auch dieses Mal die nötigen Vorbereitungsarbeiten von den x vorgenommen werden. Dies wurde auch deshalb so angenommen, weil schon ein Jahr zuvor der Abteilungsleiter x mit dem Arbeitnehmer x Wartungsarbeiten an der Klimaanlage eines Doppelstockwagons vorgenommen hat, damals nach den Anweisungen der x der Wagon aus dem Zug herausgenommen wurde und in ein anderes Gebäude verbracht wurde, weil zur Dachabhebung keine Oberleitung vorhanden sein darf. Der Wagon muss spannungslos sein. Die Fehlererkennung selbst wurde noch im Verbund des Zuges durchgeführt, weil der Zug noch unter Stromspannung stehen musste. Zur Fehlerbehebung musste dann der Wagon spannungslos sein und wurde daher unter viel Aufwand in ein anderes Gebäude gebracht. Auch damals wurde das Dach abgehoben, um zur Klimaanlage zu kommen.

Die allgemeinen Anweisungen waren Anweisungen nach § 14 ASchG. Darunter war auch die Anweisung, dass nicht allein zu einem Wagon gegangen werden darf, sondern immer durch eine Person der x begleitet wird. Auch hinsichtlich der Oberleitung wurde allgemein unterwiesen, dass, wenn der Wagon bzw. der Zug unter Oberleitungsspannung steht, am Ende des Zuges eine blaue Warntafel angebracht ist, also bei einem Zug auf dem ersten und auf dem letzten Wagon. Eine Unterrichtung hinsichtlich der Schalter betreffend die Stromversorgung und die Funktionsweise fand nicht im Detail statt. Es war lediglich der Schalter hinsichtlich der Energieversorgung der Heizung und Lüftung bekannt und die diesbezügliche Sicherung. Allerdings war nicht bekannt, und gab es keine Unterrichtung, dass es noch einen weiteren Hauptschalter gibt, mit dem die gesamte Stromversorgung des Wagons ausgeschaltet werden kann. Bei der allgemeinen Unterweisung wurde aber gezeigt, dass neben der Schaltung für die Heizung und Lüftung auch noch ein Schalter für einen Stromwandler vorhanden ist, nämlich dass sich hier der Bereich für die 1kV-Leitung befindet. Da dies aber nicht der Bereich des Unternehmens ist, hat Herr x auch seinen Mitarbeitern gesagt, dass dieser Bereich nicht angegriffen werden darf, sondern von der x zur Verfügung gestellt wird bzw. gesichert wird. Es war aber Herrn x und seinen Mitarbeitern nicht bekannt, dass bei Abschaltung aller Schalteinrichtungen für die Heizung und Lüftung noch eine Schmelzsicherung für die kV-Leitung vorhanden ist, die mit diesem Hauptschalthebel abgeschaltet werden kann. Genau diese Schmelzsicherung für die 1kV-Leitung war der Berührungspunkt des Verunfallten. Die Schmelzsicherung befindet sich im Dachbereich der Klimaanlage.

Auch seitens der Geschäftsleitung der x GmbH wird an die Serviceleiter kommuniziert, dass es allgemeine Regel ist und diese zu beachten ist, dass an  spannungführenden Teilen nicht gearbeitet werden darf und zuerst die Spannung bzw. Stromleitung ausgeschaltet werden muss. Dies wurde auch vom Serviceleiter an den Arbeitnehmer x so kommuniziert. Dies wurde dahingehend von ihm auch befolgt, dass er die Klima- bzw. Heizungsanlage stromlos geschaltet hat. Diese Regel wird auch am Sicherheitstag vermittelt, bezieht sich aber nicht auf eine spezielle Arbeitsstätte oder einen speziellen Arbeitsvorgang, sondern ist eine allgemeine Regel wie die Regeln bei Elektroanlagen oder Arbeiten in Höhen.

