Linz, 22.02.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des Finanzamts Salzburg-Land gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 2. Jänner 2013, GZ: Pol96-276-2012, betreffend die Aussetzung des gegen X zur Zahl Pol96-276-2012 anhängigen Strafverfahrens nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 30 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 2. Jänner 2013, GZ: Pol96-276-2012, wurde das bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Pol96-276-2012 anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau X, geb. X, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zuständigen Gerichtes ausgesetzt.
Als Rechtsgrundlage für ihre Entscheidung führt die belangte Behörde die § 30 Abs 2 VStG iVm § 52 Abs 2 GSpG an.
Den – an Frau X adressierten – Bescheid begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:
1.2. Mit Schreiben vom 2. Jänner 2012 zeigte der Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land gemäß § 78 Abs 1 StPO den im Punkt 1.1. dargestellten Sachverhalt der Staatsanwaltschaft Linz an und führte aus, dass im Zuge eines anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 52 Abs 1 Z 1 iVm §§ 1, 2 und 4 GSpG gegen Frau X der begründete Verdacht einer Strafbarkeit nach § 168 StGB entstanden sei.
2. Gegen den in Punkt 1.1. dargestellten Bescheid richtet sich die vom Finanzamt Salzburg-Land rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher der gesamte Bescheid angefochten wird.
Das Rechtsmittel wird wie folgt begründet:
Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung, unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung namhaft gemacht.
Koennen bei Gluecksspielautomaten Einsaetze von sowohl ueber als auch unter EUR 10,-geleistet und somit sowohl die Tatbestaende des § 168 StGB als auch des # 52 Abs. 2 GSpG erfuellt werden; kommt es auf den Einsatz pro Spiel an. Es ist darauf zu verweisen, dass aus der Bestimmung des § 52 Abs. 2 GSpG nicht abgeleitet werden kann, dass im Falle von EUR 10,-- ueberschreitenden Einsaetzen generell eine Unzustaendigkeit der Verwaltungsbehoerde entsteht. Dies wurde nun erstmalig vom Verwaltungsgerichtshof bestaetigt.
Mit Entscheidung vom 22.08.2012 hob der VwGH abermals einen Bescheid des Unabhaengigen Verwaltungssenates auf, mit welchem ein bekaempfter erstinstanzlicher Strafbescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde. Neben der bereits bekannten Argumentation, dass das Strafverfahren auszusetzen sei und der UVS den Tatbestand selbststaendig zu beurteilen habe, stellte der VwGH bei der Zustaendigkeitsabgrenzung auf ein einzelnes Spiel ab:
Da § 52 Abs. 2 GSpG auf die Leistung des Einsatzes von mehr als EUR 10,-- in einem einzelnen Spiel abstellt, hat die Abgrenzung der Zustaendigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehoerden nach den fuer die Spiele geleisteten Einsaetzen zu erfolgen. Eine Subsidiariaet der verwaltungsbehoerdlichen Strafbarkeit gegenueber dem gerichtlichen Straftatbestand ergibt sich daher nur fuer die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz EUR 10,-- ueberstieg. Im uebrigen verbleibt die Zustaendigkeit bei den Verwaltungsstrafbehoerden.
Laut VwGH ist daher zu differenzieren, welche Spiele mit welchen Einsaetzen gespielt werden. Sind auf einem Gluecksspielautomaten sowohl Spiele mit Einsaetzen ueber EUR 10,-- als auch jene darunter moeglich, so ist die Zustaendigkeit der Gerichte nicht hinsichtlich saemtlicher mit dem Automat durchgefuehrter Spiele gegeben, sondern nur fuer jene ueber EUR 10,—, Fuer Spiele mit Einsaetzen unter EUR 10,— verbleibt die Zustaendigkeit bei den Verwaltungsstrafbehoerden,
Diese Differenzierung wurde im oa. Bescheid vom 02.01.2013 nicht vorgenommen. Es wurde lediglich pauschal darauf verwiesen, dass gem. § 168 StGB zur Anwendung kommen kann, wenn ein Spieler in gewinnsuechtiger Absicht spielt, sofern Serienspiele angeboten werden. Ob ein Spieler so handelte ist dabei jedoch nicht nachgewiesen, genauso wenig lassen die Unterlagen erkennen, ob im gegebenen Fall ein Serienspiel im Sinn der OGH RS durchfuehrbar war. Insgesamt kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sowohl auf Veranstalter- als auch auf Spielerseite als objektiv sicher und auch so gewollt erscheinen laesst. Solange die Moeglichkeit besteht, dass unter EUR 10,- gespielt werden kann, koennen die genannten RS nicht zur Anwendung kommen.
