Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167601/6/Br/Ai

Linz, 05.03.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn MMag. X, geb. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck, vom 15.01.2013, VerkR96-13023-2012-Kub, nach der am 05. März 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das Straferkenntnis wird im Schuld- u. Strafausspruch mit der Maßgabe bestätigt, als dessen Spruch in Abänderung zu lauten hat: „Sie haben am 15.4.2012 um 17:15 Uhr, in X, X Nr. X, bei Strkm 30.210 als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen X, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um 22 km/h überschritten.“

 

 

II.     Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 14 Euro auferlegt  .

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber  wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 70 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt und wider ihn folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 22 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Tatort:    Gemeinde X, Landesstraße Ortsgebiet, X,

X Nr. X bei km 30.210 in Fahrtrichtung X

Tatzeit:   15.04.2012 gegen 17:15 Uhr. Sie haben dadurch folgende Fahrzeug: Pkw mit dem Kennzeichen X."

 

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Gemäß § 20 Abs.2 StVO.1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt (§ 43 Abs.1) oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt (§ 43 Abs.4), im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO.1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1,1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung wurde von der Landesverkehrsabteilung zur Anzeige gebracht. Die Geschwindigkeit wurde mittels Radarbox MUVR 6FM 500 (mobil) festgestellt.

Aufgrund dieser Anzeige wurde die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10.09.2012 gegen Sie erlassen.

Datiert mit 16.09.2012 haben Sie bei der hs. Behörde Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben und diesen wie folgt begründet:

In Bezug auf den Vorwurf Ihrer Behörde gegen meine Person § 20 Abs. 2 der StVO am 15.04.2012 verletzt zu haben, lege ich hiermit im Sinne von § 30 VStG Einspruch ein. Höflich möchte ich Sie an den, in unserem Grundgesetz (Art.2) und in unserer Bundesverfassung (Art.7 Abs.1) festgelegten, Gleichheitsgrundsatz erinnern und auch die in Österreich praktizierte Gewaltentrennung ins Gedächtnis rufen. So kann es meinem Rechtsverständnis nach nicht sein, dass Ihre Behörde als exekutives Organ beinahe fünf Monate für die Bearbeitung dieser Strafverfügung benötigt, meiner Person aber gerade einmal eine zweiwöchige Frist gewährt. Ich ersuche Sie höflich aber sehr bestimmt den verfassungsrechtlichen Prinzipien in Österreich Folge zu leisten und in Zukunft verhältnismäßige Fristen zu setzen, also entweder auch Ihrerseits die 2 Wochen einzuhalten oder aber meiner Person eine längere Frist zu gewähren. Frau X, ich bitte Sie des weiteren auch § 8 StPO in Betracht zu ziehen. Von mir zu verlange, Beweismittel vorzubringen widerspricht dem Grundsatz der Unschuldsvermutung diametral.

 

Daraufhin wurde Ihnen gleichzeitig mit Lenkauskunft vom 02.10.2012 ein Radarfoto aus Beweismittel vorgelegt. Mit Eingabe vom 21.10.2012 haben Sie sich als Lenker identifiziert und mitgeteilt, dass es, wenngleich rechtlich approbat, eine Zumutung ist, über 6 Monate nach dem Tatzeitpunkt eine derartige Information zu verlangen.

 

Mit Schreiben des Meldungslegers (eingelangt am 12.12.2012) wurde der gültige Eichschein des Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes MU V6 F, welches beiliegend zur Kenntnisnahme übermittelt wird, vorgelegt.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG. kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.

Gemäß § 102 Abs. 2 KFG hat der Zulassungsbesitzer die Auskunft unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Dabei handelt es sich um gesetzlich vorgeschriebene Fristen, deren Erstreckung rechtlich unzulässig sind.“

 

 

 

2.  In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung für der Berufungswerber im Ergebnis aus, sich im Handeln der Behörde unter Hinweis auf § 19 Abs. 2 AVG und § 41 Abs.2 VStG sowie bei der Zustellung der Straferkenntnis iSd § 83 Abs.3 STPO verletzt zu sehen.

Auf Grund dieser Verfahrensfehler bzw. dieses Verfahrensfehlers ersuche er um Aufhebung der Straferkenntnis bzw. Einstellung des Verfahrens.

