Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-167245/8/Sch/AK

Linz, 29.01.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch RA Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 20. September 2012, Zl. VerkR96-12384-2012, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt werden.
Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.               Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 15 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat mit Straferkenntnis vom 20. September 2012, VerkR96-12384-2012, über Herrn X wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit. a Z10a StVO 1960 unter Anwendung der Strafbestimmung des § 99 Abs. 2e StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 225 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden, verhängt, weil er am 8. Juli 2012 um 11.28 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X auf der A9 bei Autobahnkilometer 10,775 in Fahrtrichtung X im Gemeindegebiet von Wartberg X die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 22,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3. Die relevante Aktenkronologie stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:

Der PKW X wurde von einem stationären Radargerät an der eingangs erwähnten Örtlichkeit mit einer – unter Berücksichtigung der Messtoleranz –Fahrgeschwindigkeit von 151 km/h gemessen.

Behördlicherseits wurde hierauf die Zulassungsbesitzerin, die X GmbH, zur Lenkerbekanntgabe gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, worauf mitgeteilt wurde, dass der Berufungswerber der Lenker gewesen sei. In der Folge ist gegen diesen eine Strafverfügung erlassen worden, die rechtzeitig beeinsprucht wurde. Vorweg ist festzuhalten, dass im Einspruch mit keinem Wort die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers bestritten wird.

Hierauf hat die Erstbehörde eine Aufforderung zur Rechtfertigung abgefertigt, die vom Berufungswerber in der Weise beantwortet wurde, dass die von der Zulassungsbesitzerin erteilte Lenkerauskunft falsch gewesen sei. Richtigerweise sei das Fahrzeug von ihm an einen Dritten überlassen worden. Es handle sich hierbei um Herrn X, geb. X, X, X (X).

Die Erstbehörde ist auf diesen Einwand nicht weiter eingegangen, sondern hat sogleich das nunmehr verfahrensgegenständliche Straferkenntnis erlassen.

Der mit 26. September 2012 datierten Berufung beigelegt ist der Ausdruck eines E-Mails, ebenfalls vom 26. September 2012, von "X", worin es heißt, dass er sich bei der Lenkerauskunft geirrt habe. Er habe diese ohne Rücksprache mit dem Berufungswerber erteilt, der habe ihm allerdings glaubhaft versichert, dass er mit dem PKW nicht gefahren sei bzw. diesen an einen Dritten verliehen habe. Dieses E-Mail ist vom Verfasser zudem auch direkt an die Erstbehörde, übermittelt worden.

 

4. Im Rahmen des Berufungsverfahrens ist seitens des Oö. Verwaltungssenates versucht worden, mit dem angeblichen Lenker in Rumänien schriftlich in Kontakt zu treten. Diesem wurde der relevante Sachverhalt kurz geschildert und um Stellungnahme ersucht, ob er tatsächlich der Lenker gewesen sei. Das Schreiben konnte auch zugestellt werden, zumal ein entsprechender Zustellnachweis vorliegt, wobei allerdings nicht klar ist, ob der auf dem Zustellnachweis vermerkte Empfänger auch tatsächlich die Person war, für die das Schreiben bestimmt war. Jedenfalls ist es nicht beantwortet worden.

Mit dieser Tatsache ist der Berufungswerber konfrontiert worden, wobei auch die Einladung erfolgte, den nach der allgemeinen Lebenserfahrung ungewöhnlichen Vorgang, dass ein Fahrzeug einer Person ohne Wohnsitz im Inland ohne besondere Gründe hierfür überlassen wird, näher zu begründen. Der Berufungswerber hat hierauf mitgeteilt, dass es sich bei dem benannten angeblichen Lenker um den Vater eines Arbeitskollegen des Berufungswerbers handle.

 

5. In rechtlicher Hinsicht ist diese Sachverhaltskonstelation wie folgt zu bewerten:

Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten Gelegenheit gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen (VwGH 25.06.1999, 99/02/0076).

Dem Berufungswerber ist erstmals in der eingangs erwähnten Strafverfügung das gegenständliche Geschwindigkeitsdelikt zur Last gelegt worden. Darauf hat er rechtzeitig Einspruch erhoben, ist allerdings mit keinem Wort auf die Frage der Lenkereigenschaft eingegangen. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass ein Einspruch keine Begründung enthalten muss. Andererseits wäre ein solcher gravierender Einwand, nämlich gar nicht das Fahrzeug gelenkt zu haben, auch schon in dem Einspruch gegen die Strafverfügung zu erwarten gewesen, handelt es sich hierbei doch um das grundlegende Bestreiten der Tat.

Erst nach der erwähnten Aufforderung zur Rechtfertigung ist erstmals der Einwand erhoben worden, dass die oben angeführte Person der Fahrzeuglenker gewesen sei, auch hier allerdings ohne weitergehende Begründung, warum denn einer Person ohne Wohnsitz im Inland ein Fahrzeug überlassen worden sein soll, dass zu dem nicht dem Berufungswerber selbst, sondern seinem Arbeitgeber gehört. Unbeschadet dessen hat die Berufungsbehörde versucht, mit diesem angeblichen Lenker in Kontakt zu treten, welcher Versuch allerdings nicht erfolgreich war. Es bedurfte dann noch einer weiteren Aufforderung an den Berufungswerber, im Hinblick auf den behaupteten Lenker etwas konkreter zu werden. Er hat dann vorgebracht, dass es sich um den Vater einer beim Arbeitgeber des Berufungswerbers beschäftigten Person handle. Deshalb sei ihm das Fahrzeug überlassen worden.

