Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253222/25/Wg/TK

Linz, 19.12.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, vertreten durch die X Rechtsanwälte OG, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 27.6.2012, Gz: BZ-Pol-77040-2011, betreffend Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.11.2012, zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das bekämpfte Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass als übertretende Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z 2 VStG die Bestimmung des § 33 Abs 1 iVm § 111 Abs 1 Z 1 ASVG angeführt wird.

 

II.              Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag in der Höhe von 438 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I und II: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG; § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Bürgermeister der Stadt Wels (im Folgenden: belangte Behörde) erließ gegen die persönlich haftenden Gesellschafter der X OG mehrere Straferkenntnissen wegen näher beschriebenen Übertretungen des AuslBG und des ASVG. Die Straferkenntnisse beziehen sich auf im X durchgeführte Kontrollen vom 9.7.2010 und vom 20.3.2011.

 

So lastete die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 27. Juni 2012, BZ-Pol-77040-2011, folgende Verwaltungsübertretungen an:

"Sie haben es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der X OG, X, X, welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG am 20.03.2011

1. die Arbeitnehmerin X, geb. X

2. den Arbeitnehmer X, geb. X

3. den Arbeitnehmer X, geb. X

als Hilfskräfte in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt.

Die in Rede stehenden Arbeitnehmer waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

Obwohl diese Dienstnehmer von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG nicht ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet bzw. wurde X erst nach Dienstantritt am 21.03.2011 rückwirkend mit 20.03.2011 und somit verspätet angemeldet.

Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen.

Verwaltungsübertretungen nach

Jeweils §§111 iVm 33 Abs 1 ASVG idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist,

Freiheitsstrafe von

Gemäß

 

Ersatzfreiheitsstrafe von

 

jeweils

 

 

 

§ 111 ASVG

3 x € 730,--

3 x 112 Stunden

 

 

 

Gesamt:€ 2.190

Gesamt: 336 Stunden

 

 

 

 

Weiters wurde im bekämpften Straferkenntnis ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 219 Euro (10 % der Strafe) vorgeschrieben. Begründend führte die belangte Behörde aus, die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung sei aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels samt Beilagen) als erwiesen anzusehen. Es würden weder Straferschwernis- noch Strafmilderungsgründe vorliegen. Die verhängte Strafe erscheine aber unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung geschätzt, als angemessen und sei die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 12.7.2012. Der Bw stellt darin die Anträge, der UVS für OÖ. möge eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumen, in deren Zuge der Bw einzuvernehmen sein werde; sowie das angefochtene Straferkenntnis wegen der Rechtswidrigkeit aufheben und das Strafverfahren einstellen; in eventu von der Strafe gem. § 21 VStG absehen bzw. es bei einer Ermahnung belassen. Begründend führte er aus, aufgrund von urlaubsbedingter Abwesenheit des zuständigen Sachbearbeiters in der Kanzlei des Beschuldigtenvertreters und der Vielzahl von Straferkenntnissen betreffend die X OG und deren Gesellschafter, die am 29.6.2012 eingelangt seien, werde die schriftliche Begründung nachgereicht.

Primär werde allerdings bereits jetzt geltend gemacht, dass die erkennende Behörde unrichtigerweise von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgegangen sei.

Darüber hinaus wäre ein allfälliger Straftatbestand dem Beschuldigten nicht subjektiv vorwerfbar. Weiters wurde der Antrag gestellt, die Frist zur Begründung der Berufung um 4 Wochen zu erstrecken, sohin auf den den 10. August 2012.

 

In der Ladung vom 21. August 2012 forderte der UVS dem Berufungswerber auf, den Ansprechpartner des AMS, der angeblich die Beschäftigung des X vorweg gestattet habe, sowie eine ladungsfähige Adresse des X bekannt zu geben. Dazu teilte der Berufungswerber mit Eingabe vom 17. September 2012 mit, dass aufgrund terminlicher Überlastung und einer Erkrankung des zuständigen Sachbearbeiters in der Kanzlei der Berufungswerbervertreter noch keine Besprechung bzw. weitere Recherchen durchgeführt werden konnten. Es wurde der Antrag gestellt, die Frist auf den 24. September 2012 zu erstrecken.

