Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301158/18/MB/ER/WU

Linz, 14.02.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Brandstetter; Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. Dezember 2011, Zl. S-44846/11-2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

 

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich; im Folgenden: belangte Behörde) vom 30. Dezember 2011, Zl. S-44846/11-2, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Sie haben, wie am 15.9.2011 um 09.49 Uhr in X, im Lokal 'X', von Organen des Finanzamtes Linz anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. X, etabl. in X, und somit als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltet, da Sie zehn Glücksspielgeräte mit den Gerätebezeichnungen 1) 'X Y3', Seriennummer S/N 12470,

2) 'X Y2', Seriennummer S/N 12469,

3) 'X Y1', Seriennummer S/N 12468,

4) 'X T3 Tornado', Seriennummer S/N 12467, S.NO:A018-0030,

5) 'X', Seriennummer S/N 12466,

6) 'X', Seriennummer S/N 12465,

7) 'Game Park', Seriennummer S/N 12472,

8) 'Golden Games MXMV.X', Seriennummer S/N 12471,

9) 'Tornado-X Y3', Seriennummer S/N 12464, S.NO: 1201-0028 und

10) 'X', Seriennummer S/N 12463,

betrieben haben, bei welchen seit 7.10.2010 wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen Einsätze von € 0,01 bis € 6,- und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

9 Abs. 1 VStG iVm §§ 2 Abs. 1 und 4 GlücksspielG und 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 1 GlücksspielG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in Euro   falls diese uneinbringlich ist,     Freiheitsstrafe von                               Gemäß

                                               Ersatzfreiheitsstrafe von

€9.000,-                 18 Tage                                                                               § 52 Abs. 1                                                                                                                                                                       Zi.1,1.Tatbild

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

•              900,- Euro   als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

•              _     Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 9.900,--"

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der von der Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle die im Spruch angeführten Geräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden seien. Mit diesen Geräten seien wiederholt Glücksspiele, d.h. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhänge, in der Form von Ausspielungen durchgeführt worden, obwohl dafür keine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz oder für eine Landesausspielung vorgelegen habe. Aus diesem Grund handle es sich um verbotene Ausspielungen und sei daher auf diesem Wege in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 3. Jänner 2012, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 17. Jänner 2012.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgrund seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei. Der Bw beantragt daher sinngemäß, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 17. Jänner 2012 die Berufung samt bezughabendem Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

2.1. Mit Schreiben vom 26. April 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.

Der beim Oö. Verwaltungssenat entstandene Verdacht einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft mit dem genannten Schreiben wie folgt dargelegt:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, 'wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt'.

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der 'ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird'.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um 'geringe Beträge' i.S.d. § 168 Abs. 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB zurücktritt. Sobald daher im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden, ist das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233).

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB – selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel – auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hat – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs. 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben soweit in den Vordergrund tritt (z.B. bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) spielt (vgl. Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz. 19; Rainer in SbgK § 168 Rz. 10). Des Weiteren ist eine strafbare Serienspielveranstaltung auch dann anzunehmen, wenn bei Spielautomaten 'für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist' (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02).

Die im vorliegenden Fall in Aussicht gestellten Höchstgewinne von u.a. 2.000 Euro pro Spiel und die damit verbundene außergewöhnlich günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn indizieren die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht i.S.d. höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa OGH 20.4.1983, 11 Os 39/83, in welcher das Verhältnis von zehn Schilling Höchsteinsatz zu 600 Schilling Höchstgewinn als eine derartige außergewöhnlich günstige Relation erachtet wurde) und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Aus all diesen Gründen ist beim UVS OÖ im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB entstanden. Somit ist der UVS OÖ nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Letzterem wird mit diesem Schreiben, welchem der relevante Verfahrensakt beigelegt ist, entsprochen."

2.2. Mit Schreiben jeweils vom 8. November 2012 wurde der Oö. Verwaltungssenat von der zuständigen Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt, dass Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 190 Z 1 StPO bzw. § 190 Z 2 StPO für die Standorte X eingestellt wurde.