Auch bei den Arbeiten im Jahr 2009 wurde dem Arbeitnehmer x die Anweisung gegeben, zunächst die Spannungsfreiheit zu überprüfen, bevor er weitere Arbeiten durchführt. Auch im August 2010 hat er ein entsprechendes Messgerät zum Messen der Spannungsfreiheit mitgehabt. Das X, die Safety-Card und die Checkliste hat der Arbeitnehmer im Firmenbus mitgehabt. Auch hat er die Sicherheitsvorschriften im Firmenbus mitgehabt. Der Arbeitnehmer hat die HTL Mödling für Maschinenbau bzw. Kraftfahrzeugbau besucht, wobei ein Teil dieser Ausbildung auch Klimatechnik für Fahrzeuge und Elektrotechnik für Fahrzeuge umfasst. Ansonsten nahm der Arbeitnehmer an den jährlichen Sicherheitsschulungen, dem Safety Day, teil und nahm auch an der mehrtägigen elektrotechnischen Schulung teil. Das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument der x für den x hat der Serviceleiter gehabt und den Arbeitnehmern zur Kenntnis gebracht. Dieses war nicht spezifisch auf die Wagons ausgerichtet. Hinsichtlich eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumentes der Firma x gibt es lediglich eine Sicherheitscheckliste des Mitarbeiters, die er auszufüllen hat, wobei diese Checkliste auf den Aufgabenbereich des Mitarbeiters abgestellt ist, nicht aber auf den speziellen Wagon in der Werkstätte x. Die Checkliste enthält aber einen Fragepunkt betreffend sicherheitstechnische spezielle Regeln vor Ort. Diese müsste sich der Mitarbeiter vor Ort beschaffen. Allerdings wird vom Leiter der Servicestelle x (x) angegeben, dass Mitarbeiter von Fremdfirmen vor der erstmaligen Tätigkeit eine allgemeine Unterweisung nach § 14 ASchG bekommen, schon bezogen auf den Standort x, aber nicht arbeitsplatzbezogene Sicherheitsunterweisungen die die Funktionsweise des Wagons umfassen. Eine darüber hinausgehende Unterweisung über die Funktionsweise am Wagon wird nicht erklärt. Es wird kein Schaltplan bzw. keine Betriebsbeschreibung, Funktionsweisenbeschreibung oder dergleichen verlangt.

In der Regel erfolgt die Stromversorgung eines Zuges über die Oberleitung an die Lokomotive und von dieser an die einzelnen angekoppelten Wagons. Wenn einzelne Wagons in der Werkstätte sind, können diese z.B. nicht aus der Oberleitung angespeist werden und gibt es daher auch noch die Stromversorgung aus der Vorheizanlage bzw. Zugsammelschiene in der Gleisanlage. Diese Stromversorgung kann außerhalb der Wagons generell für die Gleisanlage zu- oder abgeschaltet werden. Es darf nur ein hiezu befugter x-Mitarbeiter diese Schaltvorrichtung für die Zugvorheizanlage betätigen. Ein Fremdarbeiter wie ein Mitarbeiter der Firma x ist dazu nicht befugt. Diese Zugsammelschiene bzw. Zugvorheizanlage ist außerhalb des Wagons direkt an der Gleisanlage und daher nicht ident mit dem Hauptschalter im Fahrzeug bzw. im Wagon.

Der x-Mitarbeiter x war in der Werkstätte x für Qualitätssicherung zuständig und nicht für Elektrotechnik eingesetzt. Er hatte daher auch nur eine Unterweisung nach § 14 ASchG wie jeder Mitarbeiter der x. Er ist für Gewährleistungsfälle verantwortlich, nämlich die Information der Firma x über Mängel bzw. Gewährleistungsfälle und Bestätigung der Behebung der Mängel nach der Reparatur sowie Eingabe in die entsprechende Datenbank. Er hatte keinen Auftrag, bei Servicetätigkeiten der Firma x mitzuarbeiten. Er war nicht fahrzeugkundig und wusste auch nicht über die Gefahren einer Spannung auf dem Dach des Wagons. Er war aber einer der Berechtigten um eine Dacharbeitsbühne zu fahren. Über Verlangen des verunfallten Arbeitnehmers hat er daher einen Mitarbeiter angewiesen eine Dacharbeitsbühne hinzubringen. Die sicherheitstechnischen Belangen hinsichtlich einer gesicherten Verwendung liegen jedoch nicht in seinem Aufgabenbereich. Die Dacharbeitsbühne darf aber nur bestiegen werden, wenn die Fahrleitung (Oberleitung) ausgeschaltet ist. Die Ausschaltung der Fahrleitung wurde auch über Anordnung des Herrn x von einem seiner Mitarbeiter durchgeführt. Die Ausschaltung der Hebel im Fahrzeug nimmt derjenige vor, der die Arbeiten im Fahrzeug verrichtet. Es weiß daher Herr x über die Ausschaltvorrichtungen im Wagon nicht Bescheid. Er hat daher auch nicht die Warnzeichen und Symbole auf dem Deckel des Daches wahrgenommen. Weder er noch Herr x haben eine Sicherheitsüberprüfung bzw. Spannungsprüfung vorgenommen. Außer der Anordnung, dass eine Dacharbeitsbühne nur betreten werden darf, wenn die Oberleitung ausgeschaltet ist, gibt es keine zusätzlichen Sicherheitsanordnungen der x.