 

Da die persönlich haftenden Gesellschafter gegen alle infolge der Kontrollen vom 09.7.2010 und 20.3.2011 erlassenen Straferkenntnisse Berufung erhoben hatte, verband der UVS die Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung. Die öffentliche mündliche Verhandlung fand am 16.11.2012 statt.

 

Der rechtsanwaltliche Vertreter des Bw, Herr X verwies in der mündlichen Verhandlung bei seinem einleitenden Vorbringen auf die Berufungsschriftsätze und verzichtete auf die Einvernahme der nicht erschienenen Zeugin X, da sich diese lt. Angaben der Bw nicht mehr an die geschäftlichen Kontakte mit der Firma X erinnern könne.

 

Der Vertreter des Finanzamtes erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Das Finanzamt beantragt die Bestätigung der erstinstanzlichen Straferkenntnisse. Bezüglich X (Anm: betr. Kontrolle am 20.3.2011) ist festzuhalten, dass die heutige Zeugeneinvernahme im Ergebnis keine Konkretisierung der behaupteten Freundschaftsbande zeigte. Ein Gefälligkeitsdienst ist daher nicht anzunehmen. Es ist auch nicht glaubwürdig, dass während der Stoßzeiten in einem Lokal ein Freundschaftsbesuch stattfindet. Es handelt sich um ein Spezialitätenrestaurant mit entsprechender Speisekarte. Aus der Personaleinteilung am 20.3.2011 ergibt sich, dass zu wenig Personal anwesend war. Insgesamt waren 4 Personen in der Küche. Die Lebensgefährtin und Frau X waren im Service. Festzuhalten ist, dass der Bw X offenkundig mehrmals versuchte, die Zeugin zu beeinflussen. In allen anderen Fällen ist die Beschäftigung ebenso klar und wird auch insoweit die Bestätigung sämtlicher Straferkenntnisse beantragt."

 

Der rechtsanwaltliche Vertreter erstattete für die Bw folgendes Schlussvorbringen: "Bezüglich der Kontrolle am 9.7.2010 ist festzuhalten, dass die Gesellschafter nicht für Beschäftigungsverhältnisse 'zu sich selber' bestraft werden dürfen. Die Gesellschafterkonstruktion wurde vom Steuerberater den Beschuldigten als legal und rechtmäßig dargestellt. Dies stellt jedenfalls einen Rechtfertigungs-, zumindest aber einen Milderungsgrund dar. Zur Kontrolle am 20.3.2011 ist festzuhalten, dass es sich bei Frau X lediglich um ein reines Gefälligkeitsverhältnis gehandelt hat und auch keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es sich um ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des AuslBG bzw. des ASVG gehandelt hat. Bezüglich Herrn X wurde bereits im Vorfeld ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestellt. Bezüglich dem Vorfall aus dem Jahr 2010 ist als Milderungsgrund noch der Zeitablauf anzuführen, des weiteren, das seit der Kontrolle am 20.3.2011 bestehende Wohlverhalten und das ziemlich geringe Einkommen der Beschuldigten. Auf die Berufungsschriftsätze wird verwiesen."

 

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die X OEG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 26.09.2000 gegründet. Die X OG ist Gesamtrechtsnachfolger der damaligen OEG (Stellungnahme des Bw vom 23.09.2010). Der neue Firmenname wurde am 10.12.2009 im Firmenbuch eingetragen.

 

Lt. im Akt befindlichen Firmenbuchauszug (Stichtag: 31.3.2011) befindet sich der Sitz der X OG an der Adresse X, X. Als unbeschränkt haftende Gesellschafter sind folgende Personen angeführt: X, geb. X (vertritt seit 6.12.2000 selbständig), X, geb. X (vertritt seit 26.6.2003 selbstständig), X, geb. X (vertritt seit 10.11.2004 selbständig), X, geb. X (vertritt seit 12.7.2010 selbständig). Diese OG betreibt das X in X, X.

 

Am 20. März 2011, um 12.35 Uhr, führten Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels im Restaurant X in X, X, eine Kontrolle nach dem AuslBG und gemäß § 89 Abs. 3 EStG durch.

 

Dabei wurden der koreanische Staatsangehörige X, geb. X, Asylwerber, der mongolische Staatsangehörige X, geb. X sowie die vietnamesische Staatsangehörige und Asylwerberin X, geb. X angetroffen.