 

 

2.1. Damit zeigt der Berufungswerber jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, dessen Schuldspruch von seiner Lenkereigenschaft ausgeht, hinsichtlich der mit der Strafverfügung bereits rechtzeitig eine Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur  Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des inhaltlich unklaren Berufungsvorbringens in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK intendierten Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

Den Berufungswerber erschien trotz persönlicher Ladung zur Berufungsverhandlung nicht. Die belangte Behörde war laut Schreiben vom 15.2.2013 aus terminlichen Gründen an der Teilnahme verhindert.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einbeziehung des Inhaltes des Verwaltungs­strafaktes in die Beweisaufnahme im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Der Eichschein betreffend das eingesetzte Lasermessgerät Type MU VR 6F Eichschein Nr. 500 sowie das von dieser Messung aufgenommene Frontfoto befindet sich ebenfalls im Verfahrensakt.

 

 

4.1. Die von der Behörde erster Instanz getroffenen Feststellungen erwiesen sich auch  im Rahmen des Berufungsverfahrens als stichhaltig.

Der Berufungswerber vermeint in der etwa erst sechs Monate nach der an seinem Fahrzeug erfolgten Radarmessung erfolgten Verfahrenseinleitung eine Zumutung erblicken zu können. Auch im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 10.9.2012 wird das verhältnismäßig lange Untätigsein der Behörde unter Hinweis auf Art. 7 Abs.1 B-VG gerügt. Dem Berufungswerber ist darin insofern beizupflichten, als hier offenkundig die bereits am 20.4.2012 an die Behörde erster Instanz geleitete Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. bis zur Erlassung der Strafverfügung gegen den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer unbearbeitet blieb.

Dennoch vermag dies dem Berufungswerber mit Blick auf die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG nicht zum Erfolg zu verhelfen. In diesem Zusammenhang erweist sich insbesondere der Hinweis auf § 83 Abs.3 StPO als nicht nachvollziehbar, da diese Verfahrensnormen für das Verwaltungsstrafverfahren keine Geltung haben.

Der Berufungswerber tritt letztlich mit seinem offenbar ausschließlich auf Formaleinwände reduziertem Vorbringen der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung in keiner Weise inhaltlich entgegen.

Da er letztlich auch an der Berufungsverhandlung nicht teilnahm, war der schlüssige Inhalt der Aktenlage auch der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen.

 

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Im Ortsgebiet hätte der Berufungswerber  an der angeführten Stelle daher nicht schneller als 50 km/h fahren dürfen (§ 20 Abs.2 StVO erster Fall).

Nach § 99 Abs.3a StVO 1960 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer u.a. als Fahrzeuglenker gegen diese Vorschrift der StVO verstößt.

Die Spruchänderung diente der sprachlich logischeren Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfes im Sinne § 44a Z1 VStG. Der Hinweis auf die Verkehrsfehlerberücksichtigung ist kein Tatbestands-, sondern ein Beweiselement.

 

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen an sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögen- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Insbesondere im Falle von Geschwindigkeitsüberschreitungen in Ortsgebieten geht in aller Regel eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einher. Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden. Die nachteiligen Folgen einer wie hier vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung sind empirisch darin zu erblicken, dass sich der Anhalteweg gegenüber der erlaubten Fahrgeschwindigkeit mit 28,13 m, sich bei der hier gefahrenen Geschwindigkeit auf  48,65 m verlängert. Dieser Schlussfolgerung wird eine als realistisch anzunehmende Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 und eine Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde gelegt. Die Stelle, an der das Fahrzeug aus 50 km/h zum Stillstand gelangt, wird bei der bereits um den Verkehrsfehler von 5 km/h reduzierten Geschwindigkeit noch mit mehr als 63 km/h durchfahren (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.5).

 

Der erstinstanzliche Strafzumessung mit 70 Euro kann daher mit Blick auf die oben genannten Überlegungen nicht entgegengetreten werden. Vor diesem Hintergrund ist die ausgesprochene als sehr milde bemessen zu erachten bzw. könnte in diesem Strafausspruch, selbst bei bescheidensten Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers in Verbindung mit dem Milderungsgrund dessen bisherigen Unbescholtenheit, ein Ermessensfehler der Behörde erster Instanz jedenfalls nicht erblickt werden.

 

Zumindest dieses Strafausmaß scheint insbesondere auch aus generalpräventiven Überlegungen als Signal für mehr Verkehrsdisziplin  – selbst wenn hier die Geschwindigkeitsüberschreitung an einem Sonntag bei eher nur geringem Verkehrsaufkommen begangen wurde - geboten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwätlin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

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