Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-560216/2/Py/Hu

Linz, 05.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. Oktober 2012, Gz. 301-12-2/1ASJF, mit dem die bis 6. November 2011 zuerkannte Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) gekürzt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 11, 27 und 33 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LBGl.Nr. 74/2011

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. Oktober 2012, Gz. 301-12-2/1ASJF, wurde die - der Berufungswerberin  mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Juni 2012 zuerkannte - Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung für Alleinerziehende gemäß § 7 iVm § 11 Oö. BMSG um 210,93 Euro, das sind 25 % des Mindeststandards gemäß 1 Abs.1 Z1 Oö. BMSV, für die beiden nächstfolgenden Monate gekürzt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die Berufungswerberin bei ihrem Vorsprachetermin auf dem Magistrat Linz lediglich einen, anstatt der geforderten 10 Bewerbungsnachweise vorlegte, obwohl sie bereits am 3. September 2012 schriftlich bzw. nachweislich ermahnt wurde, da sie auch bei diesem Termin nicht die erforderlichen Bewerbungsnachweise vorlegen konnte.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von Frau x, im Wege der X, eingebrachte Berufung vom 29. Oktober 2012. Darin bringt sie vor, dass sie sich in den letzten Wochen sehr wohl um einen Arbeitsplatz bemüht hat und diesbezüglich bei der Caritas und der Volkshilfe in Beratung war. Am 17. September 2012 habe sie ein Bewerbungsgespräch beim Projekt X in Enns gehabt und wurde ihr dort nach erfolgter Rücksprache mit den Fördergebern AMS, Sozialhilfe und Land ein Arbeitsplatz in Aussicht gestellt. Trotz dieses Jobangebots war sie weiterhin auf Arbeitssuche, bekam jedoch bei vielen Firmen keine Stempel und führte auch keine Listen über ihre Bewerbungsaktivitäten. Sie fand sich jedoch wöchentlich bei Caritas und Volkshilfe ein, die sie bei der Jobsuche unterstützten. So schrieb die Caritas mit der Berufungswerberin entsprechende Bewerbungsschreiben und ging Frau x auch selbstständig zu Unternehmen, um sich zu bewerben. Als Beweis dafür werden der Berufung Bewerbungsschreiben sowie Visitenkarten und entsprechende Arbeitsplatzausschreibungen von Unternehmen beigelegt.

 

3. Mit Schreiben vom 14. November 2012 legte die Erstbehörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Gemäß § 67 AVG, der gemäß § 27 Oö. BMSG im gegenständlichen Verfahren Anwendung findet, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 67d Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Frau x ist äthiopische Staatsbürgerin und hält sich seit ihrer Flucht aus Äthiopien im Mai 2008 in Österreich auf. Am 24. November 2011 wurde ihre Tochter x geboren. Mit Bescheid des Asylgerichtshofes vom 19. Dezember 2011, rechtskräftig am 28. Dezember 2011, wurde ihr der Status einer Asylberechtigten in Österreich zuerkannt. Sie lebt mit ihrer minderjährigen Tochter x in x, besuchte bis 19. Oktober 2012 einen Welcome Integrationskurs für MigrantInnen auf dem BFI, während dem ihr – ausgenommen Zeiten unentschuldigter Abwesenheit – eine Beihilfe von 13 Euro/Tag zur Deckung des Lebensunterhaltes vom AMS ausbezahlt wurde und bezieht derzeit kein Einkommen.

 

Frau x wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Juni 2012 ab 7. Mai 2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen für sie selbst in Höhe des Mindeststandards für Alleinerziehende gemäß § 1 Abs.1 Z1 Oö. BMSV und für ihre minderjährige Tochter in Höhe des Mindeststandards für Minderjährige mit Familienbeihilfe gemäß § 1 Abs.1 Z3a Oö. BMSV befristet bis 6. November 2012 unter der Voraussetzung zuerkannt, dass sie sich im Rahmen des Einsatzes der Arbeitskraft zur intensiven, täglichen Arbeitssuche, zum Hervorstreichen der Arbeitswilligkeit bei Bewerbungsgesprächen und zur Annahme aller angebotenen Tätigkeiten verpflichtet, um sich aus der sozialen Notlage zu befreien.

 

Bei einer Vorsprache am Magistrat Linz am 12. Juli 2012 legte Frau x Bewerbungsnachweise für neun verschiedene Unternehmen vor.

 

Im Rahmen einer neuerlichen Vorsprache am 21. August 2012 teilte Frau x mit, dass sie sich seit 30. Juli 2012 wieder in einem halbtägigen Deutschkurs für MigrantInnen (Welcome Integrationskurs) befindet. Bewerbungen legte sie mit dem Hinweis, dass im Juli der Kindergarten geschlossen hatte und sie keine Betreuung für ihr Kind hatte, nicht vor.

 

Bei einer weiteren Vorsprache am Magistrat Linz am 30. August 2012 legt Frau x gestempelte Eigenbewerbungen von acht Unternehmen vor.

 

Anlässlich einer Vorsprache am 3. September 2012 wird Frau x am Magistrat Linz eine schriftliche Ermahnung ausgehändigt mit dem Hinweis, dass ihre Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gekürzt wird, wenn trotz dieser Ermahnung keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft besteht, da sie nur acht Nachweise über konkrete Bewerbungen mit Firmenstempel belegt hat, jedoch mindestens zehn hätten belegt werden müssen. Zudem sei eine ernsthafte Absicht, Arbeit zu bekommen, nicht erkennbar, da diese Arbeitssuchnachweise in zwei Tagen "gesammelt" wurden. Außerdem sei sie am 27. August 2012 dem AMS-Kurs unentschuldigt fern geblieben.