 

X reichte bei der Kontrolle am 20. März 2011 gerade Speisen aus der Küche. Er war als Hilfskoch in einem Arbeits- bzw Dienstverhältnis zur X OG beschäftigt. Es war eine Entlohnung nach dem Kollektivvertrag vereinbart. Herr X wurde von der X OG am 21. März 2011 rückwirkend per 20. März 2011 zur Sozialversicherung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse angemeldet. Vor Dienstantritt war keine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt. Die X OG hatte zwar mit Eingabe vom 7. März 2011 beim AMS Wels einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Küchengehilfe eingebracht. Das AMS lehnte diesen Antrag aber mit Bescheid vom 18. Mai 2011 ab. Am 20. März 2011 lagen folglich keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vor (Mitteilung OÖ. Gebietskrankenkasse vom 25. Juli 2012, Zeugenaussage Seyfried Seite 3 und 4 des Tonbandprotokolls, Strafantrag, Aussage X Niederschrift vom 20. März 2011). Der Berufungswerber brachte im erstinstanzlichen Strafverfahren vor, den Gesellschaftern sei über Anfrage beim AMS zugesichert worden, dass mit der probeweisen kurzfristigen Tätigkeit des X begonnen werden könne. X sagte in der mündlichen Verhandlung dazu aus: "Beim AMS wurde Herrn X gesagt, dass er 4 Wochen arbeiten dürfe. Das wurde mir vom AMS auch telefonisch bestätigt. Vom Verhandlungsleiter befragt, mit wem ich beim AMS telefoniert habe, gebe ich an, dass ich den Namen des Bearbeiters nicht bekanntgeben kann. Ich kenne den Namen nicht." (Aussage X Tonbandprotokoll Seite 12).

 

X hantierte in der Küche mit Fleisch. Er war als Hilfskoch für die X OG tätig. Er war dabei den Weisungen der Vertreter der X OG unterworfen. Es war keine Unentgeltlichkeit vereinbart (Aussage X Niederschrift vom 20. März 2011, Aussage X Niederschrift 20. März 2011, Zeugenaussage X Tonbandprotokoll Seite 4, Aussage X Tonbandprotokoll Seite 12). Die X OG hatte vor Dienstantritt des X keine Anmeldung zur Sozialversicherung bei der Oö. GKK erstattet. Es lagen auch keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vor.

 

X wurde von den Beamten angetroffen, als sie Gästen im Lokal Bier auf einem Tablett servierte. Dies tat sie über Anordnung der Lebensgefährtin des X. Sie war im Kontrollzeitpunkt als Kellnerin für die X OG tätig. Sie unterlag dem Weisungsrecht der Vertreter der X OG. Unentgeltlichkeit war nicht ausdrücklich vereinbart (Personalblatt X, Zeugenaussage X Tonbandprotokoll Seite 5, Strafantrag). Festzustellen ist, dass das AMS Wels bereits mit Bescheid vom 4. Juni 2007, GZ 08114/ABB-Nr. 2852605, den Antrag der X OEG auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für X als gastgewerbliche Hilfskraft abgelehnt hatte (Mitteilung Ausländerinnenfachzentrum des AMS in Oberösterreich vom 5. September 2012).

Die X OG hatte vor Dienstantritt der X keine Anmeldung zur Sozialversicherung bei der Oö. GKK erstattet. Es lagen auch keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vor.

 

Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des X, des X und des X ist Folgendes festzustellen: Insgesamt haben X, X und X etwa ein durchschnittliches Monatseinkommen von 900,-- Euro netto. Sie haben keine Sorgepflichten. Sie haben kein Vermögen.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.11.2012.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden das Kontrollorgan X als Zeuge, Frau X als Zeugin und der Gesellschafter X als Partei zur Kontrolle vom 20. März 2011 befragt. Weiters wurden die gesamten Verfahrensakte des UVS und der belangten Behörde (einschließlich der darin befindlichen Schriftstücke, Niederschriften und Korrespondenz mit der OÖ. GKK und dem AMS bzw. dem Ausländerinnenfachzentrum - AFZ) einvernehmlich verlesen.

