Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-740267/2/WEI/BZ/Ba VwSen-740268/2/WEI/BZ/Ba

Linz, 19.02.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des 1.) A F, vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt in I, K und der 2.) W R S GmbH, vertreten durch Dr. L O, Rechtsanwalt in D, G, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 27. November 2012, Zl. Pol96-124-2012, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Beschlagnahmebescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis, der an den Erstberufungswerber (im Folgenden kurz ErstBw), an die Zweitberufungswerberin (im Folgenden kurz ZweitBwin) sowie an das zuständige Finanzamt ergangenen ist, hat die belangte Behörde wie folgt abgesprochen:

 

"Bescheid über eine

  Beschlagnahme

 

Im Zuge einer Kontrolle am 10.09.2012 um 13:03 Uhr in dem von Herrn A F betriebenen Lokal 'L C', J, R, wurde von Organen des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr, Team Finanzpolizei, unter anderem die vorläufige Beschlagnahme der folgenden Glücksspieleinrichtungen durchgeführt:

1.           ACT Austria Casino Games Technology, Typenbezeichnung World Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046888-046896 (046788 zerrissen), FA-Gerätenr. 1,

2.           ACT Austria Casino Games Technology, Typenbezeichnung World Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046897-046905, FA-Gerätenr. 2,

3.  APEX, Typenbezeichnung Multi Magic, Versiegelungsplaketten Nr. 046906-046912, FA-Gerätenr. 3,

4.   ACT Multiplayer, Versiegelungsplaketten Nr. 046919-046925, FA-Gerätenr. 5,

5.   Book of Ra, Typenbezeichnung Novo Line Casino, Versiegelungsplaketten Nr. 046926-046930, FA-Gerätenr. 6,

6.  Internet Video Terminal, Typenbezeichnung Jackpot Junction, Seriennummer CT950832, Versiegelungsplaketten Nr. 046966-046948, FA-Gerätenr. 8,

Zudem wurden die dazugehörigen 6 Schlüssel mit Schlüsselanhänger vorläufig beschlagnahmt und der Behörde übergeben.

 

In diesem Zusammenhang ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständiger Verwaltungsbehörde erster Instanz folgender

 

Spruch:

 

Über die anlässlich der Kontrolle am 10.09.2012 um 13:03 Uhr in dem von Herrn A F, pA L C, J, R, betriebenen Lokal 'L C', J, R, von Organen des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr, Team Finanzpolizei, vorläufig beschlagnahmten Eingriffsgegenstände mit der Bezeichnung

1.            ACT   Austria   Casino   Games   Technology,   Typenbezeichnung   World   Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046888-046896 (046788 zerrissen), FA-Gerätenr. 1,

2.            ACT  Austria   Casino   Games   Technology,   Typenbezeichnung   World   Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046897-046905, FA-Gerätenr. 2,

3.             APEX, Typenbezeichnung Multi Magic, Versiegelungsplaketten Nr. 046906-046912, FA-Gerätenr. 3,

4.            ACT Multiplayer, Versiegelungsplaketten Nr. 046919-046925, FA-Gerätenr. 5,

5.            Book of Ra, Typenbezeichnung Novo Line Casino, Versiegelungsplaketten Nr. 046926-046930, FA-Gerätenr. 6,

6.            Internet Video Terminal, Typenbezeichnung Jackpot Junction, Seriennummer CT950832, Versiegelungsplaketten Nr. 046966-046948, FA-Gerätenr. 8,

sowie die entsprechenden 6 Schlüssel mit Schlüsselanhänger,

 

mit denen Glücksspiel in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurde, wird zur Sicherung Einziehung sowie zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG die Beschlagnahme angeordnet.

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1 Z.1 lit. a, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 3 Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 69/2012"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde auszugsweise wie folgt aus:

 

"SACHVERHALT:

 

Bei einer von Organen des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr, Team Finanzpolizei, am 10.09.2012 um 13:03 Uhr durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz wurden im Lokal L C, J, R, betrieben von Herrn A F, folgende Glücksspieleinrichtungen betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden:

1.          ACT Austria Casino Games Technology, Typenbezeichnung World Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046888-046896 (046788 zerrissen), FA-Gerätenr. 1,

2.          ACT Austria Casino Games Technology, Typenbezeichnung World Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046897-046905, FA-Gerätenr. 2,

3.  APEX, Typenbezeichnung Multi Magic, Versiegelungsplaketten Nr. 046906-046912, FA-Gerätenr. 3,

4.  ACT Multiplayer, Versiegelungsplaketten Nr. 046919-046925, FA-Gerätenr. 5,

5.  Book of Ra, Typenbezeichnung Novo Line Casino, Versiegelungsplaketten Nr. 046926-046930, FA-Gerätenr. 6,

6.  Internet Video Terminal, Typenbezeichnung Jackpot Junction, Seriennummer CT950832, Versiegelungsplaketten Nr. 046966-046948, FA-Gerätenr. 8.

 

Über die gegenständlichen 6 Geräte sowie die dazugehörigen 6 Schlüssel mit Schlüsselanhänger wurde seitens der Finanzpolizei die vorläufige Beschlagnahme verhängt. Die Geräte wurden mit den FA-Nummer 1, 2, 3, 5, 6 und 8 versehen und mit Versiegelungsplaketten versiegelt.

 

Folgendes konnte von den Organen der Finanzpolizei aufgrund der durchgeführten Testspiele an den Geräten mit den FA-Nummern 1, 2, 3, 6 und 8 festgestellt werden:

Bei den Testspielen wurde wahrgenommen, dass für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Die Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der 'Setzen'-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der Walzenlauf zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe des Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lang zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Folgende Mindesteinsätze und höchste Spieleinsätze waren - mit den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen - möglich:

FA-Nr. 1: Mindesteinsatz 0,35 Euro - Höchstgewinn: 450,00 Euro; Höchsteinsatz 10,00 Euro - Höchstgewinn 9000,00 Euro.

FA-Nr. 2: Mindesteinsatz 0,35 Euro - Höchstgewinn: 450,00 Euro; Höchsteinsatz 10,00 Euro - Höchstgewinn 9000,00 Euro.

FA-Nr. 3: Mindesteinsatz 0,30; Höchsteinsatz 6,00 Euro.

FA-Nr. 5: Mindesteinsatz 0,25 Euro - Höchstgewinn: 20,00 Euro + 23 SG; Höchsteinsatz 9,50 Euro - Höchstgewinn 20,00 Euro + 998 SG.

FA-Nr. 6: Mindesteinsatz 0,30 Euro - Höchstgewinn: 540,00 Euro; Höchsteinsatz 10,00 Euro - Höchstgewinn 18000,00 Euro.

FA-Nr. 8: Banknoteneinzug defekt.

 

Sämtliche Geräte waren betriebsbereit aufgestellt und voll funktionsfähig. Dies wurde durch Testspiele an diesen Geräten bestätigt.

Die Entscheidung über das Spielergebnis hing bei allen diesen Spielen somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab. Eine Konzession bzw. Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz lag für diese Geräte nicht vor.

Aufgrund der Aussagen von Frau A B und Herrn M S in der Funktion als Spieler konnte festgestellt werden, dass die Glücksspieleinrichtungen, welche verbotene Ausspielungen gem. § 2 Abs. 4 GSpG ermöglichen, zumindest seit ca. 1 Jahr im Lokal betrieben werden. Laut der Auskunftspflichtigen, Frau E L, werden die Glücksspieleinrichtungen zumindest seit 28.11.2011 im Lokal betrieben.

 

Die im Lokal anwesende Kellnerin, Frau E L, verweigerte ohne Angabe von
Gründen jede weitere Aussage.                                                                                      -

 

Aufgrund der festgestellten Betriebsdauer, der beim Testspiel getätigten Einsätze und der dazu in Aussicht gestellten Gewinne war der Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes gegeben und somit ein hinreichend begründeter Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG gerechtfertigt.

 

Mit Schreiben vom 18.09.2012 forderte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis den Betreiber des Lokals, Herrn A F, auf, den Eigentümer und Veranstalter der gegenständlichen Glücksspielgeräte bekannt zu geben.

 

Mit Schreiben vom 02.10.2012 bestätigte der Rechtsvertreter von Herr F, RA Dr. P R, dass Herr F Inhaber des Lokals 'L C' ist.

 

Mit Schreiben vom 04.10.2012 teilte RA Dr. L O mit, dass es sich bei der W R S GmbH mit Sitz in D, G, um die Eigentümerin der gegenständlichen Automaten handelt.

 

Das Finanzamt Kirchdorf-Perg-Steyr übermittelte der Behörde mit Fax vom 05.10.2012 einen Aktenvermerk über ein Gespräch mit dem Rechtsvertreter der W R System GmbH, aus dem hervorgeht, dass diese nur Eigentümerin der Geräte mit den FA-Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 8 ist. Entsprechende Mietrechnungen zwischen der W R S GmbH und Herrn A F wurden übermittelt.