Angesichts dessen fällt auf, dass der Berufungswerber eigeninitiativ kaum etwas beigetragen hat, um sein Vorbringen im Hinblick auf einen anderen Lenker zu untermauern. Wenn man als jene Person, der ein Firmenfahrzeug überlassen wurde, dieses einfach so weitergibt, noch dazu an eine Person ohne Wohnsitz im Inland, dann muss man damit rechnen, dass hier seitens der Behörde entsprechende Beweismittel verlangt werden, um diesen Einwand halbwegs glaubwürdig erscheinen zu lassen. Dem gegenüber hat es der Berufungswerber der Berufungsbehörde überlassen, die entsprechenden Schritte zu setzen und eine Erklärung für das Überlassen auch erst abgegeben, als er mit dem Umstand konfrontiert wurde, dass die Kontaktaufnahme  mit dem angeblichen Lenker durch die Berufungsbehörde nicht gelungen ist. Er hat es dabei belassen, auf das Verwandtschaftsverhältnis des angeblichen Lenkers zu einem Arbeitnehmer der Zulassungsbesitzerin zu verweisen, ein überzeugenderes Argument, etwa eine selbst eingeholte Stellungnahme, allenfalls über den Sohn des angeblichen Lenkers, zu liefern, hat er unterlassen.

Was das erwähnte E-Mail vom 26. September 2012 betrifft, so fällt daran auf, dass hier zwar ein im "X" Beschäftigter der Zulassungsbesitzerin einen Irrtum einräumte, allerdings auch nicht bei ersten sich bietende Gelegenheit vom Berufungswerber diese Stellungnahme vorgelegt wurde, sondern erst, als das Berufungsverfahren im Gange war.

Inhaltlich ist aus diesem Mail ohnehin nichts zu gewinnen, da damit ja nicht die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers tatsächlich in Zweifel gezogen werden kann, sondern vielmehr der E-Mail-Verfasser bloß bestätigt, dass der Berufungswerber ihm gegenüber angegeben habe, das Fahrzeug weitergegeben zu haben.  Dies hat er aber ohnehin im Verfahren schon gemacht und wird dieses Vorbringen nicht dadurch glaubwürdiger, dass man es auch anderen Personen gegenüber einwendet.

 

Bei der Feststellung wer ein KFZ gelenkt hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung (VwGH 29.03.1989, 88/03/0116, 0117).

In der Zusammenschau der relevanten Umstände, nämlich dass es sich beim verwendeten KFZ um einen Firmen-PKW handelt, der dem Berufungswerber überlassen worden war, er die Lenkereigenschaft nicht bei der ersten sich anbietenden Gelegenheit in Abrede gestellt hat, eigeninitiativ zur Belegung seines Vorbringens kaum etwas beigetragen hat, die Kontaktaufnahme mit dem angeblichen Lenker durch die Berufungsbehörde nicht gelungen ist und seine späte "Erklärung", er habe das Fahrzeug deshalb dem angeblichen Lenker überlassen, da dieser der Vater eines beschäftigten der Zulassungsbesitzerin sei,  ist diese Verantwortung nicht überzeugend und bleibt für die Berufungsbehörde letztendlich nur die Annahme, dass es sich da um Schutzbehauptungen handelte und unbeschadet dessen die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers als gegeben anzunehmen ist.

 

Nach § 45 Abs. 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit absoluter Sicherheit erweislich ist. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.04.1995, 94/07/0033).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt also zur Frage der Beweiswürdigung keinesfalls die These, dass ein Sachverhalt mit absoluter Sicherheit feststehen muss, vielmehr stellt er auf das Kriterium der überragenden Wahrscheinlichkeit ab bzw. muss eine andere Sachverhaltsvariante zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen. Im vorliegenden Fall, siehe der obigen Ausführungen, spricht die überragende Wahrscheinlichkeit für die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers, weshalb sein Vorbringen der Berufung zu keinem Erfolg verhelfen konnte.

 

6. Zur Strafbemessung:

Vom Berufungswerber wurde auf einer Autobahn, also auf einer Freilandstraße die dort durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten. Es liegt sohin ein Anwendungsfall des § 99 Abs. 2e StVO 1960 vor, der im Falle der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortgebietes um mehr als 50 km/h einen Strafrahmen von 150 Euro bis 2180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Arreststrafen von 48 Stunden bis zu 6 Wochen, vorsieht.

Der Berufungswerber hat die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 51 km/h überschritten, liegt also im untersten Anwendungsbereich der erwähnten Strafbestimmung. Für die Berufungsbehörde ist es daher geboten, es gegenständlich bei der gesetzlichen Mindeststrafe von 150 Euro zu belassen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass dem Berufungswerber der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute kommt, der die Zukunftsprognose rechtfertigt, dass auch mit der Mindeststrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um ihn zukünftig wiederum zur Beachtung von Geschwindigkeitsbeschränkungen zu bewegen.

Abgesehen vom Milderungsgrund der Unbescholtenheit kamen dem Berufungswerber keine weiteren Milderungsgründe zugute, sodass ein Anwendungsfall des § 20 VStG nicht vorlag.

Bei der Verhängung von gesetzlichen Mindeststrafen kommt es auf die persönlichen Verhältnisse eines Beschuldigten nicht an, sodass hierauf auch nicht weiter einzugehen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum