Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101437/11/Fra/Ka

Linz, 07.10.1993

VwSen - 101437/11/Fra/Ka Linz, am 7. Oktober 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Dipl.-Ing. K I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, S, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 15.7.1993, VerkR96/637/1992/Bi/Hu, betreffend Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, nach der am 7.10.1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Der Berufung wird jedoch hinsichtlich der Strafe insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 1.500 S herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird mit einem Tag festgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24, 51 und 51e Abs.1 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 150 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 15. Juli 1993, VerkR96/637/1992/Bi/Hu, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt, weil er am 3. Jänner 1992, um ca. 11.00 Uhr seinen PKW mit dem deutschen Kennzeichen auf dem Parkplatz der W im Gemeindegebiet von S von der Parkplatzeinfahrt in Richtung W-T gelenkt hat, wobei er nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten hat.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in der Höhe von 200 S, ds 10 % der verhängten Strafe, verpflichtet.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie legte das Rechtsmittel dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor. Dieser entscheidet, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c VStG).

Am 7. Oktober 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Berufungswerber vertritt die Auffassung, daß die von der Erstbehörde vorgenommene Beweiswürdigung nicht entsprechend sei, da zunächst übersehen werde, daß seine Darstellung auch durch die in der Anzeige aufscheinende Aussage seiner Ehegattin unterstützt wird. Dazu komme noch, daß die Aussage des Zeugen Tannwalder in diverser Hinsicht widersprüchlich sei. So werde von ihm behauptet, daß er laufend als Einweiser beim Parkplatz W tätig sei. Aus den Anzeigeunterlagen gehe jedoch hervor, daß er nur aushilfsweise tätig ist. Entgegen der Darstellung des Zeugen hatte dieser zum Vorfallszeitpunkt auch nicht die für Parkplatzwächter übliche Bekleidung getragen. Es war daher auch nicht erkennbar, ob er überhaupt im genannten Bereich als Einweiser zuständig sei. Aus dem Akt gehe weiters hervor, daß sich der Zeuge Tannwalder dem Fahrzeug im Bereich des Beifahrers genähert habe. Bei der Zeugenaussage behauptet der Zeuge nunmehr, daß er auf ihn zugegangen sei und mit ihm auf der Fahrerseite gesprochen habe. Der Zeuge erklärt weiters, daß er nach diesem Gespräch zurückgegangen sei; dies konnte natürlich nur seitlich sein, es sei ihm daher völlig unerklärlich, wie es dann zu einer Kontaktaufnahme mit seinem Fahrzeug kommen konnte.

Hiezu stellt der unabhängige Verwaltungssenat fest:

Abgesehen davon, daß die Frage, ob der Zeuge zum Vorfallszeitpunkt auch die für Parkplatzwächter übliche Bekleidung getragen hat und es daher auch nicht erkennbar gewesen sei, ob er überhaupt im genannten Bereich als Einweiser zuständig gewesen sei, nicht entscheidungsrelevant ist, hat der Zeuge jedenfalls glaubwürdig angegeben, daß er zwar nicht die für Feuerwehren üblichen Jacken, jedoch am Vorfallstag einen roten Anorak getragen hat, sodaß er auch als Parkplatzeinweiser erkennbar gewesen sei. Der Berufungswerber bestreitet jedenfalls nicht, daß er vom Zeugen angehalten und eingewiesen worden ist. Der Zeuge hat in seiner Aussage am 24. Juli 1992 vor der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems angegeben, mit dem Beschuldigten bei heruntergekurbeltem Seitenfenster gesprochen zu haben, wobei er ihn höflich ersuchte, er möge mit dem Fahrzeug umkehren und den unteren Parkplatz benützen. Bei der Zeugeneinvernahme vor dem unabhängigen Verwaltungssenat konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern, ob er mit dem Beschuldigten an der Fahrerseite oder an der Beifahrerseite gesprochen hat. Dies mindert jedoch seine Glaubwürdigkeit nicht, da es aufgrund des verstrichenen Zeitraumes seit dem Vorfallstag verständlich ist, wenn sich der Zeuge nicht mehr an jede Einzelheit erinnert. Der Zeuge hat jedenfalls glaubwürdig darlegen können, daß der Fahrzeuglenker seine Anweisungen nicht befolgt hat und nur lachte. Der Zeuge führte weiters aus, daß er dann einige Meter zurückging, da er doch hoffte, der Fahrzeuglenker werde umkehren. Dieser gab jedoch Gas, wobei es an der rechten Seite der vorderen Stoßstange zu einer Berührung mit ihm auf Kniehöhe kam, weshalb er auch zusammensackte, jedoch nicht umfiel. Der Beschuldigte fuhr sodann zur Wurzeralm-Talstation, um seine Familie aussteigen zu lassen. Im Anschluß daran stellte er seinen PKW am unteren Parkplatz ab.

Wenn der Beschuldigte behauptet, daß es ihm völlig unerklärlich sei, wie es zu einer Kontaktnahme seines Fahrzeuges mit dem Zeugen gekommen sei, so ist er weiters auf die Anzeige des Gendarmeriepostens Spital/Pyhrn vom 31. Jänner 1992 zu verweisen, wonach er angab, daß es durchaus möglich gewesen sei, daß sein Kombi mit dem beschriebenen (gestikulierenden Mann) Kontakt gehabt hatte. Ob es vorne oder seitlich war, könne er nicht sagen. Er würde eher seitlich sagen. Der Beschuldigte schloß daher zu diesem Zeitpunkt schon nicht aus, daß ein Fahrzeugkontakt mit dem Zeugen möglich war. Auch die Aussage der Gattin des Beschuldigten kann diesen nicht entlasten. Sie führte am 3. Jänner 1992 vor dem GPK S aus, nicht sagen zu können, ob es eine Berührung bzw. Kollision zwischen ihrem Kombi und dem beschriebenen Mann (gemeint: Zeugen) gegeben hatte. Sie könne auch nicht sagen, ob der Gatte den Kombi angehalten hatte, ausgestiegen sei er jedoch nicht. In ihrer Eingabe vom 3. September 1993 an den O.ö. Verwaltungssenat hält die Gattin des Beschuldigten fest, daß ein Kontakt zwischen dem Zeugen und ihrem Fahrzeug nicht wahrnehmbar war und dieser nicht den Eindruck eines Verletzten machte. Im Nachhinein möchte sie sagen, daß der Zeuge ein sehr hektischer, übereifriger Mann ist. Bei dem Vorfall mit ihrem Fahrzeug sei er in keiner Weise von ihnen angefahren worden, als er auf das Auto zustürzte. Die Aussagen der Gattin des Beschuldigten sind daher widersprüchlich. Im übrigen hat sie sich der Zeugenaussage entschlagen. Der O.ö. Verwaltungssenat vermag daher aus den Aussagen der Ehegattin des Beschuldigten für diesen nichts Entlastendes gewinnen.

Nicht schlüssig ist auch die Aussage des Beschuldigten in seiner Berufung, wonach zunächst davon auszugehen sei, daß er sein Fahrzeug tatsächlich angehalten hat, denn bereits in seiner Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Spital/Pyhrn am 3. Jänner 1992 gab er an, daß er während dieses Kontaktes langsam weiterfuhr und nicht angehalten hat. Auch die Gattin des Beschuldigten konnte nicht sagen, ob der Gatte den Kombi angehalten hatte. Im übrigen ist auch die Zeugenaussage des Herrn T dahingehend glaubwürdig, wonach der Beschuldigte nicht angehalten hat. Doch selbst wenn der Beschuldigte sein Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand gebracht hätte, im übrigen aber - ohne auszusteigen und ohne zwingenden Grund - mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verlassen hätte, könnte ihn dies nicht entlasten (vgl VwGH 12.9.1984, 83/03/0365).

Zusammenfassend wird daher als erwiesen angenommen, daß zur Tatzeit am Tatort der Beschuldigte den in Rede stehenden PKW gelenkt hat und nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten hat. Die Kontaktnahme mit dem Zeugen erfolgte auf der rechten Seite der vorderen Stoßstange, dieser ist zwar nicht umgefallen, jedoch zusammengesackt. Es hätten daher dem Beschuldigten bei gehöriger Aufmerksamkeit objektive Umstände zu Bewußtsein kommen müssen, welche für die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Zeugen sprachen. Die Auffassung des Beschuldigten, daß, falls er den Zeugen tatsächlich angefahren hätte, er ihn auch überfahren hätte müssen, ist nicht schlüssig. Die Kontaktnahme mit dem Zeugen erfolgt auf der rechten Seite der Stoßstange. Wenn man nun auch eine Lenkbewegung einkalkuliert, so ist es durchaus denkbar, daß der Zeuge nicht umfiel, sondern nur zusammensackte. Der Zeuge hat nun tatsächlich eine leichte Verletzung erlitten (ärztliche Bestätigung befindet sich im Akt). Er hat daher den Tatbestand zu verantworten. Die Rechtsauffassung, daß Tatort und Tatzeit nicht präzisiert sind, überzeugt ebenfalls nicht. Es kann nicht erkannt werden, inwiefern der Beschuldigte mit der Umschreibung des Schuldspruches in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt war.

Der Schuldspruch war daher zu bestätigen.

Zur Strafbemessung: Die Behörde hat eine Geldstrafe festgesetzt, welche im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt. Sie hat zutreffend die Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd gewertet. Mangels Angaben des Beschuldigten hat die Erstbehörde die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten wie folgt geschätzt:

Einkommen: ca. 20.000 S monatlich, außer Wohnhaus kein Vermögen, für Gattin und zwei Kinder sorgepflichtig.

Der O.ö. Verwaltungssenat ist zur Überzeugung gekommen, daß sich der Beschuldigte im Nachhinein ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen, weshalb ihm der besondere Milderungsgrund des § 34 Z15 StGB zugutekommt, was zu einer entsprechenden schuldmindernden Strafe geführt hat.

Eine weitere Herabsetzung war im Hinblick auf die oben gezeigten Kriterien sowie auf den Umstand, daß den sogenannten Fahrerfluchtdelikten auch ein erheblicher Unrechtsgehalt anhaftet, nicht vertretbar.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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