Zum Sicherheitskonzept des Unternehmens x gibt es internationale bzw. weltweite Sicherheitsregeln für das Unternehmen, welche das Management umzusetzen und zu kontrollieren hat. Diesbezüglich bekommt das Management auch Sicherheitsschulungen. Für die Umsetzung hat das Management für Mitarbeiterschulungen zu sorgen, wo die Sicherheitsregeln präsentiert werden. Die Mitarbeiter haben dann ihrerseits die ihnen unterstellten Mitarbeiter entsprechend anzuordnen und anzuweisen. Die Einhaltung wird in sogenannten Sicherheitsaudits überprüft. Es gibt auch Besprechungen mit den Abteilungsleitern und sind diese gehalten, die Anordnungen an die Werkstättenleiter und diese an ihre Mitarbeiter weiterzugeben. Es besteht die Pflicht über die Einhaltung bzw. über Vorkommnisse Berichte zu erstatten. In regelmäßigen Konferenzen werden die Abteilungsleiter und Werkleiter über die Einhaltung befragt und kontrolliert. Neuigkeiten, Unfallberichte und dergleichen werden besprochen und wird auf Verbesserungen geachtet. Der Berufungswerber hat die Firma 1995 übernommen und ist seit diesem Zeitpunkt kein Unfall im Betrieb bekannt. Wird ein neuer Standort betreut, wird der Standort geprüft und von den Regionalleitern ein Audit vorgenommen, auch beim Kunden.

 

Zum Sicherheitskonzept des Unternehmens gibt es die jährliche Sicherheitsschulung am Safety Day, das X, die Safety Card und die Checkliste für die jeweilige Arbeitsstelle. Auch gibt es die sogenannte SOS-Nachrichten, die an alle Serviceleiter mitgeteilt werden. Es gibt eine Anordnung des Berufungswerbers, dass die Sicherheitsregeln eingehalten werden und wird dies in den Sicherheitsaudits in den Werkstätten überprüft. Dabei wird auch überprüft ob die jeweiligen Abteilungsleiter die Anordnungen weitergeben und einhalten. Auch gibt es die Beauftragung der Firma x, die beauftragt ist, die Sicherheitssysteme nach den regionalen Sicherheitsvorschriften abzugleichen und das Sicherheitshandbuch hinsichtlich der regionalen Vorschriften zu checken und abzugleichen.

Seit dem Unfall sind die Sicherheitsstandards und die Sicherheitsregeln der Firma von Grund auf überdacht, kontrolliert und auf Verbesserungen überprüft worden. Unmittelbare Konsequenz aus dem Unfall wurde durch die Firma dahingehend gezogen, dass das Unternehmen sich dazu entschlossen hat, sich aus dem Bahngeschäft und Klimaanlagengeschäft für die x zurückzuziehen.

