Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523308/2/Sch/Bb/AK

Linz, 05.02.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des X, geb. X, wohnhaft in X, vertreten durch Mag. X, Rechtsabteilung des X, X, X, vom 16. Oktober 2012, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 9. Oktober 2012, GZ 569931/2012, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung der Klassen A und B durch zeitliche Befristung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8 und 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat G. D. (dem Berufungswerber) mit Bescheid vom 9. Oktober 2012, GZ 569931/2012, die Gültigkeit der ihm für die Klassen A und B erteilten Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1 Z2, 5 Abs.5 und 8 Abs.3 Z2 FSG durch zeitliche Befristung bis 2. Oktober 2015 eingeschränkt und gemäß § 13 Abs.5 FSG aufgetragen, den Führerschein unverzüglich, längstens zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zwecks Eintragung der Befristung vorzulegen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 12. Oktober 2012, richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesene Vertreterin des Berufungswerbers – mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2012 – eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Führerscheinbefristung nicht gerechtfertigt sei, zumal eine solche nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig sei, wenn eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes konkret drohe. Das fachärztliche Gutachten würde sich nicht für Kontrolluntersuchungen aussprechen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 25. Oktober 2012, GZ 569931/2012, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 35 Abs.1 FSG). Gemäß § 67a Abs.1 AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß       § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG mangels gesonderten Antrages des rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerbers (vgl. VwGH 28. April 2004, 2003/03/0017) und der Tatsache, dass bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die mit Berufung angefochtene erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG), entfallen.

 

4.1. Es ergibt sich folgender für die Entscheidung rechtlich relevanter Sachverhalt:

 

Der Aktenlage folgend unterzog sich der Berufungswerber am 4. September 2012 beim Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, Dr. X, einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 8 FSG. Wegen Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung wurde vor Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens zunächst die Beibringung eines augenärztlichen sowie eines internistischen Facharztbefundes angeordnet.

 

Der Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie. Dr. X, X kam in seiner Stellungnahme vom 3. September 2012 zur Diagnose einer Pseudophakie beidseitig, einer Heterophorie, Fd. norm. sowie eines Astigmatismus. Der vorliegende augenärztliche Befund attestiert im Wesentlichen folgendes Sehvermögen des Berufungswerbers: Visus sc: RA: 0,7, LA 0,6; Visus cc: RA: 0,8, LA: 0,8; Tonometer: 29/32 mmHg nkt. Empfohlen wurde die Verwendung diverser Augentropfen.

 

Die internistische Begutachtung am 17. September 2012 durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. X, 4600 Wels, hat ergeben, dass der Berufungswerber an Hypertonie, Hyperuricämie und einer renalen Funktionseinschränkung leide. Die diagnostizierte Hypertonie sei mit dem Arzneimittel "Ameloir plus HCT 40/10/12,5 mg" gut eingestellt. Derzeit bestünden keine Hinweise auf akute Instabilitäten. Aus internistischer Sicht bestehe kein Einwand gegen die Lenkberechtigung der Führerscheingruppe 1.

 

Das vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land in der Folge erstattete Gutachten nach § 8 FSG vom 2. Oktober 2012 beurteilt den Berufungswerber als zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1, Klasse B "befristet geeignet", und zwar auf die Dauer von drei Jahren und unter der Auflage einer amtsärztlichen Nachuntersuchung samt Vorlage eines Augenfacharztbefundes und eines internistischen Facharztbefundes (Niere). Der Amtsarzt begründete das Ergebnis des Gutachtens mit der Blutdruckkrankheit des Berufungswerbers, Herzrhythmusstörung, Funktionseinschränkung der Nieren (unvollständiges Ausscheiden der Schadstoffe), Beeinträchtigung der Feinmotorik und Hirndurchblutung, verkalkter Halsschlagader, erhöhten Blutdruckwerten unter Belastung sowie dem Verdacht auf Glaucom und fortschreitendem Augendruck.

 

Mit Bescheid vom 9. Oktober 2012 wurde die Gültigkeit der Lenkberechtigung der Klassen A und B des Berufungswerbers durch zeitliche Befristung für die Dauer von drei Jahren – ab Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens (2. Oktober 2012) bis 2. Oktober 2015 - eingeschränkt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde gemäß § 8 Abs.1 FSG ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend „geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet” auszusprechen.

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten “bedingt geeignet” für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 8 Abs.3a FSG ist die Dauer der Befristung ist vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen.

