Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101416/8/Fra/Ka

Linz, 11.11.1993

VwSen - 101416/8/Fra/Ka Linz, am 11. November 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des W H, F, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. Juni 1993, VerkR-96/14259/1991-Han/K, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach der am 12. Oktober 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird im angefochtenen Umfang behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z1 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens im angefochtenen Umfang zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 11. Juni 1993, VerkR96/14259/1991-Han/K, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), nach 2.) § 11 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und nach 3.) Art.III Abs.1 der 3. KFG-Novelle eine Geldstrafe von 100 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er am 29. Oktober 1991 um 10.00 Uhr auf der A, W, von Salzburg kommend in Richtung Wien, im Gemeindegebiet St. F, Bezirk L, O, zwischen Autobahnkilometer 163,500 und 160,000, den PKW, Kennzeichen: 1.) mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h gelenkt und dabei die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 30 km/h überschritten. 2) In der Folge hat er bei der Einfahrt zum Parkplatz E den Fahrstreifenwechsel nach rechts nicht so rechtzeitig angezeigt, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, obwohl dadurch deren Gefährdung oder Behinderung möglich gewesen wäre. 3) Außerdem hat er als Lenker eines Kraftfahrzeuges den vorgeschriebenen Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet (dies wurde bei der anschließenden Fahrzeugkontrolle durch einen Sicherheitswachebeamten festgestellt).

Ferner wurde der Beschuldigte zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Gegen das unter Ziffer 1 angeführte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Der Beschuldigte bringt vor, daß die Verkehrsstreife nicht direkt hinter ihm gefahren sei. Zwischen seinem PKW und dem Polizeifahrzeug haben sich noch zwei andere PKW's, welche genau so schnell wie er gefahren seien, befunden. Im übrigen sei er nicht zu schnell gefahren. Er bestreite auch, seinen Blinker nicht betätigt zu haben. Die Gendarmeriebeamten haben ihm diesen Vorwurf bei der Aufnahme seiner Personalien nicht gemacht. Angeschnallt sei er deswegen nicht gewesen, weil er infolge einer Bypassoperation Narbenschmerzen gehabt habe. Im übrigen stellt der Berufungswerber die Frage, weshalb die Erstbehörde seine Angaben nicht für glaubwürdig und unbedenklich hält.

I.2. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land legte den Akt ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor und löste dadurch dessen Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung aus. Weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, entscheidet der O.ö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960):

Vorerst ist zu bemerken, daß das Feststellen einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren mit einem Streifenwagen in gleichbleibendem Abstand und Ablesen von einem damit ausgestatteten Tachometer grundsätzlich ein taugliches Beweismittel darstellt. Es handelt sich hier nicht um eine Schätzung, sondern um eine Messung der Fahrgeschwindigkeit. Es ist aber ein wenig genaues Verfahren zur Geschwindigkeitsfeststellung und sicherlich der Radarmessung unterlegen. Man muß sich darüber im klaren sein, daß Fehlerquellen und Ungenauigkeiten nicht ausgeschlossen werden können. Um die genannten Ungenauigkeiten auszugleichen, müssen bestimmte Mindestvoraussetzungen eingehalten werden, die sich auf die Verfolgungsstrecke, den Abstand beider Fahrzeuge, die Sichtverhältnisse, den Tachometer, das Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung, etc beziehen. Im gegenständlichen Fall ist festzustellen, daß dieser Kriterien in der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 3. November 1991 nicht enthalten sind. Sie wurden auch von der Erstbehörde nicht ermittelt. Rev.Insp. Schön, welcher vor dem O.ö. Verwaltungssenat als Zeuge einvernommen wurde, hat zwar einige dieser Kriterien glaubhaft zu Protokoll gegeben, wiewohl er von vornherein einschränkend sagte, sich auf den Vorfall aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr so genau erinnern zu können. Dieser Aussage steht die Aussage des Beschuldigten insofern gegenüber, als dieser die Geschwindigkeitsüberschreitung kategorisch bestritt. Er verneinte auch, jemals eine Geschwindigkeitsüberschreitung von maximal 150 km/h zugestanden zu haben. Obwohl die Angaben des Beschuldigten nicht der Wahrheitspflicht unterliegen, so war sein Auftreten vor dem O.ö. Verwaltungssenat äußerst glaubwürdig. Hinzu kommt die Tatsache, daß er eine einige hundert Kilometer lange Anfahrtstrecke von seinem Wohnsitz in S, Landratsamt D, in Kauf genommen hat, um seine Argumente persönlich dem O.ö. Verwaltungssenat vorzutragen. Er hat glaubhaft dargelegt, daß es ihm nicht um die Höhe der verhängten Strafe geht, sondern daß er sich zu Unrecht belastet fühlt. Unter Zugrundelegung und Berücksichtigung der vor dem O.ö. Verwaltungssenat getätigten Aussagen konnte dieser nicht davon überzeugt werden, daß ausreichende Wahrnehmungen vorliegen, welche zu dem Schluß zu führen hätten, daß die dem Berufungswerber angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung als erwiesen gilt. Diese Kriterien wären - wenn in der Anzeige diesbezügliche Angaben fehlen - von der Strafbehörde von Amts wegen zu ermitteln gewesen. Rund zwei Jahre nach dem Vorfall können die bei einem Nachfahrvorgang erforderlichen Detailkenntnisse in bezug auf die vorzuliegenden Kriterien - wie oben aufgezeigt vom Straßenaufsichtsorgan zumutbarerweise nicht mehr abverlangt werden, weshalb auch von der weiteren Einvernahme des zweiten Meldungslegers Abstand genommen wurde.

In Anbetracht dieser Umstände in Verbindung mit dem glaubwürdigen Auftreten des Beschuldigten war daher nach Grundsatz "in dubio pro reo" zu entscheiden.

Zum Faktum 2 (§ 11 Abs.2 StVO 1960):

Laut Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich hat der Beschuldigte bei der Einfahrt zum Parkplatz "Enns" die Fahrtrichtung nicht angezeigt. Mit Strafverfügung der Erstbehörde vom 9. Jänner 1992, VerkR-96/14259/1991, welche die einzige während der Verfolgungsverjährungsfrist ergangene taugliche Verfolgungshandlung bildet, wurde dieses Faktum hinsichtlich des Tatortes nicht im Sinne des § 44a VStG konkretisiert. Da somit bezüglich der hier zu beurteilenden Übertretung Verfolgungsverjährung eingetreten ist, liegen Umstände vor, welche die weitere Verfolgung der Tat ausschließen, weshalb bereits aus den genannten rechtlichen Gründen spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum Faktum 3 (Art.III Abs.1 der 3. KFG-Novelle):

Der Berufungswerber hat vor dem unabhängigen Verwaltungssenat klargestellt, dieses Faktum nicht anzufechten. Dieser Punkt ist somit rechtskräftig und vollstreckbar. Aus diesem Grund entfällt eine Berufungsentscheidung.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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