Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253348/10/Py/Hu

Linz, 05.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. November 2012, GZ: SV96-194-2010/Gr, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unverändert.

 

II.        Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde verringert sich auf 36,50 Euro. Zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. November 2012, GZ: SV96-194-2010/Gr, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 iVm § 111 Abs.1 Z1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) idgF eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 49 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 73 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit Außenvertretungsbefugter der x mit Sitz in x, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Dienstgeber Herrn x, geb. x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (1.000 Euro monatlich) als KFZ-Mechaniker im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche seit 4.4.2010 beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (4.4.2010, 8:00 Uhr) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz bei einer Kontrolle am 12.5.2010 gegen 9:10 Uhr in der Werkstätte der Fa. x in x, indem die oa. Person bei der Ausübung seiner Tätigkeit betreten wurde, festgestellt.

Der Dienstnehmer war nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen. Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen, zumal die verpflichtende Meldung verspätet erst am 7.4.2010 erstattet wurde."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die Übertretung aufgrund der Feststellungen der Organe des Finanzamtes Linz im Zuge der Kontrolle am 12. Mai 2010 festgestellt wurde. Die Rechtfertigungsangaben seien nicht geeignet gewesen, den Bw von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung zu entbinden.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird festgehalten, dass straferschwerende bzw. strafmildernde Gründe nicht gefunden werden konnten.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom 30. November 2012, die vom Bw mit Schreiben vom 19. Jänner 2013 auf die verhängte Strafhöhe eingeschränkt wurde. Der Bw teilte dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit, dass es sich beim betretenen Dienstnehmer um seinen Vater handelte, der am Wochenende vor der offiziellen Eröffnung der Kfz-Werkstätte, in der er anschließend als Dienstnehmer ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet wurde, bereits ausgeholfen habe. Im Hinblick auf den Umstand, dass das Unternehmen inzwischen wieder geschlossen war und der Bw derzeit seinen Präsenzdienst ableistet, ersuchte der Bw, die verhängte Geldstrafe aufgrund der Geringfügigkeit des Verschuldens und der unbedeutenden Folgen der Tat auf 365 Euro herab zu setzen.

 

3. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, die zunächst vom Unabhängigen Verwaltungssenat für 23. Jänner 2013 anberaumt war, konnte aufgrund der Einschränkung des Bw auf die im erstinstanzlichen Straferkenntnis verhängten Strafhöhe gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

4.2. Die belangte Behörde hat über den Bw die Mindeststrafe verhängt und weder straferschwerende noch strafmildernde Gründe bei der Strafbemessung berücksichtigt. Im Hinblick auf das nunmehr vom Bw vorgebrachte Geständnis und den Umstand, dass es sich beim eingesetzten Dienstnehmer um den Vater des Bw handelte, dessen Arbeitseinsatz ohne Anmeldung zur Sozialversicherung nur kurzfristig andauerte und er zudem mit Aufnahme der regulären Gewerbetätigkeit bereits ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet war, erscheint es gerechtfertigt, die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe auf das nunmehrige Ausmaß herab zu setzen, da der Bw inzwischen auch nicht mehr als selbstständiger Gewerbetreibender tätig ist und somit auch spezialpräventive Gründe nicht gegen dieses Vorgehen sprechen. Als weiterer Milderungsgrund kommt dem Bw  zudem die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zugute.

 

Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates nahezu drei Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint mit der nunmehr verhängten Geldstrafe eine ausreichende Sanktion gesetzt, um den Bw die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Gleichzeitig wird er jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass bei künftigen Übertretungen der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten mit deutlich höheren Strafen zu rechnen ist.

 

Zur Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist zunächst auf § 16 Abs.2 VStG zu verweisen, wonach die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen darf. Die belangte Behörde hat eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro festgelegt, welche 33% der vorgesehenen Höchststrafe von 2.180 Euro beträgt. Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates die Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafe durch die belangte Behörde mit 49 Stunden nicht schlüssig, wenn diese angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe wesentlich weniger als 33% (nämlich rd. 14%) der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt. Durch die Nichtherabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe wurde dieses Missverhältnis beseitigt.

 

5. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

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