 

5.2. Der Berufungswerber ist laut amtsärztlichem Gutachten vom 2. Oktober 2012 derzeit "befristet geeignet" Kraftfahrzeuge der Führerscheingruppe 1, Klassen A und B, zu lenken. Der Amtsarzt empfahl eine zeitliche Befristung im Ausmaß von drei Jahren sowie eine amtsärztliche Nachuntersuchung unter Vorlage eines augenärztlichen und internistischen Facharztbefundes.

 

Ausführungen dahingehend, weshalb die erwähnten Einschränkungen notwendig wären, lassen sich der Begründung des amtsärztlichen Gutachtens nicht entnehmen. Das Gutachten ist nur stichwortartig und nicht nachvollziehbar begründet. Es zählt zwar sämtliche festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Berufungswerbers auf, jedoch fehlt es an einer schlüssigen Begründung für die Annahme, warum auf Grund dieser Erkrankungen konkret mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Berufungswerbers gerechnet werden muss und weshalb das bei ihm festgestellte Zustandsbild Einfluss auf sein Fahrverhalten haben könnte, ganz abgesehen davon, dass aus fachinternistischer Sicht keine Einwände gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 bestehen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa zuletzt im Erkenntnis vom 20. März 2012, 2009/11/0119, unter Verweis auf seine ständige Vorjudikatur zu den Voraussetzungen einer Befristung der Lenkberechtigung ausgeführt hat, bedarf es, um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen annehmen zu können, auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Der bloße Hinweis auf einen "grundsätzlich progredienten Verlauf" der Grunderkrankung reicht nicht aus, um die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu beurteilen (VwGH 15. September 2009, 2007/11/0043).

 

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nach ständiger Rechtsprechung dann gegeben, wenn eine "Krankheit" vorliegt bzw. festgestellt wurde, welche sich auf die Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen auswirkt und bei der ihrer Natur nach mit einer Verschlechterung gerechnet werden muss. Auch diesbezüglich ist also zu begründen, warum eine konkrete Verschlechterung zu erwarten ist (vgl. dazu wiederum VwGH 20. März 2012, 2009/11/0119; 15. September 2009, 2007/11/0043).

 

Diesen Vorgaben entspricht das vorliegende Sachverständigengutachten, auf das sich der angefochtene Bescheid stützt, nicht. Vor dem Hintergrund der dargestellten verwaltungsgerichtlichen Judikatur leidet das Gutachten vielmehr an einem Begründungsmangel, sodass es ohne nähere Erörterungen und Ergänzungen im aufgezeigten Sinn nicht Grundlage für eine Einschränkung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers noch für die Erteilung von Auflagen zu bilden vermag.

 

Im Fall der Unvollständigkeit oder Unschlüssigkeit eines amtsärztlichen Gutachtens ist der Sachverständige zur Ergänzung der Begründung oder Aufklärung von Widersprüchen aufzufordern (VwGH 17. Oktober 2006, 2003/11/0318). Im erstinstanzlichen Verfahren ist diese Aufforderung zur Gutachtensergänzung jedoch unterblieben; - worauf die Führerscheinbehörde damit die im Bescheid enthaltene Behauptung stützt, das Amtsarztgutachten sei schlüssig, ist mangels näherer Begründung nicht nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides haben demnach den Charakter einer bloßen Leerformel.  

 

Schließlich ist anzumerken, dass sich die Behörde dem amtsärztlichen Gutachten nur insoweit anschloss, als sie im angefochtenen Bescheid lediglich – ohne Erörterung - die vorgeschlagene zeitliche Befristung für die Dauer von drei Jahren bis einschließlich 2. Oktober 2015 verfügte. Die empfohlene Auflage der amtsärztlichen Nachtuntersuchung gegen Ende der Befristung samt Vorlage eines augenärztlichen und internistischen Facharztgutachtens wurde hingegen im Spruch des Bescheides nicht angeordnet.

 

Im Sinne der dargestellten Ausführungen ist daher der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben, ohne abschließend über die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers abzusprechen. Es kann nicht Aufgabe der Berufungsbehörde sein, einer Führerscheinbehörde die Ermittlungs- und Begründungspflicht nahezu zur Gänze abzunehmen.

 

Es obliegt sohin der Erstbehörde, im allenfalls fortgesetzten Verfahren entsprechende ergänzende Ermittlungen – im Sinne einer Gutachtensergänzung - vorzunehmen und diese anschließend auf dessen Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit in einer neuerlichen Entscheidung zu beurteilen.

 

Rechtsmitelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

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