Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360027/10/Gf/ER

Linz, 17.01.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Gróf; Beisitzer: Dr. Brandstetter) über die Berufung des M, vertreten durch RA Dr. F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juli 2012, berichtigt mit Bescheid vom 10. Juli 2012, Zl. Pol96-846-2010-WAG, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

 

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 3. Juli 2012, berichtigt mit Bescheid vom 10. Juli 2012, Zl. Pol96-846-2010 WAG, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 Glückspielgesetz und handelsrechtlicher Vertreter gem. § 9 Abs. 1 VStG der M GmbH, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass, wie bei einer Kontrolle des Finanzamtes Linz am 13.11.2010 um 07.00 Uhr festgestellt wurde, bei der X im Standort X, die u.a. 3 Video-Lotterie-Terminals im nebenstehenden Zeitraum betriebsbereit und eingeschaltet aufgestellt waren und mit diesem Gerät wiederholt verschiedene Glücksspiele unter anderem in Form von Walzenspielen durchgeführt werden konnten, mit denen aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne und der möglichen Einsätze von mindestens 0,20 Euro und maximal 5,50 Euro in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, obwohl Sie nicht im Besitz einer hiefür erforderlichen Konzession und Standortbewilligung gewesen sind und die Geräte nicht nach den Bestimmungen des § 4 Glücksspielgesetz vom Glückspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

Gerät Nr. 1: Gehäusebezeichnung X Multi Game, Seriennummer 90, in der Zeit von 26.08.2010 bis 13.11.2010, FA-Nr. 1

Gerät Nr. 2: Gehäusebezeichnung X Multi Game, Seriennummer 80, ebenfalls in der Zeit von 26.08.2010 bis 13.11.2010, FA-Nr. 2 und

Gerät Nr. 3: Gehäusebezeichnung X Multi Game, Seriennummer 70, in der Zeit von 04.02.2010 bis 13.11.2010, FA-Nr. 3

 

Sie haben sich somit als handelsrechtlicher Vertreter gem. § 9 Abs. 1 VStG der M GmbH wiederholt an Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GspG, an denen von Inland aus teilgenommen werden konnte, in den o.a. Zeiträumen unternehmerisch beteiligt.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 52 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von                        falls diese uneinbringlich                        Freiheitsstrafe                                         gemäß

Euro                                       ist, Ersatzfreiheitsstrafe                          von

von

10.000,00 Euro   152 Stunden                                                                       § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1.000,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, dass sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 11.000,00 Euro."

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der von der Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle die im Spruch angeführten Geräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden seien. Mit diesen Geräten seien Glücksspiele, d.h. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhänge, in der Form von Ausspielungen durchgeführt worden, obwohl dafür keine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz oder für eine Landesausspielung vorgelegen habe. Aus diesem Grund handle es sich um verbotene Ausspielungen und sei daher auf diesem Wege in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 6. Juli 2012 (bzw. Berichtigungsbescheid zugestellt am 11. Juli 2012), richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 16. Juli 2012.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei. Der Bw beantragt daher sinngemäß, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 24. Juli 2012 die Berufung samt bezughabendem Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

2.1. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

Der beim Oö. Verwaltungssenat entstandene Verdacht einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft mit dem genannten Schreiben wie folgt dargelegt:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufgrund der Ergebnisse einer am 13. November 2010 von den Organen der nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zuständigen Abgabenbehörde durchgeführten Glücksspielkontrolle wurde von der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG eingeleitet, welches nunmehr beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anhängig ist.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, 'wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt'.

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der 'ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird'.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um 'geringe Beträge' i.S.d. § 168 Abs. 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB zurücktritt. Sobald daher im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, ist das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233).

Selbst wenn jedoch im Strafverfahren nicht eindeutig nachgewiesen werden sollte, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, kommt nach Auffassung des UVS OÖ auch bei einer bloß potentiellen Möglichkeit von Einsatzleistungen in dieser Höhe eine gerichtliche Strafbarkeit jedenfalls wegen versuchter Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 168 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 StGB dennoch in Betracht. Wenngleich nämlich für die Vollendung der Tathandlung 'Veranstalten' gemäß § 168 Abs. 1 StGB ein Spiel auch tatsächlich stattgefunden haben muss, kann vor dem ersten Spielgeschehen jedenfalls ein strafbarer Versuch gegeben sein (vgl. Rainer in SbgK § 168 Rz. 12; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz. 9) und somit die Anwendbarkeit der Verwaltungsstrafbestimmungen des GSpG zurückgedrängt werden.

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB – selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel – auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hat – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs. 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben so weit in den Vordergrund tritt (z.B. bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) spielt (vgl. Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz. 19; Rainer in SbgK § 168 Rz. 10). Des Weiteren ist eine strafbare Serienspielveranstaltung auch dann anzunehmen, wenn bei Spielautomaten 'für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist' (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02).

Mit dieser Judikatur zeigt der Oberste Gerichtshof beispielhaft auf, welche Parameter zur Beurteilung der Serienspielqualität eines Glücksspielautomaten heranzuziehen sind und in welchen Fällen diese jedenfalls zu bejahen ist. Vor dem Hintergrund der Einzelfallbezogenheit der zitierten Entscheidungen sind darüber hinaus jedoch auch weitere Konstellationen denkbar, die eine vom jeweiligen Einzeleinsatz unabhängige gemäß § 168 StGB strafbare Serienspielveranstaltung begründen können. Allein die Möglichkeit, eine beliebige Anzahl von Spielvorgängen im Abstand von wenigen Sekunden jeweils neu zu starten, sowie der Umstand, dass das von den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten vermittelte Angebot primär in der Erzielung von Gewinnen besteht, belegen, dass das Gewinnstreben als Motivation des Spielers soweit in den Vordergrund tritt, dass nicht mehr von Spielen zum bloßen Zeitvertreib die Rede sein kann, sondern vielmehr eine gerichtlich strafbare Serienspielveranstaltung anzunehmen ist.

So indiziert etwa die technische Ausgestaltung der gegenständlichen Glücksspielgeräte mit einer sog. 'Automatic-Start-Taste', welche nur einmal betätigt werden muss, um eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbeträgen rasch hintereinander ablaufen zu lassen, nach Auffassung des UVS OÖ die vorsätzliche Veranstaltung von Serienspielen und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Aus all diesen Gründen ist beim UVS OÖ im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB entstanden. Somit ist der UVS OÖ nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Letzterem wird mit diesem Schreiben, welchem der relevante Verfahrensakt beigelegt ist, entsprochen."

2.2. Mit Schreiben vom 16. November 2012 wurde der Oö. Verwaltungssenat von der zuständigen Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde, "weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte, da eine tatsächliche Aktivierung der 'Automatik-Start-Taste' nicht nachweisbar ist. Zudem ist die Strafbarkeit der Tat bereits verjährt.".

 

2.3. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 hat der UVS OÖ die zuständige Staatsanwaltschaft wie folgt ersucht, die Gründe für die Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 StPO zu konkretisieren:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2012 hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS OÖ) gegen den Beschuldigten des zu oa. Geschäftszahl protokollierten Verwaltungsstrafverfahrens, Herrn M, das auf eine Glücksspielkontrolle vom 13. November 2010 zurückgeht, gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft Steyr wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG ausgesetzt. Mit Schreiben vom 16. November 2012 wurde der UVS OÖ von der zuständigen Bezirksanwältin davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wurde. Die Einstellung erfolgte 'gemäß § 190 Z 2 StPO, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht. Eine Einstellung des Verfahrens erfolgte, da eine tatsächliche Aktivierung der 'Automatik-Start-Taste' nicht nachweisbar ist. Zudem ist die Strafbarkeit der Tat bereits verjährt.'.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS .

Der UVS OÖ geht davon aus, dass bei den in Rede stehenden Glücksspielgeräten vorsätzlich Serienspiele veranstaltet wurden bzw. jedenfalls der strafbare Versuch (siehe dazu auch die ausführliche Begründung in der Anzeige) einer vorsätzlichen Serienspielveranstaltung gegeben ist (Stichwort: 'Automatic-Start-Taste'). Diese Annahme wurde nicht zuletzt auch angesichts der Ergebnisse eines am 22. August 2012 durch den UVS OÖ vorgenommenen Lokalaugenscheins – im Zuge dessen Probespiele an den in Rede stehenden Glücksspielgeräten vergleichbaren Geräten vorgenommen wurden – noch bestärkt.

Vor diesem Hintergrund ist es für die nunmehr vom UVS OÖ vorzunehmende selbstständige Beurteilung der Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, von wesentlicher Bedeutung, weshalb das gegenständliche Strafverfahren seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.

Der vorliegenden staatsanwaltschaftlichen Benachrichtigung lässt sich keine konkrete Begründung für die verfügte Einstellung entnehmen. Vielmehr erweckt die Begründung der Einstellung den Anschein, als wäre der strafbare Versuch gemäß § 15 Abs. 1 StGB, der aufgrund der Ausgestaltung der gegenständlichen Geräte mit einer "Automatik-Start-Taste" nach Auffassung des UVS OÖ jedenfalls gegeben ist, unberücksichtigt geblieben.

Erforderlichenfalls wird zum Beweis der tatsächlichen Abhaltung von Serienspielen  angeregt, einen Ermittlungsauftrag zur technischen Auslesung der Gerätebuchhaltung betreffend die in Rede stehenden beschlagnahmten Geräte zu erteilen. Wie aus dem beiliegenden Beispiel einer Gerätebuchhaltung ersichtlich ist, kann (etwa durch Betätigung der 'Automatik-Start-Taste') eine Vielzahl von Spielen  binnen einer Minute gestartet werden, womit ein Einzelspiel in der Regel nur (Bruchteile von) Sekunden dauert; allein das Vorhandensein einer 'Automatik-Start-Taste' indiziert somit eindeutig den strafbaren Versuch des Veranstaltens von Serienspielen.

In diesem Zusammenhang darf schließlich noch auf das Ergebnis einer LeiterInnenbesprechnung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz am 5. November 2012 hingewiesen werden, demgemäß die Anwendbarkeit der in der Anzeige zitierten Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB bei Ausgestaltung der Glücksspielgeräte mit 'Automatic-Start-Tasten', wie sie im gegenständlichen Fall vorliegen, ebenfalls ausdrücklich bestätigt wurde.

Ergänzend darf darauf hingewiesen werden, dass von der Staatsanwaltschaft Linz in ähnlich gelagerten Fällen (Verdacht auf Serienspiel aufgrund der technischen Ausgestaltung der Geräte mit einer 'Automatic-Start-Taste') – ganz im Sinne des zitierten Ergebnisses der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz – bereits Strafanträge gestellt wurden (zB.: 47 BAZ 419/12h).

Aus dem bloßen Hinweis, dass die Strafbarkeit der Tat 'zudem' bereits verjährt ist, lässt sich hinsichtlich des Einstellungsgrundes des § 190 Z 2 StPO nichts gewinnen. Es wird daher um Klarstellung ersucht, ob im konkreten Fall (auch) eine Einstellung wegen Verjährung nach § 190 Z 1 1. Fall StPO iVm § 57 StGB erfolgt ist.

Da den gegenständlichen Benachrichtigungen von der Verfahrenseinstellung somit nicht eindeutig entnommen werden kann, ob die Einstellung aufgrund der festgestellten Verjährung oder gemäß § 190 Z 2 StPO verfügt wird bzw. ob der strafbare Versuch mitberücksichtigt wurde, wird die Staatsanwaltschaft Steyr höflich ersucht, dem UVS

die Gründe für die verfügte Einstellung

mitzuteilen.

 

Abschließend darf auf die in § 50 Abs. 8 GSpG gesetzlich normierte Pflicht der ausführlichen Darlegung der konkreten Einstellungsgründe durch die Staatsanwaltschaft auch der Abgabenbehörde gegenüber hingewiesen werden."

 

2.4. Daraufhin verweist die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 auf folgende Einstellungsgründe: "Anlässlich der Leiterbesprechung vom 5.11.2012 bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz wurde vereinbart, dass bei einer Nachweisbarkeit von Serienspielen mittels "Automatik-Start-Taste" von einer gerichtlichen Zuständigkeit ausgegangen wird, da nicht der Einsatz bei einem Einzelspiel, sondern vielmehr der mögliche Gesamteinsatz zu beachten sei. Allerdings muss auch im Zug der finanzpolizeilichen Erhebungen oder im Zug eines vor dem UVS abgeführten Verfahrens die vorangegangene Aktivierung dieser "Automatik-Start-Taste" an einem Spielautomaten tatsächlich nachweisbar sein.

Da dies im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall war, wurde von der Staatsanwaltschaft Steyr das Verfahren gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt.

Eine weitere Prüfung, ob ein strafbarer Versuch gemäß § 15 Abs. 1 StGB vorliegt sowie ein Ermittlungsauftrag durch die Staatsanwaltschaft Steyr zur technischen Auslesung der Gerätebuchhaltung erfolgte durch die Staatsanwaltschaft nicht, da die jedenfalls eingetretene Verjährung gemäß § 57 Abs. 2 StGB ein behördliches Einschreiten nicht möglich macht."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes (Verjährung gemäß § 57 StGB) könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde nunmehr in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist von einer gerichtlichen Strafbarkeit auch hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht nur "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des OGH – welcher sich auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hat – etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit auch dann eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, derzufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

4.3. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Pkt. 2.1. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181). Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit stand aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs. 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert.

4.4. Art. 4 7. ZPzEMRK schließt jede weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die sich im Wesentlichen auf denselben Sachverhalt gründet, der bereits Gegenstand einer rechtskräftigen Erledigung in Form der Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens wegen Strafbarkeitsverjährung war, schon auf verfassungsrechtlicher Ebene aus:

4.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in dem zum Doppelbestrafungsverbot ergangenen Erkenntnis vom 2. Juli 2009, B 559/08, mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 4 7. ZPzEMRK, besonders mit dem Urteil der Großen Kammer vom 10. Februar 2009, Bsw. Nr. 14939/03, im Fall Zolotukhin, näher auseinandergesetzt und dabei weiterhin die "same-essential-elements"-Doktrin vertreten. In diesem Zusammenhang stellt der Verfassungsgerichtshof im Abschnitt III.7. seines Erkenntnisses auf die Prüfung ab, ob der Beschwerdeführer für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde. Dabei sei – unter Hinweis auf Materialien zur EMRK und Judikatur des EGMR – eine Entscheidung iSd Art. 4 7. ZPzEMRK dann "rechtskräftig", wenn sie unwiderruflich sei, was im Wesentlichen der Fall ist, wenn keine ordentlichen Rechtsmittel (mehr) zur Verfügung stehen. Eine Einstellung gemäß § 227 StPO nach Zurückziehung des Strafantrags der Staatsanwaltschaft wurde vom Verfassungsgerichtshof als ein solcher "Freispruch" iSd des Art. 4 7. ZPzEMRK gewertet.

In der reformierten StPO mit ihrem neu geregelten Vorverfahren ohne Untersuchungsrichter kommen dem öffentlichen Ankläger in seiner neuen Rolle als Organ der Gerichtsbarkeit (vgl Art. 90a B-VG) auch erweiterte Befugnisse zur Einstellung des Strafverfahrens (§§ 190 ff StPO) und zum Rücktritt von der Verfolgung (§§ 198 ff StPO) zu. Die Möglichkeit der Fortführung eines Ermittlungsverfahrens nach staatsanwaltschaftlicher Einstellung ist nunmehr in § 193 StPO genau geregelt. Dabei ergibt sich aus § 193 Abs. 2 StPO, dass die Staatsanwaltschaft eine Fortführung von nach den §§ 190 oder 191 beendeten Ermittlungsverfahren nur unter weiteren in Ziffer 1 oder 2 genannten Voraussetzungen anordnen kann und dies außerdem nur möglich ist, solange die Strafbarkeit der Tat nicht verjährt ist. Ein Antrag des Opfers an das Gericht auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens ist gemäß § 195 StPO ebenfalls nur zulässig, solange nicht Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.

4.4.2. Wie unter Punkt 2.2. dargelegt, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte wegen § 190 Z 2 StPO ein, da auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz. 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den spezifischen Fall vorsieht, dass die Tat "nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist" [vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz. 12).]!

Gemäß § 57 Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlung wurde im konkreten Fall am 13. November 2010 gesetzt und ist somit – wie auch von der Staatsanwaltschaft ausdrücklich festgestellt wurde – iSd § 57 Abs. 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung des nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahrens ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist.

Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung daher jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art. 4 7. ZPzEMRK zu.

Somit stellt nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall "Zolotukhin" nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art. 4 7. ZPzEMRK dar (vgl. EGMR v. 10. 2. 2009, 14939/03, RN 107f), die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, da in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante gemäß § 57 Abs. 3 StGB bereits Verjährung eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. zB VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Demnach hat der Oö. Verwaltungssenat gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art. 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob die Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das sie bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll. Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen.

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.9.2012, 2012/17/0040) hinzuweisen, der zufolge hinsichtlich der "verbotenen Ausspielungen" iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen "im Lokal aufgestellten Geräte" abzustellen ist; wenn aber für eine Bestrafung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auf die einzelnen Geräte – nicht aber auf die einzelnen auf den Geräten jeweils verfügbaren Spiele – abzustellen ist, so scheint eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes in Bezug auf die jeweiligen Einzelspiele von vornherein unzulässig und im Übrigen auch faktisch kaum möglich. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch noch zu berücksichtigen, dass in der Regel (wie in der unter Punkt 2.1. dargelegten Anzeige an die Staatsanwaltschaft ausführlich erörtert) allein aufgrund des Schaffens einer Spielgelegenheit auf einem Glücksspielgerät mit einer sog. "Automatic-Starttaste" bereits der strafbare Versuch einer Veranstaltung von Serienspielen gem. § 15 iVm § 168 Abs. 1 StGB gegeben sein dürfte, weshalb in diesem Fall – dh. bei solchen Geräten mit derartigen Automatic-Starttasten – eine diesbezügliche zusätzliche Ahndung durch die Verwaltungsstrafbehörde jedenfalls ausscheiden muss.

Da der vorliegenden Einstellung des Staatsanwaltes aufgrund der gemäß § 57 Abs. 3 StGB eingetretenen Verjährung – wie in 4.4. dargelegt – somit die Bedeutung eines Freispruchs in dieser besonderen Konstellation zukommt, war schon deshalb die weitere verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung wegen derselben Tat nicht mehr zulässig.

4.4.3. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft pauschal verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens (= final decision iSd EGMR-Urteils EGMR v. 10. 2. 2009, 14939/03, RN 107f) nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Davon abgesehen ist auch nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des verbotenen Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung der Beschuldigten zu unterbleiben.

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11.12.2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf sein Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer Vermutung für eine – unzulässige – zweifache Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber der Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art. 4 7. ZPzEMRK dar.

4.4.4. Infolge dieser – in § 52 Abs. 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbots gemäß Art. 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität hat somit eine Verfolgung nach dem subsidiären Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben. Schon aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

4.5. Im Übrigen führte aber auch die selbstständige Beurteilung, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, im Ergebnis zu der verwaltungsbehördlichen Straflosigkeit der Bw nach dem Glücksspielgesetz. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, nämlich selbstständig zu beurteilen (vgl VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS OÖ.

4.5.1. In Hinblick auf die Ausgestaltung der gegenständlichen Geräte mit Automatic-Start-Tasten ist die unter 2.1. zitierte Serienspieljudikatur des OGH anzuwenden.

Dies wurde – wie von der Staatsanwaltschaft Steyr ausdrücklich hervorgehoben – im Übrigen auch in der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz vom 5.11.2012 ausdrücklich bestätigt und wurde in dieser sogar festgehalten, dass Geräte, die mit Automatik-Starttasten ausgestattet sind, dem Tatbild des § 168 StGB zu unterstellen sind.

Aufgrund der – im Verwaltungsakt eindeutig belegten – Ausgestaltung sämtlicher gegenständlicher Geräte mit "Automatic-Start-Tasten" liegt somit auch nach Auffassung der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenates jedenfalls der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da einerseits die ausdrückliche Subsidiarität nicht greift und andererseits eine der Ausführungshandlung mittelbar vorangehende ausführungsnahe Handlung iSd § 15 Abs. 2 StGB bereits gesetzt wurde. Darüber hinaus ist zu erkennen, dass die Verwirklichung dieses Tatbildes auch ernstlich für möglich gehalten wurde und die Bw sich damit auch abfand.

4.5.2. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann im Ergebnis jedenfalls keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen und war das angefochtene Straferkenntnis daher auch aus diesem Grund  aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

Beachte:


Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.


VwGH vom 8. November 2013, Zl.: 2013/17/0144-6

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