 

Der Gesellschafter X räumte schon bei der niederschriftlichen Einvernahme am 20. März 2011 ein, dass X bis ca. 14.00 Uhr als Hilfskoch arbeiten werde und eine Entlohnung nach Kollektivvertrag vereinbart sei. Die Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte nachträglich. Bei seiner Einvernahme am 20. März 2011 gab er an, X habe "nur heute" in der Küche gearbeitet. X sagte lt – in der mündlichen Verhandlung einvernehmlich verlesenen – Niederschrift aber aus, er arbeite schon seit zwei Tagen im Chinarestaurant. Weiters: "Am Samstag 19.03.2011, habe ich von 10.30 Uhr bis 14.00 Uhr gearbeitet. Heute 20.03.2011 habe ich auch um 10.30 Uhr begonnen. Heute soll ich auch um 14.00 Uhr fertig sein. Zwei Tage Probe". Auf die Frage "Welche Tätigkeit haben Sie in der Küche gemacht" antwortete er: " Alles waschen, Teller Gläser, heute und gestern." Auf die Frage, welche Entlohnung für die Arbeit im Lokal vereinbart war, antwortete er in der Niederschrift vom 20. März 2011: "Erst einmal probieren. Wieviel Geld, weiß ich nicht. Gut arbeiten, viel Geld geben, schlecht arbeiten, weniger Geld". Zugunsten des Bw wird festgestellt, dass X nur am 20. März 2011 in einem Arbeits- bzw Dienstverhältnis zur X OG stand.

 

Der Berufungswerber brachte vor, X sei "auf Probe" beschäftigt gewesen. Aus der in der mündlichen Verhandlung einvernehmlich verlesenen Niederschrift über die am 20. März 2011 erfolgte Einvernahme des X geht hervor, dass X als Hilfskraft in der Küche tätig war. Weiters sagte X am 20. März 2011 aus: "Ich habe mit ihm noch nicht über Geld gesprochen. Ich kenne ihn erst seit heute. Wenn er die Arbeit gut macht, werde ich um eine Bewilligung ansuchen. Er wird bis ca 14.00 Uhr Küchenarbeiten erledigen." X wurde von den Beamten in der Küche angetroffen. Er sagte lt Niederschrift vom 20. März 2011 aus: "Ich habe heute zum ersten Mal im X gearbeitet. Ich habe um 10.30 Uhr mit der Arbeit in der Küche angefangen. Der Chef des Restaurants hat mich in der Küche zu Hilfsarbeiten eingeteilt. Ich habe angefangen mit der Reinigung des Bodens und anschließend hat mich der Küchenmeister eingeteilt Fleisch zu schlagen, welches für Speisen benötigt wurde. Bei dieser Arbeit wurde ich auch kontrolliert. ... Über die Entlohnung wurde mit dem Chef noch nicht gesprochen. Sollte ich seinen Vorstellungen entsprechen, werde ich auch eine Entlohnung bekommen. Eine Auszahlung ist bisher aber nicht erfolgt. Ich habe bisher auch kein Essen und Trinken bekommen, weil ich darum auch nicht gefragt habe..." Der Zeuge X wurde in der mündlichen Verhandlung vom rechtsanwaltlichen Vertreter zu den Deutsch-Kenntnissen des X befragt. Dazu gab er an, dass Herr X letztlich vom Kollegen X einvernommen wurde. Weiters: "Dabei wurde die Ehegattin des X, Frau X, als Dolmetscherin beigezogen. Sie übersetzte für ihren Gatten X." Für das erkennende Mitglied steht jedenfalls fest, dass es bei der Übersetzung zu keinen relevanten Missverständnissen gekommen ist, zumal die Angaben des X mit den Angaben des X übereinstimmen. Das Weisungsrecht des Dienstgebers zeigt sich anschaulich darin, dass X bei seiner niederschriftlichen Einvernahme davon sprach, der Chef des Restaurants habe ihn in der Küche zu Hilfsarbeiten eingeteilt. Er habe angefangen mit der Reinigung des Bodens und anschließend habe ihn der Küchenmeister eingeteilt. X konnte in der mündlichen Verhandlung nicht als Zeuge einvernommen werden, da im ZMR keine ladungsfähige Adresse aufscheint und eine solche auch vom Berufungswerber nicht bekanntgegeben wurde. Die Niederschrift über seine Einvernahme vom 20. März 2011 wurde einvernehmlich verlesen. X sagte in der mündlichen Verhandlung aus, er habe sich Herrn X zunächst einmal auf Probe anschauen wollen (Tonbandprotokoll Seite 12). Entscheidend ist, dass er unter dem Weisungsrecht der OG stand. Sowohl X als auch X gaben an, über Geld sei noch nicht gesprochen worden. Unentgeltlichkeit war daher nicht ausdrücklich vereinbart. X sagte weiters aus, dass an Herrn X nichts bezahlt worden sei (Tonbandprotokoll Seite 12). Selbst wenn im Nachhinein nichts bezahlt worden sein sollte, ändert dies nichts darin, dass die Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart war.