 

 

Der von der STA Wien zu Zl. 137 PAZ 2444/10Z beauftragte allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Sicherheitswesen, Elektrotechnik und Veranstaltungswesen, Dipl.-Ing. Dr. techn. x, gibt in seiner Kurzfassung des Gutachtens vom 15.10.2010 zu Versäumnisse der Firma x GmbH an: "Seitens der Firma x GmbH sind Sicherheitsmaßnahmen nicht eingehalten worden, welche die unmittelbare Vorbereitung und Durchführung der Arbeiten betreffen: Es müssen aktuelle Schaltpläne und Unterlagen verfügbar sein. Die Arbeitsstelle muss eindeutig festgelegt und gekennzeichnet sein. Vor jeder Arbeit an oder in der Nähe einer elektrischen Anlage müssen mögliche Gefährdungen bedacht werden, um festzulegen, wie die beabsichtigte Tätigkeit sicher auszuführen ist. Vor Beginn der Arbeit müssen Art und Schwierigkeitsgrad beurteilt werden, um für die Durchführung der Arbeit je nach Erfordernis Elektrofachkräfte, elektrotechnisch unterwiesene Personen oder Laien auszuwählen. Für jede Arbeit muss ein Arbeitsverantwortlicher benannt werden. Als Arbeitsverantwortlicher ist in Abhängigkeit von der Art der Tätigkeit und der elektrischen Gefährdung zumindest eine elektrotechnisch unterwiesene Person einzusetzen." (Seite 4). Zur Beurteilung des Unfallherganges wurde ausgeführt: "Auf Seiten beider beteiligten Firmen, sowohl der x GmbH als auch der x GmbH, lagen gravierende Versäumnisse vor und es kam zu einem Zusammentreffen der Versäumnisse seitens der beiden Firmen." (Seite 4 und 5). Im Gutachten wurde daher auf Seite 53 zur Beurteilung des Unfallherganges ausgeführt: "Es fehlte die Koordination der Tätigkeiten auf dem Gebiet der Gefahrenverhütung zwischen den beiden Unternehmen, was aus arbeitstechnischer Sicht als unfallskausal zu bezeichnen ist. Wenn auch nur eines der beiden Untenehmen seine Aufgaben im Bereich der Arbeitsorganisation, Arbeitsvorbereitung und Arbeitsdurchführung in dem durch die Sicherheitsvorschrift ÖVE/ÖNORM E 8555 festgelegten Umfang wahrgenommen hätte, wäre dieser Unfall nicht passiert. Die ÖVE/ÖNORM E 8555 ist seit vielen Jahren die zentrale Sicherheitsvorschrift für den Betrieb und die Arbeiten an und in der Umgebung von elektrischen Bahnanlagen, sodass deren Inhalt auch dementsprechend in der Fachwelt fundiert und detailliert bekannt ist. Auch ist aus arbeitstechnischer Sicht darauf hinzuweisen, dass die beiden Firmen ihre Tätigkeiten auf dem Gebiet der Gefahrenverhütung koordinieren sowie ihre Arbeitnehmer über die Gefahren hätten informieren müssen. Herr x war für den Arbeitsbereich der Unfallstelle ausdrücklich als Laie einzustufen und hätte hier nur unter der Aufsicht einer Elektrofachkraft oder einer dafür elektrotechnisch unterwiesenen Person durchführen dürfen…".

 

4.2. Diese Feststellungen sind aufgrund der anlässlich der mündlichen Verhandlung getätigten Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie der vorgelegten Unterlagen und auch des im Akt befindlichen Auszuges des Aktes der STA Wien zu 137 PAZ 2444/10Z samt Sachverständigengutachten erwiesen.

Die Zeugen haben einander nicht widersprochen und kann daher von der Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen ausgegangen werden. An der Wahrheitsgemäßheit der Zeugenaussagen bestehen keine Zweifel. Es können daher die aufgenommenen Beweise zur Feststellung des Sachverhaltes zugrunde gelegt werden. Insbesondere wird auch auf die Beurteilung im Gutachten des Gerichtsachverständigen hingewiesen. Auch dieses Gutachten wurde von den Parteien nicht angefochten und kann als schlüssig der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Insbesondere haben sämtliche einvernommenen Zeugen übereinstimmend ergeben, dass zwar eine allgemeine Schulung der Arbeitnehmer der Firma x durchgeführt wurde, dass aber eine konkrete Einschulung, insbesondere aber auch konkrete Erhebung der Arbeitsstelle und des Arbeitsvorganges sowie der dazu konkret erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere auch in elektrotechnischer Hinsicht, nicht erfolgt ist. Es war selbst dem verantwortlichen Abteilungsleiter die konkrete elektrotechnische Situation und daher die Gefahrensituation am Wagon nicht bekannt. Vielmehr ist er von der Vereinbarung mit den x ausgegangen, dass diese sämtliche Vorbereitungsarbeiten für den Arbeitsplatz vornehmen. Konkret hinsichtlich des Arbeitsvorganges und Arbeitsplatzes am 9.8.2010 wurde weder von dem Berufungswerber noch von dem Abteilungsleiter oder dem konkreten Arbeitnehmer eine Erhebung der konkreten Gefahrensituation bei den voraussichtlich durchzuführenden Arbeiten vorgenommen und wurde auch keine Absicherung des Arbeitsplatzes in elektrotechnischer Hinsicht besprochen. Es gab auch diesbezüglich keine speziellen und konkreten Anordnungen für die konkrete Reparaturarbeit bzw. den konkreten Arbeitvorgang. Vielmehr hat man sich darauf verlassen, dass auch dieses Mal sämtliche Vorbereitungsarbeiten durch die x stattfinden und der Arbeitsplatz sicher vorbereitet ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 5 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung der Gefahren verletzt.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.     Die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte,

