Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301260/6/Bi/CG

Linz, 04.02.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des x, x, x, vertreten durch die Mutter x, vertreten durch Herrn RA x, x, x, vom 20. August 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Kirchdorf/Krems vom 31. Juli 2012, Pol96-75-2012-Ma, wegen Übertretung des Oö. Jugendschutzgesetzes, aufgrund des Ergebnisses der am 1. Februar 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­ver­handlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt wird, jedoch von der Erbringung einer sozialen Leistung abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 21 VStG iVm § 13 Abs.2 Oö. JSchG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde der Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 8 Abs.1 iVm 13 Abs.1 Z5 Oö. Jugendschutzgesetz zur Erbringung einer sozialen Leistung in Form von Dienstleistungen in der Dauer von vier Stunden im x verpflichtet und ihm für den Fall der Nichterbringung dieser sozialen Leistung eine Ersatzgeldstrafe von 40 Euro (samt 4 Euro Verfahrens­kostenbeitrag) auferlegt. Ihm wird vorgeworfen, er habe in der Nacht zum 7. Juli 2012 in x in der Zeit bis 1.25 Uhr laut eigenen Angaben 3 Halbe und zwei Seidel Bier getrunken und eindeutige Merkmale einer Alkoholisierung aufgewiesen (lallende Aussprache, schwankender Gang) und habe somit übermäßig Alkohol konsumiert, sodass ein an ihm vorgenommener Alkoholvortest um 1.28 Uhr ein Ergebnis von 0,49 mg/l Atemluft ergeben habe – das entspreche 0,98 %o – obwohl Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der übermäßige Alkoholkonsum verboten sei.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 1. Februar 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seiner Mutter x, seines Rechtsvertreters Herrn RA x, des Vertreters der Erstinstanz Herrn Mag. R. B. und der Zeugin Meldungslegerin RI S. F. (Ml)  durchgeführt.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Wertung der von ihm ange­gebenen Alkoholmenge als "übermäßiger Alkoholkonsum" sei nicht schlüssig. Zum einen seien Alkoholvortestgeräte nicht geeicht und der damit erzielte Wert ohne Prüfung durch einen Alkomaten nicht als Beweis heranziehbar. Weitere Umstände wie "lallende Aussprache" oder "schwankender Gang" seien ihm nicht bekannt. Hätte er bereits "Ausfälle" wahrgenommen, hätte er keinen Alkohol mehr getrunken und wäre ihm auf dem Fest auch kein solcher mehr verabreicht worden. Er habe den Test ohne Probleme bewältigt. Er könne sich an den von ihm getrunkenen Alkohol noch gut erinnern; diese Menge habe er überdies den ganzen Abend über konsumiert. Sollte er sich im Zustand übermäßigen Alkoholkonsums befunden haben, sei ihm das zum Zeitpunkt des Alkoholvortests nicht bewusst gewesen. Über den Zeitraum hinweg sei die Menge nicht übergebührlich und er habe auch etwas gegessen. Er habe auch keine "harten" Getränke zu sich genommen. Schuldhaftes Verhalten sei ihm nicht vorwerfbar und daher der Ausspruch einer Strafe gemäß § 5 VStG unzulässig.

Die Erstinstanz habe auf sein Verschulden unzureichend Bezug genommen; dieses sei, wenn überhaupt vorhanden, äußerst gering gewesen. Er sei unbescholten und beantrage wegen erstmaliger Anhaltung Verfahrenseinstellung, in eventu Strafherabsetzung, in eventu den Ausspruch einer formalen Abmahnung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsver­handlung. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw feierte am 22. Juni 2012 seinen 16. Geburtstag und besuchte mit Freunden zusammen in der Nacht zum 7. Juli 2012 das x in x. Nach seinen Angaben hat er am 6. Juli 2012 zwischen 20.30 Uhr und etwa 21.00 Uhr zwei Halbe Bier und auf dem Fest in einem Zeitraum von ca 22.00 Uhr bis 1.25 Uhr eine Halbe und zwei Seidel Bier getrunken. Außer dem Mittagessen hat er auf dem Fest Pommes gegessen.

Gegen 1.25 Uhr wollten seine Freunde und er das Fest verlassen und wurden dabei von der Polizei kontrolliert, wobei nur er und ein Freund zum Alkoholvortest aufgefordert wurden. Bei ihm und dem Freund habe der Vortest einen Atemluft­alkoholwert von ca 1 %o ergeben. Er sei sich nicht bewusst, eine lallende Aussprache oder einen schwankenden Gang, wie von der Ml beschrieben, gehabt zu haben.

 

Die Ml gab an, die Kontrolle beim x sei durch 8 Beamte erfolgt, weil sich Nachbarn über Jugendliche in den Vorgärten beschwert hätten. Gegen 1.25 Uhr seien ca 50 Personen vor dem Fest-Stadl gestanden und die, die besonders als alkoholisiert aufgefallen seien, seien zuerst kontrolliert worden. Da sei auch der Bw dabei gewesen. Sie habe seinen Ausweis verlangt und ihn gefragt, was er getrunken habe. Er habe selbst drei Halbe und zwei Seidel Bier angegeben und habe einen "ziemlichen" Zungenschlag aufgewiesen und sei im "Zick-Zack" gegangen. Beim Alkoholvortest, den sie nur deswegen mit ihm durchgeführt habe, um einen Nachweis für Alkoholkonsum zu haben, habe er keine Schwierig­keiten gehabt. Sie habe ihm erklärt, wie der Test durchzuführen sei, und dieser habe dann 0,49 mg/l AAG – entsprechend 0,98 %o Blutalkoholgehalt – ergeben. Dieser Wert sei ihr angesichts des Erscheinungsbildes des Bw und seiner Schilderung der Trinkmengen "kundenfreundlich" vorgekommen.

Sie konnte sich nicht an seine Reaktion auf diesen Wert erinnern. Der Bw sei vernünftig gewesen. Sie habe ihm aber eine Anzeige angekündigt.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates sind die vom Bw ange­gebenen und auch in der Berufungsverhandlung nicht geänderten Trinkangaben unbestritten, wobei der beim Alkoholvortest mit dem ungeeichten Vortestgerät erzielte Wert von 0,49 mg/l Atemluftalkoholgehalt nur als Beweis für Alkoholkonsum, aber nicht für eine bestimmte konsumierte Menge heranzuziehen ist. Allerdings ist der Ml insofern die Beurteilung eines sich aus körperlichen Symptomen einer ihr unbekannten Person ergebende Gesamteindruck als alkoholindiziert insofern glaubhaft, als diese aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung und Erfahrung in der Lage ist, Alkoholgeruch in der Atemluft wahrzunehmen, einen "Zick-Zack-Gang" zu erkennen bzw einen "Zungenschlag" zuordnen zu können. Ihre Aussage, der Bw sei nach ihrem Eindruck "stark alkoholisiert" gewesen, ist daher als glaubwürdig und nach den geschilderten Ausfallserscheinungen nachvollziehbar anzusehen.   

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 13 Abs.1 Z5 Oö. Jugendschutzgesetz begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Jugendlicher gegen ein Verbot des § 8 Abs.1 verstößt.

Gemäß § 8 Abs.1 leg. cit. ist  ua Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch dann, wenn alkoholische Getränke durch Absorbierung an einen pulver-, pastenförmigen oder anderen Trägerstoff gebunden werden.

 

Der Bw ist am x geboren, dh er hatte zum Tatzeitpunkt 7. Juli 2012 das 16.Lebensjahr vollendet. Bier ist zwar kein gebranntes Getränk, jedoch war ihm dessen "übermäßiger" Konsum verboten. Bei der Beurteilung seines konkreten Bierkonsums ist nicht der beim Alkohol­vortest erzielte Atemluft­alkoholwert heranzuziehen, weil Vortestgeräte nicht geeicht sind. Diese können nur ein Indiz für erfolgten Alkoholkonsum sein, den der Bw aber auch bei der Beanstandung ohnehin nicht abgestritten hat.

 

Der Bw wies bei der Kontrolle durch die Ml eindeutige Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung auf, die ihn nach deren Einschätzung als erheblich unter Alkoholeinfluss stehend qualifizierten. Das ist insofern durchaus schlüssig, als bei einem 53 kg schweren, nach Alkohol riechenden Jugendlichen Ausfälle wie Zungenschlag und Zick-Zack-Gang eindeutig zuzuordnen sind, auch wenn der Alkoholkonsum nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung im Zeitraum von ca 5 Stunden statt­gefunden hat. Wenn der an Alkohol nicht gewöhnte Bw zwischen ca 20.30 und 1.25 Uhr etwas mehr als die Menge von 4 Halben Bier getrunken und ab 22.00 Uhr nur Pommes gegessen hat, sprechen allein die von der Ml beim ihr unbekannten Bw nachvollziehbar beschriebenen Alkohol­symptome zweifellos für einen über­mäßigen Alkoholkonsum im Sinne des § 8 Abs.1 Oö. JSchG, auch wenn ein konkret vorwerfbarer Atemluftalkoholwert nicht vorliegt.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zweifellos von einem übermäßigen Bierkonsum auszugehen, der für den Bw völlig neu und von der Wirkung her offenbar schwer einschätzbar war. Der erst zwei Wochen vorher 16 Jahre alt gewordene Bw hat offensichtlich nicht bedacht, dass sich der Alkoholspiegel im Blut zeitversetzt aufbaut und diese körperliche Reaktion bei Vorliegen erster Symptome durch bloße Beendigung des Konsums nicht mehr geändert werden kann. Er hat aber offensichtlich aus dem Vorfall gelernt und dieser ist bislang auch einzigartig geblieben.

  

Auf dieser Grundlage ist zwar davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat, wobei ihm die Glaubhaftmachung (gänzlich) mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sodass er sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Jedoch ist im Sinne des § 13 Abs.2 Oö. JSchG aufgrund seiner mangelnder Erfahrung mit Alkohol noch von relativ geringem Verschulden und unbedeutenden Folgen der Verwaltungsübertretung auszugehen, wobei aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Bw und seiner Mutter in der Berufungs­verhandlung auch zu erwarten ist, dass die Erziehungsberechtigten des Bw die notwendigen Maßnahmen ergreifen werden, um die Wiederholung eines solchen Vorfalls zu vermeiden.

Auf dieser Grundlage konnte daher von der zunächst von der Erstinstanz verlangten Erbringung von sozialen Leistungen im Ausmaß von vier Stunden im Krankenhaus x abgesehen und mit dem – auch vom Vertreter der Erstinstanz befürworteten – Ausspruch einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

Es war daher – ohne dass Verfahrenskosten anfallen – spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

16jähriger Bw, übermäßiger Alkoholkonsum (lallende Aussprache, Zick-Zack-Gang) à 1. Vorfall, daher Ermahnung iSd § 13/2 JSchG

 

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