2.3. Mit Schreiben vom 28. November 2012 hat der UVS OÖ die zuständige Staatsanwaltschaft wie folgt ersucht, die Gründe für die Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 StPO zu konkretisieren:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Mit Schreiben vom 26. April 2012 hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS OÖ) gegen den Beschuldigten des zu oa. Geschäftszahl protokollierten Verwaltungsstrafverfahrens, das auf eine Glücksspielkontrolle vom 15. September 2011 zurückgeht, gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft Linz wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG ausgesetzt. Mit Schreiben vom 8. November 2012 wurde der UVS OÖ von der zuständigen Bezirksanwältin davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wurde. Die Einstellung erfolgte 'gemäß § 190 Z 1 StPO (Erlass vom 19.7.2012, BMJ S145.017/00004-IV 1/12), weil die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre (geringen Höchsteinsatz, der jeweils unter 10 Euro lag)'. Mit einem weiteren Schreiben gleichen Datums wurde dem UVS ÖO vom zuständigen Bezirksanwalt mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten "gemäß § 190 Z 2 StPO (Erlass vom 19.7.2012, BMJ S145.017/00004-IV 1/12)" eingestellt wurde, 'weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht (Beweise für tatsächlich erbrachte Einsatzleistungen über 10 Euro konnten nicht erbracht werden)'.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS .

Der UVS OÖ geht davon aus, dass bei den in Rede stehenden Glücksspielgeräten vorsätzlich Serienspiele veranstaltet wurden bzw. jedenfalls der Versuch einer vorsätzlichen Serienspielveranstaltung gegeben ist (Stichwort: 'Automatic-Start-Taste'). Diese Annahme wurde nicht zuletzt auch angesichts der Ergebnisse eines am 22. August 2012 durch den UVS OÖ vorgenommenen Lokalaugenscheins – im Zuge dessen Probespiele an den in Rede stehenden Glücksspielgeräten vergleichbaren Geräten vorgenommen wurden – noch bestärkt.

Vor diesem Hintergrund ist es für die nunmehr vom UVS OÖ vorzunehmende selbstständige Beurteilung der Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, von wesentlicher Bedeutung, weshalb das gegenständliche Strafverfahren seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.

Der vorliegenden staatsanwaltschaftlichen Benachrichtigung lässt sich dahingehend keine Begründung für die verfügte Einstellung entnehmen. Wie sich der Benachrichtigung lediglich entnehmen lässt, ist bei der Beurteilung der Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 19. Juli 2012, BMJ-S145.017/0004-IV 1/2012 herangezogen worden. Nach Auffassung des UVS OÖ ist diesem Erlass jedoch nur zu entnehmen, dass es sich bei Einsätzen von über 10 Euro nicht mehr um geringe Beträge handelt und daher jedenfalls ein gerichtliches Strafverfahren einzuleiten ist.

Daraus lässt sich jedoch für jene Fälle nichts gewinnen, in denen es sich um sog. 'Serienspielveranstaltungen' handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da dem zitierten Erlass wohl kein der höchstgerichtlichen Judikatur widerstreitender und die strafgerichtliche Rechtsprechung präjudizierender Inhalt unterstellt werden darf, kann dieser – entsprechend seinem ausdrücklichen Wortlaut – daher nur dahingehend verstanden werden, dass 'Spieleinsätze über EUR 10,-- jedenfalls nach § 168 StGB zu verfolgen und im Schrifttum vertretene höhere Schwellenwerte obsolet geworden sind'. Eine Aussage über das Vorgehen bei (zumindest versuchten) Serienspielveranstaltungen, wie sie nach Auffassung des UVS OÖ im gegenständlichen Verfahren angesichts der technischen Ausgestaltung der Geräte FA-Nr 5, FA-Nr. 6, FA-Nr. 7, und FA-Nr. 10 mit einer 'Automatic-Start-Taste' jedenfalls vorliegen, wird damit jedoch keineswegs getroffen.

Hinsichtlich der Geräte mit den FA-Nummern 1, 2, 3, 4 und 9 indizieren die jeweils in Aussicht gestellten Höchstgewinne von jeweils 2.000 Euro pro Spiel und die damit verbundene außergewöhnlich günstige Relation zwischen Einzeleinsatz (je 1,80 Euro) und dem höchstmöglichen Gewinn die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht i.S.d. höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa OGH 20.4.1983, 11 Os 39/83, in welcher das Verhältnis von zehn Schilling Höchsteinsatz zu 600 Schilling Höchstgewinn als eine derartige außergewöhnlich günstige Relation erachtet wurde) und bewirken damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Hinsichtlich des Geräts mit der FA-Nr. 8 besteht diese äußerst günstige Relation zwischen dem festgestellten Mindesteinsatz von 0,05 Euro zu einem dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinn von 20 Euro (+ 48 'Supergames') – die Relation beträgt somit 1:400.  

In diesem Zusammenhang darf schließlich noch auf das Ergebnis einer LeiterInnenbesprechnung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz am 5. November 2012 hingewiesen werden, demgemäß die Anwendbarkeit der zitierten Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf derartige Sachverhalte ebenfalls ausdrücklich bestätigt wurde.

Ergänzend darf darauf hingewiesen werden, dass von der Staatsanwaltschaft Linz in ähnlich gelagerten Fällen (Verdacht auf Serienspiel aufgrund der technischen Ausgestaltung der Geräte mit einer 'Automatic-Start-Taste') – ganz im Sinne des zitierten Ergebnisses der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz – bereits Strafanträge gestellt wurden (zB.: 47 BAZ 419/12h).

Da den gegenständlichen Benachrichtigungen von der Verfahrenseinstellung weder entnommen werden kann, ob die Einstellung gemäß § 190 Z 1 StPO oder gemäß § 190 Z 2 StPO verfügt wird bzw. – gegebenenfalls – nach welcher der in § 190 Z 1 StPO genannten Alternativen vorgegangen wurde, noch welche (rechtlichen) Erwägungen für die vorgenommene Einstellung letztlich ausschlaggebend waren, wird die Staatsanwaltschaft Linz höflich ersucht, dem UVS

die Gründe für die verfügte Einstellung

mitzuteilen."

2.4. Daraufhin verweist die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 auf die Kommentierung von Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar2, § 168 StGB, RZ 13, wonach zwei einzelne Judikate anlässlich der Beurteilung von Geldautomatenspielen in Betracht zogen, bei vorsätzlicher Veranstaltung von Serienspielen den Spieleinsatz, der geringe Beträge nicht überschreiten darf, durch Summierung der Einsätze zu ermitteln. Es sei aber nicht normgerecht, die maßgebliche Einsatzgrenze von einer subjektiven Gegebenheit beim Veranstalter abhängig zu machen. Im Ergebnis wurde das Verfahren aufgrund des geringen Höchsteinsatzes, der jeweils unter 10 Euro lag, wegen Nichterfüllung des Tatbestands des § 168 StGB eingestellt.

Gleichzeitig verwies die Staatsanwaltschaft jedoch darauf, dass "bei künftigen Verfahren die in der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz mit dem Präsidenten des UVS erörterte Rechtsansicht in die Beurteilung einfließen" werde.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes (Verjährung gemäß § 57 StGB) könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde nunmehr in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist von einer gerichtlichen Strafbarkeit auch hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht nur "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des OGH – welcher sich auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hat – etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit auch dann eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, derzufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

4.3. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Pkt. 2.1. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181). Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit stand aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs. 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert.

4.4. Art. 4 7. ZPzEMRK schließt jede weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die sich im Wesentlichen auf denselben Sachverhalt gründet, der bereits Gegenstand der Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens wegen Strafbarkeitsverjährung war, schon auf verfassungsrechtlicher Ebene aus:

4.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in dem zum Doppelbestrafungsverbot ergangenen Erkenntnis vom 2. Juli 2009, B 559/08, mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 4 7. ZPzEMRK, besonders mit dem Urteil der Großen Kammer vom 10. Februar 2009, Bsw. Nr. 14939/03, im Fall Zolotukhin, näher auseinandergesetzt und dabei weiterhin die "same essential-elements"-Doktrin vertreten. In diesem Zusammenhang stellt der Verfassungsgerichtshof im Abschnitt III.7. seines Erkenntnisses auf die Prüfung ab, ob der Beschwerdeführer für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde. Dabei sei – unter Hinweis auf Materialien zur EMRK und Judikatur des EGMR – eine Entscheidung iSd Art. 4 7. ZPzEMRK dann "rechtskräftig", wenn sie unwiderruflich sei, was im Wesentlichen der Fall ist, wenn keine Rechtsmittel (mehr) zur Verfügung stehen. Eine Einstellung gemäß § 227 StPO nach Zurückziehung des Strafantrags der Staatsanwaltschaft wurde vom Verfassungsgerichtshof als ein solcher "Freispruch" iSd des Art. 4 7. ZPzEMRK gewertet.