 

Bei einer weiteren Vorsprache am Magistrat Linz am 24. September 2012 legte Frau x zehn mit Firmenstempel bestätigte Bewerbungsaktivitäten vor und teilte mit, dass sie noch bis 19. Oktober den Welcome-Integrationskurs für Migranten am BFI teilnehmen wird.

Bei einer neuerlichen Vorsprache am 24. Oktober 2012 teilte sie am Magistrat Linz mit, dass ein zweitägiges Dienstverhältnis innerhalb der Probezeit beendet wurde und legte eine Bewerbung vor.

 

Daraufhin wurde der der Bw zuerkannte Mindeststandard für Alleinerziehende mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 um 25 % für die beiden nächstfolgenden Monate gekürzt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 7 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Z2 Oö. BMSG gilt als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs.1 insbesondere der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11.

 

Gemäß § 11 Abs.1 Oö. BMSG haben Hilfebedürftige ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen.

 

Gemäß § 11 Abs.4 Oö. BMSG können Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, stufenweise und maximal um die Hälfte gekürzt werden, wenn trotz nachweislicher, vorheriger Ermahnung durch die zuständige Behörde keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft besteht. Bei der Entscheidung über das Ausmaß der Reduktion der Leistungen sind die Gründe und die Dauer der Verweigerung zu berücksichtigen.

 

5.2. Der Berufungswerberin wurde mit Bescheid vom 21. Juni 2012 befristet bis 6.11.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen unter der Voraussetzung einer intensiven täglichen Arbeitssuche, dem Hervorstreichen der Arbeitswilligkeit bei Bewerbungsgesprächen und der Verpflichtung zur Annahme aller angebotenen Tätigkeiten zuerkannt. In weiterer Folge fand sich die Berufungswerberin regelmäßig bei der Erstbehörde ein und legte – mit Ausnahme des Monats Juli, für den sie angab, keine Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind zu haben – Nachweise über ihre Bemühungen hinsichtlich der Arbeitsplatzsuche vor.

 

Nachdem Frau x bei ihrer Vorsprache am 30. August 2012 lediglich acht belegt gestempelte Eigenbewerbungen vorlegte, wurde ihr am 3. September 2012 eine schriftliche Ermahnung iSd § 11 Abs.4 Oö. BMSG mit dem Hinweis, dass sie ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen hat, ansonsten die ihr zuerkannte Mindestsicherung gekürzt werde, ausgehändigt. Dieser Aufforderung kam Frau x am 24. September 2012 nach und legte bestätigte Nachweise über ihrer Bewerbungsaktivitäten von zehn Unternehmen vor und wurde ihr daraufhin die bedarfsorientierte Mindestsicherung in der zuerkannten Höhe für September 2012 ausbezahlt. Dem gegenständlichen Bescheid vom 24. Oktober 2012 ging jedoch eine solche, in § 11 Abs.4 Oö. BMSG verankerten ausdrücklichen Pflicht zur vorhergehenden schriftlichen Ermahnung vor Kürzung der bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht voraus. Im Hinblick auf das von der Caritas Linz unterstützte Berufungsvorbringen hätte eine solche schriftliche Aufforderung auch allfällige Unklarheiten hinsichtlich der von der Behörde geforderten und der von der Berufungswerberin tatsächlich durchgeführten und nachgewiesenen Bemühungen hinsichtlich einer Arbeitsplatzsuche beseitigen können. Zudem legt § 11 Abs.2 Oö. BMSG fest, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit des Einsatzes der Arbeitskraft auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu  nehmen ist. Die Berufungswerberin ist äthiopische Staatsbürgerin, anerkannter Flüchtling und sorgepflichtig für ein minderjähriges Kind. Zur Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse, die auch für einen dauerhaften und nachhaltigen Einsatz am Arbeitsmarkt erforderlich sind, besucht sie zudem einen Sprachkurs. Wie aus dem Berufungsvorbringen hervorgeht, bemüht sich Frau x – mit Unterstützung der Caritas sowie der Volkshilfe und unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und familiären Situation – entsprechend um eine Beschäftigungsmöglichkeit. Dadurch kam auch bereits ein Dienstverhältnis zustande, das jedoch innerhalb der Probezeit wieder abgebrochen wurde, wobei aus dem Akt nicht ersichtlich ist, ob der Grund dafür beim Dienstgeber oder bei Frau x als der Dienstnehmerin lag. Im Hinblick auf das glaubwürdige Berufungsvorbringen und die vorgelegten Nachweise erscheint daher die gegenständliche Kürzung der bedarfsorientierten Mindestsicherung für zwei Monate im Hinblick auf die persönliche Situation der Berufungswerberin vorerst nicht gerechtfertigt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden und der Kürzungsbescheid zu beheben war.

 

Der Berufungswerberin wird jedoch angeraten, ihre Arbeitsplatzsuche – sofern noch nicht erfolgreich abgeschlossen – weiterhin aktiv zu betreiben und darüber auch entsprechende Nachweise beizubringen und vorzulegen, um der im Bewilligungsbescheid aufgetragenen Bemühungspflicht entsprechend nachzukommen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum