Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167635/2/MZ/WU

Linz, 04.03.2013

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung der X, geboren am X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 7. Jänner 2013, GZ: VerkR96-25056-2012, betreffend die festgesetzte Strafhöhe infolge einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das Strafausmaß auf 300 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf sechs Tage und der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf 30 Euro herabgesetzt wird.

 

II.              Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 19 Abs 1 und 2, 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

zu II.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 7. Jänner 2013, GZ: VerkR96-25056-2012, wurde der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) angelastet, am 16. September 2012 um 03:38 Uhr in der Gemeinde X auf der A1 bei StrKm X in Fahrtrichtung Wien das KFZ mit dem Kennzeichen X gelenkt und im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 72 km/h überschritten zu haben.

 

Der Bw habe dadurch § 52 lit a Z 10a StVO verletzt, weshalb gemäß § 99 Abs 2e leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 400,00 EUR, ersatzweise sieben Tage Freiheitsstrafe, verhängt wurden.

 

Bezüglich der Strafbemessung führt die belangte Behörde aus, dass bei der Festsetzung der Strafhöhe das Ausmaß des Verschuldens der Bw und das Vorliegen von zwei Vormerkungen bezüglich Geschwindigkeitsübertretungen gewertet und somit die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abgewogen worden seien. Zudem seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt worden. Bei diesen sei eine amtliche Schätzung vorgenommen worden, da die Bw trotz Aufforderung keine diesbezüglichen Auskünfte erteilt habe.

 

Als Grundlage für die Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von 1.300 EUR sowie davon aus, dass die Bw kein Vermögen besitzt und sie keine Sorgepflichten treffen.

 

 

2. Gegen das am 1. Februar 2013 zugestellte Straferkenntnis erhob die Bw mit am 12. Februar 2013 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Die Berufung richtet sich ausschließlich gegen das Strafausmaß. Die Bw teilt im Rechtsmittel mit, ihr monatliches Einkommen setze sich wie folgt zusammen:

 

  • EUR 29,85 / Tag Notstand
  • EUR 163,70 Familienbeihilfe
  • EUR 100,00 Stipendium der Arbeitsstiftung X
  • EUR 137,80 Fahrtkosten (vom AMS).

 

Danach ergebe sich ein Einkommen von EUR 1.297,00 oder EUR 1.326,85 pro Monat. Es sei jedoch zu beachten, dass sie eine einjährige Tochter habe und alleinerziehend sei. Die Betreuung der Tochter würde monatlich knapp EUR 450,00 kosten. Die Bw bringt zudem vor, täglich von X nach X zu pendeln und daher zumindest EUR 250,00 an Fahrtkosten zu verzeichnen. Es würden ihr daher etwa EUR 600,00 pro Monat verbleiben, von denen Versicherungen, Wohnungsmiete und ein Kredit zu begleichen seien.

 

 

3.1. Die belangte Behörde hat die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 18. Februar 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und eine solche weder von der Bw – trotz entsprechenden Hinweises im angefochtenen Straferkenntnis – als auch von der belangten Behörde nicht beantragt wurde (§ 51e Abs 3 Z 2 VStG).

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in Punkt 2 dargestelltem Sachverhalt aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs 1 Z 1 AVG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Der für die Strafbemessung im gegenständlichen Fall einschlägige § 99 Abs 2e der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet wie folgt:

 

"Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet."

 

Da die Bw – wie aufgrund der auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung rechtskräftig bindend festgestellt wurde – außerhalb des Ortsgebietes die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 72 km/h überschritten hat, findet die zitierte Norm im ggst Fall auch Anwendung.

 

4.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die von der belangten Behörde verhängte Strafe von EUR 400,00 scheint an sich als tat- und schuldangemessen. § 99 Abs 2e StVO 1960 sieht bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h eine Mindeststrafe von EUR 150,00 vor. Die Bw hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit jedoch nicht nur um knapp mehr als 50 km/h, sondern mit 72 km/h um deutlich mehr überschritten. Hinzu tritt, dass die Bw bereits zweifach wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen belangt wurde. Aus diesen Gründen kann im ggst Fall keinesfalls mit der vom Gesetzgeber vorgegebenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Ein Strafausmaß in der Höhe von EUR 400,00 – das entspricht ca 18 % des vorgesehenen Strafrahmens – scheint auch vor dem Hintergrund als dem Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, als angemessen, als die von der Bw überschrittene zulässige Höchstgeschwindigkeit lediglich 60 km/h betrug. Die Bw lenkte somit das KFZ mit mehr als doppelt so hoher Geschwindigkeit, woraus eine massive Gefährdung der Schutzinteressen der verletzten Norm (§ 52 lit a 10 StVO 1960) abzuleiten ist.

 

4.3. Wie dem angefochtenen Straferkenntnis zu entnehmen ist, ging die belangte Behörde in ihrer Schätzung davon aus, dass die Bw über ein monatliches Einkommen von etwa EUR 1.300,00 verfügt. Wenn die Bw dies in ihrer Berufung an sich auch bestätigt, ist dennoch davon auszugehen, dass die von der Bw ins Treffen geführte Familienbeihilfe (die der Tochter zusteht) sowie ihr erstattete Fahrtkosten nicht als Einkommensbestandteile anzusehen sind. Die Bw verfügt demnach lediglich über ein monatliches Einkommen von etwa EUR 1.000,00.

 

Des weiteren ging die belangte Behörde davon aus, dass die Bw keine Sorgepflichten zu erfüllen hat. Dies trifft, da die Bw alleinerziehende Mutter einer einjährigen Tochter ist, nicht zu.

 

4.4. Vor dem Hintergrund des um etwa ein Viertel niedrigeren tatsächlich zur Verfügung stehenden monatlichen Einkommens und der Obsorgeverpflichtung der Bw gegenüber ihrer Tochter war die von der belangten Behörde ausgesprochene Strafe in angemessenem Ausmaß herabzusetzen.

 

4.5. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 65 VStG von einem Beitrag der Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

Beschlagwortung:

Strafberufung; § 19 VStG

 

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