Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281390/5/Py/MG

Linz, 05.02.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Arbeitsinspektorats Wiener Neustadt, Engelbrechtgasse 8, 2700 Wiener Neustadt, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10.02.2012, Zl. Ge96-26-2011, mit dem das gegen Herrn x, vertreten durch x, wegen des Verdachts von Übertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) i.V.m. der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 9 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 10.02.2012, Zl. Ge96-26-2011, wurden das gegen Herrn x, vertreten durch x, eingeleitete Strafverfahren wegen des Verdachts von Übertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) i.V.m. der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde im Wesentlichen – nach Wiedergabe des relevanten Sachverhalts und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen – aus, dass zwei Bestellungsurkunden von Herrn Baumeister x zum verantwortlichen Beauftragten vorliegen würden.

 

Die erste Urkunde sei von der kaufmännischen Geschäftsführung der ARGE unterfertigt worden. Arbeitsgemeinschaften seien Gesellschaften bürgerlichen Rechts, denen die Rechtspersönlichkeit fehle. Mangels Rechtsfähigkeit könne eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht Dienstgeber sein, diese Eigenschaft komme vielmehr den einzelnen Gesellschaftern der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu. Arbeitgeber der für eine Arbeitsgemeinschaft tätigen Arbeitnehmer seien alle Mitglieder einer solchen Gemeinschaft. Sie bzw. ihre zur Vertretung nach außen Berufenen seien in erster Linie Adressaten der Strafbestimmungen des ASchG. Die ARGE x besitze keine Rechtspersönlichkeit und könne daher auch keinen verantwortlichen Beauftragten gem. § 9 Abs. 2 VStG bestellen.

 

In der zweiten Bestellungsurkunde sei Herr x zum verantwortlichen Beauftragten der Bauunternehmung x bestellt worden. In diesem Unternehmen habe er die Stellung eines "Bauleiters in A4" und erstrecke sich der räumliche Zuständigkeitsbereich auf das Klinikum x, Zu- und Umbau. Unter anderem sei er für die Einhaltung sämtlicher Arbeitnehmerschutzvorschriften einschließlich Vorschriften über die Arbeitszeiten und die Arbeitsruhe sowie das Arbeitsinspektionsgesetzes zuständig gewesen. Für die Behörde bestehe kein Zweifel, dass Herr x mit der vorgenannten Urkunde rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten der Arbeitgeberin Bauunternehmung x für die Baustelle in x, bestellt worden sei.

 

Deshalb sei Herr x als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x in deren Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafterin der Bauunternehmung x nicht für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen verantwortlich.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Arbeitsinspektorats Wiener Neustadt vom 21.02.2012, in welcher eine unrichtige rechtliche Beurteilung der belangten Behörde geltend gemacht wird. In der Berufungsbegründung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass bei richtiger rechtlicher Beurteilung eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit von Herrn x gegeben sei. Mit der zweiten Bestellungsurkunde sei x nur für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch die x verantwortlich, also nur insoweit, als die x Arbeitgeberin von Arbeitnehmern sei. Er sei aber nicht für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch die anderen ARGE-Partnerunternehmen verantwortlich. Diese Gesellschaften hätten somit keinen verantwortlichen Beauftragten rechtswirksam bestellt, sodass für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch diese Gesellschaften die zur Vertretung nach außen Berufenen verwaltungsstrafrechtlich haften würden.

 

Bei dem im Strafantrag vom 20.03.2011 angeführten Arbeitnehmer Herrn x handle es sich um einen Leiharbeiter, der an die Partnerunternehmen der ARGE überlassen wurde. Somit sei der überlassene Arbeitnehmer gleichzeitig im Wirkungsbereich beider Unternehmen gestanden. Die Bestellung des Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten für diesen überlappenden Anordnungsbereich, betreffend des Leiharbeiters der an beide Unternehmen überlassen worden sei, könne nicht gültig sein. Gerade für so einen Fall hätte eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten von beiden Partnerunternehmen erfolgen müssen, welche aber nicht erfolgt sei.

 

Das Arbeitsinspektorat Wiener Neustadt beantragte, den Bescheid über die Verfahrenseinstellung aufzuheben und das Verfahren gegen Herrn x fortzuführen.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 23. Februar 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.2. Mit Schreiben vom 02.03.2012 übermittelte der Oö. Verwaltungssenat die Berufung des Arbeitsinspektorats Wiener Neustadt vom 21.02.2012 im Rahmen des Parteiengehörs zur Stellungnahme an Herrn x. Innerhalb der offenen Frist brachte Herr x eine Stellungnahme zur vorgenannten Berufung ein, in welcher er im Wesentlichen vorbringt, dass eine Arbeitsgemeinschaft mangels Rechtspersönlichkeit nicht Arbeitgeberin des Verunfallten gewesen sein könne. Arbeitgeberin könne lediglich eine der beiden ARGE-Partnerfirmen gewesen sein. Tatsächlich sei jedoch im gegenständlichen Fall die Firma x mit Sitz in x Arbeitgeberin des Verunfallten gewesen. Neben der Verantwortlichkeit von x als wirksam bestellter verantwortlicher Beauftragter und primär den Verantwortlichen der Firma x als direkte Auftraggeberin des Verunfallten verbleibe kein weiterer Zuständigkeitsbereich, in welchem auch der Einschreiter als zur Vertretung nach außen Berufener für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnte.

