Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281452/9/Kl/TK

Linz, 13.12.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. x, x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. x, Mag. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27. August 2012, Ge96-4173-2011, wegen Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird nicht stattgegeben und  das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 58 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis Der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27. August 2012, Ge96-4173-2011, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in zwei Fällen von je 145 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 6 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs. 5 Z 1 und 118 Abs. 3 ASchG iVm mit § 22 Abs. 1 BauV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der x GmbH mit Sitz in x, diese ist Inhaberin von Gewerbeberechtigungen für "Handelsgewerbe", "Zimmermeister (§ 149 GewO 1994)" und Baumeister (§ 99 GewO 1994)", jeweils am Standort x, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), eingehalten werden.

 

Anlässlich einer am 30.08.2011 durch den Arbeitsinspektor Ing. x des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck auf der Baustelle x, Grundstück Nr. x, KG. x, Neubau x, durchgeführten Kontrolle wurde festgestellt, dass die Arbeitnehmer

1) x und

2) x

zum Zeitpunkt der Kontrolle keine vorgeschriebenen Schutzhelme trugen, obwohl sie sich im Schwenkbereich des in Betrieb befindlichen Drehkranes befanden, obwohl der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass die persönliche Schutzausrüstung zweckentsprechend verwendet wird und er die Verwendung zu überwachen hat.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde sich unzureichend mit den Argumenten des Beschuldigten auseinandergesetzt habe und den zugrunde gelegten Sachverhalt nicht ausreichend dargelegt habe. Es sei zwar richtig und werde zugestanden, dass die angeführten Arbeitnehmer x und x zum angeführten Zeitpunkt im Schwenkbereich des Drehkranes sich befunden hätten und keine Schutzhelme getragen hätten. Es sei aber im Betrieb ein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet gewesen. Insbesondere hätten die Arbeitnehmer Dokumente und Unterweisungsblätter sowie Schulungen erhalten. Kostenlose Schutzausrüstungen seien zur Verfügung gestellt worden und auch die zweckentsprechende Verwendung überwacht worden. Es werden an den Baustellen nicht nur unangemeldete stichprobenartige Überprüfungen durchgeführt, sondern sind sämtliche Bauleiter und Poliere angewiesen, die Einhaltung der Schutzvorschriften bzw. die tatsächliche Verwendung der Schutzausrüstungen zu überwachen und bei Nichteinhaltung Meldung an den Einschreiter zu erstatten sowie die jeweiligen Arbeitnehmer sofort zum entsprechenden Anlegen der Schutzausrüstung anzuweisen. Wird dem Einschreiter die Nichteinhaltung der Schutzvorschriften bzw. seiner diesbezüglichen Anordnungen widersprechendes Verhalten der Arbeitnehmer bekannt, erfolge sofort eine persönliche schriftliche Verwarnung der jeweiligen Mitarbeiter. Sollte trotz der schriftlichen Verwarnung wiederum ein Verstoß des Arbeitnehmers gegen die ausdrücklichen Weisungen seiner Vorgesetzten erfolgen, würde als letzte Konsequenz auch eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses für den Einschreiter in Betracht kommen. Es würde aber zweifellos eine Übersprannung der Pflichten des Arbeitgebers darstellen, wenn er jeden Mitarbeiter einzeln unterweisen müsste, um sicherzugehen, dass dieser auch bei einer Schulung bzw. Unterweisung aufgepasst hat. Die jährlichen Schulungen im Betrieb des Einschreiters würden jeweils von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern abgehalten und könne daher der Einschreiter berechtigterweise davon ausgehen, dass diese Schulungen auch deren Zweck erfüllen. Der Berufungswerber habe daher jedenfalls alle ihm zumutbaren Maßnahmen gesetzt, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überwachen. Es sei aber dem Berufungswerber nicht möglich und zumutbar zu kontrollieren, ob nun tatsächlich jeder Arbeitnehmer zu jeder Zeit die ihm zur Verfügung gestellte Sicherheitsausrüstung auch entsprechend verwendet, weshalb ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch nicht vorgeworfen werden könne. Es habe die belangte Behörde keineswegs dargetan, welche weiteren konkreten Maßnahmen der Einschreiter im vorliegenden Fall zu treffen gehabt hätte, um einem "wirksamen Kontrollsystem" zu genügen. Hingegen hätten die Mitarbeiter übereinstimmend angegeben, dass der Polier diese sofort zum Tragen der Schutzhelme aufgefordert hätte, hätte er bemerkt, dass diese nicht getragen würden. Der Umstand, dass die Zeugen völlig eigenverantwortlich und entgegen der ausdrücklichen (und diesen auch bekannten) Weisung den Helm dann abgenommen haben, wenn sie außerhalb des Blickfeldes des Poliers sich befanden, kann dem Einschreiter keinesfalls angelastet werden. Es könne nicht Sinn und Zweck der Arbeitnehmerschutzvorschriften sein, dass der Arbeitgeber eine uneingeschränkte und lückenlose Totalüberwachung jedes einzelnen Arbeitnehmers vorzunehmen hat. Im Übrigen habe gemäß § 156 Abs. 1 BauV jeder Arbeitnehmer die zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer durch das I., II. und III. Hauptstück dieser Verordnung gebotenen Schutzmaßnahmen anzuwenden sowie sich entsprechend diesen Anordnungen zu verhalten und die ihm im Zusammenhang damit erteilten Weisungen zu befolgen. Dennoch haben die Arbeitnehmer heimlich und entgegen der ausdrücklichen Weisung des Berufungswerbers die Schutzhelme abgenommen. Sie haben mit dem Abnehmen der Schutzhelme gewartet bis sie sich nicht mehr im Sichtbereich des Poliers befanden. Dies eben deshalb, da ihnen bekannt war, dass eine Abnahme der Helme im Betrieb des Einschreiters nicht geduldet wird und entsprechende Konsequenzen drohen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat den Parteien schriftlich Gelegenheit zu einer Parteienäußerung eingeräumt. Der Berufungswerber gab mit Schreiben vom 30.10.2012 bekannt, dass keine Einwände bestehen, wenn von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen wird. Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck verwies auf die bisherige ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Kontrollsystem. Im Übrigen werden vom Beschuldigten die Übertretungen der Bauarbeiterschutzverordnung eingestanden. Es wird daher der Strafantrag vollinhaltlich aufrecht erhalten.

Weil vom Berufungswerber der Sachverhalt nicht bestritten wurde und schon in der Berufung ausgeführt wurde, dass die angeführten Arbeitnehmer x und x zum angeführten Zeitpunkt im Schwenkbereich des Drehkranes waren und keine Schutzhelme trugen, keine Beweisanträge gestellt wurden und nur die rechtliche Beurteilung des Straferkenntnisses angefochten wurde, die jeweils verhängte Geldstrafe lediglich 145 Euro betrug und auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51 e VStG unterbleiben.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Im Grunde des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens, das nicht bestritten und bekämpft wurde sowie der Äußerungen des Berufungswerbers in seinem Berufungsschriftsatz steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit Sitz in x. Die x GmbH hat eine Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Baumeister. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist der Berufungswerber.

Am 30.8.2012 wurden vom Kontrollorgan Ing. x auf der Baustelle x, Grundstück Nr. x, KG x, Neubau x, die Arbeitnehmer x und x der x GmbH bei Arbeiten angetroffen, wobei sie keine Schutzhelme trugen, obwohl sie sich im Schwenkbereich des in Betrieb befindlichen Drehkranes befanden. Polier im Unternehmen sowie verantwortlicher Polier auf der Baustelle war Herr x. Dieser führt an, dass die persönliche Schutzausrüstung jedem Arbeitnehmer übergeben wird und daher sich immer auf der Baustelle befindet. Er macht auch die Baustellenunterweisung und wird in diesem Zuge auch auf die Schutzausrüstung (Arbeitsschuhe, Helmtragepflicht) hingewiesen. Als Polier achtet er darauf, dass die Schutzhelme getragen werden. Er hat die Arbeitnehmer x und x auch angewiesen, die Helme aufzusetzen. Alle übrigen am Tattag auf der Baustelle anwesenden Arbeitnehmer sowie der Polier selbst haben die Schutzhelme getragen. Falls die Schutzausrüstung nicht getragen wird und dies vom Polier bemerkt wird, wird das vom Polier in einer Art "Tagebuch" eingetragen und dem Bauleiter mitgeteilt. Der Bauleiter kommt auch gelegentlich zu den Baustellen, dann werden die Schutzhelme wieder aufgesetzt, und wenn der Bauleiter die Baustelle wieder verlässt, wird der Schutzhelm wieder abgenommen. Ob es Konsequenzen seitens des Arbeitgebers gibt, kann der Polier nicht sagen.

Auch die Arbeitnehmer x und x führen einhellig aus, dass die persönliche Schutzausrüstung vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird und es auch fallweise Überprüfungen auf den Baustellen gibt, ob die Schutzausrüstung richtig verwendet wird. Diese Kontrollen werden meist vom Bauleiter durchgeführt. Auch die Poliere achten auf die Verwendung der Sicherheitsausrüstung. Falls die Schutzausrüstung nicht getragen wird, gibt es eine Verwarnung vom Dienstgeber. Auch muss unterschrieben werden, dass auf die Verwendung der Sicherheitsausrüstung hingewiesen wurde. Auch werden Unterweisungen "Sicherheit am Bau" angeboten. Am 3.2.2012 wurde eine solche Unterweisung durchgeführt. Dabei geht es auch um die Schutzausrüstung. Andere Konsequenzen durch den Arbeitgeber sind nicht bekannt. Am Tattag war es sehr heiß und haben sich die Arbeitnehmer entschieden, den Schutzhelm  nicht zu tragen. Der Polier war zwar auf der Baustelle anwesend, hat sich aber am anderen Ende der Baustelle befunden und die Arbeitnehmer nicht im Blick gehabt. Hätte er bemerkt, dass der Schutzhelm nicht getragen wird, hätte er sicher sofort aufgefordert diesen aufzusetzen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus den Aussagen bzw. dem Ermittlungsverfahren erster Instanz, welches vom Berufungswerber nicht bestritten wurde und auch für seine Argumentation in der Berufungsschrift herangezogen wurde. Es wurde kein anderes Vorbringen entgegengesetzt und auch keine gegenteiligen Behauptungen aufgestellt. Es kann daher der Sachverhalt als erwiesen der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 22 Abs. 1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 i.d.F. BGBl. II Nr. 3/2011, müssen persönliche Schutzausrüstungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, wenn der Schutz der Arbeitnehmer während der Arbeit nicht durch entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen, Methoden oder Verfahren erreicht wird. Die zweckentsprechende Verwendung der Schutzausrüstung ist zu überwachen.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

5.2. Aufgrund des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes, insbesondere auch aufgrund des Zugeständnisses des Berufungswerbers, ist der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Am 30.8.2011 haben die beiden namentlich angeführten Arbeitnehmer auf der näher bezeichneten Baustelle keinen Schutzhelm getragen, obwohl sie sich im Schwenkbereich des in Betrieb befindlichen Drehkranes befunden haben. Der Polier war nicht in diesem Arbeitsbereich anwesend. Auch war der Bauleiter an diesem Tage nicht vor Ort auf der Baustelle. Da es an diesem Tag sehr heiß war, entschlossen sich die beiden Arbeitnehmer den Schutzhelm nicht zu tragen. Aufgrund der Schulungen und Unterweisungen und Anweisungen durch den Polier war ihnen bewusst, dass sie verpflichtet sind, den Schutzhelm zu tragen. Auch war der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt nicht auf der Baustelle. Es hat daher zum Tatzeitpunkt eine Überwachung der Verwendung des Schutzhelmes nicht stattgefunden.

Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH ist gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Da die persönliche Schutzausrüstung (Schutzhelm) von zwei Arbeitnehmern nicht verwendet wurde, war die Gesundheit zweier Arbeitnehmer gefährdet und bestehen daher zwei gesonderte Delikte (§ 22 VStG).

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinne dieser Judikatur ist die umfangreiche und zutreffende Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses voll aufrecht zu erhalten. Mit seinem Vorbringen ist dem Berufungswerber nämlich nicht gelungen, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere wird auf das eindeutige Ermittlungs- und Beweisverfahren hingewiesen, wonach sämtliche Arbeitnehmer, nämlich der Polier und die angetroffenen Arbeitnehmer, aussagten, dass Überprüfungen nur gelegentlich stattfinden, der Bauleiter nur gelegentlich zu den Baustellen kommt. Der Berufungswerber selbst war nicht auf der Baustelle. Der Polier war zum Tatzeitpunkt nicht im Arbeitsbereich der Arbeitnehmer und hat ebenfalls eine Überwachung nicht durchgeführt. Es ist daher das von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geforderte lückenlose Kontrollnetz nicht nachgewiesen und war nicht vorhanden. Vielmehr ist dem Berufungswerber die bereits ihm bekannte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, der ausführt, dass es für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreicht, dass auf den einzelnen Baustellen Bauleiter bzw. Vorarbeiter mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind (VwGH vom 26.9.2008, Zl. 2007/02/0317). Es reicht auch nicht aus, dass Schulungen und Baustellenunterweisungen stattgefunden haben, vielmehr ist entscheidend, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Stichprobenartige Überprüfungen genügen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem (VwGH vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Außer den Schulungen und Unterweisungen, die zweifelsohne im Betrieb des Berufungswerbers stattgefunden haben und von den Arbeitnehmern auch angeführt werden, hat ein lückenloses Kontrollsystem auch für den Fall Platz zu greifen, dass Arbeitnehmer – wie hier die beiden angetroffenen Arbeitnehmer – auf eigenen Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen. Das Kontrollsystem soll nämlich genau dazu dienen, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und es soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und gegen den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen treffen und Arbeitnehmerschutzvorschriften außer Acht lassen. Genau im gegenständlich eingetretenen Fall aber haben sich die beiden Arbeitnehmer entschlossen, wegen der Tageshitze den Schutzhelm nicht zu tragen, und ist dies gegen das Wissen und gegen den Willen des Arbeitgebers erfolgt, sodass genau in diesem Falle ein lückenloses Kontrollsystem geeignet gewesen wäre eigenmächtige Handlungen der Arbeitnehmer hintanzuhalten. Konkrete Maßnahmen, die aber solch eine Vorgehensweise und solch ein Verhalten hätten verhindern können, wurden vom Berufungswerber nicht vorgebracht. Auch konnte der Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten, weil die Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften als bloßes Ungehorsamsdelikt verwaltungsstrafrechtlich strafbar ist (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9).

Vielmehr hätte der Berufungswerber für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems aufzuzeigen gehabt, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263). Auch eine solche Darstellung ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Vielmehr hat das Beweisverfahren gezeigt, dass gelegentlich eine Überwachung der Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung stattfindet, diese aber nicht ständig erfolgt. Darüber hinaus wird die Nichtverwendung in einem Tagebuch vom Polier aufgezeichnet und dem Bauleiter gemeldet. Sonstige Konsequenzen sind nicht bekannt. Auch sind keine Maßnahmen angeführt, was vom Polier bzw. Bauleiter unternommen wird, wenn zwar bei der Kontrolle des Poliers der Schutzhelm getragen wird, dann aber beim Verlassen durch den Polier die Schutzhelme wieder abgenommen werden. Außer einer Verwarnung vom Dienstgeber bzw. einen Hinweis des Dienstgebers, dass der Schutzhelm zu tragen ist, ist den Arbeitnehmern nichts bekannt. Konsequenzen und Maßnahmen, die den Arbeitnehmern drohen und auch bewusst sind, sind daher nicht nachgewiesen. Es kann daher aufgrund dieses erwiesenen Sachverhaltes, der auch vom Berufungswerber nicht in Zweifel gestellt wurde, nicht von einer lückenlosen Kontrolle ausgegangen werden. Vielmehr ist der Berufungswerber auf seine Ausführungen hinzuweisen, dass nach seiner Ansicht es nicht Sinn und Zweck der Arbeitnehmerschutzvorschriften sein kann, dass der Arbeitgeber eine uneingeschränkte und lückenlose Totalüberwachung jedes einzelnen Arbeitnehmers vorzunehmen hat. Diese Auffassung widerspricht aber dem Schutzzweck der Norm und auch der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Ein Vorbringen dahingehend, dass nach weiteren Bestimmungen der BauV auch die Arbeitnehmer verpflichtet seien, die zur Verfügung gestellten Schutzeinrichtungen zu tragen und Anweisungen der Arbeitgeber zu befolgen, führt hingegen nicht zum Erfolg, zumal dies jedenfalls nur eine allfällige Übertretung durch die Arbeitnehmer darstellen würde, nichts aber an der rechtswidrigen und schuldhaften Tatbegehung durch den Berufungswerber bzw. Arbeitgeber ändert.

 

Es war daher auch von zumindest fahrlässiger Tatbegehung durch den Berufungswerber auszugehen und daher das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat im Straferkenntnis mangels Angaben des Berufungswerbers die persönlichen Verhältnisse geschätzt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 3.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Sie hat mildernde Umstände nicht vorgefunden und eine einmalige Übertretung nach dem ASchG iVm der BauV als rechtskräftige Vorstrafe bei der Strafbemessung berücksichtigt. Auch in der Berufung hat der Berufungswerber keine geänderten Umstände vorgebracht und kamen berücksichtigungswürdigende Umstände im Berufungsverfahren nicht hervor. Es konnte daher von den Erwägungen der belangten Behörde ausgegangen werden. Da für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen § 130 Abs. 1 Einleitung ASchG eine Mindeststrafe von 145 Euro vorsieht, hat die belangte Behörde jeweils die Mindeststrafe gemäß dem Antrag des Arbeitsinspektorates verhängt. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte.

Da aber Milderungsgründe nicht vorliegen, liegen auch keine Voraussetzungen der außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG vor. Geringfügigkeit des Verschuldens liegt ebenfalls nicht vor, zumal das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung konnte auch nicht gemäß § 21 VStG von einem Absehen von der Strafe Gebrauch gemacht werden.

Es waren daher die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 58 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 22.02.2013, Zl.: 2013/02/0030-3  

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