In der reformierten StPO mit ihrem neu geregelten Vorverfahren ohne Untersuchungsrichter kommen dem öffentlichen Ankläger in seiner neuen Rolle als Organ der Gerichtsbarkeit (vgl Art. 90a B-VG) auch erweiterte Befugnisse zur Einstellung des Strafverfahrens (§§ 190 ff StPO) und zum Rücktritt von der Verfolgung (§§ 198 ff StPO) zu. Die Möglichkeit der Fortführung eines Ermittlungsverfahrens nach staatsanwaltschaftlicher Einstellung ist nunmehr in § 193 StPO genau geregelt. Dabei ergibt sich aus § 193 Abs. 2 StPO, dass die Staatsanwaltschaft eine Fortführung von nach den §§ 190 oder 191 beendeten Ermittlungsverfahren nur unter weiteren in Ziffer 1 oder 2 genannten Voraussetzungen anordnen kann und dies außerdem nur möglich ist, solange die Strafbarkeit der Tat nicht verjährt ist. Ein Antrag des Opfers an das Gericht auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens ist gemäß § 195 StPO ebenfalls nur zulässig, solange nicht Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.

4.4.2. Wie unter Punkt 2.2. dargelegt, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte – ursprünglich – gem. § 190 Z 1 StPO bzw. § 190 Z 2 StPO ein.

Daraufhin wurde in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz – entgegen dieser von der Staatsanwaltschaft ursprünglich vertretenen Annahme – die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf derartige Sachverhalte ausdrücklich bestätigt. In dieser Besprechung wurde insbesondere auch festgehalten, dass Geräte mit sog. Automatik-Starttasten jedenfalls dem Tatbild des § 168 StGB zu unterstellen sind.

In weiterer Folge wurde seitens der zuständigen Staatsanwaltschaft in ähnlich gelagerten Verfahren, in denen ursprünglich die von der OGH-Rechtsprechung abweichende Lehrmeinung herangezogen worden war, festgehalten, dass "bei zukünftigen Verfahren die in der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz … erörterte Rechtsansicht" der Beurteilung zugrunde gelegt werde, bzw. wurde dem Ergebnis der LeiterInnenbesprechung entsprechend das Ermittlungsverfahren gem. § 193 Abs. 2 Z 2 StPO von der Staatsanwaltschaft fallweise auch bereits wieder aufgenommen (vgl. die Verständigung der Staatsanwaltschaft Ried vom 21. Dezember 2012, Z 31 BAZ 651/12i-1).

Da – wie im Verwaltungsakt eindeutig belegt – die Geräte FA 5, FA 6, FA 7 und FA 10 mit "Automatic-Start-Tasten" ausgestaltet sind und bei sämtlichen gegenständlichen Geräten äußerst günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn vorliegen und der vorliegende Sachverhalt im Lichte des Ergebnisses der zitierten LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz jedenfalls dem Tatbild des § 168 StGB zu unterstellen ist, ist die Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft Linz somit als Einstellung nach dem zweiten Tatbestand des § 190 Z 1 StPO ("oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre") zu werten und ist der verfahrensgegenständliche Sachverhalt grundsätzlich nach § 168 StGB gerichtlich strafbar: Denn gemäß § 57 Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlung wurde im konkreten Fall am 15. September 2011 gesetzt und ist somit iSd § 57 Abs. 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist.

Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung vor dem Hintergrund der von der Oberstaatsanwaltschaft vertretenen Rechtsansicht und der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung daher jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art. 4 7. ZPzEMRK zu.

Somit stellt nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall "Zolotukhin" nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art. 4 7. ZPzEMRK dar, die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, da in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante gemäß § 57 Abs. 3 StGB bereits Verjährung eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (vgl. zB VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Demnach hat der Oö. Verwaltungssenat gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art. 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob die Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das sie bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll. Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen.

