Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281433/4/Kl/Rd/BRe

Linz, 15.01.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Juni 2012, Ge96-17-2012/HW, wegen einer Verwaltungsüber­tretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 900 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 90 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafe. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Juni 2012, Ge96-17-2012/HW, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG idgF iVm § 87 Abs.5 Z1 iVm § 87 Abs.2 sowie § 161 der BauV, verhängt.

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber nachstehender Tatvorwurf zur Last gelegt:

"Der Beschuldigte Herr x hat als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gem. § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin x GmbH, Sitz in politischer Gemeinde x, Geschäftsanschrift: x, folgende Übertretung der Bauarbeiterschutz­ver­ordnung zur Last gelegt:

Der Arbeitsinspektor Dipl.Ing. x vom Arbeitsinspektorat Linz hat bei einer Baustellenüberprüfung am 6.12.2011 festgestellt, dass am 6.12.2011 auf der Baustelle Schulsanierung x, ein Arbeitnehmer der x Ges.m.b.H, x – Herr x, geb.: x (Lehrling im 2. Lehrjahr) auf dem ca 2° geneigten Dach über der Bibliothek bei einer Absturzhöhe von ca. 6,0 m mit der Montage eines Windsensors beschäftigt war, wobei keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gem. §§ 7 bis 10 BauV vorhanden waren bzw. der Arbeitnehmer nicht mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt war.

Dadurch wurde § 87 Abs.5 Z1 BauV in Verbindung mit § 87 Abs.2 BauV übertreten, wonach bei geringfügigen Arbeiten auf Dächern, die nicht länger als einen Tag dauern, zwar das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach § 87 Abs.2 BauV entfallen darf, in diesem Fall aber der Arbeitnehmer mittels Sicherheits­geschirr angeseilt sein muss."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Montage des Windsensors nicht im Arbeitsauftrag von Herrn x enthalten gewesen sei. Vielmehr sei es den Lehrlingen grundsätzlich untersagt, auf das Dach zu steigen. Die Montage wäre sowohl zu einem späteren Zeitpunkt als auch von einem dafür geeigneten Monteur durchzuführen gewesen. Der Arbeitnehmer habe entgegen den Anweisungen des Berufungswerbers gehandelt. Die von der belangten Behörde als erschwerend gewerteten Umstände seien allein darauf zurückzuführen, dass die Arbeiten des Arbeitnehmers x weder geplant noch erlaubt gewesen seien. Aus diesem Grund habe sich an diesem Tag auch kein Sicherheitsgeschirr auf der Baustelle befunden. Dem Berufungswerber sei demnach lediglich die Nichteinrichtung eines geeigneten Kontrollsystems, also ein minderer Grad des Verschuldens, vorzuwerfen. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers wurde nunmehr angegeben, dass der Berufungswerber über ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 1.500 Euro verfüge und sorgepflichtig gegenüber seiner 11-jährigen Tochter und seiner Ehefrau sei. Es werde die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt.  

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und stimmte einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafe zu.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG Abstand genommen werden, zumal sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und eine Verhandlung nicht beantragt wurde.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1.  Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

5.4. Von der belangte Behörde wurde im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 1.500 Euro, bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro, verhängt. Strafmildernd wurde die Unbescholtenheit, straferschwerend die Witterungsverhältnisse zur Tatzeit  und die dadurch bedingte erhöhte Rutschgefahr und dass kein Sicherheitsgeschirr auf der Baustelle für den Arbeitnehmer vorhanden gewesen ist, gewertet. Zudem ist die belangte Behörde von einer Schätzung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers ausgegangen, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinen Sorgepflichten und einem Vermögen als Eigentümer einer Immobilie. Im Zuge der Berufungserhebung wurden die persönlichen Verhältnisse dahingehend berichtigt und auch belegt, als der Berufungswerber über ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.500 Euro verfügt und sorgepflichtig für eine 11-jährige Tochter und seine Ehefrau ist. Dieser Umstand war bei der Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der Tat wurde von der belangten Behörde an sich zutreffend gewürdigt, indem auf die erhöhte Rutschgefahr durch die Witterungsverhältnisse am Tattag sowie auf das Nichtvorhandensein des Sicherheitsgeschirrs auf der Baustelle hingewiesen wurde, rechtfertigt aber noch nicht die Verhängung der zehnfachen gesetzlichen Mindeststrafe. Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher die Ansicht, dass mit der herabgesetzten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um den Berufungswerber künftighin von der Begehung gleichartiger Delikte abzuhalten, zumal sich der Berufungswerber einsichtig gezeigt hat. Zudem wurde auch vom Arbeitsinspektorat Linz aufgrund der geänderten  persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers einer Strafherab­setzung der Geldstrafe auf 900 Euro zugestimmt.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der verhängten Geldstrafe stand aber das erhebliche Gefährdungspotential der vom Berufungswerber gesetzten Übertretung entgegen. Immerhin befand sich ein Lehrling auf dem Dach bei einer Absturzhöhe von 6 m und einer Dachneigung von 2°. Wenn der Berufungswerber einwendete, dass der Arbeitnehmer in Eigenregie gehandelt hat, ist er auf das Erfordernis eines effektiven und effizienten Kontrollsystems hinzuweisen, welches auch Maßnahmen zur Hintanhaltung von eigenmächtigem Handeln der Arbeitnehmer, insbesondere von Lehrlingen, zu beinhalten hat.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen) nicht vorlagen. Das Vorliegen der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit alleine kann noch kein beträchtliches Überwiegen bewirken.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Daher kam auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG keinesfalls in Betracht.

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat.            

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

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