Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253113/10/Lg/Ba

Linz, 05.02.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 14. Dezember 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der E S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D E, K, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Kirchdorf an der Krems vom 28. März 2012, Zl. SV96-69-2011, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro bzw. zwei Ersatzfrei­heitsstrafen in Höhe von je 48 Stunden verhängt, weil ihr Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin, somit als zur Vertretung nach außen berufenes und gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der Fa. 'L F GmbH' mit Sitz in R, F, folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:

 

Die angeführte Gesellschaft hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG 1) Herrn S E N, geb. X, und Herrn 2) A V, geb. X, beide Staatsangehörige von Bulgarien, am 26.08.2011 als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt.

 

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung gem. § 5 ASVG ausgenommen und somit in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (vollversichert) versichert sind, wurde hierüber keine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Krankenversicherungsträger, vor Arbeitsantritt erstattet.

 

Sie haben somit in beiden Fällen gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

 

Sie haben dadurch jeweils folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, i.d.g.F."

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Sachverhalt:

Mit Strafantrag des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom 16.11.2011, GZ. 015/70475/14/2011, wurde folgender Sachverhalt mitgeteilt:

 

'Aufgrund einer finanzpolizeilichen Überprüfung am 26.08.2011, gg. 18:30 Uhr in W, km 135, A X Prüfzug, Fahrtrichtung S, wurden 2 bulgarische STA, im Firmenauto der Firma L F GmbH, R, F, kontrolliert.

 

Dabei wurde folgendes festgestellt:

 

Der LKW mit dem behördlichen Kennzeichen X ist auf die Firma L F GmbH, mit Sitz in R, F, zugelassen.

 

Weitere Ermittlungen ergaben, dass der Fahrer des LKWs (KZ X), Herr S E N, geb. X, ein Gewerbe mit dem Gewerbewortlaut 'Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3500 kg nicht übersteigt' besitzt. Herr S ist bei der Firma L F GmbH nicht sozialversichert.

 

Der Beifahrer, Herr A V, verweigerte das Ausfüllen des Personenblattes. Abfragen in der Sozialversicherungsdatenbank ergaben, dass Herr A V bei der Firma L F GmbH nicht zur Sozialversicherung angemeldet ist.'

 

Da Sie somit verdächtigt wurden, die im Spruch angeführten Verwaltungs­übertretungen begangen zu haben, beantragte das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs die Durchführung und Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen Sie.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems vom 11.01.2012, nachweislich zugestellt am 13.01.2012, wurden Sie dazu aufgefordert, sich zu den Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu rechtfertigen.

 

Nach Gewährung einer Fristverlängerung gaben Sie mit Eingabe Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vom 31.01.2012 folgende Rechtfertigung ab:

 

'1) Die L F Gmbh hat zwei Geschäftsführer, nämlich Herrn F B und Frau E S.

 

In der Geschäftsführung besteht eine Ressortverteilung dahingehend, dass für Logistik, Aquisition, Verkauf Herr F B zuständig ist, währenddessen Frau E S für das Rechnungswesen (insbesondere Buchhaltung) zuständig ist.

 

Herr F B ist somit verantwortlich Beauftragter im Sinne des § 9 VStG was seine Ressorts anbelangt.

 

2) Im gegenständlichen Fall kommt jedoch die Bestimmung des § 9 VStG nicht zur Anwendung.

 

Anlässlich einer Kontrolle am 26.08.2011 im Gemeindegebiet von W, Bezirk A, Fahrtrichtung S, auf der A X Straßenkilometer 135, wurde festgestellt, dass die L F GmbH Herrn S N (bulgarischer Staatsangehöriger) beschäftigt habe, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigenbestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus oder einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder einen Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

Der zu dem vorgenannten Zeitpunkt angetroffene E N S hat am 19.08.2008 bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems das Gewerbe 'Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3500 kg nicht übersteigt' im Standort R, F, angemeldet. Diese Gewerbeberechtigung ist im zentralen Gewerberegister eingetragen (Gewerberegisternummer 409/8016).

 

Im Rahmen seines Unternehmens hat Herr E N S seitens der L F GmbH den Auftrag erhalten, Güter nach W zu transportieren. Diesen Auftrag ist Herr E N S im Rahmen seines Unternehmens erfüllt.

 

Dazu ist festzuhalten, dass Herr E N S - sofern ein Bedarf besteht - seitens der L F GmbH Aufträge zur Beförderung von Gütern der L F GmbH erteilt bekommt. Im Einzelfall legt dann Herr E N S Rechnung und wird diese dann auch von L F GmbH beglichen.

 

Es besteht kein Dauerschuldverhältnis, sondern wird - wie bereits dargestellt - im Einzelfall der Auftrag an den genannten erteilt.

 

Es liegt daher kein bewilligungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis weder nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz noch nach dem allgemeinen Sozialversiche­rungs­­gesetz vor.

 

Ergänzend ist noch auszuführen, dass nach Kenntnis der Einschreiter (naturgemäß) der betretene E N S auch für andere Auftraggeber im Rahmen seines Gewerbes tätig ist.

 

Die weitere Person, die anlässlich der obgenannten Kontrolle im Wagen befindlich vorgefunden wurde, ist sowohl Herrn F B als auch Frau E S völlig unbekannt. Soweit die Einschreiter in Erfahrung bringen konnten, dürfte es sich bei der zweiten Person um einen Bekannten des E N S handeln, der offensichtlich diesen (privat), ohne Wissen der Einschreiter, bei seiner Fahrt begleitet hat.'

 

In einer weiteren Stellungnahme vom 28.02.2012 teilte das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs mit, dass nach dessen Ansicht, die von Ihnen vorgebrachten Einwände nicht geeignet seien, die anlässlich der Kontrolle festgestellten Tatsachen zu entkräften, weswegen an der antragsgemäßen Weiterführung des Strafverfahrens festgehalten wurde.

 

Zur Rechtslage:

"Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Peron nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungs­verhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG:

Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-          mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2180 €, im Wiederholungsfall von 2180 € bis zu 5000 €,

-          bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf­bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwal­tungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 369 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Nach § 33 Abs. 1a ASVG kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

  1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern
    bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der
    Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und
  2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 4 Abs1 1 Z 1 ASVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Die Behörde hat erwogen:

Hinsichtlich Ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit wird festge­halten, dass Sie handelsrechtliche Geschäftsführerin der 'L F GmbH' mit Sitz in R, F' (FN X) sind. Gegenteiliges wurde Ihrerseits auch nicht behauptet. Als solche vertreten Sie die juristische Person nach außen. Richtig ist zwar, dass die genannte Firma einen weiteren Geschäftsführer hat (Hrn. B F), dieser Umstand alleine entbindet Sie jedoch nicht von Ihrer Verantwortlichkeit. Eine firmeninterne 'Ressortverteilung', wie von Ihnen behauptet, vermag daran nichts zu ändern, da eine Bestellung der Hrn. B als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG offenkundig nicht erfolgt ist. Ihrem Einwand, dass die Bestimmung des § 9 VStG nicht zur Anwendung kommt, kann daher nicht gefolgt werden.

 

Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des ASVG vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Entscheiden dabei ist, wie eindeutig aus der Legaldefinition des § 4 Abs. 2 ASVG hervorgeht, das Vorliegen eines persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich die wirtschaftliche Abhängigkeit im Allgemeinen bereits aus dem Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit. Sie findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage der 'wesentlichen Betriebsmittel' vor allem im Zusammenhang mit dem freien Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 4 ASVG befasst. Er hat dazu ausgesprochen, dass ein Betriebsmittel grundsätzlich dann für eine Tätigkeit wesentlich sein wird, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und der damit einhergehenden steuerlichen Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. (VwGH v. 22.12.2009, GZ. 2006/08/0317)

 

Vor dem Hintergrund dieser Rechtssprechung ist es im vorliegenden Fall auch nicht entscheidend, dass Herr S im Besitz einer Gewerbeberechtigung für Güterbeförderungen ist, wenn er diese Tätigkeit in einem arbeitnehmer­ähnlichen Verhältnis ausübt. Vielmehr ist von Bedeutung, dass die beiden bulgarischen Staatsbürger in einem, auf die Firma 'L F GmbH' zugelassenen Kraftfahrzeug (Kz. X) unterwegs waren, als die Kontrolle durch die Finanzpolizei erfolgte. Sie selbst bestätigten in Ihrer Rechtfertigung, dass Hr. S den Auftrag erhalten hätte, Güter nach W zu transportieren. Da Sie den entsprechenden Auftrag nicht in Vorlage bringen konnten, muss davon ausgegangen werden, dass diese Anweisungen mündlich erfolgt, wie es typischerweise in einem Arbeitsverhältnis erfolgt. Es entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung bzw. ist es auch nicht wirtschaftliche Gepflogenheit, dass Güterbeförderungen, insbesondere über weitere Strecken, im Fall zweier Vertragspartner nicht schriftlich in Auftrag gegeben werden. Zu Ihrer Behauptung, dass kein Dauerschuldverhältnis bestünde, wird angemerkt, dass es nicht glaubwürdig ist, dass Hr. S mit Ihrem Firmen-KfZ Aufträge für andere Unternehmen durchführen wird können. Gleiches gilt folglich auch für Hrn. A. Insofern bestand jedenfalls zwischen Ihnen und den beiden Insassen Ihres Firmen-KfZ ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass das wirtschaftliche Abhängigkeits­verhältnis nicht zwangsläufig 'auf Dauer' bestehen muss, um die Dienstnehmer­eigenschaft bejahen zu können.

 

Auch aus der Vorlage der beiden Rechnungen (vom 16.11.2011 und vom 21.10.2011), jeweils gestellt von 'S E K' an 'Y L M.A. K, L, W' ist aus genannten Gründen nichts zu gewinnen. Davon abgesehen ist es für die Behörde nicht nachvollziehbar, weshalb Sie im Besitz der Rechnungen zwischen zwei anderen Firmen sein sollten. Vielmehr deutet auch dies auf das Vorliegen einer sogenannten 'Scheinselbständigkeit' hin. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach festgehalten, dass alleine die Tatsache, dass für andere Auftraggeber gearbeitet wurde, das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses nicht auszuschließen vermag. Insbesondere wenn die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen, liegt eine Dienstnehmereigenschaft vor.

 

Dass der zweite Beschäftigte, Hr. A V, Ihnen vollkommen unbekannt sei, muss als reine Schutzbehauptung klassifiziert werden. Es entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Ihnen vollkommen unbekannte Person in einem auf Ihre Firma zugelassen Fahrzeug unterwegs ist, um auf Ihre Anweisungen hin, Güter zu transportieren bzw. auszuliefern.

 

Die Finanzpolizei ist daher im Recht, wenn Sie im vorliegenden Fall davon ausgeht, dass die beiden genannten bulgarischen Staatsbürger Dienstnehmer iSd § 4 Abs.2 ASVG sind/waren.

 

Zusammenfassend sind die Ihnen angelasteten, im Spruch angeführten Übertretungen in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen, zumal das Unterlassen der Anmeldungen der die beiden genannten Dienstnehmer zur Sozialver­sicherung Ihrerseits unbestritten blieb.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die unterlassene Beantragung einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung für die Beschäftigung eines Mitarbeiters muss jedenfalls als fahrlässig gewertet werden, da von einem Gewerbetreibenden jedenfalls erwartet werden kann, dass er - die gebotene kaufmännische Sorgfalt vorausgesetzt - die für die Beschäftigung von ausländischen Mitarbeitern geltenden Vorschriften kennt bzw. sich rechtzeitig nach diesen erkundigt und diese auch einhält.

Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 VStG. 1991 das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im gegenständlichen Fall wurden die im ASVG normierten öffentlichen Interessen, die im Wesentlichen die Eindämmung der Schwarzarbeit und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Schäden zum Ziel haben, verletzt. Dass dieser Zielsetzung ein hoher Stellenwert beizumessen ist, lässt sich schon anhand der vom Gesetzgeber festgelegten Strafdrohungen von 730 Euro bis zu 2.180 Euro bzw. im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro ableiten.