Der Einschreiter beantragt, der Berufung des Arbeitsinspektorats Wiener Neustadt keine Folge zu geben.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu GZ Ge96-26-2011; da sich bereits aus diesem Akt der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, in der  Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei eine Verhandlung beantragt hat, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z 1 und 4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden. Des weitern wurde in den Verfahrensakt des Unabhängigen Verwaltungssenates zu VwSen-281332/2/Kl/Sta und das dazu ergangenen Erkenntnis vom 14.07.2011, in dem der gegenständlichen Sachverhalt erhoben und einer Beurteilung unterzogen wurde, Einsicht genommen.

 

4.2. Der UVS geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

4.2.1. Die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) x besteht aus den beiden Unternehmen

a) Bauunternehmung x, und

b) Bauunternehmen x.

 

Unbeschränkt haftender Gesellschafter der Bauunternehmung x war zum Tatzeitpunkt die x (Firmenbuchauszug vom 05.04.2011, FN x). Handelsrechtliche Geschäftsführer der x, (und jeweils zur selbständigen Vertretung befugt) waren zum Tatzeitpunkt Herr x, geb. x, und Frau x, geb. x (Firmenbuchauszug vom 05.04.2011, FN x).

 

4.2.2. Die ARGE x wurde mit Bauarbeiten zum Umbau des Klinikums x, beauftragt.

Die Baustelle hatte ein Ausmaß, welche nicht nur von den beiden Unternehmen der ARGE Klinikum x alleine erledigt werden konnte. Es wurden mehrere Subfirmen beauftragt. So auch die Firma x, welche seit September 2010 auf der Baustelle tätig war. Diese Firma war mit den Schalungsarbeiten beauftragt, nämlich die Schalung für die Betonfüllungen aufzustellen bzw. wieder abzubauen (Abschlussbericht der Stadtpolizei Baden an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vom 27.01.2011, Seite 2; UVS vom 14.07.2011, VwSen-281332/2/Kl/Sta).

 

4.2.3. Am 26.01.2011 war der Arbeitnehmer Herr x, geb. x, auf der Baustelle in x, mit Bauarbeiten im Bauteil A1 im Bereich x auf der Deckenschalung (Decke über Kellergeschoß) mit Bauarbeiten beschäftigt. Im Zuge dieser Bauarbeiten erlitt Herr x am 26.01.2011 einen tödlichen Arbeitsunfall. Bei Herrn x handelte es sich um einen Arbeitnehmer der Firma x mit Sitz in x (Abschlussbericht der Stadtpolizei Baden an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vom 27.01.2011; UVS OÖ vom 14.07.2011, VwSen-281332/2/Kl/Sta).

 

4.3. Der dargestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den angeführten Beweismitteln.

 

5. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl 450/1994 idgF, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324  Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen (§ 102 ff ASchG) zuwiderhandelt. Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. 340/1994 (BauV), nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach dem ASchG.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen anzubringen. Absturzgefahr liegt gemäß § 7 Abs. 4 BauV bei sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe vor.

Großflächige Schalungselemente müssen gemäß § 82 Abs. 6 BauV auf ebenen, tragfähigen Flächen standsicher aufgestellt sein. Nach Erfordernis müssen zugfeste Abspannungen, zugfeste Verankerungen oder druckfeste Abstützungen angebracht sein. Jedes Schalungselement muss an beiden seitlichen Enden oberhalb seines Schwerpunktes abgestützt werden. Schalungselemente dürfen vom Anschlagmittel des Hebezeuges erst abgehängt werden, wenn die Abstützungen wirksam sind. Beim Ausschalen dürfen die Abstützungen erst entfernt werden, wenn das Schalungselement am Anschlagmittel des Hebezeuges angehängt ist.

 

5.2. Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt, und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Arbeitsgemeinschaften sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts, denen die Rechtspersönlichkeit fehlt. Mangels Rechtsfähigkeit kann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht Dienstgeber sein. Diese Eigenschaft kommt vielmehr den einzelnen Gesellschaftern der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu. Arbeitgeber der für die Arbeitsgemeinschaft tätigen Arbeitnehmer sind alle Mitglieder dieser Gemeinschaft. Sie (ihre zur Vertretung nach außen Berufenen im Sinne des § 9 Abs.1 VStG) sind in erster Linie Adressaten der Strafbestimmungen des ASchG und demnach auch zur Einhaltung der auf Grundlage des ASchG erlassenen BauV verpflichtet (Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1292, E11b mit Judikaturnachweisen).

