Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253331/5/Py/Hu

Linz, 10.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Oktober 2012, GZ: SV96-537-2012, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG),  zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Oktober 2012, GZ: SV96-537-2012, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl.Nr. 189/1955 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 73 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben im seit 1.10.1988 am Standort x, von Ihnen geführten Handelsbetrieb (Landesproduktenhandel) als Dienstgeber – ein verantwortl. Bevollmächtigter gem. § 35/3 ASVG wurde nicht bestellt – den am 16.5.2012, gegen 18:15 Uhr (Verkehrskontrolle auf der A7, Mühlkreis-AB, Strkm. 12,00, Richtungs-FB Süd; als Lenker des LKW x, mit Anhänger x, beide zugelassen auf x, als LKW-Fahrer, gegen Entgelt, in persönl. u. wirtschaftl. Abhängigkeit, beschäftigten, nicht von der Vollversicherung gem. § 5 ausgenommenen, damit in der Kranken-, Unfall- u. Pensionsversicherung pflichtversicherten Dienstnehmer:

 

x, geb. x; wh x,

 

nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (.GKK) angemeldet (weder mit Mindestangaben- noch Vollanmeldung), obwohl Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Voll- u. Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger an- u. binnen 7 Tagen nach Ende Pflichtversicherung abzumelden haben."

 

In der Begründung verweist die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Anzeige und führt zur verhängten Strafhöhe aus, dass mildernde Umstände nicht festgestellt werden konnten und die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw nicht vorliegt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom 17. Oktober 2012, in der der Bw anführt, dass Herr x ein Freund des Hauses ist und ihm angeboten habe, am 16.5.2012 kostenlos und ohne jede Bezahlung eine Fahrt in Vertretung eines erkrankten Mitarbeiters durchzuführen. Entsprechende Gefälligkeitsdienste habe auch der Bw bereits für Herrn x erbracht und handle es sich jedenfalls um einen nicht sozialversicherungspflichtigen Freundschaftsdienst.

 

3. Mit Schreiben vom 8. November 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG entfallen, zumal eine solche von den Parteien auch nicht beantragt wurde.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer Kontrolle durch die Autobahnpolizeiinspektion Neumarkt/Mühlkreis am 16.5.2012 auf der Mühlkreisautobahn wurde Herr x, geb. am x, beim Lenken eines auf den Bw, Herrn x, zugelassenen Lastkraftwagen mit dem polizeilichen Kennzeichen x, angehalten. Gegenüber den Polizeibeamten gab Herr x an, dass er normalerweise nicht mit dem LKW fährt, da er in Pension ist, jedoch aufgrund einer Erkrankung des regulären Fahrers den aus Stroh und Heu bestehenden Transport durchgeführt habe. Der Bw gab an dass es sich bei Herrn x um einen Freund handelt, der an diesem Tag unentgeltlich für den erkrankten Lenker eingesprungen ist, wie auch der Bw Herrn x aufgrund des Freundschaftsverhältnisses bereits geholfen habe.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Berufungsvorbringen des Bw und wird in dieser Form nicht bestritten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 33 Abs.2 ASVG gilt Abs.1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

5.2. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, kommt es auf das Gesamtbild und den wahren wirtschaftlichen Gehalt der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung – nur beschränkt ist.

 

Herr x wurde anlässlich der Kontrolle durch die Autobahnpolizei beim Lenken eines auf den Bw zugelassenen Lastkraftwagens angehalten. Im Gegensatz zur im § 28 Abs.7 Ausländerbeschäftigungsgesetz normierten widerleglichen gesetzlichen Vermutung, wonach für diesen Fall die unberechtigte Beschäftigung eines Lenkers anzunehmen ist, sofern der Bw nicht glaubhaft machen kann, dass eine solche Beschäftigung nicht vorliegt, enthält das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz keine gesetzlich normierte Beweislastumkehr. Allein aus dem Umstand, dass Herr x in einem auf den Bw zugelassenen LKW angetroffen wurde, kann daher nicht auf eine Beschäftigung in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt geschlossen werden, sondern gilt die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Nach Angabe des Bw lag eine unentgeltliche Tätigkeit vor, ein gegenteiliges Beweisergebnis wurde nicht erbracht. Auch die Intensität und Dauer der Tätigkeit, die von Herrn x zudem ohne Erwerbsabsicht ausgeführt wurde, legt nahe, dass es sich nur um einen kurzfristigen und freiwilligen Freundschaftsdienst gehandelt hat.

 

Da somit ein zweifelsfreies Beweisergebnis, wonach Herr x am 16. Mai 2012 in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit vom Bw gegen Entgelt beschäftigt wurde, nicht vorliegt, war gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG der gegenständliche Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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