Es werde daher die Aufhebung der Aussetzung beantragt.
3.1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Schreiben vom 9. Februar 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.
3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem Art 6 Abs 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl § 51e Abs 4 VStG).
3.3. Der für diese Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem in Punkt 1. dargestellten, angefochtenen Bescheid.
3.4. Gemäß § 51c VStG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
4.1. § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zufolge begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.
§ 52 Abs 2 GSpG normiert dass es sich, wenn in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet werden, nicht mehr um geringe Beträge handelt und insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück tritt.
Gemäß § 168 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird Ebenso ist gemäß Abs 2 leg cit zu bestrafen, wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt.
§ 30 Abs 2 VStG zufolge ist, wenn eine Tat von den Behörden nur zu ahnden ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und es zweifelhaft ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.
4.2. Einleitend ist festzustellen, dass die Aussetzung des Strafverfahrens gemäß § 30 Abs 2 VStG nicht im Ermessen der Behörde liegt. Vielmehr hat diese, wenn die Voraussetzungen der zitierten Bestimmung vorliegen, zwingend die Aussetzung zu verfügen (VwGH 27.6.2002, 2002/07/0065). Ein Unterlassen der gebotenen Aussetzung belastet einen ergehenden Strafbescheid mit Rechtswidrigkeit (VwSlg 14.890 A/1998).
Voraussetzung für die Anwendung von § 30 Abs 2 VStG sind Zweifel dahingehend, ob eine Tat nicht etwa – da es um Fälle der Scheinkonkurrenz geht – ausschließlich von einem Gericht oder einer anderen Verwaltungsbehörde zu ahnden wäre (Stöger in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, [2010] § 30 Rz 7). Es ist also nicht erforderlich, dass das Gericht bzw die andere Verwaltungsbehörde bereits ein Verfahren eingeleitet hat, sondern es genügen begründete einschlägige Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass im Zweifel eine Aussetzung zu verfügen ist (VwGH 28.2.1997, 95/02/0137).
Gegenstand des Verfahrens betreffend die Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG ist also nicht, ob tatsächlich ein in die Zuständigkeit der Gerichte fallender Tatbestand verwirklicht wurde. Wie vom Verwaltungsgerichtshof bereits in einem ähnlichen Fall wie dem hier zugrundeliegenden festgehalten wurde, dient die Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG gerade umgekehrt dazu, das Verwaltungsstrafverfahren bis zu einer Entscheidung, ob ein solcher Tatbestand erfüllt wurde, auszusetzen (VwGH 8.9.2009, 2009/17/0181).
4.3. Die belangte Behörde hat im Rahmen der von ihr gewählten Vorgehensweise keine abschließende Beurteilung vorgenommen, ob ein strafbarer Tatbestand gemäß § 168 Abs 1 StGB vorliegt, sondern es lediglich im Sinne der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts für geboten erachtet, das Verwaltungsstrafverfahren bis zur Klärung dieser Frage auszusetzen. Aus welchen Gründen sich bei der belangten Behörde der Verdacht der gerichtlichen Zuständigkeit ergeben hat, wurde ausführlich und nachvollziehbar begründet.
Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen kann der belangten Behörde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der von ihr angestellten Überlegungen zur Auffassung gelangt ist, dass das gegen Frau X anhängige Verwaltungsstrafverfahren auszusetzen ist. Auf die Ausführungen der berufungswerbenden Partei hinsichtlich des Vorliegens des Tatbestandes nach § 168 StGB ist vor diesem Hintergrund nicht näher einzugehen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Markus Zeinhofer
Beschlagwortung:
Aussetzung des Strafverfahrens, § 30 Abs.2 VStG; Subsidiarität