 

Ihr Einkommen wurde mangels anderer bekannt gegebener Vermögensver­hältnisse als durch­schnittlich angenommen. Bei der Strafbemessung war einerseits zu berücksichtigen, dass es sich um die Verletzung einer bloßen Ordnungsvorschrift handelt. Die Begehung erfolgte fahrlässig. Andererseits ist an den personalverantwortlichen Geschäftsführer einer GmbH ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Verwaltungsvorstrafen nach dem AuslBG scheinen zwar nicht auf, jedoch mehrer im Zusammenhang mit Ihrer Firma, insbesondere eine Vorstrafe nach der Gewerbeordnung (§ 366 Abs.1 Z 2 iVm § 74 Abs.2) und insgesamt 3 Strafen nach dem  Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz, jeweils nach § 90 Abs.3 Z 2 LMSVG. Darüber hinaus haben Sie die beiden Dienstnehmer auch ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt. Ebenfalls als erschwerend musste das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen gleicher Art gewertet werden. In Anbetracht dieser Umstände waren die Strafen mit jeweils 1.000 Euro im gesetzlichen Strafrahmen von 730 Euro bis 2.180 Euro festzusetzen.

 

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das Straferkenntnis wird sowohl dem Grunde als auch hinsichtlich der Strafhöhe angefochten.

 

BEGRÜNDUNG:

 

Die erstinstanzliche Behörde kommt zum Ergebnis, dass es sich im gegenständ­lichen Fall um ein Arbeitsverhältnis bzw. zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis gehandelt habe und daher

 

eine Ordnungswidrigkeit gem. § 3 Abs 1 ASVG in Verbindung mit § 111 Abs 2 ASVG vorliege;

 

eine Übertretung gem. § 3 Abs 1 ASVG in Verbindung mit § 28 Abs 1 Zif 1 lit a) Auslän­derbeschäftigungsgesetz 2 ASVG vorliege.

 

1)         Verantwortlichkeit gem. § 9 VStG:

 

Der Beschwerdeführer hat ausführlich dargelegt, dass es zwischen den Geschäftsfüh­rern eine Ressortverteilung gibt und zwar dahingehend, dass für Logistik, Aquisition und Verkauf Herr E S zuständig ist, währenddessen Frau E S für das Rechnungswesen zuständig ist.

 

Die erstinstanzliche Behörde hat eine Verantwortlichkeit beider Geschäftsführer im Sinne des § 9 Abs 1 VStG angenommen, ohne zu prüfen, welchen der beiden Ge­schäftsführer ein Verschulden an der Übertretung der obgenannten gesetzlichen Be­stimmungen trifft.

 

Allein schon aus diesem Grund wird der erstinstanzliche Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

2)         Der Beschwerdeführer hat in seiner Rechtfertigung ausgeführt, dass die anlässlich der Kontrolle der Finanzpolizei betretene Person selbständiger Unternehmer ist und im Rahmen dieses Unternehmens - soferne ein Bedarf besteht - seitens der L F GmbH Aufträge zur Beförderung von Gütern erhält.

Der angetroffene 'Fahrer' besitzt die Gewerbeberechtigung für 'Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern am Standort R'. Diese Gewerbeberechtigung ist im Zentralen Gewerberegister eingetragen (Gewerberegisternummer 409/8016).

 

Auch hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass nach dessen Kenntnis der Betretene auch für andere Auftraggeber im Rahmen seines Gewerbes tätig ist.

 

Aufgrund dieses einmaligen Vorfalles hat die erstinstanzliche Behörde ein Arbeitsver­hältnis, aber zumindest ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis angenommen und Über­tretungen nach dem allgemeinen Sozialversicherungs­gesetz und dem Ausländerbe­schäftigungsgesetz festgestellt.

 

Diese Annahmen sind insofern allein schon deshalb unrichtig, als aufgrund eines ein­zelnen Auftrages ohnedies nicht auf ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn der sozialver­sicherungsrechtlichen Bestimmungen und auch im Sinn der Ausländer­be­schäfti­gungs­­bestimmungen zu schließen ist.

 

Dass die erstinstanzliche Behörde auch ein Beschäftigungsverhältnis für die mitfahren­de Person angenommen hat, entbehrt jeder Grundlage; es liegen keinerlei Beweiser­gebnisse hinsichtlich einer Beschäftigung zwischen der L F GmbH und dem 'Beifahrer' vor.

