Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240899/2/Kü/BZ

Linz, 18.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn D S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B G MAS, LL.M., S, S, vom 22. März 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2. März 2012, SanRB96-3-1-2012, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutz­gesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

  II.      Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten. Die Verpflichtung zum Ersatz von Untersuchungskosten entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 27, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 76 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG).

zu II.: § 65 VStG, § 71 Abs. 3 LMSVG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2. März 2012, SanRB96-3-1-2012, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der H F P GmbH, S, S, gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) dafür verantwortlich, dass das von der oben angeführten Gesellschaft gelieferte und am 07.06.2011 um etwa 14.00 Uhr, in der Filiale W, T, von der H KG in Verkehr gebrachte Produkt mit der Bezeichnung '2 Wildlachsfilets 250 g' abwegige Geruchs- und Geschmackseigenschaften aufwies. Die Probe ist daher als wertgemindert zu bezeichnen, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs. 1 Z. 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG"

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 1. Fall LMSVG, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Stunden verhängt.

 

Gleichzeitig wurde ihm der Ersatz der Untersuchungskosten in der Höhe von insgesamt 75 Euro gemäß § 71 Abs. 3 LMSVG sowie die Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Geldstrafe nach § 64 Abs. 2 VStG  vorgeschrieben.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Behörde keinen Anlass sehe, die Aussage von Herrn D R am 09.06.2011 vor der Marktamtsabteilung für den 20. und 21. Bezirk in Zweifel zu ziehen. Dies insbesondere im Hinblick auf die Umstände des Kaufes und die Zubereitung der Probe, vor allem aber auf seine optischen und geschmacklichen Feststellungen. Es sei klar, dass ein nach Chlor – somit nach einer hochgiftigen Chemikalie – riechendes, fremdartig schmeckendes Lebensmittel als wertgemindert zu beurteilen sei. Dem Gutachten des Instituts für Lebensmitteluntersuchung käme diesbezüglich lediglich bekräftigende Funktion zu, die Tatsache der Wertminderung selbst ergäbe sich bereits aus den Wahrnehmungen des Käufers. Die Probe hätte auch entgegen den Ausführungen im Schriftsatz vom 31.02.2012 – bis zu den Feststellungen von Herrn R – keine weitere Behandlung erfahren. Bei einem tiefgefrorenen Produkt umfasse die "Herstellung" im Sinne des § 5 Abs. 5 Z. 4 LMSVG notwendigerweise auch die bestimmungsgemäße Zubereitung. Im ursprünglichen Zustand sei es ja überhaupt nicht bzw. nur sehr bedingt möglich, dessen Geschmack bzw. Geruch zu beurteilen.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte durch seine rechtsfreundliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Begründet wurde diese im Wesentlichen wie folgt: Das gegenständliche Straferkenntnis bzw. der Tatvorwurf gründen sich auf eine Parteienbeschwerde. Ein entsprechender Kaufbeleg dieser Privatperson, dass das Wildlachsfilet tatsächlich am 07.06.2011, gegen 14.00 Uhr gekauft wurde, sei nicht vorgelegt worden. Sämtliche Angaben der Partei könnten weder vom Einschreiter noch von der Behörde überprüft werden. Es sei nicht sichergestellt, dass das gegenständliche Produkt tatsächlich am genannten Datum bei der von der Partei angegebenen Filiale gekauft worden sei, noch ob es sich bei den der Behörde übergebenen Reststücken tatsächlich um ein bei der H KG gekauftes Wildlachsfilet handle. Weiters sei nicht eruierbar, wie, wo und unter welchen Umständen die Lagerung bzw. sonstige Behandlung des Produkts zwischen Kauf und Parteibeschwerde erfolgt sei. Dies sei jedoch wichtig, da es sich um ein Tiefkühlprodukt handle, welches nach Auftauen rasch verderben würde. Auch die Zubereitung des Lachsfilets sei nicht nachvollziehbar, insbesondere, ob das verwendete Öl noch qualitativ einwandfrei gewesen sei. Zudem sei die Aufbewahrung des Produkts zwischen 12.00 Uhr mittags und Überbringung der Probe um 15.40 Uhr nicht bekannt. Jedenfalls sei die Probe mit einer Temperatur von +22,5 Grad Celsius bei der Untersuchungsanstalt eingelangt. Ob es anschließend von der AGES wieder tiefgefroren und zur sensorischen Untersuchung wieder aufgetaut worden sei, wäre ebenfalls unklar. Für eine rechtmäßige Beurteilung des Sachverhaltes seien all diese Punkte von maßgebender Bedeutung.

