Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253345/21/Wg/GRU

Linz, 19.02.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, vertreten durch X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20.11.2012, Gz. SV96-34-2012, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.2.2013 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder für das Verfahren vor der belangten Behörde noch für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes OÖ. einen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) lastete dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 20.11.2012, GZ. SV96-34-2012, folgende Verwaltungsübertretung an:

 

"Sie haben es als unbeschränkt haftender und nach außen vertretungsbefugter Gesellschafter der X und damit als Dienstgeber, in dessen Eigenschaft Sie nach § 9 VStG für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt haben, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zumindest an nachfolgenden Tagen

 

28.02.2012 im Zeitraum von 10:00 bis 14:10 Uhr,

29.02.2012 im Zeitraum von 10:15 bis 14:20 Uhr,

01.03.2012 im Zeitraum von 09:30 bis 14:25 Uhr,

 

Herrn X, geb. X, wh. X. X,

 

auf der Baustelle des neuen Finanzamtsgebäudes. X, X, als geringfügig beschäftigten Dienstnehmer gemäß § 5 Abs. 2 ASVG in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt haben, obwohl das Beschäftigungsausmaß keine Ausnahme zur Vollversicherung nach § 4 ASVG zugelassen hätte.

Der in Rede stehenden Beschäftigte war Ihnen organisatorisch, sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Es hat eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden.

Obwohl Herr X in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung verpflichtend zu versichern war, nämlich vollversichert, und nicht gemäß § 5 Abs. 2 ASVG in einem Teilversicherungsumfang zu versichern war, wurde hierüber eine vollständige Anmeldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse als zuständigen Sozialversicherungsträger nicht erstattet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§111 Abs. 1 Ziff. 1 iVm. § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von        falls diese uneinbringlich ist,     Freiheitsstrafe      Gemäß

                          Ersatzfreiheitsstrafe von           von

730 Euro               48 Stunden                                                     § 111 Abs. 2 ASVG

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

73 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

803 Euro."

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 27.11.2012. Der Bw beantragt darin, den Strafbescheid ersatzlos aufzuheben. Begründend führte er aus, der Arbeitnehmer X sei geringfügig beschäftigt im Sinne des § 5 Abs. 2 Z. 2 ASVG. Das im Verfahren festgestellte Beschäftigungsausmaß ändere nichts daran, dass dem Arbeitnehmer tatsächlich im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 376,26 € gebührt habe. Das Beschäftigungsverhältnis sei nämlich auf unbestimmte Zeit vereinbart gewesen und habe mindestens ein Kalendermonat gedauert, nämlich vom 9.2. bis 9.3.2012. Entgegen der Auffassung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, käme es bei der Beurteilung der Geringfügigkeit nicht darauf an, wie viele Stunden an einem Tag oder in einer Woche geleistet wurden, sondern darauf, wie viel in einem Monat geleistet wurde und wie viel Geld daraus gebührt. Die Meldeverpflichtungen des ASVG seien vollständig und richtig erfüllt worden. Der Straftatbestand des § 111 ASVG sei nicht erfüllt worden.

 

Die belangte Behörde legte dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständiger Berufungsbehörde den Akt zur Entscheidung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die öffentliche mündliche Verhandlung am 11.2.2013. In der mündlichen Verhandlung wurden die Kontrollorgane X und X als Zeugen einvernommen. Weiters wurde der gesamte Verfahrensakt einvernehmlich verlesen. Im Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden befindet sich der Strafantrag des Finanzamtes vom 22.3.2012 (Anlagen: eine Firmenbuch-Abfrage, 2 ZMR-Abfragen, eine SV-Abfrage, ein Aktenvermerk). Im Verfahrensakt des Unabhängigen Verwaltungssenates befinden sich die vom Bw übermittelte Arbeitszeitaufstellung sowie die Lohn- und Gehaltsabrechnung des X für Februar und März 2012 sowie eine Stellungnahme der OÖ. Gebietskrankenkasse, wonach die Vertreter der X gegen den in der bezeichneten Sache ergangenen Beitragszuschlagbescheid nach § 113 ASVG Berufung erhoben haben.

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Die X hat lt. Auszug aus dem Firmenbuch (Stichtag: 21.3.2012) ihren Sitz an der Geschäftsanschrift X, X und ist im Geschäftszweig Steinmetzgewerbe tätig. X, geb. X und X, geb. X sind unbeschränkt haftende Gesellschafter der X und vertreten diese seit 31.5.2007 selbständig.

 

Am 28.2.2012 gegen 10.00 Uhr führten Organe des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, Abteilung Finanzpolizei (X, X) auf der Baustelle des neuen Finanzamtsgebäudes, X, X, eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen nach dem AuslBG und Erhebungen gem. § 89 Abs. 3 EStG durch. Dabei wurden folgende Personen bei Fliesenverlegungsarbeiten für die X mit Sitz in X, X, X auf dieser Baustelle angetroffen: X und X, österr. Staatsangehöriger, geb. X (Strafantrag, Zeugenaussage X).

 

X wurde am 28.2.2012 bei einer weiteren Kontrolle durch einen Finanzbeamten  in der Zeit von 14.00 bis 14.10 Uhr, am 29.2.2012 von 10.15 bis 10.30 Uhr und von 14.10 bis 14.20 Uhr sowie am 1.3.2012 in der Zeit von 9.30 bis 9.45 Uhr und von 14.15 bis 14.25 Uhr auf der eben erwähnten Baustelle des neuen Finanzamtsgebäudes, X, X bei seiner Tätigkeit für die X beobachtet (Zeugenaussage X).

 

Die X hatte X mittels ELDA-Meldung am 9.2.2012 geringfügig zur Sozialversicherung angemeldet. Er war am 9.2.2012, am 28.2.2012, am 29.2.2012 und am 1.3.2012 jeweils 8 Stunden pro Tag für die X tätig. Am 9.3.2012 hatte er eine Arbeitszeit von 2 Stunden. Er wurde von der X mit Wirkung 9.3.2012 von der Sozialversicherung abgemeldet (ELDA Meldung, Versicherungsdatenauszug, Arbeitszeitaufstellung).

 

Die X bezahlte X im Februar 2012 einen Nettolohn in der Höhe von 249,03 Euro und im März 2012 einen Nettolohn in der Höhe von 106,73 Euro aus (Lohn- und Gehaltsabrechnung Februar und März 2012).

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Die ELDA-Meldung, die vorgelegten Lohnzettel und die Arbeitszeitaufstellung belegen die Einhaltung der Geringfügigkeitsgrenze. Das Finanzamt war demgegenüber der Ansicht, es widerspreche der Lebenserfahrung, dass ein Dienstnehmer ein Dienstverhältnis bei seinem Dienstgeber am 9.2.2012 antrete, somit einen Tag im Betrieb des Beschuldigten beschäftigt sei, um in weiterer Folge erst 20 Tage später wieder für diesen zu arbeiten, ohne zwischenzeitlich von der Sozialversicherung abgemeldet zu werden. Dem ist entgegenzuhalten, dass im Verwaltungs­strafverfahren Beweismittel im Zweifel zugunsten des Beschuldigten auszulegen sind. X gab bereits bei der ersten Kontrolle am 28.2.2012 an, geringfügig beschäftigt zu sein. Das Kontrollorgan X wurde in der mündlichen Verhandlung befragt, ob sie X auch danach gefragt hätte, wie viele Tage er schon bei der Fa. X beschäftigt gewesen sei. Dazu gab sie an, dass sie auf den Akt verweisen müsse. Weiters sagte sie aus, er habe gesagt, er werde mit dem Zug nach Hause fahren (Tonbandprotokoll Seite 2). Vom Verhandlungsleiter befragt, wieso keine Niederschrift aufgenommen wurde, gab sie an, dass sich die Kontrolle sehr schwierig gestaltet habe. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob sie bei der Kontrolle am 28.2.2012 eine Stundenaufstellung verlangt hätten, gab sie an, dass sie das nicht verlangt hätten. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der "geblockten" Arbeitszeit noch nicht ableiten, dass X etwa die ganze Zeit über für die X gearbeitet hätte. Für eine solche Annahme reichen die Beweismittel nicht aus. Da X schon bei der Kontrolle am 28.2.2012 ausgesagt hatte, lediglich geringfügig beschäftigt zu sein und in der mündlichen Verhandlung seine zeugenschaftliche Einvernahme nicht beantragt wurde, ist eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze nicht als erwiesen anzusehen. Die Angaben des Bw und die von ihm vorgelegten Beweismittel werden den Feststellungen zu Grunde gelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gem. § 5 Abs. 2 Z. 2 ASVG gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für mind. einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 376,26 Euro gebührt. Die Bemessungsgrundlage für den Lohn des X bei der X beläuft sich im Februar und im März 2012 auf insgesamt 355,77 Euro. Die Geringfügigkeitsgrenze wird damit unterschritten. Es kann dem Bw nicht angelastet werden, dass die am 9.2.2012 vorgenommene ELDA-Meldung eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses unrichtig oder unvollständig gewesen wäre. Die angelastete Verwaltungsübertretung kann nicht nachgewiesen werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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