 

Dem Vorbringen der Berufungswerber zufolge sei X lediglich auf Besuch gewesen. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 20. März 2011 gab X an, X habe ihn besuchen wollen. Weiters: "Meine Lebensgefährtin X ist alleine als Kellnerin im Lokal. Vielleicht hat sie ein bisschen dabei geholfen." Fest steht jedenfalls, dass X bei Kontrollbeginn nicht im Lokal war. Er kam erst auf Verständigung seiner Lebensgefährtin hin ins Lokal (Aussage X Tonbandprotokoll Seite 12). Die Aussage des X am 20. März 2011, X habe ihn besuchen wollen, ist daher unglaubwürdig. In der mündlichen Verhandlung sagte X nun aus, sie habe Frau X, die Lebensgefährtin des Herrn X besuchen wollen (Tonbandprotokoll Seite 7). Fest steht, dass die OEG in der Vergangenheit einmal erfolglos versuchte, für Frau X eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten. Frau X befand sich fraglos in einer angespannten finanziellen Situation. So sagte sie in der mündlichen Verhandlung aus: "Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, ob ich – wenn ich nicht arbeite – von der Caritas finanziell unterstützt werde, gebe ich an, dass dies richtig ist. Ich werde in diesem Fall von der Caritas finanziell unterstützt. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, ob ich weiß, dass ich ohne arbeitsmarktrechtliche Papiere nicht arbeiten darf, gebe ich an, dass das Geld von der Caritas sehr gering ist. Man kann davon kaum leben." Sie hatte fraglos ein Interesse daran, ihre finanziellen Mittel durch ein Beschäftigungsverhältnis aufzubessern. X betonte nun, in der mündlichen Verhandlung, er suche ständig neue Mitarbeiter und das Arbeitsamt helfe ihm nicht. Es sei nicht leicht, Mitarbeiter zu finden. Weiters: "Wir bekommen keine Leute vom Arbeitsamt." (Tonbandprotokoll Seite 10 und 11). Schon bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 20. März 2011 führte er aus, er suche immer Leute für das Lokal, aber es finde sich niemand, der hier arbeiten wolle. Frau X verwickelte sich nun bei ihrer Zeugenaussage insoweit in einen Widerspruch, als sie zunächst aussagte, Frau X habe ihr gesagt, sie solle sich ein Glas Wasser aus der Küche holen. Weiters: "Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich am 20. März 2011 im Lokal X Gäste bediente, gebe ich an, dass ich keine Gäste bedient habe. Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass laut Strafantrag vom 31. Mai 2011 ich mit einem Tablett und Bier angetroffen wurde, gebe ich an, dass das nicht richtig ist. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass ich mich jetzt wieder erinnern kann. Es war kein Glas mit Wasser, sondern ein Glas Bier. Vom Verhandlungsleiter befragt, für wen dieses Glas Bier gedacht war, gebe ich an, dass das für jemanden an der Ecke gedacht war. Vom Verhandlungsleiter befragt, um wen es sich bei dem "an der Ecke" handelte, gebe ich an, dass es sich um zwei Gäste handelte. Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass ich zunächst aussagte, keine Gäste bedient zu haben, gebe ich an, dass ich nur zu Besuch war. Die Gattin des X, Frau X bat mich, ein Glas Bier zu den Gästen zu bringen. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich als Kellnerin angezogen war bzw. bekleidet war, gebe ich an, dass ich nicht als Kellnerin angezogen war. Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass ich laut Personalblatt eine "schwarze Hose, schwarze Schuhe, graues Gilet und weiße Bluse" an hatte, gebe ich an, dass ich das auch so jeden Tag trage." X räumte erst nach ausdrücklichen Vorhalt ein, Gästen ein Glas Bier serviert zu haben. Für den Verwaltungssenat steht bei freier Würdigung der vorliegenden Beweise – insbesondere in Verbindung mit dem Mangel an Arbeitskräften im X – fest, dass es sich um keinen Gefälligkeitsdienst oder einen bloßen Besuch handelte. Frau X war in einem Arbeits- bzw Dienstverhältnis in Weisungsgebundenheit für die X OG als Kellnerin tätig. Unentgeltlichkeit war nicht ausdrücklich vereinbart. Selbst wenn sie faktisch kein Entgelt für ihre Tätigkeit erhalten haben sollte, ändert dies nichts daran, dass keine Unentgeltlichkeit vereinbart war. 

 

Im übrigen ergeben sich die Feststellungen unstrittig aus den angeführten Dokumenten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 33 Abs 1 und Abs 1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lauten:

(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab) meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

§ 111 Abs 1 und 2 ASVG lauten:

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

- mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Mit X (Hilfskoch) war einen Entlohnung lt Kollektivvertrag vereinbart. Mit X (Kellnerin) und X (Hilfskoch) war Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend und unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die an einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchungen entgegen stehen. Bezüglich X und X gilt, zumal Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart war, gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt als vereinbart (vgl VwGH vom 11. Juli 2012, GZ 2010/08/0218) . Es lag kein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vor. Dies insbesondere unter Hinblick auf § 5 Abs. 2 ASVG, wonach keine geringfügige Beschäftigung vorliegt, wenn das im Kalendermonat gebührende Entgelt den im § 5 Abs. 2 Z 2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil die Beschäftigung im Laufe des betreffenden Kalendermonats begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde. X, X und X unterlagen als Dienstnehmer der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG. Es wurde vor Dienstantritt aber keine Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger (OÖ. GKK) erstattet. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretungen ist folglich erfüllt.

 

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gem. § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Verbotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung – wie dies hinsichtlich der Bestimmung des § 111 Abs 1 Z 1 ASVG der Fall ist – der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Bw hätte initiativ alles vorbringen müssen, was zu seiner Entlastung dienlich sein könnte. Gemäß § 5 Abs. 2 VStG ist zumindest von leicht fahrlässigen Verhalten auszugehen. Die angelasteten Verwaltungsübertretungen sind in objektiver wie in subjektiver Hinsicht erwiesen.  Der Vollständigkeit halber wird gemäß § 44a Z 2 VStG im Spruch die Bestimmung des § 111 Abs 1 Z 1 ASVG als übertretene Verwaltungsvorschrift  ausdrücklich angeführt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG sieht im hier relevanten Fall eine Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro vor. Gem. § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Es lagen weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe vor.

 

Ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe (730 Euro) kam nicht in Betracht, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen (vgl. § 20 VStG).

 

Von der im § 111 Abs. 2 ASVG letzter Satz vorgesehenen Möglichkeit – unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – bei erstmaligen ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabzusetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind, konnte kein Gebrauch gemacht werden. Es wurden insgesamt drei Personen ohne vorangegangener Anmeldung beim Sozialversicherungsträger beschäftigt, weshalb insgesamt nicht vom geringfügigen Verschulden und unbedeutenden Folgen gesprochen werden kann. Abgesehen davon erfolgte laut Strafregister des Magistrates Wels mit 5. Juli 2011 eine (weitere) Bestrafung wegen § 111 iVm § 33 Abs. 2 ASVG, womit die Anwendung des § 111 Abs. 2 letzter Satz im gegenständlichen Fall nicht möglich ist.

 

Auch von der Anwendung des § 21 VStG (Ermahnung) war Abstand zu nehmen, weil im konkreten Fall das tatbildmäßige Verhalten nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb. Für das Berufungsverfahren ist gemäß § 64 Abs 2 VStG zusätzlich ein Betrag von 438 Euro (20 % der verhängten Strafe) zu entrichten.  Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Wolfgang Weigl

 

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