Weiters wird darauf hingewiesen, dass die zweite vom Beschwerdeleger überbrachte Packung des Produkts Wildlachsfilets unbeanstandet geblieben und sohin qualitativ einwandfrei gewesen sei. Zudem sei einen Tag nach der Beschwerde, am 10.06.2011, eine amtliche Vergleichsprobe gezogen worden und sei diese Probe unbeanstandet geblieben. Auch die vom Bw in Auftrag gegebenen Gutachten bei Lebensmittelsachverständigeninstituten seien allesamt unbeanstandet geblieben und würden somit ebenfalls keine Anhaltspunkte dahingehend bieten, weshalb gerade das einzige Reststück des Beschwerdeführers bei Inverkehrbringung nicht substantiell einwandfrei beschaffen gewesen sein solle. Zum Beweis hiefür würden fünf Gutachten eines Lebensmittelinstitutes beigelegt.

Hingewiesen wird auch darauf, dass Grund für die Anzeigenlegung der Partei ein angeblicher "chlorartiger Geruch" gewesen sei, jedoch diese Geruchseigenschaft im Gutachten der AGES nicht aufscheine, sondern der Geruch bzw. der Geschmack als dumpf und leicht alt beschrieben worden sei und sei dies laut Bw auf die Aufbewahrungsform zurückzuführen.

Auch sei dem Bw die Möglichkeit genommen worden, die beanstandete Ware selbst überprüfen zu lassen und den vorliegenden Aussagen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten, da ihm keine Gegenprobe im Sinne des § 36 LMSVG zur Verfügung gestellt worden sei.

Beanstandet wird ferner, dass die Behörde sämtliche von der Partei gemachten Angaben als "wahr" angenommen und dem Straferkenntnis zu Grunde gelegt habe, jedoch auf die zahlreichen vom Bw vorgelegten Urkunden nicht eingegangen sei. Die Behörde hätte sich mit allen vorliegenden Beweisergebnissen auseinandersetzen müssen und anhand verschiedener Beweise "die Wahrheit" ermitteln müssen. Zudem hätte sie sich auch damit auseinandersetzen müssen, ob die Wertminderung des Stückes Wildlachs nicht auch andere Ursachen hätte haben können, welche unter Umständen auch in der Sphäre des Beschwerdeführers selbst gelegen seien (z.B. beigemengte Zutaten, verwendetes Öl, falsche Lagerung, falsche Verbrauchererwartung etc.). Ein abwegiger Geruch eines gebratenen Stückes Fisch könne nicht nur durch eine Wertminderung des Filetstückes Wildlachs herrühren, sondern insbesondere auch etwa durch verdorbenes Öl.