 

Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass bereits bei einer verdeckten Nachschau durch die M U Detektiv GmbH am 19.10.2011 9 Glücksspielgeräte im L C betriebs- und spielbereit vorgefunden wurden, bei denen der Verdacht bestand, dass damit gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen wird.

 

[...]

 

RECHTLICHE BEURTEILUNG:

 

Herr A F wurde anlässlich einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 10.09.2012 aufgrund seiner Eigenschaft als Lokalbetreiber des Lokals 'L C' als Inhaber der gegenständlichen Eingriffsgegenstände festgestellt. Der Beschlagnahmebescheid richtet sich daher an Herrn A F, pA L C, J, R als Inhaber.

 

Die W R S GmbH mit Sitz in X, G, wurde seitens ihres Rechtsvertreters mit Schreiben vom 04.10.2012 als Eigentümerin der Glücksspielgeräte bekannt gegeben. Die W R S GmbH wird daher als Eigentümerin der Geräte mit den FA-Nr. 1, 2, 3, 5 und 8 qualifiziert.

 

Der Veranstalter sämtlicher Glücksspieleinrichtungen sowie der Eigentümer des Gerätes mit der FA-Nr. 6 konnte durch die Behörde und die Finanzpolizei nicht ermittelt werden und hat sich dieser auch nicht binnen der 4-Wochen-Frist nach der vorläufigen Beschlagnahme bei der Behörde gemeldet.

 

Während der ausführlich dokumentierten Kontrolle am 10.09.2012 im Lokal L C, J, R wurden die Eingriffsgegenstände mit der Bezeichnung

1.           ACT   Austria   Casino   Games   Technology,   Typenbezeichnung   World   Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046888-046896 (046788 zerrissen), FA-Gerätenr. 1,

2.           ACT   Austria   Casino   Games   Technology,   Typenbezeichnung   World   Games, Versiegelungsplaketten Nr. 046897-046905, FA-Gerätenr. 2,

3.  APEX, Typenbezeichnung Multi Magic, Versiegelungsplaketten Nr. 046906-046912, FA-Gerätenr. 3,

4.  ACT Multiplayer, Versiegelungsplaketten Nr. 046919-046925, FA-Gerätenr. 5,

5.  Book of Ra, Typenbezeichnung Novo Line Casino, Versiegelungsplaketten Nr. 046926-046930, FA-Gerätenr. 6,

6.  Internet Video Terminal, Typenbezeichnung Jackpot Junction, Seriennummer CT950832, Versiegelungsplaketten Nr. 046966-046948, FA-Gerätenr. 8,

(sowie die dazugehörigen 6 Schlüssel mit Schlüsselanhänger)

betriebsbereit vorgefunden und von den Kontrollorganen mit den FA-Kennnummern 1, 2, 3, 5, 6 und 8 versehen.

 

Nach den bei der Kontrolle getroffenen Feststellungen wurden zumindest vom 28.11.2011 bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme am 10.09.2012 Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen mit diesen Geräten durchgeführt und dabei erzielte Gewinne an die Spieler in bar ausbezahlt. Dies ergibt sich aus den vor Ort getätigten Aussagen der Spieler Frau A B und Herr M S sowie aus der verdeckten Nachschau der M U Detektiv GmbH vom 19.10.2011.

Auch wenn der Banknoteneinzug beim Gerät mit der FA-Nr. 8 defekt war, so ist - da dieses eingeschaltet und betriebsbereit war - dennoch der begründete Verdacht gegeben, dass damit in der Vergangenheit fortgesetzt verbotene Ausspielungen durchgeführt wurden.

 

Auf allen gegenständlichen Geräte wurde während der Kontrolle durch Testspiele in Form von virtuellen Walzenspielen festgestellt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis stets erst nach der letzten Handlung des Spielers durch das Spielprogramm getroffen wurde. Die Spieler konnten nur den Einsatz wählen, den Walzenumlauf mit der Start-Taste auslösen und das Spielergebnis abwarten. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab und ist daher als Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren.

 

Ferner wurde festgestellt, dass die mit dem Gerät möglichen Glücksspiele nur gegen vermögenswerte Einsatzleistung durchgeführt werden konnten, für welche eine vermögenswerte Leistung vom Veranstalter in Aussicht gestellt wurde. Schon aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltung mittels Glücksspielgeräten in Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich, dass selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gem. § 2 Abs 2 GSpG erfolgte.

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG durchgeführt.

 

Schließlich wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigen Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren. Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit seit der Inbetriebnahme der Eingriffsgegenstände (zumindest von 28.11.2011 bis 10.09.2012) im angegebenen Lokal in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt, weshalb von den Kontrollorganen die vorläufige Beschlagnahme nach § 53 Abs 2 GSpG verfügt wurde.

 

Die gegenständlichen, vorläufig beschlagnahmten Eingriffsgegenstände stellen einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei denen aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird bzw. wurde.

 

Die im § 53 Abs 1 Z. 1 lit, a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung der Eingriffsgegenstände durch die Kontrollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vor gegeben. Die Beschlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20.12.1999, Zl. 97/17/0233, 94/17/0309, festgestellt, dass die Beschlagnahmemaßnahme die weitere Begehung des Verstoßes gegen einen oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG zu unterbinden bezweckt und zulässig ist, wenn mit dem betreffenden Gegenstand in der Vergangenheit fortgesetzt gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wurde, bzw. wenn ein entsprechender Verdacht vorliegt.

 

Da diese Voraussetzungen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorliegen, war die Beschlagnahme auch deshalb anzuordnen.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen - diese ergeben sich in erster Linie aus der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme vom 10.09.2012, dem Aktenvermerk vom 10.09.2012, sowie den ausgefüllten GSp26-Formularen des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr - war für die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis erwiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme vorliegen, so dass spruchgemäß zu entscheiden war."

 

 

2.1. Gegen diesen Bescheid, der dem ErstBw als Inhaber am 28. November 2012 zugestellt wurde, richtet sich die am 12. Dezember 2012 rechtzeitig per Fax eingebrachte rechtsfreundliche Berufung gleichen Datums, mit der die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides angestrebt wird.

 

Zur Begründung wird in der Berufung ausgeführt:

 

"Der Bescheid wird in seinem gesamten Inhalt angefochten.

 

Begründung:

 

Mit Beschlagnahmebescheid vom 27.11.2012 zu Zahl Pol96-124-2012 wurde die Beschlagnahme der im Bescheid näher bezeichneten Geräte ausgesprochen.

 

Begründend führte die Erstbehörde aus, dass der Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes bestehe.

 

Dem ist zu entgegnen.

 

1.)

Bei den gegenständlichen Geräten kann nicht gegen Bestimmungen des GSpG verstoßen werden. Es handelt sich weder um Glückspielautomaten noch um elektronische Lotterien. Glücksspiele können mit diesem Gerät nicht durchgeführt werden.

 

Es wird beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und alle bei der Kontrolle anwesenden Beamten einzuvernehmen, dies zum Beweis dafür, dass mit dem gegenständlichen Gerät nicht gegen Bestimmungen des GSpG verstoßen werden kann.

 

2.)

Bei Gerät Nr. 8 war der Banknoteneinzug defekt und wurde ein Testspiel nicht durchgeführt. Auch bei den übrigen Geräten ist nicht ersichtlich, welche Spiele an welchem Gerät getestet wurden.

 

3.)

Der Beschlagnahmebescheid verstößt gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG:

 

Am 09.09.2010, wurde das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft
in der Rechtssache C-64/08 (Engelmann) verkündet. Ausgangsfall für die
Entscheidung 'Engelmann' war ein Strafverfahren nach § 168 StGB, weil Herr
Engelmann, ein deutscher Staatsbürger, in Linz und Schärding Spielcasinos betrieb.
Herr Engelmann verfügte über keine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in
Österreich. Er bestritt auch nicht, eine solche gar nicht beantragt zu haben, brachte
aber vor, dass er eine Konzession aufgrund zahlreicher unionsrechtswidriger
Bestimmungen im österreichischen Glücksspielgesetz auch gar nicht hätte erlangen
können. In erster Instanz wurde er noch zu einer Geldstrafe von EUR 2.000,--
verurteilt Das Landesgericht Linz als Berufungsgericht hatte allerdings erhebliche
unionsrechtliche Zweifel

 

·         an dem Erfordernis einer Niederlassung in Form einer Aktiengesellschaft in Österreich,

·         an der Kohärenz und Systematik der österreichischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels,

·         sowie an der Vorgangsweise des Bundesministeriums für Finanzen bei der Vergabe von Glücksspielkonzessionen in Österreich.

