Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101398/13/Weg/Km

Linz, 18.05.1994

VwSen-101398/13/Weg/Km Linz, am 18. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johannes H, vom 18. Mai 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 26. April 1993, VerkR96/3537/10-1991/Pi/Ri, nach der am 26. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.5 StVO 1960 und 2.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.000 S und 2.) 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 33 Stunden und 2.) 84 Stunden verhängt, weil dieser am 23. Juli 1991 um ca. 14.30 Uhr den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet F auf der M-Gemeindestraße in Richtung F gelenkt hat und in A durch das Zerbrechen eines Kanaldeckels an einem Verkehrsunfall beteiligt war und es unterlassen hat, 1. nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden, bei dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall zu verständigen und 2. nach Verursachung des Verkehrsunfalles, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 300 S in Vorschreibung gebracht.

2. Begründend hiezu führt die Erstbehörde nach durchgeführtem ordentlichen Verfahren, in welchem auch ein technisches Gutachten eingeholt wurde, aus, der Berufungswerber hätte die Beschädigung des Kanaldeckels, über welchen er mit seinem LKW fuhr, objektiv bemerken müssen und hätte daher sein Fahrzeug sofort anzuhalten gehabt und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von diesem Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub verständigen müssen.

3. Der Berufungswerber hingegen führt aus, er habe den Verkehrsunfall nicht bemerkt, sondern die Erschütterung beim Überfahren des Kanaldeckels auf ein "Verrutschen" des Ladegutes (Bierfässer) zurückgeführt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Berufungswerbers Herbert S, durch Vernehmung des Zeugen Johann B sowie durch Einholung eines technischen Amtssachverständigengutachtens anläßlich der mündlichen Verhandlung am 26. April 1994 in Eferding, zu welcher ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist.

Insbesondere aufgrund der Ausführungen des Zeugen B und des verkehrstechnischen Amtssachverständigen Ing. F wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Zeuge B war mit Bastelarbeiten in der Werkstätte im Hause A beschäftigt. Dabei konnte er wahrnehmen, daß ein Betonmischwagen der Firma A aus H auf der Fahrbahn anhielt. Er sah, daß der Lenker dieses LKW's einen Kanaldeckel, der hochgekippt wurde, wieder in die Fassung hineingeben wollte. Der Kanaldeckelrahmen war lt. B zu diesem Zeitpunkt schon irreparabel beschädigt. Der Zeuge ging daraufhin in sein Haus zurück und verständigte telefonisch die Gemeinde über diese Gefahrenstelle. Nach diesem Telefonat sah er dann einen PKW, der offenbar mit den Rädern über den offenen Kanaldeckel gefahren war, wobei ein Schaden am Hinterreifen dieses PKW's entstand. Zu diesem Zeitpunkt war der Kanaldeckel nicht mehr in der Verankerung, sondern lag, wie sich später herausstellte, jenseits der Straße und auch jenseits des Zaunes. Ein derartiger Kanaldeckel wiegt ca. 60 kg. Der PKW-Lenker fuhr also nicht auf einen Kanaldeckel auf, der nicht plan auflag, sondern schon über den offenen Kanal. Über Befragen führt der Zeuge B weiters aus, daß nach dem Wegfahren des Betonmischwagens und vor der Ankunft des Beschädigten PKW's noch ein anderes Fahrzeug (möglicherweise der Beschuldigte) diesen Kanaldeckel überfahren und dabei denselben aus der Fassung geschleudert haben muß.

Der Sachverständige führt aufgrund der Darlegungen des Zeugen B, welcher im übrigen aufgrund seiner früheren Tätigkeit auch Sachkenntnisse auf dem Gebiet des Kanalbaues hatte, aus, daß es sehr wahrscheinlich ist, daß der Kanaldeckel bereits beschädigt war, als der Beschuldigte diese Stelle passierte. Weil der Rahmen des Kanaldeckels schon vorher beschädigt war, konnte beim Überfahren besonders leicht ein Aufkippen des Kanaldeckels erfolgen.

Der Sachverständige nimmt (auch aus technischer Sicht) zusammenfassend an und setzt hier den Wahrscheinlichkeitsgrad groß an, daß der Kanaldeckel schon beschädigt war, als der Beschuldigte über diesen fuhr.

Der Zeuge B rundete das Bild noch insofern ab, als nach seiner Meinung sämtliche Kanaldeckel unsachgemäß verlegt gewesen seien und in der Folge ausgetauscht werden mußten.

Somit steht nicht mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit fest, daß der Berufungswerber über einen völlig intakten und unbeschädigten Kanaldeckel fuhr, sondern eben schon über einen beschädigten, der aufgrund des Beschädigungsgrades ohnehin ausgewechselt hätte werden müssen. Die Beschädigung eines schon beschädigten Kanaldeckels stellt jedoch keinen Verkehrsunfall mit Sachschaden dar, weil ein Sachschaden nur dann vorliegt, wenn sich dieser in einem Vermögenswert ausdrücken läßt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Verpflichtungen nach § 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO 1960 knüpfen an einen Verkehrsunfall mit Sachschaden im Vermögen einer anderen Person (die Selbstbeschädigung ist rechtlich nicht relevant). Ein fremder Vermögensschaden ist jedoch, um es zu wiederholen, im gegenständlichen Fall deshalb nicht eingetreten, weil ein schon beschädigter Kanaldeckel, der aufgrund dieser Beschädigung ausgewechselt werden muß, keinerlei Verkehrswert hat.

Da also nicht als erwiesen angenommen werden konnte, daß der Berufungswerber einen Verkehrsunfall mit fremdem Sachschaden verursacht hat, war gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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