 

Aus der Bestimmung des § 9 Abs. 1 VStG iVm der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass die ARGE Klinikum x keine eingetragene Personengesellschaft und auch keine juristische Person darstellt, also keine Rechtspersönlichkeit besitzt, und daher durch ihre Geschäftsführung bzw. nach außen Vertretungsbefugten keine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG erfolgen kann. Vielmehr hätten nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die nach außen vertretungsbefugten Organe der jeweiligen Mitgliedergesellschaften der ARGE eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten durchzuführen.

 

5.3. Gemäß § 2 Abs. 1 ASchG ist Arbeitgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, die als Vertragspartei des Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer die Verantwortung für das Unternehmen oder den Betrieb trägt. Gemäß § 3 Abs. 1 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), BGBl 196/1988 idF BGBl I 70/2009, gilt der Beschäftiger für die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers als Arbeitgeber im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Im vorliegenden Fall behauptet die Beschwerdeführerin eine solche Arbeitskräfteüberlassung, derzufolge die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der unter Punkt 3.1. zitierten Arbeitnehmerschutzbestimmungen den einzelnen Unternehmen der ARGE Klinikum x als Arbeitgeber zukommen würde.

 

§ 4 Abs. 1 AÜG bestimmt, dass für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1.

kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2.

die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3.

organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4.

der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

Charakteristisch für eine solche Arbeitskräfteüberlassung ist, dass die Arbeitskraft ihre Arbeitsleistung nicht im Betrieb ihres Arbeitgebers (Überlassers), sondern in Unterordnung unter deren Weisungsbefugnis in den Betrieben des Beschäftigers erbringt. Während die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen der Arbeitskraft und dem Überlasser im Arbeitsvertrag geregelt sind, beruht die schuldrechtliche Verbindung zwischen Überlasser und Beschäftiger auf dem Überlassungsvertrag (Dienstverschaffungsvertrag); eine vertragliche Regelung zwischen dem Beschäftiger und der Arbeitskraft besteht im Allgemeinen nicht. Ausgehend von der Arbeitgeberrolle des Überlassers trifft diesen auch die Pflicht zur Entgeltzahlung (ständige Rechtsprechung des OGH, vgl. OGH 10.10.1990 9 ObA 602/90 ua.). Auch im Rahmen eines Werkvertrages ist es möglich, dass dem Besteller ein Weisungsrecht zukommt (RV zum AÜG 450 BlgNr XVII. GP 18). Die Abgrenzung zwischen einem Werkvertrag einerseits und Arbeitskräfteüberlassung andererseits ist nur durch eine Gesamtbeurteilung aller dafür oder dagegen sprechenden tatsächlichen Umstände möglich (vgl. VwGH 19.01.1995, 94/09/0209).

 

Wie im Verfahren des Oö. Verwaltungssenats zu VwSen-281332/2/Kl/Sta (Erkenntnis vom 14.07.2011) hervorgekommen ist, liegt im gegenständlichen Fall keine Arbeitskräfteüberlassung des verunfallten Arbeitnehmers vor, sondern war dessen Arbeitgeber die Firma x, die im Rahmen eines Werkvertrages auf der Baustelle mit der selbstständigen Erbringung von Schalungsarbeiten beauftragt (vgl. auch Abschlussbericht der Stadtpolizei Baden an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vom 27.01.2011, Seite 2). Die Bescheidbegründung wird der Rechtskraft eines Spruchs insofern teilhaftig, als sich aus ihr der von der Behörde angenommene maßgebliche Sachverhalt ergibt (vgl. VwSlg 10.074 A/1980; VwGH 8. 7. 1991, 90/19/0512; 21. 4. 2004, 2001/04/0008; VfSlg 10.123/1984; siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, 1. Teilband [2004] § 60 Rz. 2).

 

5.4. Es kann im gegenständlichen diesem Verfahren daher dahingestellt bleiben, ob Herr x von der ARGE Klinikum x bzw. einer oder beider Partnerunternehmen rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt wurde. Mangels Arbeitskräfteüberlassung ging die Zuständigkeit zur Einhaltung der einschlägigen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht vom Arbeitgeber auf einen Dritten, insbesondere nicht auf die Partnerfirmen der ARGE x über. Es bleibt damit bei einer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der Firma x als Arbeitgeber. Für eine Verwaltungsübertretung im Sinne des vorgeworfenen Verhaltens wäre demnach gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich, wer für die Firma x zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit nicht verantwortliche Beauftragte gemäß Abs. 2 leg.cit. bestellt sind.

 

Da sohin die Einstellung des Verfahrens durch die belangte Behörde gegen Herrn x rechtmäßig erfolgte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum