Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281489/11/Kl/Ba

Linz, 07.02.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Herrn x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. November 2012, Ge96-40-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23. Jänner 2013 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe je Arbeitnehmer auf jeweils 1.200 Euro und die jeweilige Ersatzfreiheitsstrafe auf 50 Stunden herabgesetzt wird. Die Strafnorm hat zu lauten: "§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG".

 

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 240 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen. Ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. November 2012, Ge96-40-2012, wurden über den Berufungswerber in zwei Fällen Geldstrafen von je 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheits­strafen von je 4 Tagen, wegen je einer Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.3 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutz­gesetz verhängt, weil er es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH (Elektrotechnikgewerbe im Standort x) zu vertreten hat, wie anlässlich einer Überprüfung, durch das Arbeitsinspektorat Linz am 12. Juni 2012 festgestellt wurde und wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 18. Juni 2012, Zl.: 041-64/1-9/12 hervorgeht, dass am 12. Juni 2012 zwei Arbeitnehmer des Betriebes (x, x) bei der Baustelle x, auf dem Dach in einer Hohe von ca. 3,5 bis 6,0 Meter und bei einer Dachneigung von ca. 30° mit der Montage einer Photovoltaikanlage beschäftigt waren und bei den Arbeiten keine Schutzeinrichtungen vorhanden waren, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 Meter geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig Einspruch (gemeint wohl Berufung) eingebracht und eine mündliche Verhandlung beantragt. Das festgesetzte Strafausmaß liege bei weitem über den finanziellen Möglichkeiten des Berufungswerbers.

 

Anlässlich der mündlichen Verhandlung wurde sodann die Berufung auf eine Berufung gegen das Strafausmaß eingeschränkt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Jänner 2013, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Dipl.-Ing. x und x geladen. Von einer Einvernahme konnte hingegen Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt nicht bestritten wurde und im Zuge der Berufungsverhand­lung die Berufung auf Berufung gegen das Strafausmaß eingeschränkt wurde.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung steht folgender Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber ist unbescholten und sorgepflichtig für zwei Kinder. Seine Firma besteht langjährig und kam es bisher zu keinen Vorkommnissen. Er verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.500 Euro. Die Bean­standung und Anzeigenerstattung wurde zum Anlass genommen, sofort modernste Einrichtungen zur Sicherung der Arbeitnehmer anzuschaffen. Im Übrigen wird von der Firma selten die persönliche Schutzausrüstung verwendet, weil grundsätzlich immer ein Schutzgerüst verwendet wird. Lediglich im gegen­ständlichen Fall wurde von der Feuerwehr zur Bedingung gemacht, dass die Hausaus- und -einfahrt stets frei bleiben muss. Die Montage von Dachschutz­blenden auch bei der Feuerwehreinfahrt wäre technisch möglich gewesen. Die an der Baustelle vorhandenen Seile waren nicht geeignet und nicht zu verwenden. Sie wiesen keine Fangstopps und Vorrichtungen zur Befestigung am Sicherheitsgurt und am Anschlag auf. Der Arbeitnehmer x ist erst seit zwei Monaten bei der Firma beschäftigt und war unkundig. Vorher war er in einer ganz anderen Sparte tätig. Zum Tatzeitpunkt herrschte regnerische Witterung und war eine besondere Gefährdung gegeben.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z 1 ASchG (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat ihrer Strafbemessung keine Erschwerungsgründe zugrunde gelegt und mildernd das bisherige anstandslose Verhalten des Beschuldigten berücksichtigt. Weiters hat sie Sorgepflichten für zwei Kinder berücksichtigt. Auch hat sie auf eine entsprechende Präventionswirkung der Strafe hingewiesen.

Auch im Berufungsverfahren kam die Unbescholtenheit des Berufungswerbers hervor und war ein wesentlicher Milderungsgrund. Auch musste das unterdurch­schnittliche Einkommen des Berufungswerbers berücksichtigt werden. Dem Berufungswerber ist auch zugute zu halten, dass er sich einsichtig zeigte und auf die besonderen Umstände des Falles hinwies, aber auch darauf besonders verweisen kann, dass er sofort modernste Sicherheitseinrichtungen für die Arbeitnehmer angeschafft hat und im Übrigen die Firma immer ein Schutzgerüst verwendet und nicht die persönliche Schutzausrüstung. Im Sinn der erstmaligen Tatbegehung und der Einsichtigkeit des Berufungswerbers kann daher auch unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens mit einer Herabsetzung der Geldstrafe vorgegangen werden, wobei die nunmehr festgesetzte Geldstrafe je Arbeitnehmer nach Einschätzung des Oö. Verwaltungssenates durchaus geeignet ist, den Berufungswerber zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen und ihn vor einer weiteren Tatbegehung abzuschrecken. Auch ist sie geeignet, Präventivwirkung gegenüber anderen Unternehmern zu setzen. Sie ist aber auch den besonderen Umständen des Einzelfalls angepasst und ausreichend. Insbe­sondere wurde dabei der Schutzzweck der Norm berücksichtigt, der doch durch die Unkenntnis eines Arbeitnehmers und die widrigen Witterungsverhältnisse in erheblichem Maß verletzt wurde. Es konnte daher unter diesem Aspekt einer weiteren Herabsetzung der Geldstrafe nicht Folge geleistet werden.

 

Im Grunde der Herabsetzung der Geldstrafe musste auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabgesetzt werden.

Ein erhebliches Überwiegen von Milderungsgründen war hingegen nicht festzu­stellen, sodass von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht Gebrauch zu machen war. Auch lag nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt. Es war daher auch nicht gemäß § 21 VStG mit einem Absehen von der Strafe vorzugehen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 240 Euro, das sind 10 % der verhängten Geld­strafen (§ 64 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

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