 

Bezüglich des in der Rechtssache C-64/08 (Engelmann) ergangenen Urteiles des
Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist zunächst auf die auf die Randnr.
24 und 26 hinzuweisen, wonach es dem vorlegenden Landesgericht Linz zufolge von
der - in Übereinstimmung auch mit dem Unionsrecht - Zulässigkeit des Ausschlusses von Herrn Engelmann vom Erhalt einer Spielbankkonzession abhing, ob Herr Engelmann den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiel nach § 168 StGB verwirklicht hat. Daher waren nach Ansicht des Europäischen Gerichthofes zuerst die erste und die dritte Vorlagefrage der Randnr. 25 zu prüfen.

 

Zur erfolgten Vergabe der Spielbankkonzessionen nimmt der Gerichtshof dann in Randnrn. 49-57 Stellung und kommt in Randnr. 58 zum Ergebnis, dass das Transparenzgebot, das sich aus den Art. 43 EG und 49 EG sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergibt, einer Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates, die ohne Ausschreibung erfolgt entgegensteht.

 

Da sich aus der Beantwortung der ersten und dritten Vorlagefrage bereits ergeben hat, dass der Ausschluss von Herrn Engelmann vom Erhalt einer Spielbankkonzession gegen das Unionsrecht verstoßen hat und unrechtmäßig war, erachtete der Gerichtshof in Randnr. 59 die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage o Vereinbarkeit/Zulässigkeit eines innerstaatlichen Monopols für den Betrieb von Spielbanken, wenn es im Mitgliedsstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen ermuntern o für nicht mehr notwendig.

 

Ebensowenig wie Herr Engelmann verfügt die Beschuldigte über eine Konzession für
den Betrieb einer Spielbank oder von Glücksspielautomaten in Österreich, da sie von der Möglichkeit eine solche zu erlangen, gemeinschaftsrechtswidrigerweise ausgeschlossen sind, zumal sämtliche Konzessionen vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das im Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die C A AG vergeben wurden.

 

In einem solchen Fall dürfen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Sanktionen gegen Betreiber, die infolge des gemeinschaftsrechtswidrigen Ausschlusses über keine Konzession verfügen, nicht verhängt werden.

 

Zum unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat hat der
Europäische Gerichtshof im Urteil vom 06. März 2007 (Strafverfahren gegen
Massimiliano Placanica) für Recht erkannt (Punkt 3.), dass die Art. 43 EG und 49 EG
dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den
Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Wirtschaftsteilnehmer mit der
Rechtsform von Kapitalgesellschaften, deren Anteile auf reglementierten Märkten
gehandelt werden, vom Glücksspielsektor ausschließt und darüber hinaus im
Sinne eines solchen Ausschlusses fortwirkt.

 

Zu den Folgen des unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat nimmt der Gerichtshof in Randnr. 63 Stellung, wobei im letzten Satz festgehalten wird, dass in jedem Fall festzustellen ist, dass in Ermangelung eines Verfahrens der Konzessionsvergabe, das auch den bei der letzten Ausschreibung rechtswidrig von einem möglichen Konzessionserhalt ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmern offensteht, der Umstand, dass sie keine Konzession besitzen, nicht zum Anlass für die Verhängung einer Sanktion gegen sie genommen werden darf. (Generelles Sanktionsverbot)

 

Zu strafrechtlichen Sanktionen im speziellen wird in diesem Zusammenhang in
Randnr. 69 festgehalten, dass sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass ein
Mitgliedsstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten
Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität
unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl.
in diesem Sinn Urteil
vom 15. Dezember 1983, Rienks, 5/83, Slg 1983, 4233,

Randnr. 10 und 11).

 

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften gilt sowohl für die Vergangenheit als auch bis zur Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage der Grundsatz, dass Sanktionen jenen Anbietern, die bisher aufgrund unionsrechtswidriger Umstände von vornherein keine Konzession erhalten konnten, nicht entgegengehalten werden dürfen (dazu auch EuGH vom 08.09.2010, Markus Stoß u,a. C-316/07 unter anderem RN 115 iVm 19), sowie

 

Stadler/Arzt in ecolex 2010, 617 ff,

Talos/Stadler in ecolex 2010,1006 ff, mwN,

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2010, 247 ff. mwN,

Franz Koppensteiner in RdW 2011,134 ff, mwN, und

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2011, 243 ff. mwN

 

In den Urteilen Carmen Media und Markus Stoß hat der EuGH zudem klargestellt, dass das von einem Mitgliedsstaat verfolgte ordnungspolitische Ziel des Spielerschutzes (als alleinig übrig gebliebenes Monopolargument) tatsächlich auch in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden muss. Die in obigen Fällen für Deutschland bestimmten Regeln gelten naturgemäß auch für Österreich. Der EuGH legt auch hinsichtlich Glücksspielwerbung Kriterien fest: Die Werbung muss maßvoll und strikt auf das begrenzt sein, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme und zum Spielen angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden, oder indem die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne vorspiegeln (EuGH 08.09.2010, Markus Stoß u.a., C-316/07 u.a. RN 103). Daraus folgt, dass der Ist-Zustand in Österreich mit omnipräsenter Casino- und Lottowerbung - auch nach den Glücksspielgesetznovellen 2008 und 2010 - nach wie vor EU-widrig ist

 

Schließlich ist desweiteren auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften vom 08.09.2010, C-409/06, Winnerwetten GmbH hinzuweisen,

wonach jedes nationale Gericht verpflichtet ist, das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte die es den Einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes unangewendet lässt (EuGH Winner Wetten, C-409/06 RN 55).

 

Unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof vertritt auch Koppensteiner (Der EuGH und das Glücksspiel, RdW 2011, 134), dass 'im Fall eines unionsrechtswidrigen Marktzugangsregimes das dieses Marktzugangregime strafrechtlich absichernde Sanktionsrecht unanwendbar zu bleiben hat'.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes ist nach ständiger
Rechtssprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ein
allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes. Die Gerichte der Mitgliedsstaaten haben insoweit den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (EuGH, Winner Wetten, C-409/06 RN 58).

 

Auch in der Entscheidung vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer betont der Gerichthof der Europäischen Gemeinschaften in Rn 32 und 43 abermals und unzweideutig, dass der Verstoß gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu strafrechtlichen Sanktionen führen darf, wenn diese Regelung unionsrechtswidrig ist. Diese Rechtsfolge haben die österreichischen Gerichte und Behörden größtenteils trotz ihrer aus Art 4 Abs 3 des Vertrages über die Europäische Union entspringen Pflicht zur Anwendung der EuGH-Rechtsprechung ignoriert.

 

Stellt sich in einem Verfahren eine vom Gemeinschaftsrecht vorgegebene Vorfrage im Rahmen der zu treffenden Entscheidung, so kann diese Vorfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.

 

Die Unionsrechtswidrigkeit der intransparenten Vergabe bezieht sich nicht nur auf den
Zeitpunkt der Vergabe, sondern dauerhaft bis zur Neuausschreibung und korrekten
Vergabe der Konzession. Es steht im groben Widerspruch zu der Rechtsprechung des
EuGH und der effektiven Durchsetzung der europarechtlichen Grundfreiheiten, im
Falle einer Vergabe der Konzessionen 'unter der Hand' von mitgliedstaatlichen
Anbietern die Erfüllung der Konzessionsvoraussetzungen vor einer europa­rechts­konformen, rechtmäßigen Ausschreibung zu verlangen. Vielmehr liegt es
am jeweiligen Mitgliedstaat die fehlende Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu sanieren. Bis dahin schlagen aber die Grundfreiheiten durch.

 

Angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der übereinstimmenden Literatur ist es daher - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen - dringend geboten dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

'Sind die Art 49 und 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen
Union und Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union sowie die zum
Glücksspielrecht ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
dahingehend auszulegen, dass gegen einen Glücksspielanbieter, der über keine nach nationalem Recht des Mitgliedsstaates erteilte Konzession verfügt, auch dann wegen des Fehlens dieser Konzession keinerlei Strafsanktionen verhängt werden dürfen, wenn dieser Glücksspielanbieter nicht sämtliche nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates vorgeschriebenen Konzessionsvoraussetzungen erfüllt, wenn bei der Vergabe sämtlichen, nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates zu vergebenden Konzession jegliche Transparenz gefehlt hat und der Glücksspielanbieter schon aufgrund dieser unionsrechtswidrigen Vergabe der Konzession für den Zeitraum bis zumindest 31.12.2012 von der Möglichkeit ausgeschlossen ist, sich um eine solche Konzession zu bewerben?'

 

Die Beschuldigte weist insbesondere darauf hin, dass alle Beschränkungen an den europarechtlichen Grundfreiheiten zu messen sind und die österreichische Glücksspielpolitik nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes insgesamt kohärent und systematisch auf im zwingenden Allgemeininteresse liegende Rechtsfertigungsgründe ausgerichtet sein muss. Bemerkenswerterweise ist der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Engelmann nicht mehr auf die ihm gestellte Frage nach der (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik eingegangen, da er dies aufgrund der bereits festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten für nicht mehr erforderlich hielt (vgl Koppensteiner, Der Europäische Gerichtshof und das Glücksspiel, RdW 2011,134 (136)). Das bedeutet aber gerade nicht, dass österreichische Gerichte und Behörden auf die Kohärenzprüfung verzichten könnten, zumal an der Erfüllung dieses Erfordernisses nach wie vor erhebliche Zweifel bestehen (vgl bspw Talos/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 (1008); Leidenmühler, Das 'Engelmann'-Urteil des EuGH - Rien ne va plus für   das österreichische Glücksspielgesetz, Medien und Recht 2010,247).

 

Der Europäische Gerichtshof hat jüngst klargestellt, dass bei jeder nationalen Beschränkung der Grundfreiheiten im Glücksspielbereich zu prüfen ist, ob sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 56). Insbesondere hat der Europäische Gerichtshof auch Präzisierungen dahingehend vorgenommen, dass zur Rechtfertigung der Errichtung eines Monopols der Mitgliedstaat ein besonders hohes Schutzniveau verfolgen muss, da es sich um eine besonders schwere Restriktion handelt (EuGH vom 16.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 48, 71). Die nationalen Gerichte haben dabei zu prüfen, 'ob die nationalen Behörden im entscheidungserheblichen Zeitraum tatsächlich bestrebt waren, im Hinblick auf die geltend gemachten Ziele ein besonders hohes Schutzniveau zu gewährleisten, und ob die Errichtung eines Monopols im Licht dieses angestrebten Schutzniveaus tatsächlich als erforderlich angesehen werden konnte' (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 54). Der Europäische Gerichtshof bestätigt in diesem Zusammenhang, dass die tatsächliche Verhältnismäßigkeit der restriktiven Regelung vom Mitgliedstaat bewiesen werden muss (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 54) und dass es grundsätzlich Feststellungen geben muss, dass_kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaats ein Problem darstellen (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 66 und 100).

 

Dieser Nachweis wurde bis heute vor keinem österreichischen Gericht und vor keiner österreichischen Behörde erbracht. Ebensowenig wurden derartige Feststellungen bis dato in keiner einzigen Entscheidung eines österreichischen Gerichtes und in keiner einzigen Entscheidung einer österreichischen Behörde jemals getroffen.

 

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15.09.2011, RsC-347/09
Dickinger und Ömer enthält weiters Präzisierungen zum zulässigen Umfang der
vom Monopolisten betriebenen Werbung.
Nach dem Europäische Gerichtshof ist
zwischen Strategien des Monopolinhabers zu unterscheiden, die nur die potenzielle
Kunden über die Existenz der Produkte informieren und durch Lenkung der Spieler in
kontrollierte Bahnen einen geordneten Zugang zu Glücksspielen sicherstellen sollen,
und Strategien, die zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen auffordern, anregen oder anreizen. Es müsse zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt, differenziert werden (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 69).

 

Angesichts der gängigen exzessiven Werbepraxis der österreichischen Monopolisten wird diesen europarechtlichen Anforderungen für die Rechtfertigung einer Monopolstellung nicht genügt, was auch jüngst vom Landesgericht Linz (als Zivilgericht erster Instanz) in seinem Urteil vom 22. März 2012, 1 Cg 190/11v-14 bestätigt wurde.

 

Zuvor hatte das Landesgericht Linz, das selbst das Vorlageverfahren in der Rechtssache Engelmann initiiert hatte, Herrn Engelmann noch - ohne weitere Feststellungen zur Werbestrategie des Monopolinhabers und zur (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik getroffen zu haben - verurteilt. Das Bezirksgericht Zell am See hingegen hat bereits die richtige Konsequenz der Sanktionsfreiheit für Herrn Engelmann gezogen und ihn aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom Strafantrag freigesprochen.

 

Das Sanktionsverbot wurde jüngst auch vom Landesgericht Ried im Innkreis in seinem Berufungsurteil vom 23.04.2012 - als letztinstanzliches Gericht - bestätigt, in dem es ausführt:

 

Zur Frage der Konsequenzen des Urteils des EuGH vom 09. September 2010 in der Rs C 64/08 'Engelmann' für die Anwendung des §168 StGB Hegt bislang, soweit auch unter Einsatz von RIS-Justiz überschaubar, eine Entscheidung des OGH nicht vor.

 

Vielmehr ist hiezu eine kontroversielle Diskussion zwischen Vertretern der Lehre einerseits und einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen andererseits entstanden.

 

Dabei schließt sich das Berufungsgericht den Vertretern der Lehre an, wobei
Univ. Prof. DDr.  X im Rahmen dessen Rechtsgutachtens  vom 04. November 2010 am überzeugendsten erscheint Danach kommt X, der sich unter anderem auch ausführlich mit der gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen auseinandergesetzt hat, zum Ergebnis, dass sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Engelmann die EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln in den entscheidenden Fragen des Sitzerfordernisses und der intransparenten Vergabe der Konzessionen ohne
Ausschreibung ergibt.
Die diesbezüglichen Regeln des österreichischen Glücksspielrechts haben daher gegen die Artikel 43 und 49 EG - nunmehr Artikel 49 und 56 AEUV - verstoßen. Diese EU-Rechtswidrigkeit im Bezug auf das österreichische Marktzugangsrecht schlägt auf das strafrechtliche Rechtsdurchsetzungsregime durch: Sind die glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln EU-rechtswidrig. dürfen diese auch nicht im Wege eines Strafverfahrens gemäß § 168 StGB durchgesetzt werden. Es gilt infolge der Vorrangwirkung des EU-Rechte ein unmittelbar EU-rechtlich begründetes Anwendungsverbot konfligierenden Strafrechts.

 

Darauf, ob sich das maßgebliche Sachrecht auch EU-konform ausgestalten ließe, kommt es nicht an. Maßgeblich ist der Verstoß gegen das EU-Recht hier und jetzt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Fall Engelmann und auch in allen vergleichbaren Konstellationen § 168 StGB unangewendet zu bleiben hat.

 

Mehr noch: Angesichts der eindeutigen Rechtsiege wäre eine Anwendung des § 168 StGB rechtlich unvertretbar!

 

Angesichts der in obigen Ausführungen dargestellten Kontroverse zwischen Lehre und - einem Teil - der Rechtsprechung ist es - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen - dringendst geboten, beim Europäischen Gerichtshof über obige Vorlagefrage möglichst rasch die Klarstellung der Rechtsfolgen festgestellter Unionsrechtswidrigkeiten im Glücksspielsektor, insbesondere zum Fehlen einzelner, mehrerer oder auch aller nach nationalem Recht gesetzlich vorgeschriebener Konzessionsvoraussetzungen nach erfolgter unionsrechtswidriger Konzessionsvergabe ohne jeglicher Transparenz einer Ausschreibung herbeizuführen.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes sowie der Grundsatz, dass die Gerichte der Mitgliedsstaaten den Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen, gilt auch für die Beschuldigte. Dies insbesondere deshalb, weil im vergleichbaren Fall Engelmann Herr Engelmann eine Spielbankkonzession nicht nur wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit, sondern auch deshalb nicht erlangen konnte, weil er nicht das Erfordernis einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich erfüllt hat, und sämtliche Konzessionen für den Betrieb einer Spielbank und Glücksspielautomaten in Österreich vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das in Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die C A AG vergeben wurden.

 

Von den beiden letzteren Ausschlussgründen sind Inländer in gleicher Weise betroffen wie andere Unionsbürger, so dass eine Ungleichbehandlung mangels sachlicher Rechtfertigung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde.

 

Die Frage der Anwendung des Unionsrechtes auf Österreicher ist vergleichbar mit den Lockerungen im Bereich des österreichischen Grundverkehrsrechtes, die erst durch die EuGH-Urteile zugunsten von Gebietsfremden zustande kamen (EuGH 01.06.1999, Konle) C-302/97, Slg. 1999, I-3099; EuGH 15.05.2003, Salzmann, C-300/01, Slg. 2003, I-4899; EuGH 23.09.2003, Ospelt, C-452/01, Slg. 2003, I-9743).

 

Die darauf folgenden Begünstigungen von Gebietsfremden und Diskriminierung von Inländern konnten folglich dem Gleichheitsgrundsatz nicht mehr standhalten (Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, RZ 1355, Seite 647 mwH auf VfSLG 17.150; 17.422; VfGH 08.06.2005, G 163/04; VfGH 08.06.2005, G 159/04; VwGH 28.07.2004, 2002/04/0173).

 

4.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Schriftsatz vom 10.08.2012 an den Gerichtshof der Europäischen Union einen Antrag auf Vorentscheidung gem. Art. 267 AEUV gestellt. Ausgangslage ist ein Sachverhalt, der mit dem gegenständlichen vergleichbar ist.

Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schreibt, stellt sich die Frage, ob die dem österreichischen Glückspielgesetz zugrunde liegende Systematik der lückenlos strafsanktionierten (Quasi-) Monopolregelung generell bzw. hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung mit den Grundsätzen der Europäischen Grundrechtcharta vereinbar ist.