2.     die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitmitteln,

3.     die Verwendung von Arbeitsstoffen,

4.     die Gestaltung der Arbeitsplätze,

5.     die Gestaltung der Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge und deren Zusammenwirken und

6.     der Stand der Ausbildung und Unterweisung der Arbeitnehmer.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 ASchG sind bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren auf besonders gefährdete oder schutzbedürftige Arbeitnehmer sowie die Eignung der Arbeitnehmer im Hinblick auf Konstitution, Körperkräfte, Alter und Qualifikation (§ 6 Abs. 1) zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu ermitteln und zu beurteilen, inwieweit sich an bestimmten Arbeitsplätzen oder bei bestimmten Arbeitsvorgängen spezifische Gefahren für Arbeitnehmer ergeben können, für die ein besonderer Personenschutz besteht.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass für die konkreten Reparaturarbeiten des Arbeitnehmers am konkreten Arbeitsplatz der x keine Gefahrenermittlung hinsichtlich der konkreten durchzuführenden Arbeiten durch den Arbeitnehmer vorgenommen wurden. Insbesondere ist auf die besonderen Gefahren eines Stromschlages durch die bestehende 1kV-Leitung nicht eingegangen worden und eine besondere Vorsorgemaßnahme nicht getroffen worden. Es wurde der konkrete Arbeitsvorgang nicht analysiert und wurden keine konkreten Vorbereitungsmaßnahmen durch den Berufungswerber bzw. seine Vertreter vorgenommen. Es hat daher auch keine speziellen Sicherheitsanweisungen für die konkrete Arbeitsstelle für den Arbeitnehmer an dem betreffenden Tag gegeben. Vielmehr war die konkrete Gefahr durch die 1kV-Leitung nicht bewusst und waren auch konkrete Sicherungsmaßnahmen in dieser Hinsicht nicht bekannt, weder dem verunfallten Arbeitnehmer noch seinem Vorgesetzten, noch dem Abteilungsleiter und auch nicht dem Berufungswerber. Vielmehr hat man sich darauf verlassen, dass mit den x vereinbart worden ist, dass ein sicherer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird bzw. sämtliche Vorbereitungsmaßnahmen im Hinblick auf die Sicherheit durch die x vorgenommen werden. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass nicht einmal mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass mit den x konkret über Arbeiten am Dach des Wagons bei der Heizkiste gesprochen wurde und dahingehende Vorbereitungsarbeiten seitens der x notwendig sind. Insbesondere wurde nicht über die über die Abschaltung der Klimaanlage im Wageninneren (durch Ausschalten der beiden Schalter "Energieversorgung" und "Heizung-Lüftung" im Steuerschrank im Wageninneren) hinausgehende Abschaltung durch Betätigen der Freischalt- und Erdungsvorrichtung (Trennschalter mit Erdungskontakt) im Wageninneren gesprochen und keine entsprechende Anweisung dem Arbeitnehmer gegeben bzw. keine Vorsorgehandlung durch die x veranlasst. Auch eine Freischaltung der gesamten Gleisanlage wurde nicht veranlasst bzw. auch nicht – so wie es im Vorjahr geschehen ist – dass der Wagon auf ein spannungsfreies Gleis gestellt wurde. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer sowie auch der zuständige Serviceleiter bzw. Abteilungsleiter lediglich allgemeine elektrotechnische Schulungen sowohl hinsichtlich der Firma x als auch der x erhalten, konkrete Einschulungen und Unterweisungen hinsichtlich der konkreten Anlage bzw. des konkreten Wagons und der Funktionsweise im Wagon hat es nicht gegeben. Diesbezügliche Funktionsweisen und Maßnahmen wurden auch nicht erhoben.

Durch diese Vorgehensweise und Missachtung der speziellen Gefahren wurde der Verpflichtung gemäß § 4 ASchG nicht entsprochen. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH und hat daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG die Verwaltungsübertretung strafrechtlich zu verantworten.

 

Die in der Berufung aufgezeigten Spruchmängel liegen nicht vor. Der Unternehmenssitz in x als Tatort, von dem aus Vorsorgehandlungen unterlassen wurden, ist dem Spruch eindeutig zu entnehmen. Hingegen ist es nach der Judikatur des VwGH nicht erforderlich, dass die konkret durchzuführenden Maßnahmen vorgeworfen werden.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

 

Eine solche von der Judikatur geforderte Entlastung ist dem Berufungswerber hingegen nicht gelungen. Insbesondere kann das Vorbringen des Berufungswerbers, dass in der Firma ein näher geschildertes Sicherheitssystem herrscht, nämlich eine jährliche Sicherheitsschulung, ein entsprechendes Handbuch überreicht wird, die Safety Card mitgeführt wird und eine Checkliste für die Arbeitsstelle vom Arbeitnehmer auszufüllen ist, sowie dass die Abteilungsleiter und Serviceleiter und auch Werkstättenleiter elektrotechnische Schulungen erhalten und auch Anweisungen erhalten, die Sicherheitsvorschriften einzuhalten, nicht ausreichen. Es wird auf die zitierte Judikatur hingewiesen, wonach Schulungen und Unterweisungen nicht ausreichen um den Berufungswerber zu entlasten. Vielmehr hat ein lückenloses Kontrollnetz zu garantieren, dass die Anweisungen auch konkret befolgt werden. Allerdings ist dem Berufungswerber vorzuwerfen, dass es konkrete Anweisungen für die Arbeitsstelle weder vom Berufungswerber selbst, der niemals zur Werkstätte und zum konkreten Arbeitsplatz kommt, noch vom Abteilungsleiter bzw. Serviceleiter noch vom unmittelbar Vorgesetzten getroffen wurden. Vielmehr hat das Beweisverfahren eindeutig gezeigt, dass auch die Vorgesetzten über die konkreten Gefahren nicht Bescheid wussten und daher auch nicht Maßnahmen setzen konnten, um die Gefahren abzuwenden. Vielmehr hat man sich auf die Vereinbarung mit den x verlassen, dass entsprechend erforderliche Vorbereitungsarbeiten durch die x durchgeführt werden. Es hat daher das Verfahren auch gezeigt, dass es eine konkrete Anweisung durch den Berufungswerber an die Mitarbeiter nicht gegeben hat, dass im Einzelfall immer konkret alle Gefahren erhoben werden, entsprechende zur Gefahrenverhinderung und Beseitigung erforderliche Maßnahmen ermittelt werden und dass dann diese Maßnahmen auch angeordnet und umgesetzt werden. Vielmehr ergab das Verfahren, dass Gefahren hinsichtlich der kV-Leitung gar nicht bekannt waren bzw. die kV-Leitungen an sich nicht bekannt war und auch nicht Maßnahmen bekannt waren, um die Gefahrenquelle zu beseitigen. Es wurde daher vom Berufungswerber nicht ausreichend Vorsorge getroffen, dass sämtliche Maßnahmen gesetzt werden, die unter vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten können. Es ist daher im Rahmen des Verschuldens dem Berufungswerber insbesondere anzulasten, dass er keine ausreichenden Anweisungen zur Ermittlung und weiters zur Hintanhaltung von besonderen Gefahren an besonderen Arbeitsstellen gesetzt hat. Dies stellt ein sorgfaltswidriges Verhalten dar. Insbesondere hat sich im Verfahren gezeigt, dass der Berufungswerber lediglich Schulungen und Unterweisungen hinsichtlich allgemeiner Gefahren für seine Mitarbeiter abhielt, allerdings eine besondere Gefahrenermittlung für konkrete Arbeitsplätze sowie Ermittlung von außergewöhnlichen Gefahren sowie auch das Eingehen auf die Ausbildung der Mitarbeiter im Hinblick auf die besonderen Gefahren, in diesen Schulungen nicht berücksichtigt wurde und auch eine entsprechende Anweisung nicht gegeben wurde, sodass keine Vorsorge getroffen wurde und es daher zur Sorgfaltsverletzung bzw. Pflichtverletzung kam. Es war daher auch von Verschulden des Berufungswerbers, nämlich zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, nämlich dass durch das mangelnde Gefahrenbewusstsein der Schutzzweck der Norm in erheblichem Maß verletzt wurde, sodass es auch zu nachteiligen Folgen der Tat gekommen ist. Es ist der Tod des Arbeitnehmers eingetreten. Dies war im Rahmen der objektiven Strafbemessungsgründe zu berücksichtigen. Als strafmildernd wurde hingegen gewertet, dass der Beschuldigte unbescholten ist. Die persönlichen Verhältnisse wurden mangels Angaben durch den Berufungswerber geschätzt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und keinen Sorgepflichten. Diesen Ausführungen wurde auch in der Berufung nichts entgegen gesetzt. Auch hat der Berufungswerber keine weiteren Milderungsgründe vorgebracht. Dass Maßnahmen nach dem Unfall gesetzt wurden, welche vor der Tatbegehung verabsäumt wurden, ist nicht als mildernd zu werten, zumal solche Maßnahmen schon gesetzliche Verpflichtung sind und auch vorher hätten gesetzt werden müssen.