 

3)         Die erstinstanzliche Behörde belastet das angefochtene Straferkenntnis auch deshalb mit Rechtswidrigkeit, zumal sie es unterlassen hat, die angetroffenen Personen zu la­den und einzuvernehmen.

 

Dies wäre jedoch wesentlich gewesen, zumal dann klargestellt worden wäre, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht um ein Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnli­ches Verhältnis gehandelt hat und daher auch nicht Bestimmungen nach dem ASVG oder des AuslBG verletzt worden sind.

 

Der Beschwerdeführer stellt daher nachstehende

 

ANTRÄGE

 

1)      Der Berufung folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Kirchdorf an der Krems vom 28.03.2012, GZ: SV96-69-2011, ersatzlos auf­heben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen;

 

2)      In eventu die Strafhöhe herabsetzen."

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenteile.

 

Hinzuweisen ist auf Rechnungen Ss an verschiedene Auftraggeber sowie auf das von S ausgefüllte Personenblatt.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte F B, ebenfalls Geschäftsführer der Firma L F GmbH, dar, bei der gegenständlichen Fahrt habe S auf Ersuchen Bs hin einen Lkw im Eigentum der Firma L F GmbH von W nach L überstellt, auf den in W eine Kühlung aufgebaut worden sei. Diese Überstellung sei "vermutlich entgeltlich" gewesen.

 

Diese Überstellung sei von Lebensmitteltransporten (Kartoffel und Eier) nach W zu unterscheiden, die S als selbstständiger Unternehmer im Auftrag der Firma L F GmbH durchführe. Dafür verwende S einen von der Bw für 600 Euro pro Monat gemieteten Kr. Für solche Fahrten stelle S Rechnungen an die Firma L F GmbH ebenso wie an andere Auftraggeber. Gesonderte Spesen würden nicht verrechnet.

 

Der Zeuge S bestätigte die Darstellung Bs. Für die gegenständliche Fahrt habe er glaublich 50 Euro bar ausbezahlt bekommen. Es habe sich um einen mündlichen Auftrag Bs gehandelt, für dessen Erfüllung er von B den versprochenen Betrag erhalten habe. Seine von der hier gegenständlichen Fahrt zu unterscheidende unternehmerische Tätigkeit betreibe er unter Heranziehung eines Steuerberaters. Bei dem Ausländer A habe es sich um einen Bekannten des Zeugen gehandelt, den er gefälligkeitshalber mitgenommen habe. Zum Personenblatt sagte der Zeuge, er habe als Chef sich selbst angeben wollen. Die Dolmetscherin bestätigte, dass als Firma, für die er arbeite, ebenfalls "S" angegeben worden sei. Die Angaben zur Arbeitszeit hätten, so der Zeuge, seine zeitlichen Aufwendungen (sinngemäß als Durchschnittswert) für die Aufträge von allen Firmen betroffen.

 

Dem schriftlichen Vorbringen des Vertreters der BH Kirchdorf nach der öffent­lichen mündlichen Verhandlung, dass das Fahrzeug, mit dem S angetroffen wurde, laut Zulassungsschein bereits drei Monate vor dem Tattag zugelassen bzw. geleast worden sei, hielt der Vertreter der Bw, ebenfalls schriftlich, entgegen, dass der Kühleraufbau für den Zeitpunkt der Überstellung maßgeblich gewesen sei. Zusätzlich legte der Vertreter der Bw Rechnungen bzw. Zahlungsbestätigungen für die Miete des Lkw Ducato für die Monate August/Sep­tember 2012 vor.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Verfahrensgegenständlich ist die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis­ses angelastete Tat. Dabei handelt es sich nach der durch den Zeugen S bestätigten Darstellung Bs um eine gegen einen bestimmten Geldbetrag durchgeführte Überstellung eines Fahrzeugs im Auftrag Bs. Beweise, die diese Darstellung widerlegen, liegen nicht vor. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts ist von einem Werkvertrag zwischen F B und S auszugehen. Daher war hinsichtlich S spruchgemäß zu entscheiden. Hinsichtlich A wurde durch S zeugenschaftlich bestätigt, dass mangels Vertrags ein Dienstverhältnis (oder dienstnehmer­ähnliches Verhältnis) zur Firma L F GmbH auszuschließen ist.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

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