Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167612/2/Zo/AK

Linz, 20.02.2013

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, vom 04.02.2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 09.01.2013, Zl. VerkR96-12412-2012 wegen einer Übertretungen des KFG zu Recht erkannt:

 

I.              Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 19.09.2012 um 13.48 Uhr in X, auf der B148 bei Km 13,100, als Fahrer des LKW mit dem Kennzeichen X (samt Anhänger X), welcher zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5t übersteigt, die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe, obwohl der Fahrer, wenn er ein Fahrzeug lenkt, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang IB ausgerüstet ist, den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit folgendes vorlegen können muss:

Alle während des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind. Er habe sich in der Zeit vom 03.09.-10.09.2012 nicht im Kraftfahrzeug aufgehalten und habe keine Bestätigung des Arbeitgebers über diese lenkfreien Arbeitstage vorlegen können. Dies stelle anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABl Nr. L29, einen sehr schwerwiegenden Verstoß  dar.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art. 15 Abs.7 lit.b Abschnitt ii der Verordnung (EWG) 3821/85 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er Rentner sei und nur über eine kleine Rente verfüge, weshalb er gelegentlich Aushilfsfahrten für erkrankte Kollegen durchführe. Am 19.09.2012 sei ein LKW-Fahrer der Firma X in Folge Erkrankung kurzfristig ausgefallen, weshalb er gebeten worden sei, den angeführten LKW unterwegs zu übernehmen. Zum Standort des LKW sei er mit einem privaten PKW gefahren. Bei der Übernahme des LKW konnte wegen der Dringlichkeit für die vorausgegangenen freien Tage keine Bescheinigung des Arbeitgebers beigebracht werden. Er habe die gegenständliche Fahrt nicht am Betriebssitz des Arbeitgebers begonnen, weshalb es nicht möglich gewesen sei, ihm eine derartige Bescheinigung auszustellen. Dies könne vom Arbeitgeber des Berufungswerbers jederzeit bestätigt werden.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Berufungswerber lenkte am 19.09.2012 um 13.48 Uhr den im Spruch angeführten LKW. Bei einer Kontrolle auf der B148 bei Km 13,100 wurde die Fahrerkarte des Berufungswerbers überprüft und dabei festgestellt, dass auf dieser für die Zeit vom 03.09.-10.09.2012 Uhr keine Aufzeichnungen vorhanden waren. Für diesen Zeitraum führte der Berufungswerber keine Urlaubsbestätigung oder sonstige Bescheinigung mit, wonach er in diesen Zeiten kein in den Anwendungsbereich  der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 fallendes Fahrzeug gelenkt habe.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Art. 15 Abs.7 lit.b der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 lautet:

Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, dass mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang IB ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit folgendes vorlegen können:

i) die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte ist,

ii) alle während der laufenden Woche und der vorausgehenden 28 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind und

iii) die Schaublätter den Zeitraum gemäß den vorigen Unterabsatz, ............

 

Gemäß § 102a Abs.4 KFG 1967 haben sich Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit einem digitalen Kontrollgerät im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet sind, bei der Bedienung des Kontrollgerätes an die Bedienungsanleitung des Kontrollgerätes zu halten. Sie haben dafür zu sorgen, dass das Kontrollgerät auf Fahrten in Betrieb ist und dass ihre Fahrerkarte im Kontrollgerät verwendet wird. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke, die Fahrerkarte und die mitgeführten Schaublätter des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage, falls sie in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt haben, dass mit einem analogen Kontrollgerät ausgerüstet ist, auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Fehlen auf der Fahrerkarte einzelne Arbeitstage und werden dafür auch keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Art. 11 Abs.3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen und bei Kontrollen auszuhändigen.

 

5.2. Zum Berufungsvorbringen ist festzuhalten, dass die Verpflichtung zum Mitführen einer entsprechenden Urlaubsbestätigung unabhängig davon besteht, ob die Fahrt am Firmensitz des Arbeitgebers oder an einem anderen Ort angetreten wird. Am 19.09.2012 lenkte der Berufungswerber den dritten Tag hintereinander LKW, weshalb es wohl möglich gewesen wäre, die entsprechende Urlaubsbestätigung zu einer Lade- bzw. Entladestelle oder an einen LKW-Rasthof zumindest per Telefax zu übermitteln. Die Übermittlung von schriftlichen Unterlagen auf diesem Weg ist im LKW-Fernverkehr durchaus üblich und wäre wohl auch im gegenständlichen Fall zumutbar gewesen.

Unabhängig davon ist die gegenständliche Berufung im Ergebnis erfolgreich. Die fehlende Urlaubsbestätigung ist nicht in Art. 15 der angeführten Verordnung geregelt, weil sich diese nur auf jene handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke bezieht, die in der Verordnung (EWG) 3821/85 selbst bzw. in der Verordnung (EG) 561/2006 vorgeschrieben sind. Die Urlaubsbestätigung ist jedoch in diesen beiden Verordnungen nicht angeführt.  Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat, gestützt auf Richtlinie 2006/22/EG ein elektronisches Formblatt erstellt, welches zur Dokumentation des Erholungsurlaubes bestimmt ist. Diese Richtlinie kann die einzelnen LKW-Fahrer jedoch nicht unmittelbar verpflichten. Sie ist an die Mitgliedsstaaten gerichtet und verpflichtet diese zur Umsetzung der Richtlinie. Diese Umsetzung in nationales Recht erfolgte in Österreich durch die 30. KFG-Novelle, BGBl I Nr. 94/2009, mit welcher die Verpflichtung zum Mitführen der Urlaubsbestätigungen für analoge Kontrollgeräte im § 102 Abs.1a sowie für digitale Kontrollgeräte im

§ 102a Abs.4 geregelt wurde.

 

Der Berufungswerber hat daher allenfalls – unter der Annahme, dass der von der Polizei vorgeworfene Sachverhalt den Tatsachen entspricht – eine Übertretung des § 102a Abs.4 KFG begangen, nicht jedoch die ihm vorgeworfene Übertretung. Ein Tatvorwurf, welcher alle Tatbestandselemente des § 102 Abs. 4a KFG umfasst, wurde dem Berufungswerber bisher nicht vorgehalten, weshalb seiner Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben war. Anzuführen ist, dass noch nicht Verfolgungsverjährung eingetreten ist, weshalb das Strafverfahren nicht einzustellen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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