Bei der Strafbemessung war insbesondere auch zu berücksichtigen, dass gerade Zuganlagen bzw. technische Anlagen an Zügen besonders gefahrenträchtig sind. Es wäre daher diesen Gefahren besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dass eine Gefahrenerhebung und Gefahrenbesprechung sowie Kontrolle der x hinsichtlich besonderer Maßnahmen zur Hintanhaltung der Gefahren nicht stattgefunden haben, bedeutet eine besondere Sorglosigkeit und hat bei der Strafbemessung berücksichtigt zu werden. Auch war zu berücksichtigen, dass das Unternehmen des Berufungswerbers und speziell auch die konkreten Arbeitnehmer regelmäßig bei den x Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt haben und daher mit der Gefahrensituation und besonderen Gefahrensituationen vertraut hätten sein müssen bzw. hinsichtlich eben dieser besonderen Gefahren eine besondere Schulung hätten erfahren müssen. Da der Tod des Arbeitnehmers eingetreten ist, ist die verhängte Geldstrafe nicht überhöht. Sie ist auch in Anbetracht der persönlichen Verhältnisse nicht überhöht. Sie ist vielmehr tat- und schuldangemessen und auch erforderlich den Berufungswerber, der verantwortlich für ein international tätiges Unternehmen ist, von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Sie ist gerade aus spezialpräventiven Gründen auch gerechtfertigt, um zu bewirken, dass die Unternehmensorganisation so ausgerichtet wird, dass Arbeitnehmerschutzvorschriften beachtet und einhalten werden. Es war daher die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

Da außer der Unbescholtenheit weitere Milderungsgründe nicht vorliegen und auch nicht hervorgetreten sind, war nicht von einem erheblichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen. Mangels dieser Voraussetzung war daher nicht mit einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG vorzugehen. Auch liegt entgegen dem Vorbringen des Berufungswerbers nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, sodass auch nicht gemäß § 21 VStG von der Strafe abzusehen war. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt Geringfügigkeit des Verschuldens nur dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Dies ist beim gegenständlichen Tatvorwurf nicht der Fall. Vielmehr wurden genau jene geschützten Rechtsgüter verletzt, deren Schutz die verletzte Rechtsvorschrift gewährleisten soll.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 1.000 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bismaier

 

Beschlagwortung: Gefahrenermittlung, keine Maßnahmen

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.


VwGH vom 11. September 2013, Zl.: 2013/02/0047-5

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