Dem UVS Oberösterreich ist nämlich aufgefallen, dass die Behörden bislang in keinem bekannten Fall iS des Urteils des EuGH vom 15.09.2011, C-347/09 (Dickinger/Ömer) auch nur ansatzweise versucht haben nachzuweisen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellte(n) und bejahendenfalls, dass diesem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können, sowie, dass tatsächlich die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz - und nicht etwa bloß eine Maximierung oder massive Erhöhung der Staatseinnahmen – das wahre Ziel der Monopolregelung bildeten, und dass sich die Geschäftspolitik der Monopolisten ohnehin bloß auf eine kontrolliertere Expansion mit einer maßvollen, eng auf die Zielerreichung begrenzten, nicht zu aktiver Spielteilnahme anregender oder in Verbindung mit karitativen Zwecken ein positives Image kreierender Werbung beschränkt  hat  -  was   insbesondere  schon   angesichts  der  aus  den Gesetzesmaterialien resultierenden fiskalpolitischen Intentionen und des Gerichts bekannten 'enormen' und aggressiven Werbeaufwandes. Aus diesem Grunde ist der UVS Oberösterreich der Ansicht, dass die im Glücksspielgesetz konkret normierte Ausgestaltung des Glückspielmonopol des Bundes schon dem Grunde nach nicht mit der in den Art. 56ff AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist.

Die Regelungen im Glückspielgesetz sind - nach Ansicht des UVS Oberösterreich in ihrer Zusammenschar nicht geeignet, die in der Rechtsprechung des EuGH geforderte Gesamtkohärenz auch tatsächlich zu gewährleisten, sind somit im Ergebnis überschießend und damit inadäquat.

 

Der UVS Oberösterreich kritisiert auch die höchst unbestimmten Gesetzesbegriffe im Hinblick auf die systematisch nahezu lückenlose strafrechtliche Sanktionierung nicht bloß unmittelbarer Täter.

Das Beispiel wendet sich zudem gegen die unklare Abgrenzung zwischen Verwaltungsdelikt und Strafdelikt, dies insbesondere auch im Hinblick auf das Doppelbestrafungs- und Verfolgungsverbot.

 

Der UVS Oberösterreich stellt daher dem Gerichtshof der Europäischen Union nachstehende Fragen:

 

1.)

Steht das in Art 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§ 14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glückspielen mittels Automaten nur unter der - sowohl strafsanktionierten als auch unmittelbar sacheingriffsbedrohten - Voraussetzungen der Erteilung einer vorangehenden, jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht obwohl bislang - soweit ersichtlich - von staatlicher Seite in keinem einzigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde, dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines Monopolisten (bzw. sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann,  darstellen, entgegen?

 

2.)

Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist, Steht das in Art 56 AEUV und in Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (u.U. in anderer Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glücksspielautomaten) eintritt, entgegen?

 

3.)

Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem Art 16 EGRC zu Grunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des Art. 47 EGRC und/oder das Transparenzgebot des Art. 56 AEUV und/oder das Doppelverfolgungs- und -bestrafungsverbot des Art. 50 EGRC einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, deren wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwändigen förmlichen Verfahrens klärbar ist, an die sich jedoch weitreichende Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der prozessualen Stellung (z.B. Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

 

4.)

Für den Fall, dass eine dieser ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art. 56 AEUV und/oder Art. 15 bis 17 EGRC und/oder Art. 50 EGRC einer Bestrafung von Personen, die in einer der in § 2 Abs 1 Z 1 und § 2 Abs 2 GSpG genannten Nahebeziehung zu einem Glücksspielautomaten steht, und/oder einer Beschlagnahme bzw. Einziehung dieser Geräte und/oder einer Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

 

Inhaltlich soll dabei vom Gerichtshof der Europäischen Union beurteilt werden, ob das dem österreichischen Glücksspielgesetz zu Grunde liegende Monopol bei der Vergabe von Lizenzen zur Durchführung verschiedener Glücksspielarten (wie zum Beispiel Lotterien, Spielbanken, Pokersalons, Automatenglücksspiel) dem Verhältnismäßigkeits- und Kohärenzgebot des Art 56 AEUV entspricht und ob die darauf aufbauenden Straf- und Sicherheitsbefugnisse der Behörden (Beschlagnahme, Einziehung und Betriebsschließung) durch den Rahmen der Europäischen Grundrechtscharta gedeckt sind. Es soll möglichst rasch Rechtsklarheit und damit auch Rechtssicherheit geschaffen werden. Das verfahren ist beim Gerichtshof der Europäischen Union zu C-390/12 anhängig.

 

Beweis:    Info Curia Abfrage vom 10.11.2012 (Beilage ./1 – als Kopie beigeschlossen)

 

Es wird beantragt, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache C-390/12 über den Vorlageantrag des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich auszusetzen. (Vgl. VwGH 13.12.2011, 2011/22/0316; VwGH 09.11.2011, 2011/22/0284 mwH).

 

Es wird die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich beantragt. Sodann wolle der Berufung Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufgehoben werden."

 

 

2.2. Gegen diesen, der ZweitBwin als Eigentümerin am 28. November 2012 zugestellten, Bescheid richtet sich die rechtzeitig am 7. Dezember 2012 eingebrachte Berufung, mit der die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides angestrebt wird.

 

Zur Begründung wird in der Berufung ausgeführt:

 

"Der Bescheid wird im gesamten Umfange angefochten und als Berufungsgründe

 

1.       die Mangelhaftigkeit des durchgeführten Ermittlungsverfahrens;

2.       die unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie

3.       die unrichtige rechtliche Beurteilung

geltend gemacht.

 

Ad 1.

Zum geltend gemachten Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des durchgeführten Ermittlungsverfahrens:

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren ist mangelhaft geblieben. Es wurden Sachanträge der Berufungswerberin nicht erledigt, sodass die Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzt worden sind.

 

Die Behörde hat alle Beweise, die für die Entscheidung wesentlich sind, aufzunehmen, auch solche, die der Entlastung der Einschreiterin dienen oder geeignet sind, ihre Unschuld unter Beweis zu stellen.

 

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfaltiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht.

 

Somit hat die Behörde auch Beweise aufzunehmen, die der Entlastung der Berufungswerberin dienen.

 

Im gegenständlichen Fall hat es die belangte Behörde unterlassen, tatsächliche Nachforschungen dahingehend anzustellen, ob die beschlagnahmten Geräte tatsächlich dem Glücksspielgesetz unterliegen.

 

Es wurde von der Einschreiterin darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um Internetterminals handelt und diese auch nur an den Aufsteller weitervermietet sind.

 

Es wäre sohin Sache der Behörde gewesen, festzustellen, ob es sich um Glücksspielautomaten bzw. um Internetterminals handelt und hätte dies durch Beiziehung eines Sachverständigen leicht ermittelt werden können.

 

Weiters wurde der belangten Behörde urkundlich nachgewiesen, dass die Einschreiterin die gegenständlichen Automaten lediglich gegen eine fixe Miete an den Aufsteller im L C weitervermietet hat.

 

Grundvoraussetzung dieser Mietvereinbarung war, dass sich der Aufsteller um sämtliche behördlichen Genehmigungen und Konzessionen selbst bemüht. Es trifft sohin die Einschreiterin überhaupt kein Verschulden an einer etwaigen Verfahrens- bzw. Verwaltungsübertretung seitens der aufstellenden Firma.

 

Es hätte sohin müssen eine detaillierte Rücksprache mit der Einschreiterin sowie mit dem Aufsteller seitens der Behörde geführt werden müssen. Diese hätte ergeben, dass sämtliche Auflagen von der Einschreiterin eingehalten worden sind und daher ihr die Geräte jedenfalls rückauszufolgen sind.

 

Beweis:      PV; Sachverständiger aus dem Spielfache; die ergänzende Einvernahme des    Aufstellers A F; weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten.

 

Es wäre auch Sache der Behörde gewesen, Spielproben durchzuführen bzw. hätte es bei einer einfachen Spielprobe ergeben, dass es sich lediglich um Internetterminals handelt und der Münzeinwurf lediglich als Zugang zum World Wide Web bezahlt wird.

 

Da die oben ausgeführten und auch beantragten Beweise von der belangten Behörde nicht getätigt wurden, liegen jedenfalls krasse Verfahrensmängel vor und war von vorneherein eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung des Verfahrens verhindert.

 

Ad 2.

Zum geltend gemachten Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung:

 

Nochmals wird in diesem Zusammenhang daraufhingewiesen, dass kein ordentliches Beweis-/Ermittlungsverfahren durchgeführt worden ist und sohin die Behörde 1. Instanz keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, um der Berufungswerberin die ihr angelasteten Verwaltungsdelikte nachzuweisen bzw. die Beschlagnahme zu bestätigen.