Die H F P GmbH & Co KG verfüge über eine eigene Qualitätsmanagementabteilung sowie über eigene Sachverständige für die Lebensmittelanalyse, entwickle eigene Rezepturen und würde so den gesamten Produktionsprozess der Produkte von der Auswahl der Rohstoffe bis zum Fertigprodukt begleiten. Die Qualitätssicherung erfolge dabei durch innerbetriebliches Qualitätsmanagement unter Mitwirkung von Oecotrophologen, Lebensmittelchemikern und -technologen. Alle Produkte seien bis zum Ursprung lückenlos rückverfolgbar. Das Unternehmen hätte hohe eigene Sicherheitsstandards in Verbindung mit der Inverkehrbringung und Produktion ihrer Produkte, die die gesetzlichen Mindestanforderungen bei Weitem übertreffen würden. Zudem würden unabhängige und akkreditierte Labore die Qualität der Produkte überprüfen. Alle Zulieferer würden alle international anerkannten und gängigen Standards des Qualitätsmanagements erfüllen und auf der Basis spezifischer Zertifizierungen, den IFS (International Featured Standards) arbeiten. Das Unternehmen sei gemäß DIN EN ISO 9001 (Nr. Q1_0196052) und IFS Broker zertifiziert. Aufgrund der hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards, der ständigen Überprüfungen durch den Bw sowie seine Mitarbeiter und die lückenlose Rückverfolgbarkeit der Waren sei garantiert, dass nur substantiell einwandfreie Waren an die Kunden des Unternehmens geliefert werden würden. Da der Bw somit alles ihm Mögliche und Zumutbare getan habe, um Vorfälle wie den nunmehr vorgeworfenen zu verhindern, treffe ihn daher an dem gegenständlichen Tatvorwurf keinerlei Verschulden.

Der Vollständigkeit halber würde auf den Rechtsanspruch auf Absehen von der weiteren Verfolgung im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG hingewiesen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat diese Berufung samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser aufgrund der Tatsache, dass keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

Daraus ergibt sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig und widerspruchsfrei, weshalb auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG verzichtet werden konnte.

 

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungs­übertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer Lebensmittel, die wertgemindert oder verfälscht sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr bringt.

 

Nach § 5 Abs. 1 Z. 2 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr zu bringen.

 

§ 3 Z. 9 LMSVG (Begriffsbestimmung: Inverkehrbringen) verweist auf Artikel 3 Z. 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002.

 

Gemäß Artikel 3 Z. 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

4.2. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

4.3. Dem Bw wurde im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass das von der H F P GmbH in S, S 8, gelieferte und am 07.06.2011 um etwa 14.00 Uhr, in der Filiale W, T, von der H KG in Verkehr gebrachte Produkt mit der Bezeichnung "2 Wildlachsfilets 250g" abwegige Geruchs- und Geschmackseigenschaften aufwies. Die Probe ist daher als wertgemindert zu bezeichnen, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wurde.

 

Das dem Beschuldigten zur Last gelegte, mit Strafe bedrohte Verhalten ist somit das Inverkehrbringen eines wertgeminderten Produktes, ohne diesen Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht zu haben.

 

Nach herrschender Lehre und Judikatur handelt es sich dabei um ein Begehungsdelikt, wobei Tatort der Ort ist, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof ändert  sich daran auch nichts, wenn für die Verwaltungsübertretung der Beschuldigte als nach außen vertretungsbefugtes Organ iSd § 9 VStG einzustehen hat.  Begehungsdelikte werden auch nicht dadurch zu Unterlassungsdelikten, dass ein nach außen vertretungsbefugtes Organ für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift verantwortlich ist. Dem nach außen vertretungsbefugten Organ wird in diesen Fällen nicht der Vorwurf gemacht, er habe es unterlassen, dafür zu sorgen, dass das nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemachte, wertgeminderte Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde, es wird ihm vielmehr der Vorwurf des Inverkehrbringens dieser Ware gemacht (VwGH 29.05.1995, 94/10/0173).

 

Nach dem Tatvorwurf des Straferkenntnisses ist daher Tatort die H-Filiale in W. Im gegenständlichen Fall wird dem nach außen vertretungsbefugten Organ nicht der Vorwurf gemacht, er habe es unterlassen, dafür zu sorgen, dass die falsch bezeichnete Ware nicht in Verkehr gebracht werde. Der Tatvorwurf lautet eindeutig auf Inverkehrbringen der Ware (vgl. VwGH 25.02.2003, 2001/10/0257).

 

Die belangte Behörde war daher im Hinblick auf den im Spruch des Straferkenntnisses genannten Tatort nicht die zuständige Behörde. Es war daher das Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

 

 

5. Da der Berufung Folge gegeben wurde, entfällt gemäß § 65 Abs. 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Im Hinblick auf § 71 Abs. 3 LMSVG war dem Bw auch nicht der Ersatz der Untersuchungskosten vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum