Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590339/2/Gf/Rt

Linz, 21.01.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 21. November 2012, Zl. VetR-2012, mit dem ein auf das Tierschutzgesetz gestütztes Verbot der Haltung von Tieren ausgesprochen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 21. November 2012, Zl. VetR-2012, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 114/2012 (im Folgenden: TierSchG), "die Haltung von Tieren aller Art auf Dauer verboten". Unter einem wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerber zwischen September 2011 und November 2012 zwei Mal wegen eines Verstoßes gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen rechtskräftig bestraft worden sei. Zudem sei vom Amtstierarzt festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer auch nach erfolgter Bestrafung im September 2011 keine Verbesserung der Haltungsbedingungen für seine Tiere vorgenommen habe, sodass im Zeitraum zwischen dem 9. Februar 2011 und dem 9. Februar 2012 insgesamt 12 Rinder verendet seien.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 23. November 2012 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 2. Dezember 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt der Beschwerdeführer vor, dass er für seinen Tieren insgesamt 160 Ballen Futter zur Verfügung gestellt habe; außerdem hätten diese Zugang zu Wasser und einem ausreichend großen Stall gehabt und schließlich sei ihnen auch stets ein freier Auslauf möglich gewesen.

 

Aus diesen Gründen wird – erschließbar – die  Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. zu Zl. VetR-2012 vorgelegten Akt; da die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 33 Abs. 2 TierSchG kann gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden; diese haben darüber gemäß § 67a AVG durch Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 39 Abs. 1 TierSchG kann die Behörde u.a. einer Person, die von einer Verwaltungsbehörde mehr als einmal rechtskräftig bestraft wurde, die Haltung von Tieren aller oder bestimmter Arten für einen bestimmten Zeitraum oder auf Dauer verbieten, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit eine Tierquälerei oder ein Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 TierSchG in Zukunft voraussichtlich verhindert wird.

 

Nach § 39 Abs. 2 TierSchG kann die Behörde ein solches Verbot auch bloß androhen, wenn dies voraussichtlich ausreicht, um die betreffende Person in Zukunft von einer Tierquälerei oder von einem Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 TierSchG abzuhalten

 

3.2. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ein sämtliche Tierarten umfassendes und unbefristetes Haltungsverbot erlassen und zudem die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen. Im Ergebnis wurde damit die denkbar eingriffsintensivste Maßnahme angeordnet.

 

Dem gegenüber geht – wie sich insbesondere aus dem Zusammenhalt zwischen Abs. 1 und Abs. 2 des § 39 TierSchG ergibt – der Gesetzgeber von einer klar erkennbaren, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichteten Rangordnung der behördlichen Eingriffsbefugnisse aus: Diese hat zunächst das nach den konkreten Umständen gelindeste, noch zum Ziel führende Mittel – nämlich die bloße Androhung eines Haltungsverbotes i.S.d. § 39 Abs. 2 TierSchG –, sodann ein auf bestimmte Tierarten und/oder auf einen bestimmten Zeitraum beschränktes Haltungsverbot und erst zuletzt ein unbeschränktes und/oder zeitlich unbegrenztes Haltungsverbot zu verfügen. Dabei muss stets eine Abwägung der für eine solche Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen des Eigentümers an dessen weiterer Befugnis zur Tierhaltung vorgenommen werden, die auch in der Begründung des Bescheides entsprechend zum Ausdruck gebracht werden muss.

 

Offenbar in Verkennung dieser Rechtslage durch die belangte Behörde kann dem mit der vorliegenden Berufung angefochtenen Bescheid eine solche zwingend durchzuführende Interessenabwägung aber nicht einmal ansatzweise entnommen werden.

 

3.3. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der gegenständlichen Berufung ein Bescheid zu Grunde liegt, der nicht in einem auf Antrag des Rechtsmittelwerbers, sondern in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren ergangen ist, d.h., dass sich die Beschwerde nicht gegen die Verweigerung einer begehrten Bewilligung, sondern gegen einen behördlichen Eingriffsakt richtet.

 

Unter solchen Umständen würde es rechtsstaatlichen Grundsätzen fundamental zuwider laufen, wenn der – selbst weder demokratisch legitimierte noch politisch verantwortliche – Oö. Verwaltungssenat nach autonomer Substituierung der erforderlichen sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen anstelle der i.S.d. Art. 20 Abs. 1 B-VG obersten Verwaltungsbehörde gleichsam sowohl materiell als auch originär – und noch dazu mit sofortiger Wirkung – dem Rechtsmittelwerber eine der in § 39 Abs. 1 und 2 TierSchG grundgelegten, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip allenfalls besser entsprechende Eingriffsmaßnahme vorschreibt.

 

3.4. Aus diesen Gründen war daher – wie der Oö. Verwaltungssenat schon mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. jüngst VwSen-590338 vom 21. Dezember 2012) – keine reformatorische Entscheidung zu treffen, sondern der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben wird.

 

Ob, in welcher Form und mit welchem Ergebnis das Verfahren weitergeführt wird, hat die belangte Behörde aus eigenem zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

VwSen-590339/2/Gf/Rt vom 21. Jänner 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Tierschutzgesetz 2005 §39

 

Analog zu VwSen-590339 vom 21.12.12 zur vergleichbaren Problemlage nach §39 LMSVG: Lässt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmen, dass die belangte Behörde keine Interessenabwägung vorgenommen hat oder entspricht die verfügte Maßnahme nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, so kommt dem UVS keine reformatorische Entscheidungsbefugnis zur Modifikation des Bescheidspruches, sondern bloß die Kompetenz zur Aufhebung des Bescheides zu.

 

 

 

 

 

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