 

Die von der erkennenden Behörde vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht nachvollziehbar und gelangt die Behörde daher zu unrichtigen Feststellungen.

 

Insbesondere konnte die Behörde 1. Instanz nicht dartun, worauf sich ihre Vermutung gründet, dass es sich dabei um Glücksspielautomaten handelt, welche dem Glücksspielgesetz unterliegen und daher angeblich unerlaubte Glücksspiele bzw. Ausspielungen getätigt worden seien.

 

Die Behörde hat am 10.9.2012 gegen 13.03 Uhr die im Eigentum der Berufungswerberin stehenden Internetterminals mit den FA-Nr. 1, 2, 3, 6 und 8 samt Inhalt beschlagnahmt, dies obwohl offenkundig ist, dass es sich bei diesen Internetterminals um keine Geldspielautomaten im Sinne des Veranstaltungsgesetzes oder Glücksspielgesetzes handeln kann.

 

Bei den beschlagnahmten Geräten handelt es sich um Internetterminals, die die Möglichkeit für die Kunden eröffnen, im World Wide Web zu surfen. Unter anderem kann durch diese Internetterminals auf eine Plattform zugegriffen werden, die im Bundesland Steiermark das dort genehmigte kleine Glücksspiel betreibt und nach den Rechtsvorschriften des Landes Steiermark konsensgemäß betrieben wird.

 

Genauso gut kann jedoch mittels des beschlagnahmten Internetterminals aber auch auf jede andere beliebige Internetseite zugegriffen werden und erreicht werden. Insbesondere ist es möglich, die Internetplattform der C A AG (Lotterien), 'win2day', zu erreichen.

Bei dieser Plattform handelt es sich zweifelsfrei um ein in Österreich zulässiges Internetportal des Konzessionsinhabers.

 

Hätten daher die erhebenden Beamten am Kontrolltag, dem 10.9.2012 gegen 13.03 Uhr, die Internetterminals nicht nur oberflächlich betrachtet, sondern diese vom Netz genommen, also den Zugang zum Internet abgeschlossen, wäre auch einem Laien erkennbar gewesen, dass die Internetterminals nicht in der Lage sind, selbstständig und selbsttätig ein Glücksspiel auszuführen, woraus geschlossen werden kann, dass es sich bei diesen Geräten um keine Glücksspielapparate im Sinne des Veranstaltungsgesetzes bzw. Glücksspielgesetzes handelt, da ja andernfalls jeder Computer, von dem aus Plattformen des Konzessionsinhabers erreicht werden können, als Geldspielapparate anzusehen wären.

 

Beweis:      Sachverständiger  aus  dem  Fache  der  Spielapparate;  vorzunehmende       Spielprobe; die ergänzende Einvernahme der Anzeigeleger.

 

Eine Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz liegt vor, wenn ein Unternehmen im Sinne des Glücksspielgesetzes ein Glücksspiel veranstaltet, für welches die Spieler einen vermögenswerten Einsatz leisten müssen und für welches ein Gewinn in Aussicht gestellt wird.

 

Bei den gegenständlichen Geräten wird jedoch der Einwurf nicht als Gewinneinsatz verwertet, sondern ist dieser lediglich Entgelt für die Benützung des Internetzuganges.

 

Es ist sohin die Definition des § 2 Glücksspielgesetz nicht vorliegend, zumal die beschlagnahmten Terminals selbstständig kein Spiel durchführen können und auch keine Geldausschüttung selbstständig erfolgt.

 

Der Betreiber und Aufsteller eines Internetterminals ist daher auch nicht dazu verpflichtet, dementsprechende Abgaben zu leisten bzw. ist er nicht dafür verantwortlich, welche Internetplattformen weltweit von dem jeweiligen Benutzer angesteuert werden und ist es eine notorische Tatsache, dass eine Reihe von Internetterminals konsensgemäß betrieben werden und jeder gesetzestreue Normadressat z. B. über b-win oder dergleichen Internetplattformen ansteuern kann, auf welchen Zugriff zum legalisierten und konzessionierten Glücksspiel möglich ist und mit einer Kreditkarte jederzeit dort gespielt werden kann.

 

Es werden daher formelle und materielle Rechte der Geräteeigentümerin missachtet und kann die Behörde durch die umgehende Vornahme und Durchführung einer Spielprobe erkennen, dass die Internetterminals keine Eigenschaften eines Geldspielapparates aufweisen.

 

Die Einschreiterin, die W R S GmbH, hat niemals Geldspielapparate aufgestellt oder betrieben oder spielbereit gehalten.

 

Die gegenständlichen Internetterminals wurden lediglich an den Mitbeteiligten A F vermietet, zumal nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Einschreiterin die Automaten lediglich vermietet hat und in der Mietvereinbarung festgehalten ist, dass der Aufsteller bzw. Mieter sämtliche verwaltungsrechtlichen Vorschriften und Genehmigungen einzuholen hat, sohin ist der Einschreiterin jedenfalls kein Verschulden an einer etwaigen Verwaltungsübertretung anzulasten.

 

Beweis:      wie bisher.

 

Ad 3.

Zum geltend gemachten Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

 

Vorerst wird zu diesem Berufungsgrund auf die obigen Ausführungen verwiesen. Das Verfahren ist mehrfach mangelhaft geblieben. Es wurden wesentliche Rechte der Berufungswerberin missachtet und fühlt sie sich hauptsächlich durch das mangelhafte bzw. nicht durchgeführte Ermittlungsverfahren beschwert.

 

Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich bei den beschlagnahmten Geräten nicht um Glücksspielapparate, sondern um Internetterminals, mit welchen ein unerlaubtes Glücksspiel keinesfalls durchgeführt werden kann.

 

Die beschlagnahmten Geräte ermöglichen lediglich den Zugang zum World Wide Web durch Hingabe eines Geldbetrages, welcher jedoch nicht für das Glücksspiel selbst gegeben wird, sondern quasi als Entgelt für die Benützung des Internetzuganges fungiert.

 

Es handelt sich sohin eindeutig nicht um Glücksspielapparate im Sinne des § 2 Glücksspielgesetz.

 

Weiters liegt kein Verdachtsfall im Sinne des § 53 Glücksspielgesetz vor, welcher die unverzügliche Beschlagnahme hätte rechtfertigen können.

 

Dem VwGH folgend muss ein Verdacht dementsprechend ausreichend substanziert sein. Im gegenständlichen Fall wurde jedoch keine adäquate Spielprobe durchgeführt; die Geräte wurden nicht vom Netz genommen.

 

Wenn dies geschehen wäre, wäre eindeutig erweislich gewesen, dass danach keinerlei Ausspielungen bzw. Internetzugriffe mehr möglich gewesen wären.

 

Nachdem das Stmk. Veranstaltungsgesetz die Teilnahme am kleinen Glücksspiel der Steiermark mittels Internet nicht verbietet, der Landesgesetzgeber in Oberösterreich eine solche Teilnahme oberösterreichischer Internetnutzer via Internet ebenfalls nicht gesetzlich verbietet, ist die Teilnahme mittels Internetterminal am steirischen Glücksspiel derzeit gesetzlich nicht verboten.

 

Unter Bedachtnahme auf die in den Entscheidung EuGH, RS.C-275/92, Schindler, SLG 1994, I-1039 ff (Randziffer 25 ff, auch die Entscheidungen Zanetti und Läärä) (vgl. dazu Walz, Gambling um Gambelli? - Rechtsfolgen der Entscheidung Gambelli für Sportwettmonopole) sowie auf die Entscheidungen des VwGH vom 29.5.2005, Zl. 2004/05/0239-5 steht fest, dass die Spielmöglichkeiten über das Internet bzw. Internetplattformen so lang zulässig sind, als die Landesgesetzgeber eine gesetzliche Regelung für diese Spielmöglichkeit nicht treffen bzw. treffen."

 

Da sohin kein unerlaubtes Glücksspiel vorliegen würde bzw. von der Berufungswerberin sämtliche Auflagen eingehalten worden seien und die Automaten lediglich vermietet worden seien und darüber hinaus auch der Verdachtsfall nicht ausreichend substanziiert sei, sodass eine Beschlagnahme nach § 53 GSpG Deckung gefunden hätte, stellt die ZweitBwin die Berufungsanträge, dass der UVS für das Land Oberösterreich dieser Berufung Folge geben möge, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens aufheben sowie die beschlagnahmten Geräte laut Beschlagnahmeprotokoll mit den FA-Nrn. 1, 2, 3, 6 und 8 an die Berufungswerberin herausgeben solle.

 

2.3. Mit Schreiben vom 3. Jänner 2013 legte die belangte Behörde ihren Bezug habenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vor und teilte mit, dass von der Möglichkeit eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen, nicht Gebrauch gemacht wurde.  

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie die Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, Aktenvermerk) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

 

Da die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0171; ebenso VwGH 27.4.2012, Zl. 2011/17/0313 sowie 27.4.2012, Zl. 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs 4 VStG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Verfahrensangelegenheit "Beschlagnahme" nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen; der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur der in Rede stehenden Spieltypen und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG war unzweifelhaft möglich, weshalb auch eine nachträgliche Beweisaufnahme durch eine Stellungnahme des Österreichischen Buchmacherverbandes entbehrlich war.

 

Der Einwand in der Berufung der ZweitBwin, das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft und es seien Nachforschungen anzustellen gewesen, ob die beschlagnahmten Geräte tatsächlich des Glücksspielgesetz unterliegen würden, geht ins Leere. Vielmehr gehen alle diese Angaben aus den Erhebungen der Finanzpolizei hinreichend deutlich hervor und werden auch unter Punkt 3.2. dieser Entscheidung wiedergegeben. Es wurden keine Umstände ausgeführt, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung aufkommen lassen würden.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht unter Hinweis auf die erstbehördliche Darstellung vom folgenden, im Wesentlichen unbestrittenen S a c h v e r h a l t  aus:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 10. September 2012 im Lokal "L C" in R, J, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte mit den Bezeichnungen "ACT Austria Casino Games Technology" (FA-Nr. 1), "ACT Austria Casino Games Technology" (FA-Nr. 2), "APEX" (FA-Nr. 3), "ACT Multiplayer" (FA-Nr. 5), "Book of Ra" (FA-Nr. 6) und "Internet Video Terminal" (FA-Nr. 8) betriebsbereit aufgestellt und funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt.

 

Mit den oa. Geräten (im Spruch als Nrn. 1 bis 6 aufgelistet) wurden zumindest seit 28. November 2011 (Aussage E L) bis zur Beschlagnahme am 10. September 2012 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für bestimmte Einsatzbeträge in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl. dazu die Ausführungen der Organe des Finanzamtes im Aktenvermerk sowie in den GSp26-Formularen über die durchgeführten Testspiele, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht.

 

Auch der Umstand, dass beim Gerät FA-Nr. 8 zur Zeit der durchgeführten Kontrolle das Banknotenlesegerät defekt war und deshalb Testspiele nicht möglich waren, schadet nicht, da unter Bezugnahme auf die Art der Spiele, die von Organen der Abgabenbehörde im GSpG26-Formular dargestellt werden, sowie auf die bisher erworbene Erfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass ebenfalls wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt wurden, bei denen für bestimmte Einsatzbeträge in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind. Es ist auch keinesfalls anzunehmen, dass das Banknotenlesegerät bereits seit dem Aufstellen des Gerätes FA-Nr. 8 defekt war.

 

Der konkrete Spielablauf der auf den oa. Geräten verfügbaren Spiele stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf den Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 10. September 2012 wie folgt dar:

 

Die virtuellen Walzenspiele konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"‑Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Die Spieler hatten keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Dem Spieler war es nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Spiel ausgelöst wurde, und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen. Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit vom Zufall ab.

 

Der ErstBw ist nach eigenen Angaben Inhaber der oa. Geräte (vgl. Schreiben des Rechtsvertreters vom 2. Oktober 2012).

 

Die ZweitBwin ist nach eigenen Angaben Eigentümerin der oa. Geräte (vgl Schreiben des Rechtsvertreters ans Finanzamt vom 4. Oktober 2012 bzw Aktenvermerk über telefonische Rückfrage).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates ist darauf hinzuweisen, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz für die Durchführung von Strafverfahren in zweiter Instanz zuständig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (VwGH 3.7.2009, Zl. 2005/17/0178; VwGH 3.7.2009, Zl. 2009/17/0065) davon aus, dass die "Vorschriften des § 53 [Glücksspielgesetz] als (von § 39 VStG abweichende) Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen" sind. Eine solche Beschlagnahme sei daher "nicht ... als eine Beschlagnahme, die nicht im Rahmen eines Strafverfahrens ergeht, zu qualifizieren". Da der bezogene Regelungsgehalt des § 53 Glücksspielgesetz auch in der gegenständlich maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen unverändert geblieben ist, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates § 53 Glücksspielgesetz (nach wie vor) dem Verwaltungsstrafverfahren zuzurechnen. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, da dieser gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz (sowie auch unmittelbar nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG; vgl. diesbezüglich die zitierten Entscheidungen des VwGH sowie auch jüngst VwGH 20.7.2011, Zl. 2011/17/0097; VwGH 27.4.2012, Zl. 2012/17/0057) für Strafverfahren (nicht aber für Administrativverfahren – mit Ausnahme von Betriebsschließungen) zuständig ist.

 

Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

4.2. Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich aus § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 69/2012, dass für die Durchführung von Strafverfahren – hierzu zählen wie bereits unter Punkt 4.1. dargelegt auch Beschlagnahmen iSd § 53 GSpG – in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion diese, zuständig sind. Im vorliegenden Fall wurde die Kontrolle und Beschlagnahme im örtlichen Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis von Beamten des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vorgenommen. Der angefochtene Bescheid wurde daher von der nach § 50 Abs 1 GSpG sachlich und örtlich zuständigen Behörde erlassen.

 

4.3. Der bekämpfte Bescheid wurde dem ErstBw gegenüber durch Zustellung am 28. November 2012 erlassen. Der ErstBw ist Betreiber des L C und waren die Geräte FA-Nrn. 1 bis 3, 5, 6 und 8 deshalb zum Zeitpunkt der Beschlagnahme in der Macht bzw Gewahrsame des ErstBw. Damit ist er als "Inhaber" der Geräte iSd § 53 Abs 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren (vgl etwa VwGH 26.1.2004, Zl. 2003/17/0268 zur insoweit gleichgelagerten alten Rechtslage). Aus § 53 Abs 3 GSpG ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0084 mwN), dass auch dem Inhaber der beschlagnahmten Geräte Parteistellung zukommt, weshalb die Berufung gegen die Beschlagnahme der oa.Geräte zulässig ist.

 

Der bekämpfte Bescheid wurde der ZweitBwin gegenüber durch Zustellung am 28. November 2012 erlassen. Der ZweitBwin kommt als Sacheigentümerin der beschlagnahmten Geräte Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1502, E 3a und 3b zu § 39 VStG), weshalb die vorliegende Berufung der Zweit-Bwin hinsichtlich der Geräte Nr. 1 bis 3, 5 und 8 zulässig ist.

 

 

4.4. Mit der Novelle BGBl I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

4.4.1. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar, sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs 3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 6 GSpG begeht ebenso eine Verwaltungsübertretung, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Gemäß § 2 Abs 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele (vgl § 1 Abs 1 GSpG: Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1.      die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich    macht und

2.      bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusam-   menhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.      bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermö- genswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Der Unternehmerbegriff wird im 2. Satz noch wie folgt erweitert:

 

"Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiel unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von Ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind."

 

Gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 GSpG liegt eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs 4 GSpG sind solche Ausspielungen verboten, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

4.4.2. Nach § 4 Abs 2 GSpG unterliegen Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG (unter Einhaltung ordnungspolitischer Mindestanforderungen an Bewilligungswerber sowie besonderer Begleitmaßnahmen) nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes. Dies trifft – soweit im vorliegenden Fall von Interesse – insbesondere dann zu, wenn im Zuge einer Ausspielung in einem Automatensalon (mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten) als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 10 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 10.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, bzw im Zuge einer Ausspielung im Wege einer Einzelaufstellung als ordnungspolitische Mindestvoraussetzung eine Spielsuchtvorbeugung derart, dass die vermögenswerte Leistung des Spielers höchstens 1 Euro pro Spiel beträgt und der Gewinn 1.000 Euro pro Spiel nicht überschreitet, eingehalten wird (§ 5 Abs 1 Z 1 iVm § 5 Abs 5 lit a Z 1 und 2 bzw § 5 Abs 5 lit b Z 1 und 2 GSpG).

 

Insgesamt folgt daraus für den vorliegenden Fall, dass Landesausspielungen mittels Glücksspielautomaten in Automatensalons bzw im Wege der Einzelaufstellung dann schon von vornherein nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, wenn der Höchsteinsatz von 10 Euro bzw 1 Euro pro Spiel bzw der Höchstgewinn von 10.000 Euro bzw 1.000 Euro pro Spiel nicht überschritten wird.

 

4.4.3. Gemäß § 12a Abs 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

 

Elektronische Lotterien bzw über Internet betriebene Terminals (Video Lotterie Terminals - VLT) werden im § 12a GSpG näher geregelt. Sie unterliegen dem Glücksspielmonopol und der Konzessionspflicht nach § 14 GSpG und sind nicht von der Ausnahme nach § 4 Abs 2 GSpG für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten erfasst. Für Ausspielungen mit solchen zentralseitig vernetzten Video Lotterie Terminals an ortsfesten öffentlich zugänglichen Betriebsstätten ist überdies nach § 12a Abs 2 GSpG eine Standortbewilligung des Bundesministers für Finanzen (BMF) erforderlich.

 

4.4.4. Das GSpG geht ersichtlich davon aus, dass der Betrieb eines Automatensalons ebenso wie eine Landesausspielung in Form der Einzelaufstellung einer Konzession bzw Bewilligung bedarf (vgl zBsp § 5 Abs 1 und 8 sowie die §§ 31a und 31b GSpG); es normiert das Verfahren zur Konzessions- bzw Bewilligungserteilung jedoch nicht unmittelbar selbst, sondern überlässt dessen Regelung den Landesgesetzgebern.

 

Soweit es das Land Oberösterreich betrifft, besteht eine an § 5 GSpG anknüpfende Regelung der Landesausspielungen erst durch das am 4. Mai 2011 kundgemachte Oö. Glücksspielautomatengesetz (LGBl Nr. 35/2011), welches in den §§ 3 ff für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten eine Bewilligung durch die Landesregierung vorsieht.

 

4.5. Die gegenständliche Beschlagnahme erfolgte aufgrund des Verdachts, dass gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG fortgesetzt verstoßen wird. Dieser Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates) ausreichend substantiiert sein (vgl VwGH 26.1.2009, Zl. 2005/17/0223 und Zl. 2008/17/0009; VwGH 10.5.2010, Zl. 2009/17/0202; jüngst auch VwGH 20.7.2011, Zl. 2011/17/0097).

 

Hinsichtlich des Charakters der an den beschlagnahmten Geräten verfügbaren virtuellen Walzenspielen ergibt sich aufgrund des unter Punkt 3.2. skizzierten Spielablaufes der begründete Verdacht, dass das Spielergebnis zumindest vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

4.6. Weiters handelt es sich bei diesen auf den beschlagnahmten Geräten verfügbaren Glücksspiele offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Aufgrund der oa. Geräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 1 iVm Abs 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gemäß § 2 Abs 4 leg.cit. vor.

 

Auch die genaue rechtliche Qualifikation der Stellung der Berufungswerber in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist noch nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, Zl. 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG nicht ausschlaggebend, ob die Berufungswerber selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele sind bzw ob diese Spiele auf ihre Rechnung betrieben wurden. Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz. Unerheblich ist es, ob die Berufungswerber selbst eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten haben.

 

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass es nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates – im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0155) – entgegen den Behauptungen in der Berufung auch für die – im gegenständlichen Fall naheliegende – Qualifikation als elektronische Lotterie iSd § 12a GSpG nicht darauf ankommt, ob der Spieler sich im konkreten Fall einer Servicefirma bedient oder nicht. Unabhängig davon findet nämlich die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler selbst iSd § 12a GSpG statt. Denn als Spielteilnahme wäre unter Zwischenschaltung einer Servicefirma bereits die "Beauftragung" dieser – wobei die Steuerung des Spieles nichts desto trotz allein durch den Spieler selbst erfolgt – zu qualifizieren. Die Servicefirma stellt demnach, wie die Berufung im Wesentlichen selbst festhält, lediglich einen "verlängerten Arm" des Spielers (ohne eigenständige Steuerungsgewalt) dar. Die Spielteilnahme iSd § 12a GSpG erfolgt daher unabhängig davon jedenfalls "unmittelbar" durch den Spieler.

 

Mit dem Einwand des ErstBw, wonach es sich bei den verfahrensgegenständlichen Terminals weder um Glücksspielautomaten noch um elektronische Lotterien handle, verkennt dieser die in § 12a GSpG festgelegte Definition von elektronischen Lotterien. Auch die ZweitBwin verkennt die Rechtslage, wenn sie in ihrer Berufung ausführt, dass durch diese Internetterminals auf eine Plattform zugegriffen werden könne, die im Bundesland Steiermark das dort genehmigte kleine Glücksspiel betreibe und nach den Rechtsvorschriften des Landes Steiermark konsensgemäß betrieben werde. Nichts anderes ist § 12a GSpG zu entnehmen, der unter elektronischen Lotterien Ausspielungen versteht, "bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird." Wenn in der Berufung ausgeführt wird, dass es dem Kunden über die vorhandene Internetverbindung möglich ist, auf eine Plattform zuzugreifen, die ein Glücksspiel betreibt, so beschreibt sie damit die zentralseitige Herbeiführung der Entscheidung über das Spielergebnis, welche über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird. Eine Vernetzung von verschiedenen Glücksspielapparaten ist nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls keine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer elektronischen Lotterie iSd §12a GSpG (VwGH 19.7.2011, Zl. 2011/02/0127; VwGH 10.5.2010, Zl. 2009/17/0202 mwN).

 

Aus diesen Gründen geht der Einwand der ZweitBwin, dass das Stmk. Veranstaltungsgesetz die Teilnahme am kleinen Glücksspiel der Steiermark mittels Internet nicht verbietet, der Landesgesetzgeber in Oberösterreich eine solche Teilnahme via Internet ebenfalls gesetzlich nicht verbiete und demnach die Teilnahme mittels Internetterminal am steirischen Glücksspiel derzeit gesetzlich nicht verboten sei, ins Leere. Auch der Einwand der ZweitBwin, dass der Einsatz lediglich ein Entgelt für die Benützung des Internetzuganges darstellen würde, greift aus den oben angeführten Gründen nicht. Im Übrigen bewegen sich die im angefochtenen Bescheid näher dargestellten Einsatz- und Gewinnmöglichkeiten jenseits der Grenzen (0,50 Euro Maximaleinsatz und 20 Euro Maximalgewinn) des früher in manchen Bundesländern zugelassenen "kleinen Glücksspiels", weshalb an eine Ausnahme nach der Übergangsbestimmung des § 60 Abs 25 GSpG nicht zu denken ist.

 

Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG der entsprechend substantiierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 leg.cit. – konkret von deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerischem Zugänglichmachen oder der Beteiligung als Unternehmer (§ 52 Abs 1 Z 1 leg.cit.) oder von der Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit den oa. Geräten von etwa 28. November 2011 bis zur Beschlagnahme verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im oa. Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachten Spieleinsätzen der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen durchgeführt wurden bzw jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich – entgegen den Ausführungen der ZweitBwin – unstreitig aus den Ausführungen im Aktenvermerk des Finanzamtes. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig – dh "fortgesetzt" – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird (vgl eingehend VwGH 20.12.1999, Zl. 97/17/0233).

 

4.7. Die in der Berufung des ErstBw umfassend vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz können im Lichte der für den Oö. Verwaltungssenat maßgeblichen höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht als ausreichend angesehen werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insb Urteil v 8.09.2010, Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art 43 und 49 EGV (nunmehr Art 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, damit befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschafts-recht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.

 

Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache Engelmann (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessionsvergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffentlich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.

 

Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011, Rs C-347/09) lässt sich die in der Berufung behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.

 

Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz ist Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl die Erl der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspielgesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).

 

Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs 2 und nach § 21 Abs 2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass "das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht" (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs 1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein "verantwortungsvoller Maßstab" zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats hat die Berufung des ErstBw keine hinreichende Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Von der schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen kann im Lichte der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs keine Rede sein.

 

 

5. Im Ergebnis lag und liegt auch noch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung (vgl VwGH 26.01.2009, Zl. 2005/17/0223) ein hinreichend begründeter Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol im gegenständlichen Fall vor. Die Beschlagnahme der im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Glücksspielgeräte war daher rechtmäßig und die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

 

6. Abschließend sei für das weitere Verfahren noch Folgendes angemerkt:

 

Wenn auch die Beurteilung des Vorliegens eines begründeten Verdachts iSd § 53 Abs 1 GSpG noch keine abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts als Verwaltungsübertretung iSd GSpG erfordert, wird dies insbesondere auch im Hinblick auf eine endgültige und gesicherte Abgrenzung zum Gerichtsdelikt nach § 168 StGB - der im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Doppelbestrafungsverbotes und der vom Verwaltungsgerichtshof postulierten Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber dem Gerichtsdelikt (vgl VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181) besondere Bedeutung zukommt - im Rahmen eines allfällig folgenden Strafverfahrens sehr wohl Gegenstand sein.

 

Da es im vorliegenden Fall schon im Beschlagnahmeverfahren nicht ausgeschlossen erscheint, dass das dem Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG zugrundeliegende Verhalten den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet und infolge der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände nach § 52 GSpG nicht von den Verwaltungsbehörden zu ahnden wäre, wird die belangte Behörde eingehend zu prüfen haben, ob (auch) ein Verdacht auf eine gemäß § 30 Abs 2 VStG relevante gerichtlich strafbare Handlung vorliegt; gegebenenfalls wird – unter Zugrundelegung der diesbezüglich eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134) – gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und sodann das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens gemäß § 30 Abs 2 VStG auszusetzen sein.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  W e i ß

 

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