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.9.2012, 2012/17/0040) hinzuweisen, der zufolge hinsichtlich der "verbotenen Ausspielungen" iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen "im Lokal aufgestellten Geräte" abzustellen ist; wenn aber für eine Bestrafung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auf die einzelnen Geräte – nicht aber auf die einzelnen auf den Geräten jeweils verfügbaren Spiele – abzustellen ist, so scheint eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes in Bezug auf die jeweiligen Einzelspiele von vornherein unzulässig und im Übrigen auch faktisch kaum möglich. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch noch zu berücksichtigen, dass in der Regel (wie in der unter Punkt 2.1. dargelegten Anzeige an die Staatsanwaltschaft ausführlich erörtert) allein aufgrund des Schaffens einer Spielgelegenheit auf einem Glücksspielgerät mit einer sog. "Automatic-Starttaste" bzw. der äußerst günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn bereits der strafbare Versuch einer Veranstaltung von Serienspielen gem. § 15 iVm § 168 Abs. 1 StGB gegeben sein dürfte, weshalb in diesem Fall eine diesbezügliche zusätzliche Ahndung durch die Verwaltungsstrafbehörde jedenfalls ausscheiden muss.

Da der vorliegenden Einstellung des Staatsanwaltes aufgrund der gemäß § 57 Abs. 3 StGB eingetretenen Verjährung – wie in 4.4. dargelegt – somit die Bedeutung eines Freispruchs in dieser besonderen Konstellation zukommt, war schon deshalb die weitere verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung wegen derselben Tat nicht mehr zulässig.

4.4.3. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft pauschal verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. So ist nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung der Beschuldigten zu unterbleiben.

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11.12.2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer – unzulässigen – zweifachen Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber der Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art. 4 7. ZPzEMRK dar.

4.4.4. Infolge dieser – in § 52 Abs. 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbots gemäß Art. 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität hat somit eine Verfolgung nach dem subsidiären Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben. Schon aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

4.5. Im Übrigen führte aber auch die selbstständige Beurteilung, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, im Ergebnis zu der verwaltungsbehördlichen Straflosigkeit der Bw nach dem Glücksspielgesetz. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS OÖ.

4.5.1. Schon wegen der teilweisen Ausgestaltung der gegenständlichen Geräte mit Automatic-Start-Tasten - Geräte FA 5, FA 6, FA 7 und FA 10 – und der bei den anderen Geräten vorhandenen außergewöhnlich günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn, ist die oben dargestellte Judikatur des OGH zu Serienspielen anzuwenden. Sowohl die "Automatic-Start-Taste" als auch die außergewöhnlich günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und höchstmöglichem Gewinn, sind bereits in der Gerätschaft angelegte Eigenschaften, welche mit gesteigerter Möglichkeit zum Serienspiel führen können.

Dies wurde im Übrigen auch betreffend die "Automatic-Start-Taste" in der LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz vom 5. November 2012 ausdrücklich bestätigt und wurde in dieser sogar festgehalten, dass Geräte, die mit "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind, dem Tatbild des § 168 StGB zu unterstellen sind.

Auf Grund der – im Verwaltungsakt eindeutig belegten – teilweisen Ausgestaltung der gegenständlichen Geräte mit "Automatic-Start-Tasten" und der bei den anderen Geräten vorliegenden außergewöhnlich günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und höchstmöglichen Gewinn liegt somit nach Auffassung der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenates bereits der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen von solchen Glücksspielgeräten durch einen Lokalbetreiber zumindest eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tabildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit auf derart ausgestatteten bzw. ausgestalteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff).

Mit anderen Worten: Bereits durch die betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines derart ausgestatteten bzw. ausgestalteten Glücksspielgerätes wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Die im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG noch theoretisch denkbare zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde zwangsläufig zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit führen, weshalb insofern eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen für die Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Walzenspiele im Sekundentakt ablaufen und dass zu Serienspielen verleitende besonders günstige Gewinn- und Verlust-Relationen in Aussicht gestellt werden, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Geräte sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber in gewinnbringender Absicht betrieben bzw unternehmerisch zugänglich gemacht werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

4.5.2. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann im Ergebnis jedenfalls keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen und war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß


Beachte:

 

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

 

VwGH vom 7. Oktober 2013, Zl.: 2013/17/0210 und 0211-5

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum