Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750064/2/SR/WU

Linz, 19.02.2013

 

E R K E N N TN I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X, iranische Staatsangehörige, geboren am X, vertreten durch den Verein X (X), dieser vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 30. November 2012, GZ.:S-34.444/12-2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 120 Abs. 7 FPG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 30. November 2012, GZ.: S-34.444/12-2, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 31 Abs. 1 iVm. § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil sie sich als Fremde seit 21. Juli 2012 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, da sie weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei, sie nicht im Besitz eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sei, ihr keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zukomme noch sie über eine Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verfüge.

Der Tatbestand der der Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei durch eigene dienstliche Wahrnehmung eines Beamten des fremdenpolizeilichen Referates der BPD Linz, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 23. August 2012 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

 

Trotz Aufforderung vom 10. September 2012 habe die Bw keine Stellungnahme abgegeben. Für die belangte Behörde stehe fest, dass der Bw die Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar sei.

 

Unzweifelhaft erfülle die Bw keine der Voraussetzungen des § 31 FPG und daher halte sich die Bw nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Für die belangte Behörde stehe daher fest, dass sich die Bw tatsächlich unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufgehalten und somit gegen die angeführten Bestimmungen des Fremdengesetzes verstoßen habe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen habe, bestehe ein hohes Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten im Hinblick auf den Schutz der öffentlichen Ordnung (VwGH vom 19.02.1997, Zl. 96/21/0516, ua.).

 

In diesem Sinne sei bei der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe, berücksichtigt worden. Die verhängte Geldstrafe befinde sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit habe nicht gewertet werden können. Bei der Strafbemessung sei davon ausgegangen worden, dass die Bw kein relevantes Vermögen besitze, nicht sorgepflichtig sei und kein Vermögen besitze.

2. Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis richtet sich das vorliegende, rechtzeitig eingelangte Rechtsmittel vom 12. Dezember 2012. Im Anschluss an die Berufungsausführungen gibt der "nunmehrige Vertreter seine Vertretungsvollmacht" bekannt und verweist auf die beiliegende Vollmacht.

2.1. Bemerkenswert an der Vollmacht ist, dass sie am 23. Juli 2012 erstellt worden zu sein scheint (siehe Datum auf der Vollmacht: "Vollmacht angenommen: 23.07. .2012"), jedoch die die Aktenzahl der zweiten Asylantragsstellung "AIS 12 12.495" aufweist. Der Asylantrag unter dieser Zahl wurde erst am 12. September 2012 beim Bundesasylamt, EAST-X, gestellt.

2.2. In der Begründung wird der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt wiedergegeben und nicht bestritten. Ergänzend führt die Bw wie folgt aus:

Die Zustellung der Aufforderung per 10.09.2012 soll keineswegs in Abrede gestellt werden, doch war die Bf., da ihr gesundheitlicher/psychischer Zustand durch die asylrechtliche, negative Entscheidung bedingt ein völlig angegriffener gewesen ist, nicht in der Lage, dem zu entsprechen.

 

Weiters wird ausgeführt, dass es sich bei de erwähnten negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes im 1 Asylverfahren um eine offensichtliche Fehlentscheidung handelt, bei der das Engagement der Bf im christlichen Sinne nicht berücksichtigt worden ist.

 

Im übrigen ist die Bf mit ihrer Beschwerde im 2. Verfahren durchgedrungen und befindet sich bereits wieder im normalen Asylverfahren. Als Konvertitin mit der Rechtsstellung einer Christin im Herzen, dies infolge der Zulassung zum Taufunterricht, wäre es ihr nur bei Todesgefahr möglich gewesen, in den Iran zurückzukehren.

Da die Verfahrensführung als oberflächlich anzusehen sei, habe die belangte Behörde auch keine hinreichende rechtliche Beurteilung vornehmen können. Weiters sei auch die Festsetzung der Strafhöhe nicht nachvollziehbar. Dies stelle jedenfalls einen gravierenden Begründungsmangel dar.

Zu den persönlichen Verhältnissen führt die Bw aus, dass sie nicht erwerbstätig sei, über kein Einkommen verfüge, auch nicht sozialversichert sei und mit ihrem Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt lebe. Dieser verfüge über einen gültigen österreichischen Aufenthaltstitel. Es könne nicht im Sinne des Gesetzes sein, wenn sich die Aufenthaltsbehörden die vorgeschriebenen Geldbeträge von den Angehörigen der Asylwerber hole.

Abschließend wird die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses bzw. die Neufestsetzung der Geldstrafe (wesentlich niedriger) beantragt.

Neben der Vollmacht vom "27.02.2012" wurde die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 20. November 2012, Zl. E3 409.222-2/2012-5F, beigelegt.

3. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, die Berufungsschrift und die übermittelten Beilagen.

 

Zu den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Straferkenntnis sind auf Grund der Aktenlage und der Berufungsschrift (samt Beilagen) folgende ergänzende Feststellungen zu treffen:

Der erste Asylantrag der Bw aus dem Jahre 2008 wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 5. Juli 2012 in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen und ist mit 20. Juli 2012 in Rechtskraft erwachsen. Inhaltlich hatte sich der Asylgerichtshof mit dem behaupteten Interesse am Christentum auseinandergesetzt und die Kontakte zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen X als nicht glaubhaft beurteilt (mangelnde Ernsthaftigkeit, bloße Kontakt nicht ausreichend; Glaubenswechsel nicht vollzogen).

Mit Schreiben vom 10. September 2012 legte die belangte Behörde der Bw die vorliegende Verwaltungsübertretung zur Last und forderte sie zur Rechtfertigung auf. Die Bw hat unbestritten auf dieses Schreiben nicht reagiert.

Am 12. September 2012 stellte die Bw unter der Zahl AI 12 12.495 einen weiteren Asylantrag. In diesem Verfahren brachte die Bw erstmals vor, dass sie nunmehr aktiv das Christentum leben würde, an Gottesdiensten teilnehme und sich auch seit September 2012 in einem Taufvorbereitungskurs befinde. Ein entsprechendes Bestätigungsschreiben der Pfarre X vom 20. September 2012 wurde vorgelegt. Mit Bescheid vom 11. Oktober 2012 wies das Bundesasylamt den Folgeantrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück und verfügte gleichzeitig gemäß § 10 AsylG die Ausweisung.

Mit Erkenntnis vom 20. November 2012, Zl. E3 409.222-2/2012-5F, gab der Asylgerichtshof der Beschwerde statt und behob den angefochtenen Bescheid. Begründend wurde ausgeführt, dass keine res iudicata vorliege, da die Bw seit September 2012 regelmäßig an Gottesdiensten teilnehme und sich seit diesem Zeitpunkt in einem Taufvorbereitungskurs befinde (Beweis: Bestätigungsschreiben der Pfarre vom 20. September 2012).

Bedingt durch die Bescheidaufhebung kommt der Bw mit Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG zu (ex lege Zulassung zum Verfahren).

 

3.2. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – unwidersprochen gebliebenen - unter den Punkten 1. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 VStG zuständig, über Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 51c VStG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im      Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die         durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung      bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation      des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur    Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für      Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.  wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten      Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.  solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen             zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6.  wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs-  gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe-­  willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3      Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit    einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 120 Abs. 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 oder 1a nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das (erste) Asylverfahren der Bw mit Wirkung 20. Juli 2012 (Erlassung der Ausweisungsentscheidung) rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde. Weiters ist unbestritten, dass die Bw am 12. September 2012 einen weiteren Asylantrag eingebracht hat und dieser Antrag mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 20. November 2012 zum Verfahren zugelassen wurde (siehe auch Eintragungen im AI/Verfahrensablauf und Verfahrensstand: "Antrag zugelassen 3.12.2012").

 

Die belangte Behörde hat das angefochtene Straferkenntnis am 4. Dezember 2012, somit zu einem Zeitpunkt, als der (zweite) Asylantrag der Bw zum Verfahren zugelassen war, erlassen.

 

Nach § 120 Abs. 7 letzter Satz FPG ist das Verwaltungsstrafverfahren während des Asylverfahrens unterbrochen. Im Hinblick auf die "ex lege" Unterbrechung des Verwaltungsstrafverfahrens war der belangten Behörde die Fällung des vorliegenden Straferkenntnisses verwehrt.

 

4.3. Spruchgemäß war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hatte nicht zu erfolgen. Dieses wird nach Abschluss des Asylverfahrens fortzusetzen sein. Bei diesem Ergebnis waren keine Verfahrenskosten vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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