Linz, 04.02.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Kroatien, derzeit Justizanstalt X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18. Dezember 2012, GZ: 1071152/FRB, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von acht Jahren befristeten Aufenthaltsverbot, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 25. Jänner 2013, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012).
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18. Dezember 2012, GZ 1071152/FRB, dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) zugestellt zu eigenen Handen am 21. Dezember 2012, wurde gegen den Bw auf der Grundlage des § 63 Abs. 1 und Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 8 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Zum Sachverhalt führte die belangte Behörde Folgendes aus:
der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB, Freiheitsstrafe
3 Monate, bedingt auf 3 Jahre.
37/2011 d wird von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.
schweren Raubes nach §§ 15 Abs. 1, 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB und des
Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB,
Freiheitsstrafe 4 Jahre.
2. Gegen den vorliegenden Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.
Die Berufung wurde wie folgt begründet:
3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt.
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat für den 25. Jänner 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und hiezu die Parteien geladen. Da der Bw derzeit in der JA X seine Haftstrafe verbüßt, wurde er - nach Einholung seiner Zustimmung - zur Verhandlung vorgeführt.
3.2. Auf Grund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:
Der Bw wurde am 27. Oktober 1992 geboren, ist Staatsangehöriger von Kroatien, hält sich seit Oktober 2006 in Österreich auf und verfügt bis 4. Oktober 2014 über einen gültigen Aufenthaltstitel "ROT-WEISS-ROT-Karte Plus".
Bis zur Ausreise lebte der Bw bei seinen Großeltern in Bosnien. Als die Großeltern nach Schweden ausgewandert sind, reiste der Bw mit dem Bus zu seiner in Österreich lebenden Mutter. Laut Aktenlage ist der Vater des Bw unbekannt und verfügt er weder in Bosnien und Herzegowina noch in Kroatien über Verwandte.
Nach Absolvierung der Hauptschule und des Polytechnischen Lehrganges in Österreich besuchte der Bw diverse Kurse. Ursprünglich wollte er eine Malerlehre beginnen. Bedingt durch falsche Freunde lebte der Bw vor sich hin, wird nach wie vor von seiner Mutter unterstützt und hat bis zum Haftantritt bei ihr gewohnt.
Der Bw spricht kroatisch, kann lesen und schreiben und ist mit den Bräuchen seiner Herkunftsregion vertraut. Darüber hinaus spricht der Bw ein gutes Deutsch.
Bis dato ist der Bw, abgesehen von geringfügigen Arbeiten, keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen. In der Haftanstalt will der Bw den Beruf des Malers erlernen, nach der Haftentlassung diesen ausüben oder als Kellner tätig werden.
Strafrechtlich ist der Bw zweimal im Jahr 2011 in Erscheinung getreten und verurteilt worden. Zuletzt wurde der Bw wegen des versuchten schweren Raubes und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung zu eine Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt (siehe ausführliche Darstellung unter Punkt 1.).
Derzeit verbüßt der Bw seine Haftstrafe.
4.1. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.
Gemäß § 63 Abs. 3 FPG ist ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des
§ 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
4.2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel verfügt und sich derzeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher sind die oben genannten Bestimmungen zur Prüfung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.
Besondere Ausschließungsgründe des § 64 FPG liegen nicht vor und wurden im Verfahren auch nicht behauptet.
Es gelangt daher § 63 Abs. 1 FPG vollinhaltlich zur Anwendung.
4.3.1. Nach dem im gegenständlichen Fall relevanten Sachverhalt ist zweifelsfrei eine strafgerichtliche rechtskräftige Verurteilungen des Bw gegeben, wobei der Bw am 21. August 2012 vom LG Linz als Jugendschöffengericht zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt worden ist. Es ist daher § 63 Abs. 2 in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Z 1 FPG einschlägig und im Sinne der zitierten Norm davon auszugehen, dass der Bw die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende bestimmte Tatsachen verwirklicht hat.
Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden.
4.3.2. Zwar führt der Bw in seinem Rechtsmittel aus, sein Fehlverhalten eingesehen zu haben. Daraus wäre abzuleiten, dass er sich in Hinkunft rechtskonform verhalten wolle und daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Dieser Zukunftsprognose kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch aufgrund folgender Überlegungen nicht beigetreten werden:
Bedingt durch die triste finanzielle Situation (Privatbeteiligtenansprüche aus dem Verfahren GZ 33 Hv 37/11d des LG Linz und Forderungen wegen mehrerer "Schwarzfahrten") beschloss der Bw vorerst ohne konkreten Plan mit einem Mittäter ein Wettbüro zu überfallen. Davon wurde in der Folge Abstand genommen, da die mögliche Beute als zu gering eingeschätzt wurde. Dem tatsächlich durchgeführten Überfall auf die X in der X gingen umfassendere Vorbereitungen und Planungen voraus. Jedenfalls war beabsichtigt, die Bankangestellten und allenfalls anwesende Kunden massiv einzuschüchtern und als Drohmittel verschüttetes Benzin zu verwenden. Das Benzin sollte nach Ausfolgung des Bargeldes vom Bw angezündet werden. Dabei nahm der Bw in Kauf, dass Personen physisch als auch psychisch verletzt und fremde Sachen beschädigt bzw. zerstört werden. Bedingt durch ein nicht einkalkuliertes Verhalten der Bankangestellten wich der Bw vom Tatplan ab und entzündete frühzeitig das Benzin. Die explosionsartige starke Bandentwicklung verhinderte die weitere Tatausführung.
Das äußerst brutale Vorgehen lässt eindeutige Schlüsse auf die Psyche des Bw und seine Hemmschwelle zu.
Die selbstverschuldete schlechte finanzielle Lage ist in erster Linie auf die mangelnde Arbeitsbereitschaft des Bw zurückzuführen. Obwohl er von den finanziellen Zuwendungen seiner Mutter gelebt hat, sah er einen rechtskonformen Lebenswandel für nicht erforderlich an (zwei gerichtliche Verurteilungen und zahlreiche einschlägige Verwaltungsübertretungen). Die durch sein strafrechtlich relevantes Verhalten angehäuften "Schulden" veranlassten den Bw nicht zu einer Änderung seines Lebenseinstellung. Im Gegensatz, er nahm die Schulden, von denen bereits seine Mutter einen Teil bezahlt hatte, zum Anlass der Planung und Durchführung eines Überfalls. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Wahl der Waffe (Waffe im technischen Sinn, vergleichbar mit einem Molotov-Cocktail), der Einsatz und die besondere und unkalkulierbare Gefährlichkeit dieser zu.
Die kriminelle Energie des Bw hat im ausgeführten Überfall eine gewaltsame Steigerung erfahren. Besonders negativ für die Zukunftsprognose wirkt sich dabei aus, dass ein eher unbedeutender Anlass ("Schulden" – diese wurden laufend von der Mutter getilgt) für eine derartige "Gewaltexplosion" ausgereicht hat.
Im Laufe seines Aufenthaltes hat der Bw gegen kernstrafrechtliche Vorschriften verstoßen. Er hat ua. die besonders schützenswerten Rechtsgüter wie körperliche Unversehrtheit und Eigentum mehrfach beeinträchtigt.
Der Bw hat somit durch sein kontinuierlich gesetztes rechtswidriges Verhalten in den unterschiedlichsten Bereichen eindrucksvoll bewiesen, die Rechtsordnung im Bundesgebiet nicht zu achten und sich nicht als an die Werteordnung der hiesigen Gesellschaft gebunden anzusehen. Auch wenn der Bw zuletzt vor Gericht ein "reumütiges Verhalten" an den Tag gelegt und im Rechtsmittel die Absicht geäußert hat, in Hinkunft ein rechtskonformes Leben zu führen, vermag der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich dieser Aussage, keinen Glauben zu schenken. Das persönliche Verhalten des Bw in der mündlichen Verhandlung und die Würdigung seiner Aussagen lassen im Hinblick auf den bisherigen Lebenswandel nicht den Schluss zu, dass der Bw in naher Zukunft geläutert sein wird. Trotz anderslautender Bekundungen zeigt schon alleine die letzte Tat die wahre Einstellung des Bw auf. Trotz einschlägiger Vorverurteilung und laufendem Rechtsmittelverfahren beging der Bw das Verbrechen des versuchten schweren Raubes.
Es ist daher mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt des Bw im Inland eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.
In diesem Sinn ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw fraglos gerechtfertigt. Bei der Beurteilung des Falls ist auf § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen.
4.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
4.4.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.
4.5.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.
Es ist eingangs festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um Straftaten durch Fremde dauerhaft im Bundesgebiet zu unterbinden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen und zu erhalten. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind. Eine diesbezügliche Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der Kriterien des § 61 FPG führt dennoch nicht zum Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben des Bw unrechtmäßig wäre.
4.5.2.1. Der Bw hält sich seit Oktober 2006 durchgehend rechtmäßig in Österreich auf und verfügt derzeit über einen bis 4. Oktober 2014 gültigen Aufenthaltstitel.
4.5.2.2. Es steht völlig außer Zweifel, dass der Bw durch seinen Aufenthalt in Österreich seit dem Jahr 2006, seine Beziehung zu der in Österreich lebenden Mutter und der Kenntnisse der deutschen Sprache ein nicht unerhebliches Maß an Integration erworben hat und ein Aufenthaltsverbot in das Recht des Bw auf Privat- und Familienleben eingreift.
4.5.2.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Fremden alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen.
Im diesem Sinne geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren, fast durchgehender erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit sowie weiterer Integrationsschritte das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).
Der Bw hält sich seit mehr als 6 Jahren rechtmäßig in Österreich auf. Eine Aufenthaltsverfestigung ist bis dato nicht eingetreten.
4.5.2.4. Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf Punkt 4.5.2.2. verwiesen.
Zudem ist festzuhalten, dass der Bw während seines Aufenthaltes im Inland nur zeitweise einer Beschäftigung nachgegangen ist und über weite Strecken von den Zuwendungen seiner Mutter lebte. Auch wenn der Bw mehrmals betonte, den Beruf eines Malers anzustreben, hat er keinerlei ernstzunehmende Anstalten gezeigt, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Wie er selbst eingestanden hat, reichte der Einfluss seiner Freunde aus, um von Schulungen oder einer Lehre Abstand zu nehmen und die Unterhaltsleistungen der Mutter zu genießen.
Diese Form der Integration wird durch die vom Bw begangenen Vergehen und Verbrechen, durch die dieser zu erkennen gegeben hat, die im Gastland geltende Rechtsordnung nicht zu akzeptieren, relativiert bzw. nachhaltig erschüttert.
4.5.2.5. Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Maßnahme in Verbindung mit einer Rückkehr in sein Heimatland ist festzuhalten, dass der Bw einen Großteil seines Lebens (knapp vierzehn Jahre) im Gebiet der bosniakisch-kroatischen Föderation verbracht hat. Einen Großteil seiner Schulausbildung hat der Bw in Bosnien absolviert, ist sprach- und schriftkundig, im Herkunftsstaat sozialisiert und mit der dortigen Kultur, den Gebräuchen usw. vertraut. Da der Bw glaubhaft vorgebracht hat, während der Haftzeiten den Malerberuf erlernen zu wollen, muss sich der Bw im Herkunftsstaat nicht mit Gelegenheitsarbeiten den Lebensunterhalt verdienen sondern er kann im erlernten Beruf tätig sein. Weiters steht ihm auch eine Beschäftigung im Gastgewerbe offen, da der Bw über einschlägige Erfahrungen verfügt und nach der Haftentlassung in dieser Berufssparte tätig sein wollte.
4.5.2.6. Um Wiederholungen zu vermeiden wird hinsichtlich der Verurteilungen nach oben verwiesen.
4.5.3. Aufgrund der getroffenen Feststellungen gilt es nunmehr in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das Interesse des Bw am Verbleib im Inland mit dem öffentlichen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzuwägen.
Beim Bw handelt es sich um eine Person, die kontinuierlich strafrechtliche Delikte verschiedenster Art und Weise begangen hat. Auf Grund dieser Tatsache steht es für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich außer Zweifel, dass der Verbleib des Bw im Inland auch in Hinkunft die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdet.
Bei einer Gesamtabwägung ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie an der Verhinderung strafbarer Handlungen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss.
Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.
4.6. Abschließend ist daher die Befristung des gegen den Bw erlassenen Aufenthaltsverbotes auf die Dauer von acht Jahren zu prüfen.
Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes sind nach § 63 Abs. 3 FPG zehn Jahre als maximaler Rahmen vorgesehen.
Der im gegenständlichen Fall vom Fremdenpolizeigesetzgeber in § 63 Abs. 3 FPG vorgesehene Rahmen für eine Befristung eines zu erlassenden Aufenthaltsverbotes auf maximal zehn Jahre schließt unter anderem Straftaten mit ein, für deren Begehung ein Fremder mit einer unbedingten Freiheitsstrafe bis einschließlich fünf Jahren verurteilt wurde.
Der Bw wurde zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Unter Heranziehung aller besonderen Umstände dieses Falles und im Hinblick darauf, dass die unbedingt verhängte Haftstrafe beinahe ein unbedingtes Aufenthaltsverbot rechtfertigten würde, war der belangten Behörde zu folgen und die Aufenthaltsverbotsdauer zu bestätigen.
4.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
5. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der – auch in der Berufung geltend gemachten – sehr guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
Mag. Christian Stierschneider